Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Mithras. Mithras. Mithras? Gut, den Namen hatte Corvinus ab und zu mal erwähnt, meinte Hadamar sich zu erinnern, aber bisher nicht auf eine Art, die Hadamar veranlasst hätte nachzufragen... insofern: er hatte keine Ahnung, wer der Kerl sein sollte. Er kannte ja noch nicht mal die römischen Götter so wirklich, mal abgesehen von den paar wirklich, wirklich bekannten. Aber was Corvinus sagte, ließ wiederum Hadamar etwas zweifelnd und mit nahezu ebenso großen Augen zurückstarren. Herr des Lichts? Stand über allen anderen Göttern? „Äh. Hä? Echt?“ Er kratzte sich am Kopf und vergaß für den Moment beinahe seine Schmerzen. „Ich dachte Mars wär der Gott der Soldaten. Der römischen, halt... äh. Also. Nee, Mithras kenn ich... noch net.“

    „Ich?“ machte Hadamar überrascht. Wieso er? War das ein Test? Oder der Versuch ihm zu zeigen, dass ihm trotzdem vertraut wurde, ähnlich wie der Fakt, dass der Centurio die Beförderung – noch – nicht zurückgenommen hatte? Oder eine weitere Spielart, ihm Schwierigkeiten aufzudrücken, weil sein Contubernium sich doch sicher nicht von ihm etwas sagen lassen würde, dem Jüngsten, der gestern noch Tiro gewesen war und ihnen allesamt ziemlichen Ärger eingebrockt hatte... Er musterte den Optio erneut kurz von der Seite – und sah dann wieder nach vorn, als er in dessen Profil nichts finden konnte, keinen Ausdruck, der ihm womöglich Aufschluss hätte geben können über den Grund für diese Anweisung. „Zu Befehl, Optio.“ Würde wohl ganz spannend werden. Mittelwache, zwei Wochen lang, und er trug die Verantwortung. Dabei wusste er gar nicht so genau, was ein Optio so alles machte... oder halt der Dienstälteste. Wenn er Verantwortung trug.

    Als der Centurio sie zum Weitermachen antrieb, dauerte es keinen Augenblick, und sie waren alle wieder an Ort und Stelle und machten weiter. Selbst Hadamar als Jüngstem war klar, dass sie in Anwesenheit des Centurio das Tempo noch anziehen mussten. Und er wusste, dass der Centurio bei ihm stand, er konnte ihn hinter sich hören, spüren, weil er so dicht bei ihm stand, und am schlimmsten: er konnte seinen Blick spüren. Verbissen schlossen sich seine Hände fester um den Griff der Schaufel und legte ein wenig zu, auch wenn er keine Ahnung hatte, woher er die Kraft dafür nahm.
    Als Massa hinter ihm auf einmal wieder anfing zu sprechen, zuckte er zusammen und rutschte prompt mit der Schaufel ab, was einen kleinen Schwall nach sich zog, der sich auf ihn ergoss... na super. Aber immerhin: nach der Sache hier stand Wände kalken an, was zwar anstrengend war, aber doch deutlich besser als das hier. Hadamar hatte sich gerade erlaubt, sich ein bisschen darüber zu freuen, als der Centurio ihn anfuhr. Mit so fest aufeinander gepressten Kiefern, dass seine Gesichtsmuskeln vor lauter Anspannung weh taten, gehorchte er – machte schneller, und beugte sich tiefer, stützte sich schließlich sogar mit einem Knie ab, das damit auch im Dreck landete, wo auch schon seine Füße waren.


    Und dann kam das Schlimmste. Und was noch ein bisschen schlimmer machte, war die Tatsache, dass Hadamar reingelegt wurde, weil er sich zuerst freute – nämlich darüber, dass der Centurio sich von ihm abwandte. Als ihm klar wurde, dass er sich stattdessen Fuscus zuwandte, verpuffte die Freude allerdings im Nichts. Hadamar hatte keine Ahnung, was der Centurio vorhatte, aber er wusste einfach, dass es nichts Gutes bedeutete, wenn er sich mit Fuscus befasste.
    Da landete auch schon der Rebstock auf Fuscus' Kopf – wer allerdings zusammenzuckte, war Hadamar, nicht der Veteran. Der presste nur die Zähne zusammen und schrubbte noch mal über die Stelle im Abflusskanal, die Hadamar zuvor freigeschaufelt hatte. Der riskierte nun umgekehrt einen kurzen Seitenblick, ohne in seiner Arbeit innezuhalten – und was er sah, ließ ihn Übles ahnen. Fuscus war ohnehin schon geladen bis zum gehtnichtmehr... und alles, was Massa da nun tat, verschlimmerte das nur, man konnte es an seinem Gesicht sehen. Und wer würde das ausbaden? Richtig. Hadamar.

    „Motivationshilfe, ja?“ Wenn ihm gerade nicht so elend zumute gewesen wäre, hätte Hadamar da jetzt wohl gelacht. Ne Strafe als Motivationshilfe zu betrachten, das hatte... hatte was. „Ne Strafe soll... einen bestrafen. Und wer net bestraft werden will, hält sich entweder an die Regeln... oder passt besser auf als ich“, seufzte er. Und bemerkte gleich darauf, dass sie schon ziemlich dicht an ihrer Unterkunft waren. „In Ordnung, kannst mich wieder runterlassen. Das letzte Stück schaff ich auch so...“ Kaum stand Hadamar allerdings auf seinen eigenen zwei Beinen, blieb er stehen und starrte Corvinus an. „Hä? Wer is Mithras?“

    Hadamar verdrehte die Augen. Eine Moralpredigt war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Und dabei konnte er Moralpredigten ohnehin ganz generell nicht ausstehen. Dass seine Kameraden da mit reingezogen wurden, tat ihm ja leid, aber... nun ja. Dann durfte er sich halt beim nächsten Mal nicht erwischen lassen. Vorausgesetzt es gab ein nächstes Mal... Er hatte sich ja nicht einfach so aus Jux und Dollerei rausgeschlichen, sondern weil es wichtig gewesen war – aber das schien hier keiner zu kapieren, deswegen versuchte Hadamar gar nicht erst, es noch mal zu erklären. Und er würde doch erst recht nichts mitten in einem Kampf anstellen! Was dachte der Optio von ihm? Aber das war wie mit seiner Mutter und mit Witjon, die glaubten ja auch, dass er allgemein zu nichts taugte, nur weil er... hin und wieder mal... irgendwelche Regeln brach.


    „Werd ich nicht“, antwortete Hadamar letztlich nur. Natürlich vergaß er das nicht. Genauso wenig wie er vergessen würde, dass sein Contubernium mitbestraft worden war... Er warf einen kurzen Seitenblick auf den Optio, aber der starrte immer noch ins Dunkel hinein. Und sagte nun etwas von einer Aufgabe. Hadamar unterdrückte ein Seufzen und sah selbst wieder geradeaus. „Was für eine, Optio?“ fragte er nach. Blieb ihm ja nicht viel anderes übrig.

    Der Kerl nahm die Frage tatsächlich ernst. Und war so dreist wie eh und je. Und was machte Corvinus? Amüsierte sich auch noch! Anstatt dem Idioten eins auf den Deckel zu geben!
    „Und meinst du etwa, du bist der erste Kerl, der sich je was ausgekugelt hat? Alter, damit kannst du mir nicht kommen, ich weiß wie das ist, das hatte ich auch schon mal! Hel, bist du wehleidig...“, knurrte er unwirsch. „Wenn dir das so auf den Sack geht, kann ich's dir ja wieder einrenken. Damit würden wir sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: bei dir is wieder alles da wo's hingehört, und du schläfst vermutlich tief und fest danach, was sagst du?“

    Hadamar sah von der Karte auf, und auf seinem Gesicht breitete sich für einen Moment ein breites Grinsen aus, als der Legat ihm sagte, dass er die Aufklärer unterstützen durfte. Einen kurzen Moment – bevor er sich wieder erinnerte, vor wem er stand, und versuchte wieder einen angemessenen Gesichtsausdruck zu zeigen. „Jawohl, Legat!“ Durch die Wälder streifen. Und das auch noch ganz offiziell, nicht nur mit Erlaubnis, sondern sogar auf Befehl! Das war fantastisch. Und das würde sogar Fuscus gefallen, da war Hadamar sich recht sicher.


    Eine Frage hatte er allerdings trotzdem noch. „Sollen wir Ausschau halten nach einem geeigneten Platz für ein weiteres Marschlager? Oder planst du, das Basislager in einem Tag wieder zu erreichen, Legat?“

    Hadamar zuckte zusammen, als die Stimme des Centurio ertönte. Gut, war irgendwie klar gewesen, dass der auftauchen würde. Nur wann war halt die Frage gewesen. Aber das laute Brüllen kam dann doch etwas überraschend, zumal Hadamar zuvor keine sonstigen Geräusche gehört hatte. Nicht dass der Centurio sich angeschlichen hätte... aber er war grad mittendrin im Schaufeln, um den Abwasserkanal zu reinigen. So ziemlich die ekligste Aufgabe und all den ekligen, die es beim Latrinenputzen so gab, weil man da halt mitten im, eh, Dreck stand. Aber: das hatte er sich freiwillig ausgesucht. Ging ja auch kaum anders, gemessen daran, dass es seine Schuld war, dass sie hier alle schuften mussten.
    Nicht ausgesucht hatte er sich, dass er das gemeinsam mit Fuscus machte... das hatte der selbst entschieden, weil er es sich nicht hatte nehmen lassen wollen, Hadamar nun unter besondere Beobachtung zu stellen. Anders gesagt: er folgte ihm quasi auf Schritt und Tritt und trieb ihn an, wann immer er auch nur ein klitzekleines bisschen langsamer wurde. Was übel war, gemessen daran, dass sein Bein fürchterlich brannte und ihm auch sonst alles weh tat nach den Prügeln vom vergangenen Abend... und er noch dazu hundemüde war. Aber Hadamar wusste auch, dass er das verdient hatte – nicht weil er Mist gebaut hatte, da war das eher... eine simple Kausalität. Mist gebaut – erwischt – Strafe. So einfach war das, ob man da was verdient hatte oder nicht, spielte doch keine Rolle. Nein, warum er fand, dass er das verdient hatte, und warum er auch ziemlich reuig war, war die Tatsache, dass er sein Contubernium im wahrsten Sinn des Wortes in die Scheiße geritten hatte.


    Hadamar hätte am liebsten einfach weiter gemacht und Fuscus oder sonst wem die Meldung machen lassen, aber der Veteran schien das anders zu sehen – und der Blick, mit dem er ihn bedachte, war deutlich. Hadamar richtete sich also auf, sprang aus dem Kanal hinaus und ging nach vorn und salutierte. Einwandfrei. Nur sein Gesicht verzog sich ein wenig bei der zackig ausgeführten Bewegung... weil es einfach verdammt weh tat. „Contubernium sextus, Centuria IV, Cohors II ist vollständig anwesend und meldet sich, Centurio.“

    Als der Legat sich zufrieden zeigte, war Hadamar doch... ein wenig... erleichtert. Na gut. Mehr als nur ein wenig. Auch wenn Hadamar ganz bestimmt nicht das war, was man obrigkeitshörig nennen konnte, auch wenn es ihm manchmal sogar am gesunden Respekt mangelte – aber wie gesagt: er war nicht dämlich.
    Er lockerte seine Haltung, als der Legat es erlaubte, und trat näher bei der Aufforderung. „Jap“, kommentierte er ohne nachzudenken, und da der Legat gleich weitersprach, fiel ihm nicht mal auf, dass seine flapsige Art vielleicht nicht ganz angebracht war. Woran sich wieder zeigte, dass es ihm halt doch etwas an Respekt mangelte. Manchmal. „Mittel“, antwortete er dann. Mit dem Tross hatten sie zwar knapp zwei Tage gebraucht, aber ohne Gepäck war man wesentlich schneller hier. Und zu Pferd erst recht. Mit anderen Worten, auch in dieser Gegend war er gelegentlich mit Freunden unterwegs gewesen, wenn es die Zeit erlaubt hatte. „Ich kenn's von früher. War nicht ständig hier, aber ab und zu“, fügte er noch erklärend an und betrachtete die Karte, die in etwa der glich, die Fuscus gehabt hatte – nur etwas ausführlicher schien sie zu sein. Hadamar orientierte sich kurz. Marschlager. Basislager. So weit so gut. Dass der Legat keine Frage gestellt hatte, störte ihn dabei weniger... unaufgefordert begann er zu erzählen. „Die Ala hat ihr Lager ungefähr hier, nach der Beschreibung des Praefectus.“ Hadamar deutete auf eine Stelle und machte mit dem Finger dann eine kleine Kreisbewegung. Und dann kratzte er sich am Kopf. Am Sumpf entlang zu marschieren war an und für sich keine schlechte Idee, weil sie dann zumindest von einer Seite nicht angegriffen werden konnten. Allerdings... „Mh. Sümpfe wandern. Ich würd da nicht zu dicht rangehen, das kann gefährlich werden. Oder Späher vorausschicken, die einen sicheren Weg auskundschaften. Und hier“, sein Finger tippte auf eine Stelle noch vor dem Sumpfgebiet, die ebenfalls entlang der Wegstrecke lag, wo ein Hügel eingezeichnet war. „Das hier ist ein Abhang, der würd sich für nen Hinterhalt eignen. Sollten wir umgehen...“ Hadamar zuckte die Achseln und grinste flüchtig. „Oder nutzen.“

    „Das mit den Spielsteinen, weißt schon. Du ni-“, setzte Hadamar an zu erklären – und wurde unterbrochen. Von dem Kerl am Boden. Der schien nicht im Mindesten zu wissen, wo sein Platz war. Stirnrunzelnd sah Hadamar zu ihm. Nicht dass er mit Sklaverei wirklich viel anfangen konnte, aber das Verhalten, das der Kerl ihnen gegenüber an den Tag legte, würde sich auch kein Muntling trauen gegenüber denen, die höher gestellt waren. Und mittlerweile begann diese Dreistigkeit sogar Hadamar zu nerven. „Äh. Hast du nen Problem?“ fragte er gereizt.

    Zitat

    Original von Lucius Helvetius Corvinus
    Corvinus zögerte nicht und nahm Ferox wieder auf. So langsam sah man ihm die Tragerei zwar auch an aber er machte noch lange nicht den Eindruck als ob er schwer angestrengt wäre.
    "Massa ist nicht blöde sonst wäre er nie Centurio geworden. Hätte dich eine Strafe nur für dich, bei der nächsten ähnlichen ...äh Gelegenheit von sowas abgehalten? Wohl nicht oder? Und fair ist das Leben nie mein Freund."


    „Nö“, gab Hadamar unumwunden zu. Er vertraute Corvinus, der würde ihn ganz sicher nicht verpetzen. Natürlich hätte ihn eine Strafe nur für ihn nicht abgehalten, was anderes anzustellen. „Warum auch?“ Ne Strafe war ne Strafe war ne Strafe. Und eben dazu da, jemanden für etwas zu bestrafen, was der halt angestellt hatte. Natürlich war Hadamar irgendwo bewusst, dass das Konzept einer Strafe eben auch vorsah, abschreckende Wirkung zu haben... nur hatte das bei ihm nicht wirklich funktioniert. Zumindest bisher nicht.
    Er unterdrückte ein Seufzen. „Nee, ist es wohl nicht. Tut mir echt leid“, murmelte er bedrückt.

    „Ehm“, machte Hadamar und deutete ein Achselzucken an, während er nach einer möglichen Antwort suchte. Jammern kam nicht in Frage. Erst recht nicht vor einem Vorgesetzten – er hatte nicht vergessen, dass er nur auf Bewährung Legionär war, und er wollte um jeden Preis verhindern, jetzt einen schlechten Eindruck zu machen. Andererseits: sich hier kreuzfidel zu präsentieren und zu behaupten, alles wäre klasse, war vermutlich auch nicht der richtige Weg. Zum einen war ihm das durchaus anzumerken, dass es ihm eben nicht ganz so gut ging. Und zum anderen... wer wusste schon, ob dann nicht wer auf die Idee kam, er bräuchte noch ein bisschen Prügel, um seine Lektion zu lernen?
    „Passt schon“, murmelte er schließlich nach einer Verzögerung.

    Vorbei. Endlich. Das war der Gedanke, der Hadamar zuerst durch den Kopf schoss, als er die Tür hinter sich schloss.
    Allerdings nur für den Bruchteil eines Moments.
    „Du hättest mit Ma nicht so umspringen sollen“, ertönte es neben ihm. Eldrid. Und er zuckte zusammen, als er ihre Stimme hörte, wofür er sich nur einen Augenblick später verfluchte. Wie machte sie das nur, dass sie so aus dem Nichts erschien? Und dann zog sie auch noch eine solche Miene und tat so, als sei sie schon furchtbar erwachsen, was sie ihn ungemein nervte. Dazu kam sein schlechtes Gewissen, das sich gerade mit Macht zurück meldete... worauf er überhaupt keinen Bock hatte. Was sollte das? Er hatte doch Recht gehabt – damit, sich zur Legion zu melden, weil es einzig und allein seine Entscheidung gewesen war, und auch damit, dass seine Mutter endlich mal loslassen musste! Entsprechend zog er ebenso eine Grimasse und streckte ihr kurz die Zunge raus. „Sie hätt nicht so mit mir umgehen sollen. Bin immerhin kein kleiner Junge mehr.“
    „So wie du dich benommen hast, merkt das aber keiner!“ kam die prompte Retourkutsche.
    „Was willst du?“ knurrte Hadamar zurück. „Du denkst doch das gleiche!“ Immerhin war das schon mehr als einmal Gesprächsthema gewesen, jedenfalls unter ihnen beiden, den Ältesten. Trotzdem strafte Eldrid ihn mit einem wütenden Blick. „Das tut doch nichts zur Sache!“
    „Ach nein?“ Hadamar setzte sich mit einer Mischung aus Trotz und Wut in Bewegung, ohne erst mal darauf zu achten, wohin er lief.
    „Nein! Ich hätt ihr das nie so hingeschmettert!“
    „Oh ja, weil das Absicht war von mir. Sicher. Hab nur auf den richtigen Moment gelauert!“ schnauzte er zurück.
    „Du bist so ein Trottel, Hadamar!“
    „Na was denn? Sie hat mich aufgeregt mit ihrem ganzen Gelaber über-“
    „Weil sie sich Sorgen um dich macht!“ unterbrach Eldrid ihn. „Hast du überhaupt eine Ahnung, wie es ihr in den letzten Monaten ging? Du hast ja noch nicht mal geschrieben oder sonstwie ne Nachricht geschickt, mal abgesehen von der mickrigen ersten!“
    Das saß. Hadamar presste wütend, aber stumm die Lippen aufeinander – allerdings nur für einen Moment. „Mir hat ja auch keiner was geschickt! Kam nie ne Antwort, nix!“ drehte er den Spieß dann um. Eldrid blitzte ihn aber nur an. „Und du meinst nicht, dass da ein bisschen mehr von dir hätte kommen müssen?“
    „Ja... aber...“ Mist. Da fiel ihm nichts drauf ein. Außer: „Nein! Und außerdem: deswegen hätt sie mich trotzdem nicht so fertig machen müssen!“
    Eldrid verdrehte die Augen und stieß eine Tür auf. „DU bist einfach so sang- und klanglos abgehauen, ohne was zu sagen, ohne irgendeine Vorwarnung! Nicht mal EINEN verdammten Tag vorher hast du Bescheid gegeben! Was erwartest du denn da bitte?“ fauchte sie beim Hineingehen, und erst jetzt, als sie den Raum hinter der Tür betraten, bemerkte Hadamar, dass sie zur Küche gegangen waren.

    Er hatte sie gesucht. Gut, nicht sonderlich... intensiv... immerhin war er nicht gerade scharf auf eine weitere Standpauke, nachdem er Witjon entgegen getreten war, aber letztlich half es ja doch nichts. Trotzdem ließ er sich Zeit. Und sah in Zimmern nach, in denen seine Mutter unmöglich sein konnte, weil es die Privaträume irgendwelcher Familienmitglieder waren, in die sie ganz bestimmt nicht ging, um da auf ihn zu warten. Aber er machte trotzdem damit weiter – bis plötzlich wie aus dem Nichts Eldrid vor ihm stand. Sie war die Älteste, nach ihm. Und sie war so ziemlich das Gegenteil von ihm: verantwortungsbewusst, gehorsam, frühreif. Oh, und so ziemlich das Bravste, was man sich vorstellen konnte. Hadamar mochte sie, natürlich tat er das, sie war seine Schwester – aber wirklich viel gemeinsam hatten sie nicht miteinander.
    „Sie ist im Kaminzimmer, du Honk“, fauchte Eldrid ihn an, und als Hadamar nicht sofort reagierte, stemmte sie ihre Hände in die Hüften. „Willst du hier Wurzeln schlagen? Na los, geh schon!“
    „Ist ja gut!“ murrte er – und machte sich auf den Weg. Und tatsächlich war seine Mutter im Kaminzimmer. Allein... wovon Hadamar nicht wusste, ob das nun gut oder schlecht war. So stauchte sie ihn wenigstens nicht vor irgendwelchen anderen Leuten zusammen. Andererseits war jetzt auch keiner da, der vielleicht dafür gesorgt hätte, dass sie sich zurückhielt.


    Sie stand am Kamin und starrte in die Flammen, und Hadamar wusste nicht, ob sie gehört hatte wie er reingekommen war und einfach nur nicht reagieren wollte, oder ob sie so in Gedanken versunken war im Moment, dass sie es wirklich nicht mitgekriegt hatte. Kurz blieb er unschlüssig stehen, dann schloss er leise die Tür hinter sich und kam näher.
    „Heilsa, Ma“, murmelte er, ein wenig verunsichert, weil sie sich nach wie vor nicht rührte. Erst nach einem weiteren Moment drehte sie sich um und starrte ihn an. Hadamar hielt dem Blick ganze fünf Lidschläge lang stand, bevor er wieder den Mund aufmachte. „Eh. Sag doch was.“
    In die Miene seiner Mutter kam endlich etwas Regung, aber was er dort lesen konnte, gefiel ihm nicht wirklich. Es war eine Mischung aus Traurigkeit, Zweifel, Empörung und Wut, die er da sehen konnte. „Und was? Was soll ich bitte sagen?“ fragte sie zurück.
    „Ich... keine Ahnung, ich...“
    Sie gab ihm nur einen Moment für sein Gestammel. „Was soll ich dir sagen, wo dir meine Meinung ganz offensichtlich nichts bedeutet? Wo sie dir so wenig wert ist, dass du nicht einmal mit mir redest, bevor du eine Entscheidung triffst, die dein ganzes Leben beeinflusst?“
    Hilflos hob Hadamar die Hände. „Ma, ich...“
    „Komm mir nicht mit Ma!“ fauchte sie zurück. „Warum hast du das getan? Bei all den Möglichkeiten, die du hier gehabt hättest! Du hättest so viel erreichen können, hättest ein sicheres Leben haben, vernünftige Arbeit leisten können, aber du-“
    „-aber ich wollte nichts davon!“
    „Aber zur Legio wolltest du? Ausgerechnet du? Du weißt, was ich von der Legio halte! War das ein-“
    „Was soll das heißen, ausgerechnet du, warum ausgerechnet ich, was-“ fuhr Hadamar dazwischen, aber seine Mutter machte weiter.
    „WAR DAS EIN Aufstand gegen mich? Ist es das gewesen?“
    „Das hat doch mit dir gar nix zu tun!“ Er starrte sie an. „JA, ich weiß, was du von der Legio hältst, aber das ist dein Problem! Ich hab mich net gemeldet, weil ich dir eins auswischen wollte!“
    „Warum dann?!“
    „Weil es... Ich will mein eigenes Ding machen, und die Legio... passt einfach! Das ist das Richtige für mich!“
    „Oh bitte! Das Richtige! Hadamar, du hast doch keine Ahnung, was das Richtige für dich ist!“ Der Spott, der jetzt in ihrer Stimme lag, tat weh – mehr, als er geahnt hätte. Und das machte ihn erst recht wütend. „Oh, klar, ich, der Idiot, freilich weiß ich net was richtig für mich ist!“ ranzte er zurück. „Aber DU weißt es, ja? Du hast doch keine Ahnung! Das ist MEIN Leben, und ich treff meine Entscheidungen, und ich wollte NIE in die Verwaltung! Aber das hat dich ja nen Dreck interessiert!“ Und weil seine Mutter jetzt erst mal sprachlos zu sein schien, setzte er noch hinterher: „Und nur damit du Bescheid weißt: es gefällt in der Legio!“
    Seine Mutter schwieg immer noch, schwieg so lange, dass Hadamars Wut beinahe verrauchte und er sich wieder unwohl zu fühlen begann. Aber bevor er tatsächlich noch irgendwas gesagt hätte, sprach sie wieder – nur diesmal wesentlich leiser. „Ich habe deinen Vater bei der Legion verloren, Hadamar. Verstehst du nicht, dass ich Angst um dich hab?“
    Hadamar verdrehte die Augen. Das war das Totschlagargument schlechthin, das seine Mutter schon immer gebracht hatte, wann immer es um die Legion gegangen war. Es stimmte ja. Und einem Teil von ihm war auch klar, dass sie sich berechtigte Sorgen machte, weil der Dienst in der Legio nicht ungefährlich war – und dass sie darüber hinaus so oder so das Recht hatte, sich Sorgen zu machen, weil sie eben ihren Mann da verloren hatte. Nur: Hadamar wollte sich jetzt nicht damit beschäftigen. Er wollte ihr das Recht nicht zugestehen, sich Sorgen zu machen und ihm mit diesen Sorgen auf die Nerven zu gehen. Und er wollte sich erst recht kein schlechtes Gewissen machen lassen, nicht von Witjon, nicht von seiner Mutter. „Es kann einem immer was passieren, überall! In der Curia könnt mir die Decke auf den Kopf fallen! Oder ich fang mir was ein wie Elfleda!“ Kurz stach ihn sein schlechtes Gewissen, dass er ausgerechnet heute, am Tag von Elfledas Beerdigung, ihren Tod schon so für sich als Argument nutzte, aber gesagt war gesagt, und wichtiger noch: es stimmte ja.
    „Hadamar...“
    „Ma, hör endlich damit auf! Er ist seit nem Jahrzehnt tot, und ich bin nicht er! Und auch nicht du! Ich hab kein Problem damit wie oder wo er gestorben ist, und du solltest endlich mal aufhören, eins damit zu haben!“ Damit war er zu weit gegangen. Hadamar wusste es, noch während er sprach, er sah es daran, wie seine Mutter ihn nun ansah, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte und erneut eine seltsame, ungute Mischung aus unterschiedlichsten Gefühlen zeigte. Er hätte nicht so über seinen Vater sprechen sollen, und erst recht über sie und wie sie mit seinem Tod und mit ihrer Trauer umging. Er sah es in ihren Augen.
    „Geh.“
    Hadamar war betroffen und hilflos über den Schmerz, den er in ihren Augen sehen konnte. Aber er brachte es auch nicht fertig, jetzt zurückzurudern, etwas zurückzunehmen, oder sich gar zu entschuldigen. Bei all dem Widerstand, der ihm entgegenschlug, nur weil er seine eigene Entscheidung getroffen hatte, wie es ihm verdammtnochmal zustand, konnte er jetzt nicht nachgeben. Er konnte nicht. Schon gar nicht, weil er sich im Recht wähnte, auch mit dem was er zum Schluss gesagt hatte – er wusste, dass es gemein gewesen war und verletzend, und dass er es vielleicht nicht so hätte sagen sollen und nicht jetzt und hier, aber das änderte doch nichts an der Tatsache, dass er Recht damit hatte. Und weil er nicht nachgeben konnte, genauso wenig aber den Schmerz ertrug, den er sah, tat er etwas, was völlig irrational war, weil es das Ganze nur noch schlimmer machen würde – ihm aber im Moment seltsamerweise als Ausweg erschien, weil es ihn von sich selbst ablenkte: er trat nach. „Du weißt, dass das stimmt, Ma! Du erdrückst uns doch damit, dass du ihm immer noch nachtrauerst – und vorwirfst, er hätte nicht zur Legio gehen sollen! Du-“
    „Hadamar.“ Nur das kam über ihre Lippen, und das auch noch recht leise gesprochen. Aber es reichte, um jedes weitere Wort ersterben zu lassen, das ihm noch auf der Zunge gelegen haben mochte. „Geh einfach.“
    Einen Augenblick lang starrte er sie noch an, wütend und empört und traurig und unendlich schuldbewusst zugleich – und er stürzte sich innerlich auf die Wut und die Empörung, weil es leichter war damit umzugehen, weil es ihm half auszublenden, was er gerade getan hatte. Wie weh er ihr getan hatte. Es war so viel leichter, sich nun nur auf diesen Gedanken zu stürzen: sie war schuld. Sie verstand ihn nicht. Hatte ihn noch nie verstanden. Und sie warf ihn raus, so wie Witjon es vorhin getan hatte. Was hieß: sie wollte ihn gar nicht verstehen. Genauso wenig wie Witjon. Keiner wollte ihn verstehen.
    Hadamar machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Kaminzimmer.

    Den Abschiedsgruß hörte Hadamar noch, während er sich schon wegdrehte und zur Tür ging, aber er reagierte nicht mehr darauf, und er wandte sich auch nicht um. Die würden ihn doch nie verstehen, nie! Und warum hatte Witjon ihn überhaupt hierher bestellt? So richtig den Kopf gewaschen hatte er ihm ja auch nicht – nicht, dass es was gebracht hätte, aber das war es eigentlich gewesen, worauf Hadamar sich eingestellt hatte. Stattdessen hatte er irgendwas gefaselt und verständnisvoll getan. Und auf die Art versucht, ihm ein schlechtes Gewissen zu machen. Hadamar knirschte mit den Zähnen und verließ den Raum – und da kam noch etwas. Eigentlich hatte er keine große Lust, darauf noch zu reagieren… aber: Witjon war das Sippenoberhaupt. Man lief nicht einfach davon vor ihm, und so viel Respekt hatte auch Hadamar, dass er sich an gewisse Spielregeln hielt. Meistens, und noch, jedenfalls.


    Ein wenig unwillig also, aber immerhin, blieb er stehen – und sah Witjon nach einem weiteren Moment des Zögerns sogar an. Und was dann kam, überraschte ihn dann doch ein wenig. Dass Witjon es guthieß, dass er zur Bestattung gekommen war, davon war Hadamar ausgegangen. Mehr noch, er hatte gedacht, Witjon würde das für selbstverständlich halten – sie waren immerhin Familie, eine Sippe. Sie hielten zusammen. Sie waren füreinander da. Gehörte auch zu diesen gewissen grundelementaren Spielregeln, an die man sich… nun ja, einfach hielt. Das stand gar nicht zur Debatte. Aber Witjons Reaktion hieß doch irgendwie, dass er das für nicht so selbstverständlich hielt. Und das wiederum war für Hadamar nicht ganz verständlich. Klar, er hatte viel Unfug angestellt, und ja, er hatte sich zur Legio gemeldet, ohne wen zu fragen, ohne überhaupt mit wem drüber zu reden oder vorher noch Bescheid zu geben. Aber das hieß doch nicht, dass er völlig verantwortungslos war… oder dass er mit seiner Familie gebrochen hätte. Witjons letzter Satz ließ allerdings fast darauf schließen, dass er das von ihm dachte, und das… machte einen Teil von Hadamar fast betroffen.
    Und so sah er dem Sippenoberhaupt nur schweigend hinterher, als dieser davonstiefelte, und blieb einen Moment grübelnd stehen, bevor auch er sich endgültig abwandte – und sich auf den Weg machte, sich dem nächsten Donnerwetter zu stellen. In Form seiner Mutter.

    Fuscus. Prügel. Oh ja, das wartete ja nun auch noch auf ihn... Ganz abgesehen davon, dass er seinen Kameraden erst mal würde verklickern müssen, was passiert war. Und was er ihnen eingebrockt hatte. „Das ist trotzdem... unfair. Das wollt ich net, dass ihr da... für büßen müsst. Wär mir lieber gewesen, der Centurio hätt sich nur mich vorgenommen.“ Was Hadamar nur sagte, weil er zwar schon einige Prügeleien hinter sich gebracht hatte, bei denen er auch ordentlich hatte einstecken müssen... aber nie, niemals, in dieser Form geschlagen war, mit Rute, Peitsche oder was auch immer. Er hatte nicht die geringste Vorstellung davon, wie das war.


    Er hielt in seinem Humpeln inne, als Corvinus wieder etwas sagte, und sah ihn kurz von der Seite an. „Nee, das war völlig in Ordnung. Ich red schneller als ich denk in solchen Situationen, da war das schon gut so.“ Einen Moment überlegte er dann. Wie schon zuvor war es ihm eigentlich lieber, selbst zu laufen. Sich nicht die Blöße zu geben... Andererseits: die Schmerzen waren ja nicht besser geworden, als er da beim Centurio verzweifelt versucht hatte, die ganze Zeit stramm zu stehen – dazu kamen jetzt noch die Striemen von dem Rebstock... Und war ja auch schon egal, Corvinus hatte ihn bereits zweimal getragen. „Was soll's...“, seufzte er. War wohl lächerlich, auf falschem Stolz zu beharren und sich jetzt selbst zu ihrer Unterkunft zu schleppen. Noch dazu wo sein Abend immer noch nicht zu Ende war. „Wär klasse.“

    Jetzt musste Hadamar doch grinsen, wenn auch nur flüchtig. Tipps zum Rüstung putzen... „Klar, gern. Kann ich brauchen.“ Corvinus immerhin schien ihm so gar nichts übel zu nehmen... wofür Hadamar wirklich dankbar war. Und er glaubte schon auch, dass sein Kumpel recht hatte und die anderen nicht nachtragend sein würden.
    Das änderte allerdings wenig an seinem schlechten Gewissen. Das hier war das erste Mal, dass jemand anders dafür büßen musste, wenn er etwas angestellt hatte... und das war etwas, was er nie gewollt und auch nie in Kauf genommen hätte. Er selbst? Klar. Das war kein Thema, da jammerte er weder groß rum noch sonst was, wenn er so blöd war sich erwischen zu lassen. Aber andere reinreiten? Ging gar nicht. Jedenfalls nicht, wenn die gar nix davon wussten.


    „Gute-“, begann er gerade zu erwidern, als der Optio zu ihnen trat. Hadamar salutierte, die Schmerzen in seinem Körper verbissen ignorierend. „Salve, Optio. Die Lage ist ruhig. Nichts besonderes los.“

    Hadamar grinste breit. „Aaach komm schon, jetzt klingst du wie meine Mutter! Die hat auch immer so was gesagt...“ Hadamar, du bist doch nicht dumm. Wenn du nur halb so viel Energie in deine Arbeit stecken... nur halb so viel deiner Klugheit in deinen Unterricht investieren würdest... Blablabla. Machte das Spaß? Nein. „Wir können die Würfel ja auch lassen und das Soldatenspiel nehmen. Und davon vielleicht ne einfachere Variante? Oder wir spielen ohne Einsätze...“

    Wouh. Der Kerl war... wouh. Wie der sich ihnen bewusst langsam zuwandte und sie dann musterte, das hatte was... beeindruckendes, fand Hadamar – und er war durchaus in der Lage, das auf einer distanzierten Ebene festzustellen und gleichzeitig tatsächlich beeindruckt zu sein. Und vielleicht ein klitzekleines bisschen... naaa, nicht eingeschüchtert, er doch nicht, aber... naja... Da war auf jeden Fall Respekt da.


    Und dann, nach einer gefühlt ewigen Musterung, in der der Mann vor ihnen zumindest für Hadamar nicht erkennen ließ, was er dachte, machte er den Mund auf. Und was er sagte, brachte Hadamar ins Schwitzen, oder hätte ihn wohl ins Schwitzen gebracht, wenn es nicht so kalt gewesen wäre. Trotzdem spürte er, wie seine Ohren warm wurden, und er ahnte schon, dass sich deren Farbton gerade seiner Haarfarbe anglich.
    Er wagte es in diesem Moment, unter dem Blick des Legaten, nicht, Corvinus nochmal anzusehen Aber er konnte sich schon denken, dass die Situation für den Kameraden ungleich schlimmer sein musste, weil der ja so viel mehr Wert darauf legte, nicht nur einen guten Eindruck zu machen, sondern alles perfekt hinzulegen. Aber was musste Fuscus auch ihm sagen, dass er zuerst Meldung machen sollte!


    Für einen Moment, wirklich nur einen winzigen Moment, überlegte Hadamar, ob er auf die Frage des Legaten antworten sollte. Natürlich war ihm klar, dass sie keine Wahl hatten. Nur: es war halt eine Frage, und Hadamar war Hadamar. Und er wäre nicht er, wenn es ihn nicht absolut gejuckt hätte, eine solche Frage mit einer Antwort zu würdigen, indem er irgendeinen Spruch riss. Aber das hier war der Legat. Das war eine völlig andere Liga, eine, in der er besser nicht mal den Versuch machte mitzuspielen... er stellte sich manchmal etwas dämlich an, aber blöd war er nicht. Auch wenn es einen Teil von ihm wirklich gereizt hätte... „Tirones Lucius Helvetius Corvinus und Lucius Duccius Ferox melden sich wie befohlen, Legatus!“ wiederholte er also die Meldung, diesmal hoffentlich korrekt, und noch ein bisschen zackiger als zuvor. Als Wiedergutmachung, sozusagen.

    War Hadamar sonst recht leicht aufzumuntern, ging das diesmal nicht so einfach. Er starrte düster vor sich hin. „Nee, lass man“, brummte er. „Ich putz die Dinger die nächsten zwei Wochen. Wenn ihr wegen mir schon Sonderaufgaben machen und die ganze Zeit Mittelwache schieben müsst... ist das Mindeste was ich tun kann.“ Er unterdrückte ein Seufzen und verlagerte das Gewicht – unterdrückte gleich darauf ein Stöhnen, weil gleichzeitig sein Bein und sein Rücken mit Schmerzen gegen die Bewegung protestierten. Wenn er heute Nacht wieder nicht schlafen konnte, weil ihm zu viel weh tat, könnte er ja mal seine Schrammen, Prellungen und blauen Flecken zählen, die Fuscus ihm am gestrigen Abend verpasst hatte... „Aber du kannst was von meinem Sold haben, wenn du magst. Oh, und ein paar Würfeltipps. Vielleicht hilft's ja was.“ Das klang ziemlich trübselig – was ein Hinweis darauf war, wie mies seine Stimmung wirklich war. Würfeln oder die Brettspiele der Soldaten, dafür konnte er sich eigentlich immer begeistern. Aber die Lust auf Quatsch war ihm momentan so ziemlich vergangen.