Dass dieser Tag noch so viel von ihr abverlangen mochte, daran hätte sie nicht im Traum gedacht. Doch andererseits lag in dieser Anspannung, die über sie gekommen war auch ein gewisser Reiz. Der Reiz des nicht Alltäglichen sozusagen, der sie ab und an in ihrem ach so beschaulichen und schrecklich langweiligen Leben zu kitzeln vermochte. War es denn nicht einfach atemberaubend, dass nun dieser (beinahe) fremde Sklave in ihrem Cubiculum stand und sie um Hilfe bat? Woraufhin sie nun darüber nach sann, wie man der Realität vielleicht etwas nachhelfen konnte, damit der verblichene Centho sozusagen noch aus seinem Grabe heraus seinen guten Dracon an sie, Domitilla verschenkte.
Endlich kam die Flavia etwas zur Ruhe. Der Sklave hatte sich inzwischen schon wieder erhoben. Fürwahr, in seinen abgerissenen Fetzen sah er wirklich zum Haare raufen aus. Doch darunter zeichnete sich ein sehr muskulöser Körper ab, der es mit jedem besseren Gladiator Roms hätte aufnehmen können.
„Das ist gut,“ antwortete Domitilla nickend. Wieder huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, als sie sich vorzustellen begann, wie der Neid ihren Freundinnen zu Gesicht stehen würde, wenn sie in seiner Begleitung irgendwo erschien. Und ganz offensichtlich schien es Dracon ähnlich zu sehen. Für ihn würde es zwar kaum einen Unterschied machen, denn er war ein Sklave und würde auch weiterhin ein Sklave bleiben. Die die Vorteile aber, die er als ihr Sklave genoss, waren selbst für ihn unübersehbar.
„Ja, das weiß ich Dracon. Für Centho hätte ich auf alles verzichtet. Ich wäre ihm überall hin gefolgt.“ Selbst ins unwirtliche Britannien zu seinen Bastarden…Doch genug mit Kummer und Trauer! Dracon brachte es mit seiner Feststellung auf den Punkt. Er war nicht nur ein gutes, nein er war ein perfektes Geschenk! „Das sehe ich genauso, Dracon. Und damit es auch amtlich wird, benötigen wir eine Urkunde. Einen Wisch, auf dem vermerkt ist, dass Centho dich mir geschenkt hat. Dummerweise existiert ein solches Dokument leider nicht. Dennoch sollte man meinen, dass es in Rom nichts gibt, was es nicht gibt.“ Ob der Sklave ihr soweit folgen konnte? Egal, sie winkte bereits ihre Sklavin herbei. „Du wirst dich sofort in die Stadt begeben und einen Experten finden, der uns in dieser Sache behilflich sein kann. Nimm dir ein, zwei Sklaven zu deinem Schutz mit, denn weder ich noch Dracon sind daran interessiert, dass dir ein Haar gekrümmt wird.“ Ein leises, belegtes „Ja, Domina“ kam aus Candaces Mund. Ihr musste klar sein, dass dieser Auftrag weder einfach noch ungefährlich war. Dann ging ihr Blick noch einmal zu Dracon, ehe sie das Zimmer verließ.
Als sie mit dem Sklaven schließlich allein war wandte sie sich wieder Dracon zu. Auch wenn sein abgerissener Anblick sie immer noch etwas irritierte, konnte sie dennoch zufrieden sein. Nicht auszudenken welches Resultat daraus hervorgehen würde, wenn sie ihn mit ihrer Candace kreuzte...
“Du wirst sicher ein Bad nehmen wollen, um dich zu entspannen und vor allem um diesen Schmutz los zu werden, nicht wahr?“ Natürlich hatte Domitilla dabei keine Vorstellungen davon, welche Bademöglichkeiten den flavischen Sklaven zur Verfügung standen. Sie war dabei lediglich von ihren Möglichkeiten ausgegangen.