Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Hadamar grinste nur zurück, auch wenn er das mit den Pferden ganz anders sah als Corvinus... aber er kannte seinen Kamerad und wusste, was der von den Viechern hielt. Und dass es sinnlos war zu versuchen, ihm vom Gegenteil zu überzeugen.


    Als Corvinus dann endlich was sagte zum Thema achsowichtige Neuigkeit... da dauerte es einen Moment, bis Hadamar schaltete. Obwohl er sich mittlerweile so sehr daran gewöhnt hatte, selbst mit römischem Namen angeredet zu werden, dass er wie selbstverständlich darauf reagierte, war es bei Freunden und Familie immer noch seltsam für ihn, eben nicht die germanischen zu hören. Und Sönke, der sein Lebtag lang nur Sönke, Hartwigs Sohn gewesen war und nichts sonst, und erst seit... ja, seit wann? War das jetzt ein Jahr her oder schon zwei... egal. Der jedenfalls erst vor gar nicht allzu langer Zeit römischer Bürger geworden war und sich einen römischen Namen ausgesucht hatte... Sönke mit Marcus Marius Madarus in Verbindung zu bringen, dafür brauchte Hadamar einen Moment. Einen langen Moment. Verwirrt sah er Corvinus an.
    Und dann fiel der Sesterz. Seine Augen weiteten sich, und sein Unterkiefer klappte runter. Dass Corvinus von Sönke wusste, konnte doch nur heißen... naja. Dass er ihm begegnet war. Oder? Oder nicht? Hatte er den Namen sonstwo aufgeschnappt? Irgendwo gelesen? Nur wenn ja, in welchem Zusammenhang dann? „Sönke?“ machte er. Den Marcus Mada... Mari... wasauchimmer. Was ist mit dem?“

    Wirklich zufrieden war Hadamar nicht mit sich. Was musste die blöde Lanze auch so lang sein? Es war doch fast unmöglich, das Ding so ruhig zu halten, wie es vermutlich sein sollte, damit es auch Wirkung tat bei nem Angriff. Aber wahrscheinlich verhielt es sich damit wie mit so vielem hier: Übung. Übungübungübung. Nen Trick gab's in den seltensten Fällen...


    Nach den absolvierten Versuchen kam Hadamar wieder zurück und stieg wie befohlen ab – und tatsächlich kam nun nichts mehr. Allerdings bekam er auch nicht frei. Super. Ausrüstung pflegen... Naja, dann konnte er sich das wenigstens heute Abend sparen, dann hatte er da mehr Freizeit. Hatte auch was für sich... und der Gedanke heiterte ihn wieder auf. Hadamar salutierte zackig und verabschiedete sich. „Zu Befehl. Vale, Eques.“ Und stiefelte mitsamt dem Gaul von dannen.

    Hadamar blieb ebenso regungslos auf dem Pferd sitzen, wie der Eques auf dem Boden stand und ihn anstarrte. Als der Moment sich allerdings dehnte, begann er sich zu fragen, ob er vielleicht was sagen sollte... ha, nee, da kam nun doch was. Gut. Gut? Bitte was? Nur gut? Hadamar war ja der Meinung, dass er das gerade eben doch mindestens sehr gut gemacht hatte, wenn nicht noch besser... aber auch das hatte er gelernt, neben der Pünktlichkeit: widersprechen kam nicht so toll in der Legio. Also hielt er die Schnauze, zumal der Eques erneut weitersprach – aber anstatt ihm den Rest des Vormittags freizugeben, weil er sich so gut geschlagen hatte und offensichtlich weitere Reitstunden überflüssig waren, sollte er jetzt ein Angriffsmanöver vorführen. Etwas verblüfft nahm Hadamar die Hasta entgegen, nachdem er die Zügel in die Linke gewechselt hatte, wo er sie etwas umständlich mit den Fingern griff, die zugleich auch die Parma hielten. „In... Ordnung“, machte er und lenkte das Pferd mit Schenkeldruck weg vom Eques, um es in Position zu bringen. Angriff also. Die feindlichen Reihen durchbrechen. Hadamar hatte der Legionsreiterei noch nie wirklich zugesehen, aber er konnte sich kaum vorstellen, dass das Losstürmen zu Pferd da anders sein würde als das, was er und seine Freunde sich immer früher in ihren Kinderspielen vorgestellt hatten. Er trieb sein Pferd also an... der olle Gaul tat ihm leider nicht den Gefallen, aus dem Stand loszugaloppieren, aber dafür war er vermutlich einfach schon zu alt und hatte zu viele Anfänger auf seinem Rücken getragen, um sich auf solche Sperenzchen noch einzulassen. Trotzdem hatte Hadamar ihn nach ein paar Schritten im Galopp, und er ging in den leichten Sitz, neigte sich nach vorn, um den Gaul gleichzeitig zu entlasten und noch mehr anzutreiben, und legte die Hasta nach vorne hin an. Rechtzeitig bevor er auf die Markierung und damit das imaginäre Ziel traf. Was ihm allerdings nicht gelang war, die Hasta vernünftig zu halten. Sie war zu lang, zu ungewohnt für ihn, und er bekam mehr und mehr Schwierigkeiten damit, sie gerade zu halten. Ruhig zu halten. Noch bevor er die vorgestellte feindliche Linie durchbrach, schwankte die Lanze so wild hin und her, dass sein Griff um sie schließlich den Halt verlor und sie seinen Fingern entglitt. Mit einem weiteren Fluch auf den Lippen brachte Hadamar den Gaul grob zum Stehen, sprang runter und holte sich die Hasta wieder. Und dann stand dann ganz kurz vor dem Problem, wie er aufs Pferd kommen sollte – bis er die Hasta einfach in den Boden rammte, damit sie aufrecht stehen blieb. Er zog sich hoch wie schon die Male zuvor, mit leichten Problemen, wenig elegant, aber immerhin doch einigermaßen sicher, schnappte sich die Hasta wieder und startete einen neuen Versuch. Und das ganze noch zwei Mal... die Hasta verlor er zum Glück nicht mehr dabei – aber sie wirklich ruhig zu halten gelang ihm trotzdem nicht.

    Na endlich! Hadamar hatte ja schon befürchtet, er müsste noch ein Dutzend mal auf- und absteigen, aber nein, grandioserweise durfte er jetzt endlich reiten… Er nahm die Zügel richtig auf, setzte sich tiefer in den Sattel und brachte das Pferd mit leichtem Schenkeldruck und der Gewichtsverlagerung in Bewegung. Erst Schritt, wie befohlen – ziemlich kurze Strecke, um das Pferd und seine Eigenheiten erst mal kennen zu lernen, aber darum machte Hadamar sich ohnehin keine Sorgen. Er hatte sich früher mit Freunden und Brüdern zu den Jungpferden auf die Weide geschlichen und einfach draufgesetzt, mit laufenden Wetten, wer es jeweils am längsten oben aushielt… da hatte er keine Bedenken, sich im Sattel eines alten Kleppers zu halten. Sicher machten gerade die Zicken… aber das brachte in der Regel nur Anfänger zur Verzweiflung, die nicht wussten wie sie sich durchsetzen sollten. Darum ging es letztlich immer: den Viechern zu zeigen, wer das Sagen hatte. So einfach war das.
    Und genau das gab Hadamar dem Gaul von Anfang an zu verstehen – simpel durch seinen Sitz. Im Grunde lag darin das ganze Geheimnis eines guten Reiters... auch wenn das freilich einfacher klang als es war, wenn man keine Übung hatte. Entsprechend war auch der Rest der Anforderungen kein Problem für ihn, selbst mit Parma, waren die Zügel doch ohnehin nur unterstützend da, oder sollten es zumindest sein: Trab, halbe Runde, den er im leichten Sitz absolvierte – ging zwar gewaltig auf die Oberschenkel, weil die im leichten Sitz deutlich mehr belastet wurden, aber angesichts seines schmerzenden Hinterns zog er es vor, das nicht auszusitzen. Zumal das Vieh einen mörderischen Stakkato-Trab hatte, der ohnehin kaum auszusitzen war, ohne wie ein Ball im Sattel herumzuhüpfen. Als es daran ging, in den Galopp zu wechseln, versuchte der Gaul tatsächlich Zicken, schüttelte unwillig den Kopf und schlug leicht mit einem Hinterbein aus, aber auch davon ließ Hadamar sich wenig beeindrucken, sondern verstärkte nur seinerseits kurz den Druck, und der Gaul gab nach und galoppierte los.
    Als sie die geforderten Runden hinter sich hatten, zügelte Hadamar sein Pferd und brachte es vor dem Eques zum Stehen, wo er dessen weitere Kommandos abwartete.

    Ha! Abwechslung! Willkommene Abwechslung! Und Bewegung erst... Hadamar verkniff sich allerdings das Grinsen, das sich auf seine Lippen stehlen wollte, und nickte nur, wie er fand, ziemlich neutral. „Ich bring dich hin. Wart nen Moment, ich geb kurz Bescheid.“
    Nachdem er das getan hatte beim ranghöchsten Wachhabenden, kam er wieder zurück und forderte den Reiter mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu folgen. „Du kommst aus Rom? In der Jahreszeit?“ fragte er nach in dem Versuch, ein Gespräch anzufangen, während er den Boten durch die Stadt zur Regia brachte.

    „Stammgast, so so…“ Es war nicht zu sehen, was der Soldat davon dachte, aber nichtsdestotrotz machten sie sich über das Essen her, und jeder ließ sich mit seiner Ausbeute wieder im warmen Becken nieder. „Lass uns auch rüber“, meinte Hadamar zu Thyrsus, nachdem sie fertig damit waren die Sauerei aufzuräumen, schnappte sich etwas von den Resten, die übrig geblieben waren, und ließ sich auch mit einem Aufseufzen ins Wasser gleiten.

    Ein wenig wunderte es Hadamar dann doch, dass der Sklave so gar nicht darauf reagierte, dass er mit der Hand auf dessen Bein rumgetatscht hatte. Wenn ihm diese Berührung augenscheinlich so gar nicht weh getan hatte… naja, dann konnte es tatsächlich nicht so schlimm sein. War vielleicht gar nicht ausgekugelt, das Bein, und der Kerl schauspielerte einfach bloß ziemlich gut… um von den Legionären nicht ganz so grob behandelt zu werden.
    Dass seine Knebelaktion wenig Erfolg hatte, wenig Erfolg haben konnte, weil der Kerl ja nicht gefesselt war und entsprechend kein Problem damit hatte, den Knebel wieder wegzumachen, fiel Hadamar erst später irgendwann auf, und als ihm das aufging, stieß er einen leisen germanischen Fluch aus. Aber immerhin hatte es doch so weit gewirkt, dass der Sklave sein freches Maul hielt, und nachdem Hadamar einen kurzen Blick zu ihm warf, sah er, dass er eingeschlafen war. Genauso wie Corvinus, aber der war ja nicht zu überhören.


    Das war der Moment, in dem es Hadamar zu blöd wurde einfach da zu sitzen und nichts zu tun – war ja was anderes als bei der Torwache oder so, wo regelmäßig jemand kam, oder man wenigstens Gesellschaft hatte –, holte er sich doch seine Spielsteine und ritzte ein einfaches Brett in den Boden, vor dem er dann saß und gegen sich selbst spielte. Nicht ganz so lustig wie gegen einen realen Gegner… aber gut genug, um Zeit zu vertreiben. Und sich neue Spielzüge und Taktiken auszudenken, um dann in einem echten Spiel die anderen damit überrumpeln zu können.
    Lange Ruhe dafür hatte er allerdings nicht, denn nach ziemlich kurzer Zeit war schon wieder Sklave zu hören. Hadamar presste die Lippen aufeinander, weil er immer noch sauer auf den Kerl war. Allerdings: obwohl er selbst nicht fror – kein Wunder, er trug zwar seinen Mantel nicht, aber die gepolsterte Rüstung –, konnte er nicht umhin sich einzugestehen, dass es für den Sklaven wahrscheinlich wirklich zu kalt war so. Und Fuscus würde ihm den Kopf abreißen, wenn ihr Gefangener wegen Unterkühlung oder so was draufging. Mit einem knurrigen Seufzen stand er auf und packte seine Paenula, die er als Stütze in seine Rücken geschoben hatte. „Ich werd weder dich noch das draußen aus dem Blick lassen“, brummte er zurück, während er mit dem Mantel hinüber ging. Der Kerl war Gefangener, verletzt hin oder her – und draußen war nicht römisches Gebiet. Klar lebten hier zwar die Rom freundlich gesonnenen Stämme… aber Hadamar machte nicht den Fehler, sich deshalb sicher zu fühlen. Beim Sklaven angekommen breitete er die Paenula über ihm aus, dann holte er noch sein Scutum und stellte es so auf, dass es ein wenig als Windschutz dienen konnte. Mit einer Hand noch am Scutum musterte er den Liegenden. „Besser?“

    Hadamar sprang gleich wieder auf, um es ein weiteres Mal zu versuchen, aber der Eques kam ihm zuvor. Bevor er etwas tun konnte, hatte er ihm schon den Schild abgenommen – und schwang sich tadellos aufs Pferd. Mit Parma und allem. Nur gänzlich ohne linken Arm. Hadamar kratzte sich am Kopf, etwas, was er ganz gern tat, wenn er verlegen war oder sprachlos oder sonstwie nicht wusste, wie er reagieren sollte. Als der Eques allerdings wieder vom Pferd geglitten war, nahm er nur wortlos auf das nochmal hin die Parma wieder entgegen und griff sie mit der Linken. Wär doch gelacht, wenn er das nicht auch hinkriegen würde... Trotzdem war er zum ersten Mal froh über die Einsilbigkeit des Eques. War schon schlimm genug, dass er sich hier überhaupt so blamierte, obwohl er doch geglaubt hatte, dass Reiten etwas war, wo ihm so schnell keiner was vormachen konnte. Da war er doch ganz froh einen Ausbilder zu haben, der sich nicht auch noch über ihn lustig machte.


    Mit zusammengepressten Kiefern machte Hadamar sich also an einen weiteren Versuch. Bei dem Eques hatte das so leicht ausgesehen. Aber naja, bei den Ausbildern sah das immer leicht aus. Oh, und in den meisten Fällen auch bei Corvinus. Nur nicht was das Reiten anging, darüber meckerte der Kamerad bloß, wenn ihm das angedreht wurde. Zügel in die Rechte, und dann die Hand an die Mähne. Der Eques hatte etwas weiter oben zugegriffen als er, das hatte Hadamar sehen können, also orientierte er sich daran. Den linken Arm mitsamt Schild legte er dann aber doch lieber wieder über den Sattel. Irgendwo musste doch der verflixte Halt herkommen... Hadamar nahm erneut Schwung, noch mehr als beim letzten Mal – und diesmal gelang es ihm, sich weiter aufzuschwingen als beim letzten Mal. Weit genug, dass er nach einem kurzen Moment der Balance tatsächlich das linke Bein rüberschwingen und sich vernünftig hinsetzen konnte, wenn auch auf einen Hintern, der ihm im Augenblick ziemlich weh tat.

    Moment. Schon wieder absteigen? Wie oft denn noch? Hadamar ließ sich wieder runtergleiten, während er sich fragte, ob seine erste Reitstunde nun damit draufgehen würde, dass er auf- und abstieg, auf- und abstieg, auf- und abstieg... anstatt dass der Kerl sich erst mal anschaute, was er überhaupt konnte. So ganz allgemein. Nicht nur was das Auf- und Absteigen betraf. Aber er sagte nichts, sondern nahm nur wie befohlen den Schild auf. Der mal wieder völlig anders war als das, was er mittlerweile gewohnt war, was sich diesmal allerdings als positiv herausstellte – Hadamar hätte nicht gewusst, wie er mit einem Scutum auf dem Pferd hätte hantieren sollen.


    Also: Schild aufgenommen, und wieder zurück zum Pferd. Und Hadamar hätte sich ja gerne wieder links hingestellt, nachdem der Eques nichts dazu gesagt hatte... aber mit dem Schild in der Hand, der seine Finger so blockierte, wurde das ziemlich unmöglich. Also doch wieder rechts. Mit dem Risiko, die Blamage von eben zu wiederholen. Ganz toll. Oh ja, dass ihm das nicht auf Anhieb gelungen war beim ersten Mal, störte ihn... und jetzt hatte er auch noch den blöden Schild da, so dass ihm nur eine Hand blieb zum Festhalten. Was ihn dann doch vor ein klitzekleines Problem stellte, weil: wer machte das denn einfach so, nur mit einer Hand aufsteigen?
    Er machte das. Musste das machen, jetzt. Blieb ihm nichts anderes übrig. Also stellte er sich erneut hin, klammerte sich nur mit einer Hand in der Mähne fest – in der er auch die Zügel hielt –, legte den Arm mit der Parma auf den Sattel, um sich wenigstens abstützen zu können – und nahm Schwung. Und er kam tatsächlich weit genug, dass er seinen Oberkörper schon fast auf dem Sattel abstützen konnte... allerdings nicht weit genug, nicht so weit, dass er das linke Bein bequem hätte rüberschwingen können. Für einen winzigen Moment hing Hadamar also so in der Schwebe. Dann stampfte der Gaul gelangweilt mit seinem bis dato entlasteten Hinterhuf auf, verlagerte sein Gewicht und zog den anderen leicht an. Und Hadamar verlor den Halt, rutschte ab und landete im Sand. Und diesmal fluchte er wie ein Rohrspatz.

    Von rechts aufsitzen... wieder war Hadamar ganz leicht irritiert. Warum von rechts? Konnte er nicht erst mal allgemein zeigen, was er konnte? Aber: egal. Ihm war erneut nach Achselzucken, aber diesmal unterdrückte er es, sondern schwang sich nur gehorsam vom Gaul runter und duckte sich unter seinem Hals durch, um auf die andere Seite zu kommen. Selbes Prozedere dort... diesmal allerdings nicht ganz so flüssig und selbstverständlich wie mit links. Zuerst musste Hadamar sich überhaupt mal vergegenwärtigen, wie der Ablauf spiegelverkehrt war... und diesen Moment nahm er sich auch, weil er keine Lust hatte sich ausgerechnet beim Reiten zu blamieren. Dann setzte er an, nahm Schwung – und fluchte leise auf germanisch, als er es nicht gleich schaffte. Na super... mit zusammengebissenen Zähnen schlang er die Zügel um seine Hand, griff die Mähne erneut und diesmal ein wenig fester und nahm erneut Schwung. Und immerhin: diesmal klappte es. Auch wenn er für einen kurzen Moment über dem Sattel hatte balancieren müssen, bevor es ihm gelungen war, das linke Bein über den Pferderücken zu schwingen und sich aufrecht hinzusetzen.

    In Ordnung. Der Kerl blieb einsilbig. Auch gut. Hadamar zuckte die Achseln und wandte sich dem Gaul zu, der hinter ihm stand wie, äh... nein, nicht wie tot, er stand ja. Und atmen tat er auch noch. Aber ansonsten zeigte er recht wenig Regung, hatte nur ein Hinterbein leicht angezogen und stand ansonsten... ja, einfach nur in der Gegend rum. Beiläufig strich Hadamar über den Hals des Tiers, während er die Zügel über dessen Kopf zog, bis zum Sattelgurt, um zu überprüfen, ob dieser immer noch festsaß. Hatte er zwar schon gemacht, kurz bevor er den Übungsplatz erreicht hatte, aber man konnte ja nie wissen... es schien allerdings gereicht zu haben, jedenfalls saß der Sattel fest. Trotzdem griff er mit der Linken – die zusätzlich die Zügel hielt, locker, um dem Vieh nicht das Maul zu verreißen – nicht nach dem Sattel selbst, sondern nach der Mähne und hielt sich daran fest, bevor er sich vom Boden abfederte und mit Schwung in den Sattel zog. Oh ja. Hadamar konnte nicht anders, er musste grinsen. Es fühlte sich einfach zu gut an, zur Abwechslung mal was auf Anhieb zu können. Nicht wie mit dem Gladius, das viel kürzer als das Sax war – und in seiner Holzversion noch dazu schwerer. Oder mit dem Pilum, das auch anders war als die Speere, die er kannte. Oder Manöver, wo er noch überhaupt gar nix gekonnt hatte... „Was als nächstes?“ fragte er fröhlich, während er sich im Sattel zurecht setzte und die Zügel nach wie vor locker in einer Hand hielt.

    Der Kerl kam gleich zur Sache, das musste man ihm lassen. Ähnlich wie gestern Abend. Hadamar war unschlüssig, was er davon halten sollte – andererseits waren nicht alle Ausbilder so wie der Optio... „Eh, ja, Eques“, antwortete er. „Meine Familie hat nen Gestüt hier in der Gegend. Bin mit Pferden aufgewachsen.“ Und mit all der Arbeit, die mit den Viechern zusammenhing.

    Hadamar grinste auch kurz, als Thyrsus sich der Witzelei anschloss, und rutschte ein Stück weiter nach rechts, um da weiter zu schrubben. Fuscus gab für den Moment Ruhe, schien also nichts dagegen zu haben, dass sie sich leise unterhielten... aber Hadamar zweifelte nicht daran, dass sich das ändern würde, wenn der Veteran den Eindruck bekam, dass sie nicht sauber oder schnell genug putzten. Aber immerhin: so bescheuert das für Thyrsus vielleicht sein mochte, dass er jetzt auch Strafdienst hier hatte... sie hatten dadurch einen zusätzlichen Mann gewonnen. Die Chancen, dass sie tatsächlich heute hier fertig wurden, standen also gar nicht mehr so schlecht.
    „Wie kannst du im Moment ans Essen denken?“ fragte Hadamar und schauderte kurz. Nicht dass er einen empfindlichen Magen hätte oder so... aber der Geruch hier war ihm dann doch zu viel.

    Hadamar traute sich nicht, zurück zu Fuscus und den anderen zu blicken. Er kratzte sich im Nacken und sah Corvinus leicht gequält an. „Nein. Weil... weil er... es war einfach seltsam. Er war seltsam. Ich mein, er, er hat nicht gemeckert oder so... Er war einfach...“ Hadamar zögerte kurz. „Zu freundlich. Weißt was ich mein?“

    Hadamar kratzte sich am Kopf und seufzte. „Ja, da hast recht. Was anderes bleibt mir kaum übrig“, brummte er. „Dann werd ich das mal tun...“ Sprach's und machte sich daran, das eben Besprochene in die Tat umzusetzen.


    Er fand Fuscus ein Stück weiter entfernt an der Mauer, dort, wo ihr Abschnitt endete und auf den nächsten traf. Und er war nicht etwa allein – und auch nicht mit einem der anderen ihres Contuberniums zusammen. Nein, neben ihm standen zwei andere Veteranen. Hadamar stockte kurz und schloss die Augen, dann gab er sich einen Ruck und gesellte sich dazu. „Ti.. Mi...“ Verdammt. Da ging's schon los, wie sollte er sich melden, wo doch der Fakt, dass er trotzdem jetzt Miles war, Fuscus schon auf die Kiefer trieb? Der allerdings winkte ab, ein wenig missmutig zwar, aber immerhin nicht mehr ganz so sauer wie gestern Abend noch... oder heute den Tag über. „Ach geh, hör auf damit und sag einfach was du willst“, brummte er.
    „Äh. Ja. Also, der Optio... der ist da gewesen... vorhin, ich mein grad eben“, stotterte er los, und wurde prompt durch das Lachen eines der beiden anderen Veteranen unterbrochen. „Ah ja? Nicht vielleicht vorgestern?“
    „Reiß dich zusammen, Kleiner, und rück raus mit der Sprache!“
    Hadamar hätte sich in den Hintern treten können. „Er...“ Er räusperte sich und setzte noch mal neu an. „Er hat gesagt, er hätte ne Aufgabe für mich. Er... hat mir die Verantwortung übertragen für die... die Mittelwache. Die nächsten zwei Wochen.“ Er machte eine hilflose Geste und versuchte in Fuscus' Miene zu lesen, aber wo die beiden anderen Veteranen Überraschung gemischt mit Amüsiertheit zeigten, blieb Fuscus' Miene undeutbar. „Die Verantwortung. Dir.“
    „Ja. Mir.“ Hadamar schwieg kurz, aber als nichts kam, beschloss er einfach weiter zu plappern. „Das, ich wollte das nicht, ehrlich, ich will mir da nichts anmaßen, es ist nu-“
    „Oh, nein nein. Wenn du die Verantwortung übertragen bekommen hast...“ machte Fuscus. In einem Tonfall, der zu beiläufig war, als dass er wirklich beruhigend hätte sein können.
    „Ehrlich“, versuchte es Hadamar noch mal. „Ich sag dir das nur, weil wenn der Optio morgen nachfragt, dass es nicht so aussieht als würd ich seinen Befehl missachten. Aber ich wer-“
    „Mach dir wegen dem Optio mal keine Sorgen, Kleiner“, feixte der andere Veteran, und jetzt war auch auf Fuscus' Gesicht die Andeutung eines Grinsens zu sehen. Allerdings hatte das zu sehr was von einem Wolf... um beruhigend zu sein. „Alles klar. Ich sorg dafür, dass auch die anderen Bescheid wissen.“ Er klopfte Hadamar auf die Schulter – nicht einmal sonderlich fest, aber in Anbetracht dessen, dass dem alles weh tat, zuckte er trotzdem zusammen und verzog das Gesicht. „Trag du einfach nur die Verantwortung, Ferox. Trag die Verantwortung.“


    Als Hadamar wieder zu Corvinus zurückkam, war sein Gesichtsausdruck reichlich komisch. „Äh. Das war jetzt... seltsam.“

    Pünktlich wie befohlen fand Hadamar sich auf dem Übungsplatz am nächsten Tag ein. Pünktlich war ja relativ, fand Hadamar, aber eines der vielen Dinge, die er inzwischen gelernt hatte, war: in der Legio sahen das die meisten anders. Also sah auch er mittlerweile zu, dass er zu geforderter Zeit an Ort und Stelle war, und nicht etwa irgendwann später. Nur dass er zu früh kam, das war ihm noch nie passiert... wenn ihn nicht gerade Corvinus mitgeschleppt hatte.


    Er trudelte also pünktlich ein, einen der alten Klepper im Schlepptau, die für die Ausbildung der Tirones verwendet wurden – von denen man noch überhaupt nicht wusste, wer überhaupt reiten konnte oder geeignet dafür war. Verständlicherweise verschwendete man da keinen der besseren Gäule für. „Tiro Duccius Ferox meldet sich zur Reitausbildung.“