Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Den Blick des Primus Pilus erwiderte Hadamar völlig ungerührt, und auch die Tirade ließ er ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen. Solche Sprüche hatte er als Tiro tagtäglich zu hören bekommen, bis er sich halbwegs bewiesen hatte und sie seltener geworden waren... und ganz aufgehört hatten sie nie. Man konnte sich drüber ärgern, sicher, aber mehr als den Ärger runterschlucken bliebe einem nicht... und früher oder später kam jeder Tiro an den Punkt, wo er so was einfach über sich ergehen ließ. Wer das nicht schaffte, war ungeeignet für die Legion.
    Hadamar stand also einfach nur da, ignorierte die anfänglichen Seitenhiebe und hörte dem Centurio bei allem anderen konzentriert zu... Er hatte tatsächlich noch kein Haus gestürmt, und er konnte jede Information brauchen, die er kriegen konnte. Er ging zwar davon aus, dass der Primus Pilus einfach das Kommando über alle anwesenden Soldaten übernahm – was ihn zugegebenermaßen erleichterte; dass er die volle Verantwortung für seine Einheit gehabt hatte, als sie in Rom einmarschiert waren, hatte ihn mehr gestresst als er geglaubt hatte –, aber der Optio musste natürlich trotzdem Bescheid wissen. Also passte er auf, nickte an wichtigen Stellen, und spielte das ganze im Kopf nach, mit seinen Leuten. Die Pause, die der Centurio dann machte, war zu kurz um etwas zu sagen, selbst irgendwas bestätigendes. Also nickte Hadamar nur und hörte weiter zu, bis der Centurio das nächste Mal stoppte... diesmal allerdings nicht aus freien Stücken. Ein weiteres Mal krachte der Rammbock mit lautem Getöse gegen die Tür, aber diesmal blieb es nicht dabei – diesmal bewegte sie sich.


    Und dann kam etwas, was Hadamar für einen winzigen Moment entgeistert zu dem fremden Primus Pilus starren ließ. Sieh zu, dass deine Männer wissen, was sie zu tun haben. Bitte wie, bitte was? ER sollte seine Männer selbst befehligen? Das übernahm nicht etwa der Centurio, sondern dass sollte er machen? Er hatte doch keine Ahnung, er war... Götter... Hadamars Magen schien plötzlich in seiner Kniegegend zu hängen, während sein Herz raste – aber viel Zeit zum Nachdenken hatte er nicht. Oder zum Argumentieren. Oder zum Schiss haben, nicht Schiss vor der Stürmung selbst, aber Schiss vor der Verantwortung, für seine Männer und für ihren Erfolg, und davor es womöglich zu verbocken. Der Primus Pilus hatte sich schon von ihm abgewandt, und Hadamar spürte mehr als er wusste, das aber mit brennender Klarheit, dass ihm keine Zeit mehr blieb für irgendwas – außer seine Leute zu instruieren und anzutreiben. Sonst hatte er schon versagt, bevor sie überhaupt den ersten Fuß in dieses Haus gesetzt hatten. Mit einem Ruck wandte er sich um. „DREI, SECHS, NACH VORNE, SCUTA IN POSITION, WENN IHR DRIN SEID – DURCH! VIER UND FÜNF DAHINTER UND VORNE SICHERN!“ Was mit dem Rest war, sparte sich Hadamar lieber. Stattdessen scheuchte er seine Leute in Stellung nahm selbst Position ein, und das gerade noch rechtzeitig – der Rammbock krachte gerade erneut gegen die Tür, und der Spalt verbreiterte sich, weit genug, dass zwei Männer hindurch passten.
    Auch noch die letzten Gedanken, Grübeleien über das, was hier gerade passierte, und welche Verantwortung auf ihm lag, waren nun endgültig weggewischt. Mit einem Brüllen stimmte er in die Anfeuerungsrufe des Primus Pilus mit ein, und nebeneinander zogen die Männer der II und der VIII in die Casa des Consuls ein – nur um gleich nach der Tür wieder gestoppt zu werden. Hadamar knurrte, als er die Barrikade aus Möbeln sah. „Na los, schafft das Zeug aus dem Weg!“ Äxte... was hätte er jetzt für Äxte gegeben. Aber die hätten sie noch nicht mal dabei gehabt, wenn da nicht die Sache mit dem Pomerium gewesen wäre. Ohne noch großartig auf die Männer des Centurios zu achten, trieb er seine eigenen Leute an, schickte die ersten dazu, Stühle und ähnlichen Kleinkram mit den Knüppeln zu zertrümmern, während die nächsten eingeteilt wurden, erst die Trümmerstücke und dann, so bald möglich, die größeren Möbelstücke irgendwie beiseite zu schaffen. Es dauerte eine Weile... in der jede Menge Holzsplitter durch die Gegend flogen, die von Rüstungen abprallten und dort, wo sie auf freie Haut trafen, Kratzer hinterließen, während fluchende Milites sich immer wieder mitten in den Regen aus Splittern hinein duckten, um mehr oder weniger zertrümmerte Möbelstücke aus dem Weg zu ziehen. Schließlich hatten sie allerdings auch dieses Hindernis aus dem Weg geräumt, und hinein ging es in die Casa, weiter hinein, ins Atrium... in dem allerdings zumindest auf den ersten Blick keine Horde an Kämpfern wartete, durch die sie erst mal durchkommen mussten, um die Casa zu sichern wie vom Primus Pilus geplant.

    [Sim-Off] Kein Thema :)[/simoff]



    Hadamar lief dem Mann hinterher, hinein in das Haus, Treppe rauf, bis sie schließlich vor einer Tür landeten, hinter der hoffentlich dieser Verwandte des Duumvirs zu finden war. Er wartete, bis er das vertraute soll reinkommen hörte und der andere Soldat wieder rauskam, betrat dann den Raum. „Optio Duccius Ferox meldet sich“, salutierte er vor dem Praefectus. Ohne seinen Blick von dem Mann abzuwenden, bemerkte er aus dem Augenwinkel durchaus die Schreiber, die da waren... und überlegte kurz, ob er in deren Anwesenheit los werden sollte, weswegen er hier war... beschloss dann aber recht schnell, dass das keine Rolle spielte. Erst mal kurz und knapp beschreiben, was Sache war, wenn der Praefectus Nachfragen hatte, konnte er sie stellen... und wenn er sie nicht vor seinen Scribae stellen wollte, würde er die rausschicken. „Ein gewisser Iulius Dives, Duumvir von Ostia, wurde festgesetzt und in die Castra Praetoria gebracht, Praefectus. Er hat behauptet er sei mit dir verwandt...“ Einen winzigen Moment überlegte Hadamar, ob er sagen sollte, dass der Kerl ihn gebeten hatte hierher zu kommen... entschied sich dann aber dagegen. Etwas anderes klang doch weit besser, und warum nicht versuchen, beim aktuellen Kommandanten der Prima einen guten Eindruck zu hinterlassen? „Ich wollte dich informieren, für den Fall dass es stimmt.“ Und obwohl er neugierig war, verkniff er sich die Nachfrage, ob es denn stimmte.

    „Nicht? Warum das denn?“ lachte Hadamar zurück, bekam die Erklärung aber gleich serviert. Alwina. Natürlich. Hadamar fragte sich, was das Weib an sich hatte, dass Corvinus sogar hier, wo er so viele Tagesmärsche fort war von ihr und auch schon so lange weg war von ihr, immer noch nur sie im Sinn hatte, so sehr, dass er sich kein anderes Weib schnappte, nicht mal einfach nur so für ein paar Stunden. „Klar...“ grinste er. „Dein Weib muss ja echt was besonderes sein, wenn du da immer noch stur dran festhältst, keine andre zu vögeln außer ihr.“ Er griff sich den Schlauch und kippte sich auch wieder was in die Kehle. Man, tat das gut... endlich was saufen, und einfach nur abhängen, nichts tun... reden. Über Weiber. Flüchtig formte sich der Gedanke in seinem Kopf, heute noch irgendwo eine Lagerhure aufzutun... vor allem Corvinus' Beschreibung von seinem Gast führte bei Hadamar dazu, dass ihm diese Idee einfach grandios vorkam.
    Die weitere Erzählung allerdings wischte den Gedanken erst mal wieder fort. Hadamar, der gerade mit seinem Hocker gekippelt hatte, verlor fast das Gleichgewicht und wäre beinahe hingeknallt, konnte sich im letzten Moment noch fangen – verschluckte sich allerdings und begann zu husten. „Bitte was?“ ächzte er, als er sich von dem Hustenanfall halbwegs erholt hatte. „Ne Verwandte vom Legat der Prima UND unserm Tribun?“ Er starrte Corvinus an und schwankte zwischen Lachen und Entsetzen, aber das Lustige an der Geschichte gewann eindeutig über der Vorstellung, was da wohl hätte passieren können... oder vielleicht passiert war, aber immerhin: Corvinus war ja noch da, und abgesehen von den Wunden aus der Schlacht unversehrt... „Hat er dir eine reingehaun?“

    Eine Tradition also. Mit Traditionen kannte Hadamar sich aus, aber sich selbst umzubringen und das als ehrenhaft hinzustellen, fand er dann doch ziemlich dämlich. Er schnitt eine Grimasse. „Haben Traditionen so an sich, dass das keiner mehr weiß wer das in die Welt gesetzt hat...“ Egal ob's Schmarrn war oder nicht. Er deutete ein Achselzucken an und nickte dann, nach einem kurzen Blick zu dem anderen Mann, der bei ihnen stand, aber für den Moment schwieg. „Meine Sippe ist germanisch“, antwortete er, „bin aber schon mit Bürgerrecht geboren. Und nein... Selbstmord ist da nichts ehrenhaftes. Ist nicht das einzige, was anders ist als hier.“

    Hadamars Kiefermuskeln spannten sich etwas an, als der Schwarzrock jetzt auf einmal doch wieder auf Förmlichkeit bestand... er hatte genau das herausgefordert, und es war ihm auch klar gewesen, dass kein Centurio sonderlich freudig darauf reagierte, wenn ein Optio sich so verhielt ihm gegenüber – aber trotzdem nervte es ihn. Das alles hier war einfach... viel, diese riesige Stadt, so eng, so überbordend, dazu der Fakt, dass sie nur mit Knüppeln bewaffnet waren und gerade hier, am Palast, keine Ahnung hatten was auf sie warten würde, aber doch mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen konnten, dass es Widerstand geben würde... und zwar bewaffneten Widerstand. Mit scharfen Waffen bewaffneter Widerstand. Hadamar hatte das Gefühl, aus dem Alarmzustand gerade nicht mehr rauszukommen, und er wusste, dass er sich gerade konstant an der Grenze dessen bewegte, wo es irgendwann zu viel wurde... wo es ihn überforderte. Er überschritt die Grenze nicht, er wollte verdammt sein wenn er zuließ, dass das wirklich passierte, aber die Anspannung erhöhte das eher noch.


    „Centurio“, wiederholte er betont und zeigte dabei seine Zähne in einem Lächeln, das allerdings Anwandlungen von einem Fletschen hatte. „Kommt nicht wieder vor.“ So lange hier alle an einem Strang zogen und sich darauf konzentrierten, diesen Koloss von Palast einzunehmen, und das mit so wenig Verlusten auf ihrer Seite wie möglich. Entsprechend aufmerksam hörte er dann den Erklärungen des Centurios zu, machte währenddessen weitere Vermerke auf der Karte, dort, wo der Centurio hinzeigte und etwas beschrieb. „Hier... und hier...“, murmelte er, während er kritzelte. Klang wenig erbaulich... und das, obwohl sie kaum Erfahrung darin hatten, unter solchen Bedingungen zu kämpfen. Obwohl sie auch in Häusern geübt hatten in den letzten Tagen, war das doch nichts gegen das jahrelange Training, das sie schlicht und ergreifend mit anderen Dingen verbracht hatten als damit, die Eroberung von engen Häusern und Gängen zu üben. Umso verlockender klang das, was der andere Schwarzrock dann vorschlug... vorausgesetzt, es funktionierte. Aber wie sie hier vorgingen war etwas, was nicht bei ihm lag zu entscheiden.
    Hadamar überlegte einen Moment und fragte sich dann, wer der zweite Kerl noch mal war, was für eine Funktion er innegehabt hatte bei der Garde... Princeps irgendwas, was wohl so viel wie die Entsprechung des Praefectus Castrorum bei der Legion war, glaubte er. In jedem Fall etwas, wo es tatsächlich wahrscheinlich war, dass er sich noch besser auskannte da drin als der Rest der Schwarzröcke. „ARTORIUS!“ brüllte er nach dem Kerl, der vorhin noch Meldung gemacht hatte bei ihm und dem er gesagt hatte, in der Nähe zu bleiben. Wenn er da schon wen hatte, der als Melder rumlief, konnte er ihn auch gleich nutzen. „Lauf zum Flaminier und gib jemandem aus seinem Stab Bescheid, dass wir den Princeps der Prätorianer hier haben. Falls die wen zum Verhandeln brauchen, der die im Palast alle kennt, das wär der Mann dafür. Und beeil dich!“ Mit einem Schulterzucken wandte er sich wieder an die beiden anderen. „Mal sehen, ob die oben Bedarf an so was haben... Was noch, Princeps, Centurio? Welche Möglichkeiten haben sie, den Palast zu verteidigen?“

    Hadamar fing das Stück Trockenobst auf, das Alrik ihm zuwarf, behielt es allerdings einfach nur in der Hand... er hatte das Gefühl, jetzt ganz sicher nichts herunter bekommen zu können, obwohl er sonst eigentlich nie ein Problem damit hatte was zu futtern. Und Alriks Reaktion auf seine Worte trugen nicht gerade dazu bei, dass sich daran was geändert hätte... Den hier, oder den anderen?
    Bitte was? Es gab zwei von den Heinis? „Ehm.“ Hadamar wurde ein wenig blass um die Nase, als ihm klar wurde, dass da irgendwo ein Fehler passiert sein musste – und er fieberhaft zu überlegen begann, ob das jetzt seiner gewesen war und er mit seinen Leuten eigentlich vor einem anderen Haus stehen müsste. Und selbst wenn es nicht seiner gewesen war: Scheiße fiel nach unten. Das Risiko war nicht gerade gering, dass er das so oder so abbekommen würde, egal wer das verbockt hatte. Alrik allerdings schien da nicht so großartig etwas drauf zu geben, was Hadamar wenigstens etwas wieder beruhigte... auch wenn er nicht ganz begriff, warum er mit seinen Leuten bleiben sollte, wo doch ziemlich offensichtlich war, dass die achte hier mit mehr als genug Männern vertreten war. Mit unbewegter Miene blieb er stehen, grüßte nur knapp, aber angemessen den Centurio, den sein Vetter herbeirief, und lauschte dem Wortwechsel zwischen den beiden... der wieder ein bisschen für ein leicht flaues Gefühl in seinem Magen sorgte. Dass er bleiben sollte, hatte Alrik nicht einfach so aus einer Laune heraus entschieden... sein Vetter wollte, dass er blieb, das wurde deutlich, sagte er ja auch am Schluss. Sich das... wie hatte er es genannt? ... das Wirken der Männer der zweiten anzusehen, hieß doch nichts anderes, als sich anzusehen wie er sich so anstellte, und wie von selbst drehte das den Adrenalinspiegel in Hadamars Blut noch mal ein Stück höher, als er eh schon war. Das hier war nichts, was er nicht mittlerweile hundertfach gewohnt wäre... aber zu wissen, dass er dabei nun beobachtet wurde, war trotzdem noch mal was anderes.


    Das Grinsen, das flüchtig über sein Gesicht huschte, als sein Vetter sich dann wieder an wandte, war denn auch nicht nur darin begründet, dass es gleich heiß hergehen würde, sondern zu einem mindestens genauso großen Teil darin, dass er ein wenig nervös war... was man hoffentlich aber nicht sehen konnte. Er salutierte erneut. „Mit Vergnügen, Tribun.“ Hadamar wandte sich um, das Grinsen nun vom Gesicht gewischt, überbrückte die kurze Entfernung zu seinen Männern und begann, mit lauter Stimme – laut genug, dass er den Lärm, den die Soldaten an der Porta veranstalteten, übertönen konnte – Anweisungen zu verteilen: „Ihr habt's gehört, wir springen hier ein. Contubernia zwei bis neun, macht euch bereit die Lücken aufzufüllen. Tillius, du nimmst den Burschen da“, Hadamar nickte zu ihrem Führer, „und dein Contubernium und treibst unsern Princeps auf. Klemmt euch an den zweiten Consul, ich will wissen was mit dem ist.“ Der zweite Centurio der ersten Cohorte würde definitiv wissen, was zu tun war, sollte da tatsächlich noch niemand sonst sein... was er allerdings nicht hoffte. „Elf, zwölf, fünfzehn, ihr verteilt euch um das Haus und verstärkt da. Der Rest hält sich in Reserve... auf geht's!“ Die Milites bezogen Aufstellung, Hadamar zwischen ihnen, der sie vorwärts scheuchte, und fügten sich zu den Soldaten der achten, dort, wo von deren Centurio Männer abgezogen wurden, bis die Formation wieder komplettiert war. Hadamar unterdessen gesellte sich zu dem Centurio, der sich mit seinem Vetter den kleinen Disput geliefert hatte, und salutierte. „Die Männer sind auf Position, Centurio.“

    Die Stadt war... unglaublich. Die wenigen Momente, in denen Hadamar sich erlaubte mit den Gedanken abzuschweifen, kam er aus dem Staunen nicht heraus, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Er strengte sich auch deshalb so sehr an, einfach nichts mehr von dem wahrzunehmen, was diese Stadt an... Unglaublichkeiten bot, weil es ihm anfangs, als sie einmarschiert waren, zwei Mal passiert war, dass einer seiner Männer ihn tatsächlich hatte rausreißen müssen aus dem fassungslosen Starren.
    Allerdings war es auf Dauer gar nicht mal so schwer, alles zu ignorieren. Hadamar war nur allzu bald schlicht und einfach damit überfordert, was er hier sah. Die Stadt war zu groß, zu voll, zu eng, zu schmutzig... und sie stank zu sehr. Es war einfacher, abzuschalten und nicht mehr darauf zu achten, und mit der Einnahme der Stadt, die nach wie vor in vollem Gang war und die die Aufmerksamkeit von ihnen allen erforderte, war es noch mal leichter, alles andere wegzuschieben. Und noch etwas kam dazu, was Hadamar dabei half: der Fakt, dass sein Centurio nicht dabei war. Die erste Centurie hatte sich auf seinen Befehl hin bereit gemacht, kaum dass klar wurde dass die Tore offen waren, und der Primus Pilus war auch aufgetaucht, hatte mit Hadamar die Befehle besprochen, die sie hatten. Dann allerdings war ein Soldat aufgetaucht, hatte etwas hastig mit ihm besprochen, was Hadamar nicht hatte verstehen können – und das Ende vom Lied war, dass der Primus Pilus mit ein paar der Soldaten wieder verschwand. Zum Legaten. Und Hadamar mit dem Auftrag zurückließ, dem Plan gemäß weiter vorzurücken, bis er wieder zu ihnen stoßen würde.
    Genau das hatte Hadamar dann auch getan, was anderes war ihm ja gar nicht übrig geblieben, auch wenn er nicht sonderlich begeistert davon war... er war nur irgendein germanischer Optio, verdammt noch eins, und das hier war die riesigste Stadt, die er je gesehen hatte – warum konnte nicht sein Centurio da sein und das Kommando übernehmen, der einfach... naja... mehr Erfahrung hatte in all dem? Aber: Erfahrung hin oder her, es blieb an ihm hängen, und so biss Hadamar nur die Zähne zusammen, knirschte noch ein wenig mit ihnen, schnappte sich den Überläufer, der ihnen zugeteilt worden war als eine Art Stadtführer, und machte sich dann auf den Weg mit seiner Centurie. Und nutzte den einzigen Vorteil, den das hatte: er stand unter so massiver Spannung, dass er in diesem Umfeld, in dieser Situation allein das Kommando über seine Centurie gerade hatte, dass Rom mitsamt seinen schier erschlagenden Eindrücken die meiste Zeit einfach an ihm vorbei rauschte, ohne dass er groß darauf achtete.


    Sie rückten Stück für Stück vor und folgten dabei dem Plan... der zuallerst vorsah, eine der wichtigsten Personen in Rom festzusetzen: den Consul. Hadamar hatte keine Ahnung, wer oder was das war, aber das musste er ja auch nicht. Er ließ sich einfach gemeinsam mit seiner Centurie zum Haus von dem Kerl lotsen und verbannte jeden Gedanken daran, was er machen sollte, wenn er da war – einfach nur belagern, vielleicht, wenn der Kerl nämlich tatsächlich ein so hohes Vieh war, dann war es vielleicht nicht angebracht, wenn er als Optio an die Tür klopfte... da sollte er wohl warten, bis der Primus Pilus zu ihnen wieder aufgeschlossen war. Aber es wäre wohl ungünstig, wenn der Consul abhaute, also galt es wenigstens das zu verhindern... alles andere würde er spontan entscheiden.
    Als sie allerdings an dem Haus ankamen, stellten sie schon von weiter weg fest, dass es da nichts mehr spontan zu entscheiden gab... und auch keine Belagerung nötig war. Da war schon eine Einheit vor dem Haus, und sie war nicht nur damit beschäftigt, genau das zu belagern, sondern die Tür einzuschlagen. Irritiert kam Hadamar näher und wollte sich die Szene ansehen, als sein Blick auf ein Pferd viel... mit einem nur allzu bekannten Reiter. Er gab seinen Männern einen Wink, in Formation stehen zu bleiben, und salutierte vor seinem Vetter: „Tribun.“ Und senkte dann seine Stimme ein wenig. „Was...“ ...macht ihr hier. Nein, das war nicht gerade die schlauste aller Fragen. ...soll das hier. Nein... auch nicht. Dafür war er nicht in der Position, weder in der Legion noch in der Sippe. Aber irgendwie fragte er sich dann halt doch, warum zwei verschiedene Einheiten unabhängig voneinander den Befehl bekommen hatten, ein- und denselben Mann festzunehmen. Hadamar räusperte sich. „Ich hab auch den Befehl bekommen, den Consul festzunehmen... “

    Hadamar salutierte erneut, als der zweite Schwarzrock auch dazu kam. Im Gegensatz zu ihrem letzten Gespräch war dieses hier eindeutig offizieller Natur, und auch wenn sich die beiden anderen erlaubten, lockerer aufzutreten... bekam Hadamar es aus seinem System mittlerweile nur noch schwer heraus, was ihnen Tag um Tag, Jahr um Jahr eingedrillt worden war: die Hierarchie. Die Disziplin. Und hier, jetzt, standen sie vor dem Kaiserpalast, belagerten ihn, bereiteten sich darauf vor ihn zu stürmen – ganz sicher keine Situation, in der ein lockerer Plausch angebracht war. Fand er. Allerdings wusste er nicht so recht, ob es ihn nun wundern sollte, dass die beiden Prätorianer das offenbar anders sahen. Einerseits schon, so als Soldaten und Elite und überhaupt – andererseits nicht, so... naja, so als Überläufer irgendwie. War allerdings wohl auch nicht so sonderlich wichtig. „Darf ich also davon ausgehen, dass du noch keiner Einheit zugeteilt wurdest, Centurio?“ fragte er nach, und in seiner Stimme klang Sarkasmus durch. Obwohl er Disziplin und Hierarchiedenken – was ihm beides deutliche Schwierigkeiten bereitet hatte, und das nicht nur zu Anfang, sondern auch so ziemlich seine ganze Mileszeit lang – mittlerweile verinnerlicht hatte, konnte er doch nicht so recht aus seiner Haut heraus, und wenn er etwas falsch fand, hatte er kein Problem damit, Kritik auch durchklingen zu lassen. Auch wenn es gegenüber einem höheren Dienstgrad war. Man musste dabei nur aufpassen, wie man es formulierte, so dass einem nicht offen Aufmüpfigkeit vorgeworfen werden konnte oder so... dann ging das schon meistens. „Ihr könnt beide die Prima der II begleiten... einen Fremdenführer könnten wir sicher gebrauchen. Der Primus Pilus ist aktuell anderweitig unterwegs...“ Reine Info für die beiden – dass er damit auch noch passenderweise gleich schon mal klar stellen konnte, dass er hier vorläufig das Kommando hatte über die anwesenden Soldaten, war dabei natürlich reiner Zufall... nichts anderes als das. Noch während er sprach, zückte er eine Karte, auf der der Grundriss des Palasts und der Umgebung skizziert war und die auch schon ein paar Vermerke hatte. „... Wir sind hier stationiert...“, deutete er auf einen Punkt auf der Karte, „... und sollen diesen Teil sichern, wenn es los geht. Irgendwelche... Ja?“ sah er dann auf, als ein Miles auftauchte. Mit einer Handbewegung bedeutete er ihm, Meldung zu machen, hörte zu und kramte einen Stylus hervor, um auf der Karte gleich noch einen Vermerk zu machen. „Danke, Miles. Bleib noch hier, vielleicht kriegst du dann ne Botschaft zum zurücknehmen.“ Mit diesen Worten wandte er sich wieder an die beiden Schwarzröcke und fuhr nahtlos fort: „Irgendwelche Hinweise, was nützlich sein könnte?“

    Hadamar nickte. „Ja, hab ich... geht uns bei der Secunda ähnlich, Miles“, erwiderte er – und konnte gerade noch verhindern, dass er sein Gesicht zu einer Grimasse verzog. Sein Legat war nicht bei der Schlacht verletzt worden, im Gegensatz zu dem der Prima... weil sein Legat gar nicht erst so wirklich bei der Schlacht aufgetaucht war. Hadamar hatte keine Ahnung, welche Krankheit der Claudius hatte, aber es ging ihm so schlecht, dass er sich generell nur sehr selten sehen ließ. Natürlich gab es andere, die einspringen konnten, die ihn unterstützten, Dinge übernahmen... war leider auch der Primus Pilus dabei, der deswegen noch weniger Zeit hatte als eh schon, was wiederum Hadamar mit deutlich mehr Arbeit zurückließ, als er sowieso schon gehabt hatte als Optio der ersten. „Wenn der Praefectus gerade Zeit erübrigen kann, dann bring mich bitte zu ihm.“

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca



    Nachdem sie durch die Stadt vorgerückt waren, waren von der Secunda auch einige Centurien der ersten Cohorte zum Palatin geschickt worden, um sich dort einzurichten und Stellung zu beziehen. Und... naja. Wieder zu belagern. Der Kaiserpalast jedenfalls sollte noch nicht angegriffen werden, und entsprechend verteilte Hadamar seine Leute in dem Bereich, der ihnen zugewiesen worden war... als ihm in der Nähe ein bekannter Schwarzrock auffiel, der irgendwie ein bisschen verloren in der Gegend herumstand. Jedenfalls hatte Hadamar den Eindruck, dass er nicht so recht wusste wohin er gehörte... was kein Wunder war, waren die Einheiten der Überläufer, die bisher noch hatten zusammen bleiben dürfen, für die Übernahme Roms auseinander gerissen worden. Die meisten hatten gar nicht mitgedurft, ein paar wenige hatten sie allerdings mitgenommen, da es diese – und davon denen gerade die Prätorianer – waren, die sich in Rom am besten auskannten.


    „Salve, Centurio“, salutierte er vor dem Mann, von dem er immer noch nicht genau wusste, wie er sich nun am besten vor ihm verhalten sollte... einerseits war er ihm eigentlich vorgesetzt, andererseits war er ein Überläufer, und dass denen noch nicht so ganz vertraut wurde, hatte sich ja schon an der Order gezeigt, dass nur ein paar hatten mitkommen dürfen. „Wurdest du schon einer Einheit zugeteilt für das hier?“ Er machte eine Kopfbewegung zum Palast hinüber.

    Die Nachricht machte wie ein Lauffeuer die Runde, auch in der Secunda bis hin zur ersten Centurie, die nicht mit direkt mit der Belagerung beauftragt war: die Tore standen offen. Zuerst nur an einer Straße, wie Hadamar erfuhr, aber es dauerte nicht lang, und noch während er zum Sammeln blasen ließ und dafür sorgte, dass die Centurie sich vorbereitet für einen Kampf, kamen weitere Nachrichten – dass es gar keinen Ausfall gab. Dass ihre Soldaten widerstandslos herein gelassen wurden. Und schließlich dass weitere Tore nach und nach geöffnet wurden. Hadamar schwirrte der Kopf, als nach Tagen des Nichtstuns vor den Toren Roms jetzt plötzlich überall hektische Aktivität ausbrach, und für die ersten Momente hatte er fast Mühe, den Überblick zu bewahren – aber mittlerweile hatte er dann doch genug Erfahrung, um zu wissen was er tun musste, um sich genau den zu beschaffen. Er gab ein paar knappe Befehle aus, ließ die Centurie antreten mit der Order, die Schwerter in den Zelten zu lassen – sich an das zu erinnern war nicht schwer, das war ihnen ein ums andere Mal eingebläut worden in den letzten Tagen, dass sie die Stadtmauern nicht mit Waffen passieren durften, nur mit Knüppeln und Messern... weil das irgendso ein heiliger Kram war. Also ohne Schwerter... und als sie angetreten waren, folgten auch sie den anderen und rückten ins Zentrum Roms ein.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus


    "Gar nicht", lautete die verblüffende Antwort des Wachsoldaten, der sogleich die Notwendige Erläuterung folgte:
    "Der is mittlerweile praefectus. Da die Tür, zweiter Stock erste Tür, linke Seite. Dein Name?"


    „Eh. Oh!“ machte Hadamar, als er die Nachricht hörte. Na dann... hätte er dem Duumvir vielleicht sogar noch mehr abknöpfen können. Als Praefectus hatte dessen Verwandter mehr Einfluss und könnte vielleicht mehr für ihn tun... und war zugleich schwerer zu erreichen, oder zumindest konnte man das Außenstehenden gern mal so verkaufen. Aber naja. War zu spät dafür. „Optio Duccius Ferox“, antwortete er dann auf die Frage, „von der Secunda. Erste Cohorte, erste Centurie.“ Half vielleicht, dass er schneller vorgelassen wurde, wenn klar war dass er nicht irgendein Optio war, sondern der des Primus Pilus der zweiten, auch wenn seine Botschaft damit nichts zu tun hatte. „Hat er denn Zeit gerade?“

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca und Marcus Caecilius Decius



    Obwohl der Centurio meinte, er selbst hätte sich wohl so oder so nicht selbst umgebracht, lag Hadamar der Spruch noch ein bisschen im Magen. Abgesehen davon, dass er zu sehr am Leben hing – er verstand nicht, was daran ehrenhaft sein sollte, sich selbst umzubringen. Wenn man wirklich so sehr in Schwierigkeiten war, dass es einem als Ausweg erschien, dann war es einfach nur feige, nichts anderes, da konnte man noch so oft behaupten es wäre der Ehre wegen. Und wenn andere behaupteten, es wäre ehrenvoll... dann war es wahrscheinlich nur so, dass ihnen der Tod nutzte.


    Bevor er auf die Worte des Centurios allerdings reagieren konnte, gesellte sich ein weiterer Schwarzrock heran, nickte ihnen zu und kommentierte das Gesagte – zwar ohne sich vorzustellen, aber im Gegensatz zum Centurio war bei diesem erkennbar, dass er ein höheres Tier war. Da er allerdings weder Rang noch Namen nannte und auch nicht wirklich offiziell auftrat... beschloss Hadamar einfach mal davon auszugehen, dass das hier auch weiter das informelle Gespräch bleiben würde, zu dem es sich entwickelt hatte. Er nickte grüßend zurück. „Ach, sicher wird es das geben“, antwortete er dann – es gab immer irgendetwas, wofür es sich zu leben lohnte, davon war er überzeugt. „Aber welcher Trottel behauptet, dass das was mit Ehre zu tun hätt, sich selbst abzustechen?“ Wenn schon Ehre, dann doch mit erhobenem Haupt in die Gefangenschaft gehen... hätte er für sich persönlich jetzt auch nicht unbedingt als Alternative in Betracht gezogen, er hätte auch das vermieden wenn sich die Chance geboten hätte, aber das immerhin konnte er nachvollziehen.

    Hadamar übergab die beiden, nannte noch ihre Namen dazu und sah kurz hinterher, wie sie davon gebracht wurden, bevor er sich wieder an den Soldaten wandte. „Gern, ja, wenn ihr was da habt“, nahm er das Angebot an. Hatte zwar einen Auftrag... aber solange würde der Iulius wohl noch warten können. „Gibts hier was neues?“, erkundigte er sich dann, während er am Überlegen war, ob er fragen sollte ob sein Vetter wohl Zeit für ihn hatte... allerdings war da das Problem wohl eher, dass er zu wenig Zeit hatte. Da war immer noch die Kontrolle der äußeren Verteidigungslinien, die er fertig machen musste, und das war etwas, was er dann doch lieber selbst noch mal ansah... und dann die Botschaft für den Primus Pilus der Prima, die er davor noch überbringen wollte. Für mehr als ein einfaches Hallo würde da seine Zeit im Moment eh nicht reichen – und dafür brauchte er seinen Vetter nicht stören, selbst wenn der ein Miles gewesen wäre. Was er ja nicht war, weswegen es noch mal blöder gekommen wäre wohl, deswegen irgendwo reinzuplatzen. Nee. Besser er kam irgendwann abends mal wieder vorbei und fragte, ob er Zeit hatte für einen Plausch oder so.

    Hadamar grinste breit – aber noch war er selbst nicht besoffen genug, um die Herausforderung anzunehmen von einem Kerl, der gerade eben noch so viel Mühe allein schon mit dem Sitzen gehabt hatte, dass er vornüber im Batz gelegen hatte. Und wenn er sich so anschaute, wie wenig Sönke noch zum Trinken über hatte, würde er das wohl auch kaum werden. „Ah ge. Wart liaba bisd wiada gscheid beieinand bisd, bevoad vasuachst mia oane zum langan. Hosd meahra davo dann.“
    Sönke allerdings schien in Jammerlaune bleiben zu wollen... und mit seinen Worten machte er Hadamar auch ein wenig nachdenklich. So sehr er sich gefreut hatte, Sönke lebendig anzutreffen, hatte er doch nicht vergessen, wie jämmerlich er sich in der Phase gefühlt hatte, in der er geglaubt hatte es wäre anders... und das nicht allein nur wegen Sönke, sondern ganz allgemein wegen dem Erlebten. Das dann kombiniert mit Alkohol... naja. Trotzdem wollte Hadamar jetzt eigentlich kein Trübsal blasen. „Warts ob. Wannst dahoam bisd, un de feschn Deandln olle auf di fliang, dann werds di gfrein dosd a Heid bisd, weasd scho seng.“ Er versuchte immer noch, das irgendwohin zu ziehen, wo auch Sönke darüber würde lachen können... vielleicht half es ja, wenn Weiber im Spiel waren.

    Nachdem Hadamar den iulischen Duumvir und seinen Kollegen zur Castra gebracht hatte, verteilte er die nächsten Aufgaben und delegierte ein paar von denen, die bei ihm als nächstes angestanden hätten... dann machte er sich auf den Weg zur Prima, um dort wie versprochen den Primus Pilus aufzusuchen und über die Gefangennahme seines... was war es? Ah ja. Seines Großneffen zu informieren.


    Da er den Primus Pilus dort vermutete, wo auch sein eigener die meiste Zeit zu finden war, suchte Hadamar sich seinen Weg bis zum Zentrum der Legio I, dort, wo der Stab zu finden war, und wandte sich dort an einen der Soldaten. „Ich habe eine Botschaft für den Primus Pilus Iulius Licinus... wo kann ich den finden?“

    Das leichte Grinsen verschwand wieder, aber Hadamars Miene blieb trotzdem gut gelaunt, während er den Iulius beim Münzenzählen beobachtete. Kurz flammte es wieder auf, als er die Münzen dann entgegennahm und noch mal flüchtig nachzählte, bevor er sie einsteckte, dann schob er den Duumvir wieder vorwärts, gefolgt von den anderen. „Keine Sorge, Duumvir. Er wird davon erfahren“, versprach Hadamar, und legte genug Ernst in seine Stimme, dass dem anderen hoffentlich klar wurde, dass er auch vorhatte sein Versprechen zu erfüllen. War so aufwendig ja nun auch nicht... er konnte halt nur nichts versprechen, was den anderen Iulius betraf, ob der was tun würde – aber das ging ihn dann ja auch nichts mehr an.


    Mit jetzt wieder etwas beschleunigterem Schritt brachte er die beiden Männer bis zur Porta der Castra, wo er vor den Wachhabenden Milites salutierte: „Optio Duccius Ferox, Legio II, mit zwei... Gästen von Tribun Aurelius für die Castra, die hier untergebracht werden sollen.“


    Sim-Off:

    Jaja, so ist das... Dafür ist der Service dann aber auch echt gut :D

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca
    Der Romkaiser? Seneca fragte sich kurz ob er einen Legionär vor sich hatte, oder ob der Kerl von der anderen Seite des Limes kam, und sich irgendwie in die Legion gemogelt hatte. Wie dem auch sei, vielleicht war das im hohen Norden auch einfach so..
    Sein Gesicht wurde ernster, er schaute kurz durch das Lager, sah ein paar seiner Männer, ein paar normale Legionäre, und blickte dann rüber zu den Mauern..


    "Wir sind Prätorianer.", sagte er knapp, und wusste natürlich dass das dem Jungen nicht reichen würde, "Wir dienen dem Kaiser. Keiner Person, sondern der heiligen Institution des Kaisers.", erklärte er. "Ich habe Ulpius gedient, meinen Eid auf ihn geschworen. Und wir haben versagt. Dann kam Salinator, und mit ihm das Chaos. Wir hätten uns aus allem herausgehalten, aber dann wurden wir in den Kampf geschickt, und jetzt bin ich hier.", er erinnerte sich an die letzte Zeit. Das Testament von welchem ihn Axilla erzählt hatte, die Verhöre, die Reise nach Sardinia...
    "Die Fronten sind nicht klar zu erkennen. Man kann nicht erkennen wer Feind und wer Freund Roms ist, dafür wurden wir schon zu tief in diese Sache hineingezogen.", er stockte kurz, "Vielleicht ist es das was uns die Seite wechseln ließ, wären die Hintergründe nicht so widersprüchlich, hätten sich viele wohl eher ins Schwert gestürzt als sich euch anzuschließen."


    Hadamar zog die Augenbrauen hoch. „Soll das heißen wir haben nicht denselben Eid geschworen?“ Er war sich zwar nicht ganz sicher, was der Centurio mit der heiligen Institution des Kaisers meinte, aber: der Eid, den er geleistet hatte, da war kein Kaiser namentlich erwähnt. Und als der eine umgebracht worden war, da hatte es halt die Wahl gegeben... zwischen dem Romkaiser, der in der Hauptstadt geblieben war, und dem anderen, der eben nicht in der Stadt geblieben war, dem die germanischen Provinzen dann als ihren Kaiser ausgerufen hatten. Und: er begriff immer noch nicht, wie eine ganze Truppe – noch dazu eine, die angeblich so elitär war wie die Schwarzen – einem Mann diente, über den sie insgeheim lachten. Und der sogar für Chaos sorgte.
    Das nächste allerdings konnte er verstehen. Es war beschissen nicht zu wissen, wer Freund und wer Feind war, wo die Fronten verliefen, und er hatte immer noch nicht ganz kapiert, wer da nun wie Recht hatte mit seinem angeblichen oder tatsächlichen Anspruch auf den Thron. Er war dafür zu weit weg, zu weit von der Politik, zu weit von Rom... und letztlich war es auch egal. Auch wenn er neugierig war, auch wenn er wissen wollte, wie das ganze zusammenhing, am Ende tat er seinen Dienst – und seine direkten Vorgesetzten waren den Göttern sei Dank von der Art, die er respektierte. Auch wenn er sie nicht unbedingt alle leiden konnte. Er wusste nicht, wie er reagiert hätte, wäre er in der Situation des anderen gewesen.


    Eines allerdings wusste er... dass er nämlich schon wieder nicht verstand, was der Kerl jetzt am Schluss sagte. Wieder schossen seine Augenbrauen nach oben. „Du hättest dich also umgebracht, wenn das anders gewesen wär?“ echote er ungläubig. Das ging nun tatsächlich über seinen Verstand... Hadamar hing einfach zu sehr an seinem Leben. Er war sich da ziemlich sicher, dass er versucht hätte sich irgendwie zu retten, und wenn das hieß: überlaufen, mei, dann war es halt so.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    Dives musste ein leichtes Stöhnen unterdrücken. Ja, wie hatte er die anderen vier legionären Herrschaften nur vergessen können..?! Im Gehen überlegte er kurz.
    "Selbstverständlich sollen auch unsere anderen vier Begleiter für ihren Aufwand entschädigt werden.", wobei der Iulier so spontan die Aufwendungen dieser Soldaten nicht so ganz sah. Dennoch musste er Wohl oder Übel darauf eingehen, wenn er wollte, dass der Optio seinem Großonkel Licinus von seinem unfreiwillig längeren Aufenthalt hier im Lager berichtete.
    "Dann lege ich für jeden der vier noch fünf Denarii oben drauf, was meinst du?", erhöhte der Duumvir also. Für diesen Betrag müsste sich jeder der vier in Ostia in der Regel eine ganze Woche lang durch die Flure und Gänge der Curia scheuchen lassen, Akten von A nach B und wieder zurück nach A schleppen, und, und, und. Wieviel 20 Sesterzen in Soldzahlungen war, wusste Dives zwar nicht, aber zum bloßen Vergessen dieses Gespräches (beispielsweise bei einem netten Würfelspiel mit kräftigem Wein) sollte es wohl reichen...


    Für einen Moment huschte ein Schmunzeln über Hadamars Gesicht. „Das klingt angemessen“, erwiderte er dem Duumvir und klopfte dem Mann kurz auf die Schulter. Angemessen genug war es ganz sicher, etwas weniger als der Sold, aber die Milites mussten auch nicht mehr machen als die Klappe zu halten, und dafür war der Betrag mehr als genug. In der Tat sogar so sehr, dass Hadamar am Überlegen war, davon auch noch einen Teil zu behalten, vorausgesetzt die Kerle hatten nicht allzu genau gehört, was die besprochen hatten. Aber das konnte er später überprüfen.
    Er legte dem Mann erneut eine Hand auf die Schulter, diesmal um ihn zu dirigieren, als ein Richtungswechsel anstand, und schob ihn weiter, weiter in Richtung der Castra Praetoria, die sie für sich beansprucht hatten – und wo es wunderbare Unterkünfte mit den vom Tribun gewünschten Gittern davor gab.