Beiträge von Chiomara Minor

    "Ich freue mich auch, es tut gut, jemanden aus der Heimat hierzuhaben. Ich bin zwar schon eine Weile hier, aber es ist immer noch eine fremde Stadt." Vielleicht war es auch ein wenig ihre eigene Schuld, aber eigentlich war sie schon zufrieden, wenn sie in Faustinas Nähe war. Allerdings hatte die in den letzten Tagen immer weniger Zeit für sie. Die Männer eben, davon kannte sie bisher nur den einen und das war zum Abgewöhnen.


    Kyros war sicher nett. Sie konnte sich daran erinnern, dass er als Sekretär für Faustinas Vater gearbeitet hatte. Dolabella war immer gut zu allen, zumindest kannte sie ihn nicht anders. Erinnerungen, die mit Kyros Ankunft auftauchten, denen sie im Moment aber nicht nachhängen konnte. Sie setzte sich ganz selbstverständlich neben Faustina. "Wie war die Reise?"

    Er sah sie an wie ein hungriger Wolf, dass es schon fast komisch war. Bekam er denn im Stall nicht genug zu essen? Eine Kleinigkeit, die sollte er haben. Sie brachte ihm eine Scheibe Brot, und einen Becher Wasser dazu, stellte es auf den Tisch und setzte sich. Sein Gesichtsausdruck war ein Anblick für die Götter. Sie konnte nicht anders und lachte laut los. "Tut mir leid, ich hol dir was richtiges." Noch immer mußte sie lachen, stand auf und holte ihm die Leckereien, die er sich insgeheim wünschte, dazu verdünnten Wein. Immer noch vor sich hinkichernd, setzte sie sich zu ihm an den Tisch und schenkte sich selbst etwas ein. "Iss, und dann zeige ich dir, wo du schlafen kannst." Allmählich beruhigte sie sich wieder.

    Nachdem er das Atrium ausgiebig begutachtet hatte, nahm sie ihn am Arm und zog ihn weiter. Die Arbeitsräume waren als nächstes dran, natürlich nur von außen. Aretas hatte viele Fragen, die sie ihm natürlich beantworten mußte. Sie nutzte dazu die einzelnen Räume, um ihn über alles zu informieren, was sie selbst wußte. Bislang hatte sie auch nur den Hausherrn kennengelernt, wenn man das überhaupt so nennen konnte. Daher konnte sie nur weitergeben, was man ihr erklärt hatte. Weiter ging es mit den Privatgemächern der Herrschaften, die ebenso nur von außen. Dabei klärte sie ihn darüber auf, wer der Herr, wer die Domina des Hauses war, wer die übrigen Bewohner, darunter auch Faustina, vor deren Räumen sie schließlich standen. "Hier warst du ja schon einmal, hier wohne auch ich." Bei der Erinnerung daran wurde sie knallrot und beeilte sich, an ihm vorbeizukommen. Sie führte ihn durch Triclinum und Apotheca und danach direkt in die Küche. "Hast du Hunger?"

    Endlich war ihre Arbeit erledigt und sie konnte der Aufforderung ihrer Domina nachkommen. Ein Sklave aus der Heimat war eingetroffen. Chiomara freute sich sehr, denn allzuviel Kontakt zu anderen hatte sie hier noch nicht. Vertraute Menschen waren ihr daher immer willkommen. Voller Vorfreude ging sie den Gang entlang und stand endlich vor dem Atrium. Vorsichtig trat sie ein, sie wollte schließlich das Gespräch nicht stören. Leise räusperte sie sich und nickte ihrer Herrin zu. "Domina? Salve, Kyros." Dabei lächelte sie ihn ehrlich erfreut an.

    Das war es dann mit seiner Freiheit, in der Villa war er unter Kontrolle und konnte nicht mehr tun und lassen, was er wollte. Eine kleine Genugtuung für Chiomara, die ihn immer noch für schrecklich überheblich hielt. Vielleicht konnte sie es auch nur nicht leiden, dass jemand genauso viele Freiheiten genoss, wie sie selbst. Egal, jedenfalls zeigte sich seine Überheblichkeit schon wieder, als sie den Stall verließen. In ihrem Bett wollte er schlafen, hatte er nicht eine Freundin? Und war die nicht sogar schwanger? Ein toller Hecht. Stolz drehte sie sich um und sah ihm direkt in die Augen. "Keine Sorge, wir werden schon ein Bett für dich finden, notfalls in der kleinen Zelle, die kennst du ja schon." Dann schloss sie zu Faustina auf und ließ ihn einfach links liegen.

    Zurück in der Villa, zog sich Faustina zurück und überließ es Chiomara, Aretas die Villa zu zeigen. Wo sollte sie anfangen? Vielleicht mit dem Atrium. "Ich zeige dir erst einmal die wichtigsten Räume der Herrschaften, einverstanden?" Sie bog nach links ab und linste vorsichtig hinein. Es war niemand da, also trat sie ein und wartete auf Aretas.

    Chiomara lächelte zufrieden. Gut, dachte sie, sehr gut. Fast hätte sie Faustina dafür geküsst, aber sie konnte sich gerade noch zurückhalten. Dann konnten sie ja gehen. Diesmal wollte sie sich aber nicht wieder ungefragt entfernen und wartete deshalb noch ab. "Wo wird er denn schlafen?" Wahrscheinlich in der Sklavenunterkunft, aber sie wollte doch sichergehen, wenn sie ihm schon alles zeigen sollte. So kam sie endlich auch einmal dorthin, neugierig war sie schon lange.

    Sie sah erst Faustina überrascht an, dann Aretas. Er sollte ihr Leibwächter sein? Aber... "Was ist mit den Pferden? Er soll doch Rennen fahren." Sie hatte sich das für ihn gewünscht, weil es sein Traum war.. und weil er so etwas mehr Freiheit hatte. Und natürlich nicht ganz ohne Hintergedanken, was ihren Traum anging, und nun? Aber es war nicht ihre Entscheidung. "Verzeih mir, Domina, natürlich werde ich ihm alles zeigen." Das konnte was werden. Manchmal war er ja ganz nett, aber manchmal... Wenn das mal gutging.

    Sie sollte sich von ihm zurücktragen lassen? Ausgerechnet von ihm... Aber sie war zu müde, um zu protestieren. Er stand auch schon neben ihr und hob sie hoch. Brav legte sie die Arme um seinen Hals, um sich festzuhalten. Müüüüüde... gerade, als sie ihren Kopf an seine Schulter legte, begann das Tuch zu rutschen. Er hatte es natürlich sofort bemerkt. Eilig griff sie mit einer Hand danach, um zu verhindern, dass es vollständig von ihrem Körper rutschte. Nun war sie mindestens genauso rot im Gesicht wie er. Glücklicherweise beeilte er sich, sie ins cubiculum zu bringen und legte sie mehr als sanft ab. "Danke." konnte sie ihm gerade noch hinterherrufen, da war er auch schon aus dem Zimmer geflohen. Verwundert sah sie ihm nach, auch wenn er schon längst nicht mehr zu sehen war, als Faustina meinte, er wäre schüchtern. "Er ist doch nicht schüchtern, er ... " Sie kam ins Grübeln. Ja, was war er denn dann? Egal, darüber wollte sie nicht nachdenken. Faustina deckte sie liebevoll zu und nahm ihre Hand. "Ja, jetzt geht es mir schon viel besser. Es tut mir leid, ich glaube, das war zuviel Wein. Ich hätte nicht soviel trinken sollen... glaub ich." Chio drehte sich auf die Seite, legte ihre Wange in die Hand, die sie hielt. "Bleibst du bei mir?" .. murmelte sie noch leise, bevor sie die Augen schloß und einschlief.

    Der Stallbursche, der ihr gefolgt war, nahm ihr das Pferd ab. Chio verabschiedete sich liebevoll von Aischa. Dass sie nun öfter hierherkommen durfte, machte sie mehr als glücklich. Noch ein letzter Blick auf das stolze Pferd, dann drehte sie sich wieder zu den beiden um, bereit zu gehen. Verwundert war sie nur, dass Aretas mitkommen sollte. Sie sah von einem zum anderen. "Wieso kommt er mit? Er muß sich doch um die Pferde kümmern."

    Durch Faustinas Nähe wurde ihr bewußt, wie alleine sie sich gefühlt hatte... bis jetzt. "Ja, es war schön.. aber ich glaube, ein bisschen zuviel." Schuldbewußt legte sie ihr Gesicht an ihre Schulter und schmiegte sich an sie, in der Annahme, sie wären alleine. Müde, am liebsten wäre sie gleich hier bei ihr eingeschlafen, jetzt, da die Erde wieder stillstand. Von Aretas hatte sie noch nichts bemerkt, geschweige denn, an ihn gedacht. Und von dem blauen Fleck, der sich gerade unter ihrem Auge bildete, spürte sie im Moment auch noch nichts.

    Faustina...Chio war unendlich froh über diese Stimme und ging in die Richtung, aus der sie kam. "Domina.. hier... " Faustinas Umrisse waren vor dem hellen Hintergrund gut zu erkennen. Nur ein paar Schritte, dann war sie bei ihr, fiel ihr förmlich in die Arme.

    Chio war schnell und das hatte seinen Grund. Im Garten angekommen, entschied sie sich für den erstbesten Busch, der groß genug war, dahinter zu verschwinden, und übergab sich. Innerlich verfluchte sie Ahriman und schwor bei Ormuzd, nie wieder soviel Wein zu trinken.


    Nach einer Weile kam sie um einiges erleichtert hinter dem Busch hervor, da hörte sie Schritte, die sich näherten. Es ging ihr zwar besser, ihr wurde aber auch bewußt, dass sie nichts als das Laken um ihren Körper geschlungen trug. Sie wickelte es noch fester und wäre am liebsten wieder hinter einem der Büsche verschwunden. Nein, sie mußte zurück, bevor sie noch jemand sah und vielleicht auf dumme Gedanken kam.

    Nach einer halben Ewigkeit kam Chio wieder zurück, mit geröteten Wangen und einem Strahlen auf dem Gesicht. Wenn sie zuhause waren, würde sie sich noch viel mehr für dieses Geschenk bedanken, als es hier möglich war. Sie blickte in Gesichter, deren Miene sie nicht deuten konnte. Von allem hatte sie nichts mitbekommen und war nun dementsprechend ratlos, was ihre Begeisterung aber nur wenig schmälern konnte. "Domina, das Pferd ist wundervoll..." Dann schwieg sie, sie hatte das Gefühl, das wäre in dem Moment vielleicht das Beste.

    Sie war kaum eingeschlafen, da wurde ihr furchtbar schlecht. Soviel Wein an einem Tag war sie nicht gewohnt. Was sollte sie tun, wo sollte sie hin? Hastig setzte sie sich auf, in der Hoffnung, das ginge vorbei. Allerdings hatte sie die Rechnung ohne ihren Magen gemacht und der rebellierte nun erst recht. Notdürftig hüllte sie sich in das Laken, das sie eilig von ihrer Liege zog und rannte zur Tür. Dein einen Zipfel, den sie in der Hand und der auch das gesamte Tuch an ihrem Körper hielt, presste sie auf ihren Mund, mit der anderen riss sie die Tür auf. Dass Aretas davor saß, erkannte sie in ihrer Eile nicht, und stolperte promt über ihn. Um das Laken nicht zu verlieren, blieb ihr nur eine Hand, den Sturz abzufangen, was natürlich eher schlecht gelang und so knallte sie mit einem Aufschrei auf den harten Boden. Mühsam rappelte sie sich gelich wieder auf, erst auf alle Viere, schließlich wieder einigermaßen aufrecht. Das Hindernis, von dem ihr im Moment völlig egal war, was, oder wer es war, bedachte sie mit unverständlichen Schimpfwörtern, dass sich selbst die Götter die Ohren zuhalten würden, Ohhh, ich muss... , dann rannte sie auch schon weiter Richtung Garten.

    Keiner kümmerte sich mehr um sie, und Aretas schien keine Einwände zu haben. Um die beiden nicht zu stören, suchte sie sich einfach einen anderen, der ihr helfen konnte. Sie holten Aischa aus der Box und führten sie nach draussen, über den Hof und von dort in eine kleinere Halle. Der Stallbursche bereitete alles vor und dann half er ihr aufs Pferd. Es war schon beruhigend, dass er Aischa nicht losließ, auch wenn die Stute keinerlei Anstalten machte, sich zu rühren. Endlich saß sie richtig, es konnte losgehen. Er führte, das Pferd folgte und so langsam bekam auch Chio ein Gefühl für das Tier. Dann ließ er los und stellte sich an den Rand. Nun konnte sie zeigen, was sie konnte.

    Ohne sich um irgendetwas zu kümmern, zog sie sich aus und legte sich auf ihre Liege. Sie wollte schlafen, sie war sooo müde. Nicht einmal die Decke zog sie mehr über sich. Doch als sie die Augen schloß, riss sie sie auch schon wieder auf. Alles drehte sich. Das Bett, das Zimmer, ihr wurde schlecht. Vorsichtig richtete sie sich wieder auf. Es wurde besser. Du meine Güte, was war denn das? Genauso vorsichtig legte sie sich wieder hin. Besser. Doch als sie die Augen schloss, ging das Ganze von vorne los. Alles begann sich zu drehen, immer schneller. Augen wieder auf. Es drehte sich zwar immer noch, nur nicht ganz so schnell. Vielleicht, wenn sie einfach die Augen offen behielt? Konnte man so schlafen? Was blieb ihr übrig?

    Endlich zurück und auch hier tobte noch das Leben. Und sie wollte so gerne noch mitfeiern. "Ich will aber nicht... " Nur ein kleiner Protest, denn eigentlich wollte sie schlafen, nur noch schlafen. Chiomara erklärte ihm den Weg, er führte sie durch die Gänge, bis sie vor Faustinas Räumen standen. "Hier.. hier schlafe ich... danke." Dann drehte sie sich um, ging ins Zimmer und schloß die Tür hinter sich, und ließ ihn einfach stehen.

    Der Feuerspucker war toll und auch das Mädchen... aber eigentlich wollte sie nur zurück und in ihr Bett. Vielleicht morgen, unbedingt, sie wollte das alles noch viel genauer sehen. Wenn nur nicht dieser blöde Wein... und die Straße, die war auch schonmal ruhiger...

    Aischa also... Sie hatte kaum mitbekommen, dass die beiden ihr gefolgt waren. Dass sie dieses Pferd reiten durfte, freute sie besonders. "Danke, Herrin." Lächelnd wandte sie sich wieder dem Pferd zu, Aischa. Mit dem Streicheln hatte sie keine Sekunde aufgehört. "Hast du das gehört? Du gehörst jetzt mir." flüsterte sie ihm zu. Sie war richtig aufgeregt und glücklich. Zu gern hätte sie ihr etwas gegeben, aber leider hatte sie daran nicht gedacht."Ich hab leider nichts für dich." Da fiel ihr Blick auf den Apfel in seiner Hand. Aber den gab er ihr dann selbst. "Das nächste mal..." Für seine Bemerkung mit der kleinen Chiomara, warf sie ihm einen bösen Blick zu. Er war so arrogant wie immer...