Den Blick des Primus Pilus erwiderte Hadamar völlig ungerührt, und auch die Tirade ließ er ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen. Solche Sprüche hatte er als Tiro tagtäglich zu hören bekommen, bis er sich halbwegs bewiesen hatte und sie seltener geworden waren... und ganz aufgehört hatten sie nie. Man konnte sich drüber ärgern, sicher, aber mehr als den Ärger runterschlucken bliebe einem nicht... und früher oder später kam jeder Tiro an den Punkt, wo er so was einfach über sich ergehen ließ. Wer das nicht schaffte, war ungeeignet für die Legion.
Hadamar stand also einfach nur da, ignorierte die anfänglichen Seitenhiebe und hörte dem Centurio bei allem anderen konzentriert zu... Er hatte tatsächlich noch kein Haus gestürmt, und er konnte jede Information brauchen, die er kriegen konnte. Er ging zwar davon aus, dass der Primus Pilus einfach das Kommando über alle anwesenden Soldaten übernahm – was ihn zugegebenermaßen erleichterte; dass er die volle Verantwortung für seine Einheit gehabt hatte, als sie in Rom einmarschiert waren, hatte ihn mehr gestresst als er geglaubt hatte –, aber der Optio musste natürlich trotzdem Bescheid wissen. Also passte er auf, nickte an wichtigen Stellen, und spielte das ganze im Kopf nach, mit seinen Leuten. Die Pause, die der Centurio dann machte, war zu kurz um etwas zu sagen, selbst irgendwas bestätigendes. Also nickte Hadamar nur und hörte weiter zu, bis der Centurio das nächste Mal stoppte... diesmal allerdings nicht aus freien Stücken. Ein weiteres Mal krachte der Rammbock mit lautem Getöse gegen die Tür, aber diesmal blieb es nicht dabei – diesmal bewegte sie sich.
Und dann kam etwas, was Hadamar für einen winzigen Moment entgeistert zu dem fremden Primus Pilus starren ließ. Sieh zu, dass deine Männer wissen, was sie zu tun haben. Bitte wie, bitte was? ER sollte seine Männer selbst befehligen? Das übernahm nicht etwa der Centurio, sondern dass sollte er machen? Er hatte doch keine Ahnung, er war... Götter... Hadamars Magen schien plötzlich in seiner Kniegegend zu hängen, während sein Herz raste – aber viel Zeit zum Nachdenken hatte er nicht. Oder zum Argumentieren. Oder zum Schiss haben, nicht Schiss vor der Stürmung selbst, aber Schiss vor der Verantwortung, für seine Männer und für ihren Erfolg, und davor es womöglich zu verbocken. Der Primus Pilus hatte sich schon von ihm abgewandt, und Hadamar spürte mehr als er wusste, das aber mit brennender Klarheit, dass ihm keine Zeit mehr blieb für irgendwas – außer seine Leute zu instruieren und anzutreiben. Sonst hatte er schon versagt, bevor sie überhaupt den ersten Fuß in dieses Haus gesetzt hatten. Mit einem Ruck wandte er sich um. „DREI, SECHS, NACH VORNE, SCUTA IN POSITION, WENN IHR DRIN SEID – DURCH! VIER UND FÜNF DAHINTER UND VORNE SICHERN!“ Was mit dem Rest war, sparte sich Hadamar lieber. Stattdessen scheuchte er seine Leute in Stellung nahm selbst Position ein, und das gerade noch rechtzeitig – der Rammbock krachte gerade erneut gegen die Tür, und der Spalt verbreiterte sich, weit genug, dass zwei Männer hindurch passten.
Auch noch die letzten Gedanken, Grübeleien über das, was hier gerade passierte, und welche Verantwortung auf ihm lag, waren nun endgültig weggewischt. Mit einem Brüllen stimmte er in die Anfeuerungsrufe des Primus Pilus mit ein, und nebeneinander zogen die Männer der II und der VIII in die Casa des Consuls ein – nur um gleich nach der Tür wieder gestoppt zu werden. Hadamar knurrte, als er die Barrikade aus Möbeln sah. „Na los, schafft das Zeug aus dem Weg!“ Äxte... was hätte er jetzt für Äxte gegeben. Aber die hätten sie noch nicht mal dabei gehabt, wenn da nicht die Sache mit dem Pomerium gewesen wäre. Ohne noch großartig auf die Männer des Centurios zu achten, trieb er seine eigenen Leute an, schickte die ersten dazu, Stühle und ähnlichen Kleinkram mit den Knüppeln zu zertrümmern, während die nächsten eingeteilt wurden, erst die Trümmerstücke und dann, so bald möglich, die größeren Möbelstücke irgendwie beiseite zu schaffen. Es dauerte eine Weile... in der jede Menge Holzsplitter durch die Gegend flogen, die von Rüstungen abprallten und dort, wo sie auf freie Haut trafen, Kratzer hinterließen, während fluchende Milites sich immer wieder mitten in den Regen aus Splittern hinein duckten, um mehr oder weniger zertrümmerte Möbelstücke aus dem Weg zu ziehen. Schließlich hatten sie allerdings auch dieses Hindernis aus dem Weg geräumt, und hinein ging es in die Casa, weiter hinein, ins Atrium... in dem allerdings zumindest auf den ersten Blick keine Horde an Kämpfern wartete, durch die sie erst mal durchkommen mussten, um die Casa zu sichern wie vom Primus Pilus geplant.