Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Mit einigem Gepolter – durchaus bewusst – kam Hadamar in Begleitung von zwei älteren Soldaten eines Abends durch die Barracken der Centurie. Wenn man die Stuben inspizieren wollte nach Ende eines langen Diensttags, konnte es nie schaden, die Soldaten ein bisschen aufzuschrecken. So hämmerten sie also gegen Türen und rissen sie dann gleich auf, ohne auf eine Antwort zu warten, gingen durch die Unterkünfte, besahen sich die Ordnung dort, den Zustand der Waffen, der Rüstungen, der anderen Gegenstände. Der ein oder andere Miles fing sich einen Rüffel ein, die meisten, weil es zu unordentlich war, ein paar andere, weil die Rüstungen nicht ordentlich poliert waren, einer, weil sein Gladius nicht sauber gepflegt war und einer, weil er zu faul gewesen war seine Caligae zu nageln... das übliche halt. Einer der Soldaten, die Hadamar dabei unterstützten, knallte gerade die nächste Tür auf, der andere kritzelte auf einer mitgebrachten Tafel rum, wo er grob notierte, wie es wo ausgesehen hatte, als Hadamar auffiel, dass sie schon ziemlich weit gekommen waren, ihnen aber noch keiner der Neuen untergekommen war. „Wo sind eigentlich die Tirones abgeblieben? Wir haben doch ein paar Neue in der Einheit, wo sind die?“

    Wie angeordnet* fand Hadamar sich bei dem Appell ein, gemeinsam mit seiner Centurie. Auf den neuen Tribun war er... nicht wirklich gespannt. Überhaupt hatte er einiges von seiner Begeisterung verloren dafür, hier in Rom zu sein. Was zu Anfang noch alles unglaublich spannend und faszinierend und lebhaft gewirkt hatte, war ihm mittlerweile größtenteils einfach... zu viel. Es war nicht so, dass er von der Stadt überfordert wäre – aber er sehnte sich einfach nach seiner Heimat zurück. Nach angenehmeren Temperaturen. Angenehmerem Geräuschpegel. Und angenehmeren Gerüchen. Rom war einfach nur überfrachtet mit allem möglichen, und warum so viele so begeistert davon waren, wollte ihm einfach nicht mehr in den Schädel gehen. Warum er sich früher mal drauf gefreut hatte, die Ewige Stadt tatsächlich selbst zu sehen und mehr noch, hier bleiben und sie kennen lernen zu können – selbst das begriff er nicht mehr so ganz. Ein Teil von ihm schon, jener Teil, der nach wie vor eine gewisse Faszination empfand, aber der Rest nicht mehr, und selbst besagter Teil hatte festgestellt, dass hier leben einfach nichts war, dass es völlig ausreichen würde, eine Stadt wie Rom nur hin und wieder zu besuchen – und wenn das nicht ging, naja, dann halt lieber ganz darauf verzichten als ständig hier sein zu müssen. Und dann die Menschen hier... die Menschen waren auch anders. Ganz anders als in Germanien. Er vermisste nicht nur seine Freunde und seine Familie, er vermisste die Art, wie die Menschen reagierten, wie sie mit einem umgingen. Die Römer waren anders als er, und auch jene, die nicht aus Rom stammten, sondern irgendwelchen italischen Gebieten waren anders. Was er bisher nie auch nur ansatzweise gespürt hatte, erlebte er plötzlich hier: er war ein Außenseiter. Er hatte in Germanien durchaus sein Fett weggekriegt, er war immer eher einer der Schmächtigeren gewesen unter seinen Freunden, einer der Jüngeren, aber auch wenn er oft genug hatte einstecken müssen, er war nie, niemals, Außenseiter gewesen. Hier war das anders, weil er anders war. Und dann kam da noch der Bürgerkrieg dazu... mit all seinen Erinnerungen, die Hadamar immer noch nachhingen. Die ihn nicht verlassen wollten, und vermutlich auch nie ganz tun würden. Man gewöhnte sich nur daran, aber man vergaß nicht. Auch etwas, was er sich vorher ganz anders vorgestellt hatte, bevor er in seine erste Schlacht, seinen ersten Krieg geraten war. Was man da erlebte. Und wie es einem nachhing, selbst wenn man am Ende auf der Siegerseite stand. Aber das war nichts, was er mit irgendwem geteilt hätte, schon gar nicht hier in Rom, wo irgendwie nahezu alles und jeder fremd für ihn war, bis heute.


    Kurz und gut: Hadamar hatte Heimweh. Rom war nichts für ihn, hatte er feststellen müssen. Aber er ließ sich davon nichts anmerken. Er war nur nicht mehr ganz so fröhlich wie früher, war eher in sich gekehrt und erledigte einfach seine Pflichten, und wenn er mal feiern ging, dann in der Regel mit den wenigen Germanen, die er hier so hin und wieder mal getroffen hatte. Wie so häufig stand er auch jetzt mit undeutbarer Miene stramm da und lauschte den Worten des Tribuns, der über jenen Bürgerkrieg sprach, in dem er selbst gekämpft hatte, anders als die meisten Urbaner hier – sofern sie nicht wie er nach dem Krieg zu dieser Einheit versetzt worden waren, um die Reihen wenigstens etwas aufzufüllen. Er wusste ja, wovon der Mann sprach, manchmal hatte er heute noch Albträume davon... und unwillkürlich fragte er sich einen Moment lang, ob der Tribun denn auch wusste, was er da von sich gab. Wirklich wusste. Ob er auf dem Schlachtfeld gewesen war. Ob er Kameraden hatte sterben sehen. Vermutlich eher nicht, gerade die jungen, senatorischen Tribune waren da eher unbedarft.
    „Für den Praefectus! Für den Augustus! Für Roma!“ brüllte er dann mit, als der Tribun fertig mit seiner Rede war, und hörte die Soldaten hinter sich ebenfalls einstimmen, während sie gegen ihre Schilde schlugen.




    Sim-Off:

    *Bei der Versetzung von Hadamar wurde keine Cohorte genannt, wenn ich mich richtig erinnere – also geh ich einfach mal davon aus, dass ich richtig bin^^

    Dieser Blick. Für einen Moment hatte Hadamar das Gefühl, seine Augen nicht von denen der Decima nehmen zu können, als sie ihn so ansah. Sein Kopf neigte sich eine Winzigkeit zur Seite, und um seine Mundwinkel zuckte es kurz, wie in der Andeutung eines vorsichtigen Lächelns – als der Kerl dazwischen kam. Der sich allerdings nicht als weiterer Räuber entpuppte, sondern als Sklave. „Eh. Ja. Geh zu ihr.“ Hadamar machte eine wedelnde Handbewegung und gab dem Sklaven den Weg frei, dass er zu seiner Herrin konnte. Die... nicht allzu gut aussah, wie Hadamar mit einem leichten Stirnrunzeln feststellte, und auch die Decima fasste sich gerade an den Kopf. „Schafft mal nen bisschen Platz wo sie sich hinsetzen und ausruhen können“, trug er den beiden Legionären auf, die da geblieben waren, und noch bevor einer der beiden etwas tun konnte, trat schon der Händler hervor, vor dessen Stand sich alles abgespielt hatte, und bot seine Hilfe an. Vielleicht hoffte er, eine Belohnung zu bekommen oder so... war Hadamar im Grunde auch egal. So oder so wurde etwas Platz geschaffen, damit die Damen sich ausruhen konnten. Und Hadamar... wandte sich wieder der Decima zu. Mit ihr sei alles in Ordnung, hatte sie gesagt, und sie hatte durchaus so geklungen, als ob das auch stimmte. Trotz der Tatsache, dass sie gerade eben überfallen worden war mit ihrer Freundin. Hart im Nehmen, wie die Frauen seiner Heimat. Etwas wie Anerkennung schlich sich in seinen Blick. „Erm.“ Er räusperte sich. „Habt ihr die Kerle von irgendwoher gekannt? Oder war es einfach Zufall, dass ihr das Ziel gewesen seid?“

    „In... Ordnung“, machte der Optio gedehnt und machte eine weitere Notiz auf der Tabula, nachdem der Rekrut nun auch bewiesen hatte, dass seine Augen in Ordnung waren. „Das wär's dann hier für dich. Nimm die Tabula und geh zurück zum Rekrutierungsbüro, dort sagen sie dir alles weitere.“ Mit diesen Worten reichte er dem Iulius die Tabula zurück und nickte ihm noch einmal zu.


    Tauglichkeitsprüfung von
    Servius Iulius Macro


    Alter: 20


    Vorerkrankungen: keine


    Körperlicher Zustand: gut


    Gehör: gut


    Augen: gut


    Sonstiges: ./.

    Hadamar tupfte noch ein bisschen das Blut weg, legte dann das Tuch so zusammen, dass die saubere Seite nach außen wies, und band es der Frau um den Hals. Er fühlte sich immer noch für seinen Geschmack zu sehr an Vicetia erinnert, auch wenn die Situation hier freilich keinem Vergleich standhielt... aber er hatte sich unter Kontrolle jetzt, die Art der Erinnerung, die so plötzlich gekommen war, dass er das Gefühl gehabt hatte mittendrin zu sein, war vorbei. „Da nicht für“, lächelte er dann die andere an, die er schon kannte... die... Decima, fiel ihm plötzlich ein. Er meinte, der Familienname der beiden Frauen beim Stadttor sei Decima gewesen. Hadamar räusperte sich, als ihm auffiel, dass er vielleicht ein bisschen zu salopp reagiert hatte, und fügte an: „Dafür sind wir da.“ Er stand auf, als die ältere Frau sich um diese Lucia zu kümmern begann, und wandte sich an die Decima: „Mit dir auch alles in Ordnung? Was ist passiert?“ Er war noch am Sprechen, als sich plötzlich ein Mann bis zu ihnen vordrängte und sich – zumindest sah es für Hadamar in diesem Augenblick so aus – auf die immer noch am Boden sitzende Lucia stürzen wollte. Hadamar fackelte nicht lange, sondern machte einen Schritt nach vorne und versetzte dem Kerl mit der flachen Hand einen Stoß vor die Brust, der ihn zurücktaumeln ließ.

    Der Optio musterte den Rekruten mit unbewegter Miene, während der die Übungen absolvierte. Er hatte schon bessere gesehen... und schlechtere. Mit dem Stylus kratzte er sich am Hinterkopf, als der Iulius von Kniebeugen zu Liegestützen überging. Alles in allem schien der Rekrutierung nichts im Weg zu stehen – Krankheiten in der Familie schien es ja auch keine zu geben, wobei der Optio mutmaßte, dass ohnehin kaum einer da die Wahrheit sagte. Die Kerle kamen, weil sie rekrutiert werden, nicht weil sie abgelehnt werden wollten... was zu verheimlichen war, wurde verheimlicht. Aber die Frage gehörte zur Standardprozedur, und er machte sich nicht die Mühe, das in Frage zu stellen.
    Er besah sich ein bisschen, wie der Iulius auf der Stelle lief, kritzelte dann noch etwas kurz auf die Tabula und sagte schließlich: „In Ordnung, kannst aufhören.“ Hören konnte der Mann scheinbar auch, jedenfalls hatte der Optio nichts bemerkt, dass er damit irgendwie Schwierigkeiten hätte. Fehlte noch wie es um die Augen stand. „Stell dich mal da hin“, wies er auf einen Punkt in der Mitte des Raums, „bisschen nach vorne... ja, genau da. Und schau zu der Wand dort. Was kannst du auf der Tabula erkennen?“ Immer kleiner werdend waren auf besagter Tabula, die an der Wand befestigt war, Symbole aufgezeichnet: ein Lorbeerkranz, ein Haus, eine Waage, ein Adler.

    Der Optio kritzelte Namen und Alter auf die Tabula, und hörte zu was der Iulier noch so beschrieb. Keine Ausbildung also, und auch sonst keine Fähigkeiten, die ihn für irgendeinen speziellen Dienst prädestiniert hätten. Was nicht ungewöhnlich war, die meisten, die sich rekrutieren ließen, hatten nichts spezielles gelernt – deswegen ließen sie sich ja rekrutieren. Das hieß, was das mit dem Holz anging... vielleicht ließ sich da was finden. Aber das würde sich dann wohl zeigen im Lauf der Ausbildung und, sofern der Kerl die bestand, der späteren Laufbahn als Berufssoldat. Von diesen Gedanken sagte er allerdings nichts laut. Ging den Rekruten ja nix an, fand er. Ob er genommen werden würde oder nicht, würde er schon noch früh genug erfahren. „In Ordnung... Eltern oder nahe Verwandte, irgendwelche Krankheiten da? Und während du erzählst, kannst du schon mal mit den Übungen anfangen. 20 Kniebeugen, 20 Liegestützen, dann schnell auf der Stelle laufen, bis ich halt sag.“

    „Da bist du bei mir richtig“, antwortete der Mann, kritzelte noch schnell und sah dann hoch, um den Rekruten zu mustern. „Gib mir die Tabula“, streckte er eine Hand danach aus, „und dann erzähl mal. Name, Alter, hast du irgendne Ausbildung, oder irgendwelche Fähigkeiten wie lesen und schreiben? Warst du schon mal krank oder verletzt?“

    Scheinbar nichts Berichtenswertes sonst. Hadamar nickte knapp und verkniff sich ein Grinsen, als der Soldat mit jederzeit gerne antwortete. Haha. Als ob er die Wahl hätte... jetzt zuckte doch ganz kurz einer seiner Mundwinkel nach oben. Der Marsch würde lustig werden, das sah er jetzt schon kommen. Wenn er an den ersten zurückdachte, den er als Optio mit den Veteranen der ersten Cohorte gemacht hatte... Himmel, was hatte er danach gekotzt, weil er sich so völlig verausgabt hatte, nur um nicht nur zu zeigen, dass er mit all den Veteranen mithalten konnte, sondern um zu zeigen, dass er besser als sie alle war. Damit sie anfingen, Respekt vor dem Jungspund zu haben, der ihnen als Optio vor die Nase gesetzt worden war. Aber der wichtige Punkt war: er hatte erst danach gekotzt. Wo ihn keiner seiner Männer mehr gesehen hatte. Und solche Gewaltmärsche war er mittlerweile nicht zuletzt wegen solcher Aktionen zur Genüge gewöhnt... anders als die Urbaner vor ihm offenbar. „Wenn's so weit ist, kriegt ihr Bescheid. Abtreten!“

    Die Soldaten tauschten einen vielsagenden Blick. Keiner von ihnen hatte Lust, sich jetzt um irgendwas zu kümmern. Warum auch? Wenn sie hier anfingen jeden Einzelwunsch zu erfüllen, hatten sie nicht mehr viel Zeit sich um das Tor zu kümmern... Überhaupt begriff keiner der Anwesenden so recht, warum ausgerechnet Legionäre die Frau begleiteten. „Naja...“ machte der Sprecher gedehnt. „Gegen ne kleine Entschädigung von der Dame könnten wir ihr vielleicht ne Sondergenehmigung ausstellen...“ Warum da nun Soldaten die Frau begleiteten, war letztlich egal – aber die Kerle würden genauso gut wissen wie jeder andere Miles auch, wie so was lief.

    Keine Gewaltmärsche also. Hadamar fand, dass dann wohl mal einer fällig war, und wenn es nur war um abschätzen zu können, wie es um die Ausdauer der Centurie bestellt war. „Tja, dann könnt ihr euch schon mal drauf freuen, dass es in den nächsten Wochen einen Marsch draußen geben wird. Sonst etwas Berichtenswertes?“ fragte er allgemein in die Runde. Vielleicht gab es ja was, was einer der Legionäre ihm so erzählen wollte noch.

    Auch wenn keiner etwas direkt auf seine Frage erwiderte, wurde trotzdem ziemlich schnell klar, was die Antwort war. Der einen – die Hadamar kannte – schien es ziemlich gut zu gehen, die beiden anderen dagegen, die am Boden knieten, dagegen nicht so sehr. Wobei er im ersten Augenblick nicht erkennen konnte, ob es nur der Schock war, oder ob eine tatsächlich verletzt war... eine Frage, die aber auch gleich beantwortet wurde, bevor er etwas tun konnte. Als die... die... der Name wollte ihm immer noch einfallen, als sie sich also zu dieser Lucia und der anderen Frau hinkniete und sich ein Stück Stoff griff, bemerkte auch er das Blut. Ohne lang zu fackeln zog er seinen Helm vom Kopf, kniete sich daneben und schob ihre Hände beiseite, während er murmelte: „Lass mich mal sehen.“ Gerade kleinere Wunden wie diese konnte jeder Legionär selbst versorgen, und spätestens seit Vicetia konnte Hadamar mit Fug und Recht behaupten, dass er weit Schlimmeres gesehen und zumindest teilweise auch erstversorgt hatte. Vorsichtig zog er das Tuch ein Stück fort, um sich die Wunde anzusehen – und von einem Moment zum anderen war er plötzlich woanders, hatte das Gefühl auf dem Schlachtfeld zu knien bei einem Kameraden, der gefallen war, hörte die Schreie der Verwundeten und Sterbenden, sah das Blut, das an seinen Händen klebte. Seine Finger zitterten flüchtig, und er musste ein paar Mal blinzeln, um das Bild aus seinem Kopf zu verbannen und weiter zu machen, als sei nichts gewesen. Sacht tupfte er dann das Blut weg und besah sich den Schnitt. „Nicht sonderlich tief. Wenn sich das nicht entzündet, dürfte das sogar verheilen ohne eine Narbe zu hinterlassen.“ Was, angesichts der Tatsache dass sie eine Frau war, vermutlich von Interesse sein dürfte für sie. Um den Händler, der mittlerweile dazu gekommen war, kümmerte sich währenddessen einer der beiden Legionäre, die sich nicht an die Verfolgung gemacht hatten, zog ihn ein wenig zur Seite und begann ihn zu befragen über das Ereignis.

    Hadamar versuchte, so schnell wie möglich die Szene zu überblicken – Männer, Messer, so weit war er schon, jetzt nahm er nach und nach auch die Frauen war. Und stellte mit Überraschung fest, dass er eine von ihnen kannte. Das war doch... die... auf den Namen kam er gerade nicht, aber er kannte sie definitiv. Und noch während er sie ansah, geschah plötzlich alles auf einmal. Die Kerle krallten sich, was sie wollten, stießen die Frauen von sich weg und liefen davon, und das bevor seine Soldaten den Kreis um die Männer hätten schließen können. Und weil Hadamar diesen winzigen Bruchteil eines Augenblicks abgelenkt war, reagierte auch er nicht schnell genug. Er versuchte noch sich nach vorne zu werfen, aber in dem Moment wurde eine der beiden Frauen in seine Richtung gestoßen und landete auf dem Boden, und gleich darauf bekam auch die andere einen Stoß. Und knallte mit einem fluchenden Hadamar zusammen, der nicht mehr rechtzeitig genug ausweichen konnte, aber immerhin diesmal schnell genug reagierte, um die Arme auszustrecken und sie festzuhalten, damit sie nicht auch noch beide hinkrachten. Noch während er sie hielt, rief er: „Sechs Mann, hinterher!“ Woraufhin sechs der acht aus dem Contubernium, das ihn auf Patrouille begleitet hatte, in die Menge tauchte und versuchte, die Kerle zu verfolgen. Hadamar selbst wandte sich derweil den Frauen zu. „Alles klar?“ Wohl nicht, zumindest nicht bei den beiden, die am Boden hockten, aber Hadamar fiel im Moment keine bessere Frage ein.

    „Der, eh...“ Aedil Duccius Vala. Der angesprochene Soldat sah sich hilfesuchend nach seinen Kameraden um, ob da vielleicht jemand die Antwort wusste, und tatsächlich trat nach ein paar weiteren Momenten einer hervor: „Ich weiß, wo der wohnt. Is aba nich mehr Aedil, vor kurzem warn wieder Wahln.“ Er räusperte sich kurz und spuckte auf dem Boden aus – gerade so weit genug weg von den Ankömmlingen, dass die das in seinen Augen nicht als Beleidigung auffassen konnten –, und fuhr fort: „Der wohnt in der Casa Accia, auf dem Esquilin. Erst ma müsst ihr hier rein...“ kam das Offensichtliche, und was folgte war eine ziemlich verschwurbelte, mit an dem Bäcker vorbei, der hat übrigens lecker Gebäck, Obacht, die Gasse solltet ihr meiden, da sin die Färber und ähnlichen Hinweisen gespickte Beschreibung, wie sie zur besagten Casa finden konnten. Das hieß: wenn sie denn schlau wurden aus der Wegbeschreibung, woran der Soldat allerdings nicht den mindesten Zweifel zu haben schien, gemessen an dem freundlichen, etwas zahnlückigen Grinsen, mit dem er die Männer bedachte.




    „Gut“, erwiderte Hadamar knapp, denn im Grunde hatte er auch keine andere Antwort erwartet. Sie trainierten ja vermutlich ständig... und selbst wenn etwas nicht rund lief, er hätte das seinem neuen Centurio wohl auch nicht gleich unter die Nase gerieben. Aber auch wenn alles reibungslos lief, hatte er doch – oder glaubte es zumindest – ein paar Sachen in petto, die für die Milites neu waren, die sie noch nicht oder nur selten gemacht hatten, womit er sie ein bisschen austesten konnte. Das hier war immerhin eine reine Stadteinheit, und er kam von einer Grenzlegion. „Wann war euer letzter Marsch in der Umgebung, irgendwo außerhalb Roms?“

    „Herein“, ertönte eine etwas knurrige Stimme, ein paar Momente nachdem das Klopfen verhallt war, und als der Besucher eintrat, sah der Mann an dem Schreibtisch dahinter nicht mal hoch. „Sag nichts... du willst zu uns.“ War ja nicht schwer zu erraten, wenn man bedachte wo sie hier waren. „Zuerst mal muss festgestellt werden, ob du tauglich bist. Geh zum Valetudinarium und lass das ausfüllen.“ Mit diesen Worten reichte der Soldat eine Tabula weiter.



    Tauglichkeitsprüfung von



    Alter:


    Vorerkrankungen:


    Körperlicher Zustand:


    Gehör:


    Augen:


    Sonstiges:



    Der Iulier, der da ankam und sich rekrutieren lassen wollte, wirkte ziemlich gut drauf. Was bei den Milites am Tor eine unterschiedliche Reaktion hervorrief: einer zog misstrauisch die Nase kraus, die anderen mussten eher schmunzeln angesichts des Elans, den der potentielle Rekrut verströmte. „Frischfleisch. Sehr schön“, grinste einer der Milites. „Dann meld dich erst mal im Rekrutierungsbüro. Findest du ziemlich einfach.“ An diese Worte angehängt folgte eine kurze Beschreibung, so dass der Iulier den Weg finden würde.