Beiträge von Morrigan

    Aufgeschoben? Er hatte die Entscheidung aufgeschoben. Sie würde also in den nächsten Monaten – in einem nicht genau bestimmten Zeitrahmen – unter Beobachtung stehen? Ungewissheit? Zu der Angst vor den Prätorianern, kam also nun noch die ständige Angst etwas Falsch zu machen und somit der Villa verwiesen zu werden? Auch ihre Aufgaben formulierte er nicht. Natürlich kannte sie die Regeln des hause, sie würde sich an sie halten und würde sich in die Sklavenschaft einreihen. Nein einreihen war wohl das falsche Wort. Sie wusste nur zu gut wo ihr Platz war. Sie war für einige hier immer noch die die geflohen war – was ihr einige immer noch nicht verziehen hatten. Für andere die die zur Sklavenschaft verurteilt war. Sie konnte nie mehr frei sein, und damit stand es für alle fest, Morrigan stand am Ende der Nahrungskette der claudischen Sklaven. In den letzten Tagen – seit sie mehr belastbar war, hatte man ihr das auch schon deutlich gezeigt. Sie hatte jene Aufgaben ausgeführt, die sonst keiner machen wollte. Ob es nun das Anheizen der Öfen im Haus, das Putzen der Latrine oder andere unliebsame Aufgaben waren. Sie hatte es Schweigend hingenommen, so wie sie nun auch die Ankündigung des Claudiers hinnahm.
    Sie sollte also hier warten und sich auf keine Befragungen einlassen. „Ja Dominus.“ Bestätigte sie leise und stellte sich an eine Wand des Arbeitsraumes. Damit sie nicht im Weg stand. Wie ein Möbelstück würde sie hier warten, bis er sie rufen würde.

    Morrigan lauschte den Worten, Hier und da runzelte sie die Stirn. Als Magrus geendete hatte ließ sie seine Worte noch eine Weile wirken.
    „Gib die Hoffnung nicht auf. Du musst aber auch bedenken, dass du noch Glück gehabt hast. Du bist in einem reichen Haushalt gelandet. Hier mangelt es dir an nichts. Du hast Essen, ein Dach über dem Kopf und zumindest so meine Erinnerung, sind die meisten Claudier aus nicht gerade als Tyrannen bekannt.“ Gut es gab Ausnahmen, aber zumindest hatte Morrigan bisher über die derzeit in der Villa lebenden nichts negatives gehört. „In der Freiheit musst du für dein Auskommen, dein Essen und eben alles arbeiten.“ Sie wirkte kurz nachdenklich. „Eigentlich, wenn man es genau betrachtet ändert sich nicht. Nur ebenen der Status den man hat. Auch wenn du frei bist, erfüllst du immer noch die Wünsche anderer.“ Ein Thema schien den Sklaven wirklich zu beschäftigen. „Nun was hält dich davon ab eine Frau zu haben? Also zumindest so wie ich die Herrschaften hier kennen, hat bestimmt keiner was dagegen, wenn du in ein Lupanar gehst und dort schöne Stunden verbringst. Also zumindest früher weiß ich, dass man den Sklaven immer mal etwas Geld zugesteckt hat, damit sie ihre Bedürfnisse befriedigen.“ Morrigan wirkte nachdenklich. „Viele Sklaven der Stadt kamen auch zu uns. Meistens begleiteten sie ihren Herren. Und diese bestanden dann sogar darauf, dass auch ihre Sklaven bedient wurden. Also warum sollte es gerade bei den Claudiern anders sein. Es macht Sklaven unzufrieden und das wissen sie doch auch. Früher gab es hier im Haus unter den Sklaven sogar ein Paar und das wurde auch toleriert. Solang die Arbeit nicht darunter leidet ist es ihnen egal. Also was hält dich davon ab?“

    Kaum das die Anweisung ausgesprochen war, drehte sie sich um. Allein die Worte, das es ihr eine Lehre sein sollte ließen sie zusammenzucken. Ihr Geist kreiste einen Augenblick um die'Worte 'umdrehen' und 'Lehre'. Wollte er sie etwa für ihr Verhalten oder wie er es nannte Leichtsinn bestrafen? 'Du hast zu ertragen!' hört sie wieder die Worte der Folterer in ihrem Geist.
    Das Seufzen, deutete sie wohl vollkommen falsch. Er wollte sie Lehren. Vielleicht mochte er nicht was er tun musste, aber er würde es tun.
    'Dein Leichtsinn.. Lehre...' Sie versuchte sich auf den Rest der Worte einen Reim zu machen, doch konnte sie ihre Gedanken einfach nicht sortieren und alle Worte des Mannes erfassen. Leise wiederholte sie „Zwiebeln... Lehre.“ Er wollte also etwas tun, was ihr eine Lehre sein sollte. Zu groß war die Angst, zu gefangen der Geist, als das sie nachfragen würde. Da sie nicht erfassen konnte, was der Mann vorhatte, legte sie wie automatisch ihre Hände an die Wand.
    In Erwartung des Schlimmsten, zitterten ihre Hände und Arme. „Lehre ...ertragen.“ hauchte sie der Wand entgegen. Ihr Körper aber spannte sich trotz der Schmerzen, die sie verspürte an und erzitterte unter der Anspannung. Immer noch versuchte ihr Geist die Worte des Mannes zu entschlüsseln. Aber immer noch konnte und oder wollte ihr Geist nicht verstehen, dass der Alte ihr nur helfen wollte.

    Morrigan nickte nur gedankenverloren. „Sei froh, dass du das glauben kannst.“ Sagte sie auf die Beteuerung hin, dass sie hier in Sicherheit wäre. „Ja er sieht nach mir und pflegt de Wunden.“ War ihre Antwort auf die Frage, ob der Medicus nach ihr sah. Zu diesem hatte sie tatsächlich so etwas wie Vertrauen gefasst. Zumindest seit sie spürte, dass ihre Verletzungen heilten. „Lass uns nicht von mir reden.. Erzähl mir von dir. Was sind deine Wünsche, deine Träume. Was würdest du tun, wenn du kein Sklave wärst.“ Ja sie wollte nicht von sich reden, nicht über ihre Situation. Sie wollte sich ablenken und auch ihren Gedanken einfach mal frei fliegen lassen, ohne ständig an die Angst denken zu müssen.

    „Ja mir geht es besser.“ sagte sie, dann jedoch weiteten sich ihre Augen. „Es war.. es war doch nicht deine Schuld. Bei den Götter wie kommst du darauf?“ Fragte sie ihn mit vollkommenen Unverständnis. „Natürlich bin ich dir nicht böse. Warum sollte ich auch?“ Sie verstand wirklich nicht warum er sich die Schuld gab. „Ich habe mir wohl einfach zu viel zugetraut und wollte mir selbst nicht eingestehen, dass ich noch nicht soweit bin.“ Und wer weiß ob ich es je wieder sein werde, fügte sie in Gedanken an.
    Als er nach dem fragte was man ihr angetan hatte und nach dem warum, machte sei eine hilflose Geste. „Warum? Weil sie es können Magrus, weil sie es können.“ Ja wer zog diese Terrortruppe schon zur Rechenschaft? Niemand und deswegen konnte sie unbescholtene Bürger verfolgen, foltern und ihnen Geständnisse abpressen. Damit hatte sie alles in der Hand was sie brauchten um ihre Taten zu rechtfertigen.
    Wie bei allen Götter sollte sie erklären, was sie mit ihr gemacht haben? Ihr Körper zeigte deutliche Spuren der Misshandlungen, so konnte man sich wohl zumindest einen Teil davon ausmalen, was sie mit ihr gemacht haben. „Nimm deine schlimmsten Albträume und verdopple, nein verdreifache sie, das kommt dem was sie taten dann schon sehr nah. Sie haben gequält, gefoltert, geschlagen. Haben bestimmt wann ich schlafen, wann ich essen, wann ich atme. Es gab – gibt keinen Moment der Sicherheit, keinen Moment der Ruhe. Es ist wie ein nicht enden wollender Albtraum.

    Nach ihrem Zusammenbruch ( aber noch vor der Aussage vor der Kommission) waren nun schon einige Tage ins Land gegangen. Sie hatte sich etwas gefangen und auch die Erlaubnis zumindest Stundenweise das Zimmer in der Sklavenunterkunft zu verlassen. Sie durfte nur leichte Arbeiten verrichten. Also trug sie leichte Körbe mit Schmutzwäsche oder eben die saubere wieder an ihren Bestimmungsort. So wirklich viel gab man ihr nicht zu tun. Sie langweilte sich und da erinnerte sie sich, das Magrus ihr gesagt hatte, dass er immer an der Porta zu finde wäre. Um sich nun also von der Langeweile und die damit verbundenen Grübelei abzulenken ging sie in Richtung der Porta. Wo sie auch schon Magrus erblickte. Sie begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln. „Na viel zu tun?“ Natürlich war das ein blöder Ansatz, es war offensichtlich, dass nicht viel zu tun war. Magrus sah ja auch entsprechend gelangweilt aus. Aber irgendwie musste man ein Gespräch ja beginnen.

    Weder Steinbruch noch Prätorianer? Erleichterung war es, die Morrigan nun verspürte. Aber es würde für sie wohl dennoch eine unruhige Nacht werden. Dennoch nickte sie und sagte mit leiser Stimme. „Danke Dominus, bis Morgen.“ Auf leisen Sohlen verließ sie das Zimmer um sich in ihre Unterkunft zu begeben.


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    Natürlich war es, wie schon vorhergesehen keine ruhige Nacht für Morrigan. Sie hatte sich hin und her gewälzt. Lag lange wach und hatte gegrübelt. Natürlich würde sie dem Claudier zu gern die Wahrheit sagen. Aber sie konnte es einfach nicht. Nicht ohne auch ihn und seine Familie in Gefahr zu bringen. Aber etwas konnte sie tun. Sie würde den Prätorianern zukünftig nichts liefern. Sie würde ihnen nichts sagen was den Haushalt der Claudier betraf. Sie würde Menecrates gegenüber absolut loyal sein. Egal ob sie hier in der Villa bleiben konnte oder nicht.


    Mit diesem gefassten Vorsatz betrat sie leise am nächsten Morgen das Arbeitszimmer des Claudiers.
    Mit einem leisen „Dominus.“ machte sie sich bemerkbar.

    Sie verstand zwar nicht warum, aber sie gehorchte und wiederholte so wieder der Claudier es verlangte erneut die Worte diesmal alle und mit der gewünschten leichten Abwandlung.
    „Ich entsage dem christlichen Gott.
    Ich sage allen christlichen Gotteswerken ab.
    Ich sage den Gehilfen des christlichen Gottgebildes ab.
    Ich schwöre dem christlichem Gottesdienst ab.
    Ich glaube und ich diene den Göttern des römischen Volkes. Mögen sie mir verzeihen, dass ich sie verleugnet habe und dem christlichen Irrglauben erlegen war.“
    Nachdem sie nun zum zweiten Mal die Worte gesprochen hatte entkrampften sich ihre Hände auch etwas, ja man konnte fast meinen eine Last wäre von ihr abgefallen. Und tatsächlich war es auch irgendwie so. Gerade weil sie nie an den Gott dieser Christen geglaubt hatte und es nur aus der Not heraus behauptete hatte lastete diese Lüge schwer auf ihr. Diesem Gott nun zu „entsagen“ war fast wie eine Befreiung. Dennoch traute sie sich immer noch nicht aufzusehen. Denn immer noch stand im Raum wann sie die Villa verlassen musste und wohin. Denn Sie ging immer noch davon aus, das der Claudier derart enttäuscht von ihr war, dass er ihre Anwesenheit in seinem Haus nicht dulden würde.

    Jetzt und hier? Morrigan sah den Claudier verwirrt an, nickte dann aber und sprach.
    „Ich entsage dem christlichen Gott.
    Ich sage allen christlichen Gotteswerken ab.
    Ich sage den Gehilfen des christlichen Gottgebildes ab.“
    Den letzten Vers jedoch konnte sie so nicht wiederholen. Denn an die Götter ihres Volkes glaubte sie schon lange nicht mehr. Sie war ja noch ein halbes Kind, als man sie ihren Eltern entrissen hatte.
    Sie hatte viele Glauben kennengelernt und eigentlich hatte sie ja auch nur noch an den Opfern für die Götter der Römer teil genommen. So also wandte sie den letzten Teil entsprechend ab.
    „Ich glaube und ich diene den Göttern des römischen Volkes. Mögen sie mir verzeihen, dass ich sie verleugnet habe und dem christlichen Irrglauben erlegen bin.“
    Auch wenn sie dem Gott der Christen nun entsagt hatte – nicht das sie dem hätte entsagen müssen, sie hat ja nie an diesen geglaubt – stand dennoch immer die Lüge im Raum. Und Morrigan wusste, dass der alte Claudier Lügen verachtet. Er lebte ja auch in einer Welt in der man es sich scheinbar leisten konnte auch ohne Lügen auszukommen. In ihrer Welt war diese anders. So bleib also immer noch offen, ob sie bleiben durfte. Oder Nicht. Sie konnte nur hoffen, dass er sie nicht an die Prätorianer zurückgab.

    Sie nickte nur stumm. Natürlich stimmte einige ihrer Erklärungen nicht. Wie sollten sie auch. Sie waren nichts weiter als Lügen, Ausflüchte, Selbstschutz und Schutz derer die ihr was bedeuteten. Sie hatte eh keine Hoffnung, das der Claudier es verstand. Und so ging sie davon aus, dass auch wenn er die Entscheidung vertagte sie bald die Villa verlassen würde.
    Packen brauchte sie ja nichts. Sie besaß nichts. Nicht mal die Kleidung die sie trug.
    „Man bekennt sich zu dem einen Gott, aber genau so wie man sich zu ihm bekennen kann, kann man ihm auch wieder entsagen.“ Sagte sie. Für sie klang das zumindest logisch. Sie hatte von einigen gehört, die sie dem einen Gott zuwandten. Die legten eine Art Bekenntnis zu diesem Gott ab. Also musste es doch auch möglich sein, dieses Bekenntnis zu widerrufen.
    Eines wollte sie aber noch gesagt wissen. Denn ihr klangen die Worte des Prätorianers noch in den Ohren. „Dominus, ich weiß ich habe kein Recht dazu, aber ich habe eine Bitte. Gib mich nicht in die Hände der Prätorianer zurück, der Steinbruch wäre mir lieber.“ Sagte sie, senkte ihren Blick und schaute auf ihre nun wieder sich ineinander verkrampfenden Hände. Ja auch wenn der Steinbruch wohl einem Todesurteil gleich kam, würde Morrigan lieber dorthin gehen, als zurück in die Hände jener Folterer.

    „Balneum.“ Wiederholte Morrigan wieder nur bruchstückhaft Befehl. „Überziehen.“ Sie beute sich also zu der am Boden liegenden Tunika und legte diese wieder an, bevor sie aus dem Zimmer verschwand. Zum Glück kannte Morrigan die Villa in und auswendig. Sie musste also nicht erst lange suchen. Sie ging auf direktem Wege zum Balneum. Dort war sie tatsächlich nicht allein. Einige Sklaven reinigten sich von ihrem Tageswerk. Betretenes Schweigen trat ein, als Morrigan den Raum betrat. Doch die Perserin registrierte diese nicht. Sondern streifte einfach ihre Tunika wieder am und goss sich einen Eimer Wasser über den Kopf. Ihr Gesicht war von Schmerzen gezeichnet.Man konnte wohl sehen,dass sie Mühe hatte den Eimer erneut anzuheben. So nahm einer der Anwenden ihr diesen aus der Hand und half ihr dabei sich den Staub und den Schweiß vom Körper zu spülen. Ein der anwenden Sklavinnen reichte ich ein Trockenes frisches Leinentuch in welches sich sich einwickelte. Morrigan bedankte sich leise und schüchtern. Bevor sie wieder in das ihr zugewiesene Zimmer in der Sklavenunterkunft ging.
    So stand sie nun also frisch abgespült wieder vor dem Arzt. Sie wirkte tatsächlich etwas wacher, etwas anwesender. Dennoch sprach sie kein Wort sondern sah den Medicus an und wartete auf Anweisungen.

    „Gehorchen.“ leise gebrochen kam das Wort über Morrigans Lippen. Anweisungen, an die sie sich halten sollte, konnte. So wusste sie was sie tun durfte und was nicht. „Bett hüten.“ Wiederholte sie die Anweisung und wollte schon in Richtung des Lagers, dass ihr als Bett diente gehen. Als einer neuerliche Anweisung kam. Mit glasigen Augen sah sie den alten Medicus an. Brauchte einen Moment um zu verstehen. So drehte sie sich um, löste den Ring, der ihre Tunika auf der Rechten Schulter zusammenhielt. Der Stoff glitt lautlos zu Boden. Nun war ihr Rücken nur noch mit den Verbänden, die der Medicus ihr angelegt hatte bedeckt. Ebenso wie die Tunika hatten sie ob der Gartenarbeit etwas gelitten. An den durch die darunterliegenden offenen Wunden feuchten Stellen hatte sich der Staub des Gartens niedergelegt.
    Deutlich konnte man der Skalvin anmerken, das jeden noch so kleinste Bewegung schmerzte, doch hielt sie nicht innen, sondern führte aus, was der Medicus ihr befohlen hatte. So stand sie nun also den Blick starr auf die Wand gerichtet mit dem Rücken zum Medicus.
    „Cara, Fieber, verboten.“ Wieder holte sie mechanisch bruchstückhaft die Anweisung.

    Am liebsten hätte sie geschrien. Er verstand es nicht? Warum verstand er es nicht? Sie sollte was? Sie sollte ablegen eine Christin zu sein? Konnte man etwas ablegen was man gar nicht war? Natürlich konnte man das. Sie hatte es doch eh nur behauptet weil sie sich in die Ecke gedrängt fühlte von dem Trecenarius und von ihm. Natürlich hatte sie trotz der Angst, die sie vor der Kommission verspürte, bemerkt wem sie die Schuld geben wollten. Sie hatte auch verstanden, dass sie keine Beweise hatten. Und Morrigans Verstand funktionierte immer noch ganz gut, sie hatte sich nicht um sonst an die Spitze der Subura gearbeitet, dies gelang nur wenn man einen wachen Verstand hatte.
    Und sie konnte mit dieser Behauptung Beweise liefern. Sie wusste, dass so lange die Prätorianer dachten sie könnte liefern, sie zumindest so lange sicher wäre. Sie wusste natürlich auch, dass sie sich damit erneuten Befragungen aussetzte.
    Aber auch wenn der Claudier ihr zugesetzt hatte, wusste sie, dass seine Fragen auch für ihn gefährlich waren. Man legte sich nicht mit den Schwarzen an.
    „Ja das ist möglich.“ Sagte sie nach einer ganzen Weile. „Ich weiß wirklich nicht, was andere dazu bewegte zu den Christen zu gehen. Sie lehren das man nach dem Tod ins Paradies kommt. Viellicht treibt das viele an?“

    Morrigan blickte immer wieder auf ihre Hände, als könnte sie dort Sicherheit finden. Sie fand diese aber nicht. „Ja das habe ich, ich habe dich belogen.“ Sagte sie mit leiser bebender Stimme auf seine Feststellung hin. Unsicher sah sie auf. Sie konnte und sie durfte ihm nicht die Wahrheit sagen. Das brachte auch den Claudier in Gefahr. Morrigan zweifelte keinen Augenblick daran, dass die Männer in Schwarz auch vor ihm nicht zurückschrecken würden. Wie sollte sie ihm also erklären, warum sie heute so ausgesagt hat wie sie ausgesagt hat ohne ihn in Gefahr zu bringen. „Angst.“ Ein Wort, dass eigentlich alles erklärte ohne zu viel zu sagen. „Angst vor dem was geschehen könnte, wenn ich etwas anderes sage.“ Sagte sie und kaute dann unsicher an ihrer Lippe. Sie durfte nichts sagen, sie konnte nicht. Sie konnte ihm einfach nicht die Wahrheit sagen. „Ich würde wohl immer wieder so aussagen.“ Sagte sie und senkte ihren Blick. Ja sie offenbarte gerade, dass sie jederzeit diese Lügen wiederholen würde.
    Die letzte Frage war um so schwerer zu beantworten, da sie ihre Götter ja gar nicht verraten hatte. Also sprach sie einfach aus, was sie in der Situation vor der Kommission dazu getrieben hatte zu behaupten dass sie eine Christin sei. „Nein nicht die Folter, purer Verzweiflung. Pure Verzweiflung treibt einen Menschen dazu – trieb mich dazu.“

    Er verstand es nicht. Sie hätte es wissen müssen. Jemand wie er konnte es wohl auch kaum verstehen. Wie sollte er auch? Immer behütet. Er kannte die Prätorianer wohl nur als Garde des Kaisers. Aber sie kannte die andere Seite.
    Die Hoffnungslosigkeit sie ergriff vollends.
    Sie nickte. Natürlich wusste sie, dass er Wahrheitsliebend war. Und doch war es nicht immer einfach. Sie sah den Claudier nun also direkt in die Augen. "Ich sagte dir im Kerker die Wahrheit." Ja sie hatte ihm doch damals gesagt, dass sie genauso wie viele gebangt hatte. Das sie ihm sogar Schutz gewährt hätte wenn sie sich getroffen hätten während des Aufstandes. Das sie ein Geständnis unterschrieben hat. Unterschreiben. Nicht das sie gestanden hat. Morrigan sackte in sich zusammen, er hatte wohl nicht verstanden. Er hatte die Feinheiten nicht verstanden. Also war selbst dieser kleine Versuch, der ihr selbst so viel qualvolle Stunden eingebracht hatte, erfolglos gewesen.
    Die Sklavin brach fast zusammen, ihre Haltung drückte nun jene Resignation aus, die sich in ihr breit machte. Er wollte keine Christen in seinem haus. Nein das wusste sie nicht.
    Aber es war nun auch schon egal. Sie schaute kurz auf ihre Hände die sich wieder ineinander verkrampften. Ihre Stimme war nun tonlos. "Nein, dass wusste ich nicht. Schickst du mich jetzt in die Steinbrüche?" Sie hatte gehört, dass viele Christen dort endeten. Und sie konnte ja nun auch kaum eine Rolle rückwärts machen und ihm sagen, dass sie nie eine Christin war und auch nie eine sein wird. Was würde er wohl dann tun. Er würde sein Wissen nutzen und dann wüssten die Prätorianer, dass sie nicht funktionierte, dann wäre nicht nur sie in Gefahr. Ihr Blick war nun leer ohne jede Hoffnung. Doch bevor der Claudier antworten konnte fügte sie hinzu. "Es wird wohl das Beste sein. So sind du und deine Familie wenigstens in Sicherheit. Ich könnte nicht damit leben, wenn dir etwas zustößt." Ja sie hatte gehört, dass auch ein Senator durchaus mal einen "Unfall" hatte. Und hatten sie es ihr doch gesagt. Jeden den du kennst. Jeden in deinem Umfeld werden wir töten. Sie erkannte, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Der Claudier war ein guter Mensch und hatte das hier nicht verdient. "Ich hätte dich schon im Kerker anlügen sollen, damit du es ablehnst mich aufzunehmen." Sagte sie mit leiser Stimme.

    Sie sah nicht auf. Natürlich spürte sie die Enttäuschung. Sie kannte den Mann schon so lange.
    Doch wie? Wie sollte sie ihm – einen der Oberschicht Roms verkehrte, einen der wohl nie in Kontakt mit jenen gekommen war, jene die Terror, Angst und Schrecken verbreiten- erklären? Wusste er, dass es Menschen von heute auf morgen Verschwinden, die man später im Tiber fand?
    Wusste er von ungeklärten Morden die eindeutig deren Anschrift trugen? Nein sicher wusste er es nicht. Warum sonst hätte er eine Aussagen verlangte für eben jener Anführer der Terroreinheit?
    Und doch verlangte er eine Erklärung. Im Grunde war es jetzt auch schon egal. Aber der alte Claudier, der ihr Schutz hatte geben wollen, der sie aufgenommen hat, der verdiente eine Erklärung. Auch wenn es ihr wohl nicht mehr nützen würde.
    „Wahrheit....ist nicht immer das was man sagt. Ich kann dir nicht die Wahrheit sagen. Ich habe es damals im Kerker versucht und dannach bitter bereut. Ich muss gehorchen.“ Sie sah nun doch auf und blicke den Consul an. „Ich tanze wenn sie es wollen. Ich essen wenn sie es wollen. Ich atme wenn sie es wollen. Ich lebe oder ich sterbe, so wie sie es wollen.“ Sie traute sich nicht den Namen derer auszusprechen zu groß war ihre Furcht. „Sage ich die Wahrheit. Bin nicht nur ich des Todes. Wenn es nur um mein Leben ging, wäre ich dazu bereit. Aber es ist so wie du sagtest es geht um so viel Leben – unschuldige Leben.“ Würde er es verstehen? Würde er es? Sie wusste es nicht.

    Sie fühlte sich.. ja was fühlte sie? Leer? Ausgelaugt? Hundeelend? Von allem etwas und noch so viel mehr. Sie wusste nicht was sie erwarten würde und doch nahm sie das Schlimmste an. Leise klopfte sie also an und betrat das Arbeitszimmer wie ihr befohlen worden war. „Dominus?“ Nur ein Wort einer Frau, die es nicht wagte aufzublicken. Die es nicht wagte den Claudier anzusehen. Die es kaum wagte zu atmen.

    Zusammengebrochen, ob der Lüge, die eben über ihre Lippen kam hockte sie auf dem Boden. Ihr schwirrte der Kopf. Man hatte sie in die Ecke gedrängt und sie hatte einen Ausweg gesucht. Sie hatte den Claudier im Kerker nicht angelogen. Dort hatte sie noch genug eigene Kraft gehabt und ihm die Wahrheit gesagt. Aber dies hatten auch die Prätorianer bemerkt und nachdem Der Claudier den Kerker verlassen hatte wurde die Methoden der Prätorianer intensiviert jeden verdammten weiter Tag hat man sie den "Behandlungen" unterzogen. So lange bis sie wirklich bereit war alles, aber auch alles zu tun.
    Hoffnung hatte sie gehabt. Hoffnung, dass der Consul sie vielleicht wirklich beschützen konnte. Doch immer wieder waren es kleine Auslöser gewesen, die sie an ihre "Aufgabe" erinnerten. Sie durfte und die konnte sich nicht gegen die Prätorianer stellen.
    Hoffnung und diese zerschlug sich in eben jenen Moment, als die Stimme des Claudiers sich nun veränderte. Hatte sie noch einen kleinen Funken Hoffnung gehabt, dass der alte Claudier sie gut genug kannte um zu erkennen, dass sie nur wie ein verletztes in die Ecke gedrängtes Tier gehandelt hatte. Das es ein verdammte Lüge war was sie ihm auftischte. So erlosch dieser Funken nun. Sie völlig zusammengebrochen saß sie mit dem Becher Wasser in den zitternden Händen. Sie blickte nur kurz auf um festzustellen, dass der Consul sie nicht mal mehr ansah und nicht nur der Klang seiner Stimme war der des Trecenarius ähnlich, nein er bediente sich nun auch der Methoden des Prätorianer - wenn wohl auch unbewusst. Sie.. soll sich setzen. Kein Name mehr. Nur noch ein Ding.
    Tränen, die ihr bis eben noch in den Augen standen liefen nun still über ihre Wangen.
    Ja es ging um Leben um viele. Um so viele Leben. Er ahnte ja gar nicht um wieviel.
    Aber für sie gab es keinen Ausweg und keine Hoffnung mehr. Die Hoffnung stirbt zuletzt und ihre starb gerade einen qualvollen Tod. So sah sie nun auch nicht auf, als sie antwortete.
    "Ich habe alles gesagt. Wie schon vor Wochen in dem Kerker." Ob er den Hinweis verstand? Egal. "Habe ich auch heute hier alles gestanden. Wie es verlangt wurde." Nun hob sie doch ihren Blick. "Du Consul selbst hast gesagt ich bin als Zeugin hier und nicht als Angeklagte. Ich werde auch keine Namen nennen. Es geht um Leben so wie du sagst." Er konnte doch nicht - gerade wenn er annahm, dass sie wirklich eine Christin war verlangen, dass sie jemanden ans Messer lieferte im Beisein des Trecenarius? War es Mute der Verzweiflung oder das Bewusstsein, dass sie nun eh ausgeliefert war. Schwer zu sagen. Aber sie verschloss nun ihren Mund und sagte nichts weiter.