„...erwartest du denn da bitte?“ tönte es von Eldrid beim Hineingehen, und Hadamar stapfte ihr missgelaunt hinterher. Bevor er allerdings etwas erwidern konnte, fuhr jemand anderes dazwischen: „Jetzt lass ihn doch in Ruhe, Eldrid!“ Hadamars Miene hellte sich auf, als er die Stimme eines seiner Brüder hörte – und sah, dass auch der Rest seiner Geschwister in der Küche war.
„Wenn ich ihm net die Leviten les, macht's sonst keiner. Jedenfalls keiner von euch!“
„Das ist klasse, dass du bei der Legio bist!“
„Erzähl, wie isses?“
Hadamar grinste bei dem Zuspruch – der nicht nur Eldrid das Maul stopfte, sondern ihm ganz nebenbei tatsächlich guttat, nach all den verbalen Prügeln, die er hatte einstecken müssen. Er quetschte sich zu Iring auf die Bank – nur um gleich darauf Dagny festhalten zu müssen, seine jüngste Schwester, als die einfach so auf seinen Schoß sprang. Ohne auch nur darüber nachzudenken, ob er sie halten würde, wie immer… sie ging einfach davon aus, dass er es tat. Mit spitzen Fingern und einem zahnlückigen Grinsen zupfte sie an seinen Klamotten herum. „Du hast ja gar keine Rüstung an...“
Hadamar grinste zurück und fuhr ihr durch die Haare. „Nee. Aber beim nächsten Mal zieh ich sie an, wenn ich zu Besuch komm, ja?“
„Unbedingt! Sonst darfst du nicht rein.“
Hadamar lachte, wuschelte Dagny durch die Haare und streckte seine Glieder aus. Und beschloss spontan, noch ein bisschen hier zu bleiben, bevor er sich auf den Rückweg zum Castellum machte. War sowieso schon zu viel Zeit vergangen… entweder es war aufgefallen, dass er weg war, oder eben nicht, und wenn nicht, würde es jetzt vermutlich auch keiner mehr merken, so spät wie es schon war. Außerdem hatte er Hunger... und er hatte seine Geschwister schon viel zu lang nicht mehr gesehen. „Rhaban, wirf mal das Brot rüber...“
Zack, kam es angeflogen – aber wer es auffing, war Eldrid, die sich damit auf den Stuhl gegenüber von Hadamar setzte und damit vor ihm herumwedelte. „Ja, tu nur so als wär alles in Ordnung...“
Hadamar zog eine Grimasse. „Gib her!“ Fordernd streckte er die Hand aus, beugte sich dann noch vorn und versuchte nach dem Brot zu greifen, aber Eldrid war schneller und zog es weg. „Jetzt gib schon! Sag mal, lachst du etwa?“
„Ich? Lachen? Nie!“ Sie hielt ihm das Brot vor die Nase und zog es triumphierend wieder weg, als er erneut danach greifen wollte. „Hol's dir doch...“
„Na warte...“ brummte Hadamar, verfrachtete Dagny auf Irings Schoß – und stürzte sich auf das Brot. Ohne erst um den Tisch herumzugehen oder so, sondern direkt über die Platte hinweg. Dagny quietschte auf, Iring röhrte vor Lachen, und Eldrid? Die presste Hadamar das Brot mitten ins Gesicht. Und krallte sich gleich darauf mit einem Aufschrei an ihm fest, als ihr Stuhl drohte, nach hinten zu kippen... und kippen... und kippen... und schließlich fiel. Mit Eldrid. Und Hadamar, der von seiner Schwester mitgezogen wurde. Und lachend lagen sie gleich darauf nebeneinander auf dem Boden, das Brot immer noch bei Eldrid. „Na komm.“ Hadamar rappelte sich grinsend auf und bot seine Rechte Eldrid an, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Die ließ sich von ihm hochziehen, genauso grinsend – wurde allerdings wieder ernst, als sie Hadamar gegenüber stand. „Du weißt, dass Ma dir nicht so einfach verzeihen wird wie wir“, sagte sie leise, während sie ihm das Brot reichte... und Hadamar, deutlich gelöster durch die Unterhaltung und die kleine Balgerei mit seinen Geschwistern – die ihm wundersamerweise tatsächlich nicht übel zu nehmen schienen, dass er sich einfach so aus dem Staub gemacht hatte, ohne ihnen vorher was zu sagen –, war im Gegensatz zu vorher nun wenigstens in der Lage, ein kleines Zugeständnis zu machen. Eigentlich noch kein Zugeständnis... aber immerhin ein Eingeständnis. „Ich weiß“, murmelte er. „Ich lass mir... was einfallen.“