Beiträge von Corona

    Corona atmete noch immer schwer ein und aus, schien sich aber allmählich zu beruhigen. Sie drehte sich zu Menochares herum, der Schreck stand ihr offen in den Augen. Leise flüsterte sie zurück: "Schon gut. Ich... ich habe heute Abend eine Verabredung, ich werde wieder kommen." versprach sie. Auch wenn sie nicht eben glaubwürdig wirkte, denn sie zitterte und wirkte überaus unsicher.
    Und ob Corona nicht wusste, wie gefährlich die nächtlichen Straßen Roms waren? Natürlich glaubte sie es zu wissen, unterschätzte es aber trotzdem. "Kann sein, aber ich muss es einfach riskieren, Menochares." flüsterte sie leise zurück. Ob er sich damit einverstanden geben würde? Sehr unwahrscheinlich. Aber sie musste es einfach versuchen. Fragend blickte sie in seine Augen, die so stark hervorstachen, waren die Nacht und auch sein Körper doch sehr dunkel.

    Corona hatte mit nichts Bösem gerechnet, nichts gehört, als sich plötzlich eine Hand auf ihren Mund legte und gleichzeitig ein Arm ihren Leib umfasste. Sie wurde stocksteif und gab keinen Laut von sich. Sie war völlig entsetzt und erschrocken, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Die Sekunden bis sich der Mann hinter ihr bemerkbar machte, schienen ihr ewig. Oh ihr Götter, wer ist das? Was will er? Ihr Atem ging von einem Moment zum Anderen stoßartig und ungeregelt.
    Dann hörte sie Menochares Stimme. Hätte er nicht seinen Namen genannt, hätte sie ihn vermutlich in dieser Situation nicht an der Stimme erkannt. Zitternd harrte sie einen weiteren Moment aus und nickte dann zögerlich. Ja, natürlich war sie einverstanden.
    Was fiel ihm eigentlich ein? Einen Moment lang hatte sie vollkommen vergessen, warum sie überhaupt hier war und wo sie hin wollte, die Situation war zu unerwartet über sie gekommen.

    Corona war über den Tag mit jedem Moment aufgeregter geworden. Sie hatte einen Fischhändler getroffen, der offensichtlich etwas mit der Gemeinde der Christen zu tun hatte, die Linos einmal erwähnt hatte und für die ein unlöschbares Interesse entflammt war. Den ganzen Tag über war sie ungewohnt fahrig gewesen, schreckhaft. Oftmals in Gedanken. Sie hatte unheimlich laute Schelte von der Herrin Claudia Livineia bekommen und hatte sich anschließend in anderen Gegenden der Villa aufgehalten.
    Bis der Tag zuende war. Da hatte sie sich einen dunklen Umhang übergezogen und sich einer Kapuze über den Kopf gelegt. Sie wollte nicht gesehen werden, von niemandem. Es konnte großen Ärger geben, wenn man sie beim Abhauen erwischte - erst Recht, wenn publik wurde, wohin.
    Mucksmäuschenstill hatte sie sich aus dem Zimmer der Herrin gestohlen, die absolut nichts mitbekommen hatte. Zum Glück. Sie war den Gang entlanggeilt, war zum Atrium gehastet und machte sich nun klammheimlich bereit, die Villa in der Abenddämmerung zu verlassen...

    ... ja, ab und an kam es auch mal tatsächlich dazu, dass der Fang im Netz blieb. So zum Beispiel heute. Aber leicht fiel es Corona nicht, sich durch die Gassen zu stehlen. Ohnehin war es sehr schwer gefallen, sich aus der Villa zu stehlen, hatte es doch kleinen Widerstand gegeben. Natürlich, um diese Uhrzeit. Herrschaften machten sich Sorgen um ihren Besitz und Freunde um einen geliebten Menschen. Und in der Villa hatte Corona Freunde gefunden.
    Diesen Tag über hatten ihre Gedanken viel an Linos gehangen. Er hatte sie schließlich auf den Weg gelotst, den sie nun beschreiten würde. Er, mit seiner liebevoll-tolpatschigen Art und Weise. Wie es ihm in Germanien wohl ging? Ob er gut über den Winter gekommen war?
    Je näher sie ihrem Ziel kam, desto nervöser wurde Corona. Sie war schon in der Villa einmal erwischt worden, was, wenn nun noch etwas geschehen würde? Sie hatte die offensichtliche Warnung einfach ignoriert und das Risiko trotz eíner Stimme der Vernunft eingegangen.
    Die Sonne hatte sich bereits versteckt und die Dämmerung war nahezu vollendet, als sie ihr Ziel erreichte. Es war furchtbar gruselig und sie zog ihre Kapuze noch etwas fester. Sie wollte nicht von jedem einfach als Frau erkannt werden, das konnte hier nicht gut sein. Wie sollte sie auf sich aufmerksam machen? Sie kniff die Augen zusammen, um mehr erblicken zu können. Sie musste doch richtig sein?
    Die ganzen Gestalten, die sie noch erblicken konnte, trotz der späten Uhrzeit, ließen ihr Herz schneller schlagen. Die Gefahr machte sie verrückt. Wo war er? Wo war der Christ?

    Sie nickte auf Anaximanders Frage hin - genau, Achaia. Warum er so fragte, konnte sie sich nicht erklären. Ihre Hintergründe waren einfach zu schlecht. Auch wirkte er auf einmal etwas unfreundlich, aber das schüchterte Corona dann doch nicht ein. Dafür hatte sie hier einen viel zu wichtigen und großen Schritt für ihre Verhältnisse getan. Sie lauschte genau auf seine Worte, während sie den Fisch entgegen nahm, sehr genau.
    Sie kannte Rom kaum und sie wusste - noch - nicht, wohin dieser Weg sie führen würde. Dabei war Corona eine ziemlich ängstliche Persönlichkeit. Sie schloss ihre Augen und hakte noch einmal nach, wo der Weg genau entlang führte, dann bedankte sie sich mit einem Lächeln und machte sich wieder auf den Weg. "Wir werden uns gewiss wiedersehen." machte sie leise und ging ebenso unauffällig dahin, wie sie hierher gekommen war.

    Corona achtete sehr konzentriert auf die Worte des Christen - oder Händlers? Vermutlich beides. Sie hatte mit Zweideutigkeiten angefangen, die aber scheinbar korrekt bei ihm angekommen waren. Nun galt es den Schein korrekt zu wahren und am Ball zu bleiben. Oder vielmehr: Am Haken.
    Sie hielt ihren klaren Blick direkt in seine Augen gerichtet, um wirklich als 'Fisch am Haken' zu gelten. Außerdem wollte sie auch direkt den Mann erkunden, wie er es nun vermutlich auch mit ihr vorhatte. Aber natürlich war auch Vorsicht geboten. Sie antwortete also mit Bedacht, stellte die Stimme aber deutlich munterer als noch zuvor. Seine entspanntere Art lockerte auch sie nun etwas auf. "Ein guter Freund berichtete mir davon. Er hatte in Achaia von ihm gekostet und mir davon erzählt. Hier in Rom ist er allerdings noch nicht in den Genuss gekommen und berichtete mir wehmütig hiervon. Und nun bin ich auch äußerst neugierig." Das klang schon beinahe überzogen. Als wär es ein silberner Fisch, dessen Art sich auf wenige hundert Exemplare weltweit beschränkte.

    Sein Verkaufgespräch hatte sie eigentlich kaum mitbekommen. Sie hatte ihn einfach nur angesehen, beinahe innerlich hohl. Ihre Gedanken waren einfach nur immer wieder um ihre Vermutung gekreist. Als der Fisch dann plötzlich ihren Blicken entzogen wurde, rangen zwei verschiedene Eigenschaften in Corona. Sie war nicht dumm, konnte sich denken, dass der Fisch verborgen werden sollte. Andererseits aber war sie auch gutgläubig und wollte soetwas gar nicht erst vermuten. Vernunft und Idealismus ließen sich wie so oft nicht über einen Kamm scheren.
    Andererseits - Linos meinte ja auch, dass man mit diesen Informationen nicht hausieren ging. Und dass würde dieser Händler dann mit Garantie auch nicht machen. Corona hatte oft, gerade durch die Herrin, mitbekommen, dass Christen ganz offiziell zwar toleriert wurden, aber gewiss nicht gemocht. Und wer nicht gemocht wurde, konnte noch so gut durch irgendwelche Gesetze geschützt werden - Hass konnte man nicht zügeln. Auch sie konnte den Hass der Herrin nicht zügeln, wenn diese in ihrer Wut ausbrach.
    Und nun fragte der Händler auch noch, was es denn sein sollte. Sie war in Zugzwang. Sie musste sich entscheiden, ob sie die Tatsachen auf den Tisch packte, oder sich verschüchtert zurückzog. Auch sie hatte schließlich ein Restrisiko. Ihre Herrin würde zornig werden und sie selbst könnte sich vor diesem Manne ehrlich blamieren. "Ich suche einen ganz seltenen Fisch..." begann sie also stockend und versuchte sich in ein unsicheres Grinsen zu retten. "Er... er ist insgesamt gesehen, nicht besonders gefragt und geliebt, aber ich wollte... mehr über ihn erfahren... ihn für mich gewinnen.." Gut, das war peinlich genug. Am liebsten würde sie weglaufen. Das klang ja noch dümmer, als hätte sie ihn nach dem Erlöser gefragt. Sie spürte, wie sich heisse, rote Flecken auf den Wangen und der Stirn bildeten.

    Der Frühling war hereingebrochen. Die Sonne strahlte freundlich auf die Menschen herab. Auch auf die unfreien Menschen. Corona sollte sich nach einer blauen, seidenen Stoffbahn umsehen und so hatte sie sich, pflichtbewusst wie sie nun einmal war, auf den Weg gemacht. Allerdings ließ sie sich Zeit. Sie sah sich nämlich mittlerweile nicht mehr nur in der Pflicht, für die Herrin da zu sein, sondern auch, sich ein wenig um sich selbst zu kümmern. Soviel hatte sie durch die claudische Belegschaft inzwischen gelernt. Sehr zum Leidwesen von Claudia Livineia, aber die wusste ja nicht einmal etwas davon.
    Mit leichten Schritten und ihrer einfachen Kleidung ließ sie also den Blick über die Waren und die Menge schweifen. Seit ihrem Gespräch mit Linos hielt sie auch nach dem ‚Fisch‘ Ausschau, den er ihr als Erkennungssymbol der Christengemeinde erklärt hatte. Sie wusste nicht, wie genau dieser Fisch aussehen sollte, wusste nicht, wo er sein sollte. Eine Tätowierung? Ein Schmuckstück? Oder war es nur das Wort ‚Fisch‘? Seit Wochen schaute sie sich danach um, weil sie mehr erfahren wollte. Linos hatte ihr einiges erzählt und alles hatte ihr Gefallen, aber das hatte nicht gereicht. Sie wollte mehr wissen, wollte mehr sehen. Ein Glaube, in welchem es nur diesen einen Gott gibt, ein Glaube, in dem Nächstenliebe gepredigt wird – das klang wundervoll. Keine ewig vielen, zu beachtenden Regeln, keine Zwänge, kein Hass – keine Sklaverei. So zumindest stellte sich das Christentum der jungen Sklavin inzwischen dar. Je länger sie Zeit mit ihrem geringen Wissen hatte, desto blühender wurde ihre Fantasie.
    Und auch jetzt gedachte sie jener neuen Religion. Umso verwunderte blickte sie auf, als sie einen Marktschreier hörte, der sie aus ihren Gedanken riss. Es war unerwartet, sie fühlte sich beinahe wie ertappt. Bis sie einsah, dass er einfach nur handelte. Oder? Es war das gleiche Spiel wie immer. Vernunft widersprach ihren Hoffnungen. Die Hoffnungen ließen sich nicht einsperren. Wieder ging sie hin. Langsam. Unauffällig. Nur einen Blick riskieren. Vielleicht auch zwei?
    Coronas Blick glitt über den Warenbestand. In das Gesicht des Händlers. In das Holz. Sie sah die Fischzeichnung, sie war ihr sofort ins Gesicht gesprungen. Sie kannte nicht einmal die Bedeutung des Fisches für die Christenheit. Sie wusste nur, dass es ein Erkennungszeichen war. Wie hatte Linos es gesagt? Es fiel ihr nicht mehr ein. Ihr Blick harrte einen Moment länger auf dem eingeritzten Zeichen. Einfach weitergehen? Ihr Blick traf den Händler. Dann wieder das Zeichen.
    Was, wenn sie sich irrte? Sie würde sich lächerlich machen, verhöhnt, verspottet. Ja, was wenn selbst Claudia Livineia davon Wind bekäme? Es würde einen Höllenärger geben – im wahrsten Sinne des Wortes. Dann rang sie sich durch. „Salve.“ Kam es nur sehr leise über ihre Lippen und sie lächelte den Händler an. Sie sprach so leise und zögerlich, dass es in dem Lärm der Menge beinahe völlig unterging. Aus tief dunkelblauen Augen sah sie zu ihm. Die leinene Tunika reichte ihr bis knapp über die Knie, sie war ebenfalls in dunklem Blau gehalten. Livineia legte Wert auf gutes Aussehen, sonst würde sie dies vermutlich gar nicht tragen. Ansonsten haftete der blonden Frau keinerlei Schmuck an. Keinerlei Schminke. Man sah, dass sie wohl kaum eine römische Herrin sein konnte. Zudem war sie recht hoch gewachsen. Nicht so groß, dass es sofort ins Auge sticht, aber schon größer als eine durchschnittliche, römische Frau. Aber das konnte man der gleichen Herkunft wie ihre blonde Haarfarbe zusprechen.

    Corona hatte Menochares beim Hinausgehen noch freundlich zugenickt. Bisher mochte sie den Nubier sehr gern, schließlich schien er ihr nicht unähnlich zu sein. Er sprach ebenfalls nicht wie ein Wasserfall und erledigte ernst und pflichtbewusst seine Aufgaben. Und trotz alledem kroch er Niemandem der Herrschaften in den Hintern. Aber gesagt hatte sie nichts. Ihr Blick hatte genügend Dankbarkeit ausgedrückt. Nachdem Menochares verschwunden war, hatte sich Corona daran gemacht, wieder die Kleidung von Livineia zusammenzulegen und ordentlich in einen Schrank zu verstauen. Die Blumen hatte sie erst am Vormittag versorgt und ausgetauscht, Staub war ebenfalls eliminiert. Als also die Pflicht getan war, setzte sie sich an Livineias Schreibtisch und griff nach einer Wachstafel. Vorsichtig schrieb sie ihren Namen in das Wachs und setzte den von Linos daneben. Linos. Sie hatte zwar immer wieder mal an ihn gedacht, aber nicht unendlich Zeit damit zugebracht. Wie es ihm in Germanien wohl ging? Sie wäre gerne nach Germanien gegangen - nicht nur wegen ihm. Vor Allem auch wegen ... Ja, Germanien. Irgendwo war es doch ihre Heimat, selbst, wenn sie dort bisher noch niemals war. Heimat ist, wo das Herz ist. Heimat liegt im Herzen. Ja, aber wo war ihr Herz? Sie wusste es nicht, lange Zeit hatte sie einfach nur funktioniert. Erst durch die Worte von Linos hatte sie aufgehört, zu funktionieren und nachgedacht. Sie konnte ihm nicht geben, was er suchte. Das war vom ersten Moment an für sie klar gewesen. Aber dennoch wollte er etwas haben. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, war es Glück gewesen, dass er fort war. So hatte sie Zeit zum Nachdenken. Der Nachteil war, dass sie die Resultate niemandem würde mitteilen können. Mit einem schweren Seufzen ließ sie sich zurücksinken und blickte zu Livineia. Die hatte es gut. Sie würde sich niemals zu irgendetwas entscheiden müssen, ihr würde irgendjemand immer jede Entscheidung abnehmen, die zu treffen sie nicht bereit war.

    Corona betrat hinter Menochares den Raum. Sie hatte gleich bemerkt, dass er nicht angeklopft hatte, hatte aber geschwiegen. Als er in Richtung Livineia ging, nickte sie selbst nur schweigend Delon zu und ließ die Kleider auf einen Korbsessel gleiten. Still, unbemerkt, wie Corona sich nun einmal immer zu bewegen wusste. "Du kannst dann gehen. Ich kümmere mich um die Herrin." wies Corona Delon an, das Zimmer zu verlassen. Sie versäumte, sich vorzustellen, aber die Situation gestattete durchaus, gutes Benehmen zu vergessen.

    Corona blickte ziemlich überrascht hinter Morrigan her. Was für eine Laus war ihr denn über die Leber gelaufen? Dann aber sah sie wieder zu Menochares, denn seine Worte waren schließlich auch nicht von unerheblicher Relevanz für sie. "Ja, natürlich, ich komme." erklärte sie nur. Sorge hatte sich Corona nicht unbedingt gemacht, aber natürlich konnte es erhebliche Folgen auch für sie haben. Aber Mitleid empfand Corona kaum, nach allem, was vorgefallen war. "In Ordnung, gehen wir eben hoch." bestätigte Corona und machte sich sogleich mit Menochares auf dem Weg.

    Auf dem Gang waren Schritte zu hören. Allerdings nur sehr leise Schritte. Denn Corona war wie beinahe immer eher unsichtbar. Sie trug einen kleinen Haufen getrockneter Tuniken auf den Armen und wollte diese in Livineias Cubiculum bringen, um sie dort zu verstauen. Am Enigang allerdings bleib sie stehen, weil sie Menochares lautes Auflachen hörte.
    Mit leicht vergrößerten Augen trat sie dann ein und lehnte sich an den Rahmen. "Wer will wen zu einem Eunuchen machen?" fragte sie ungläubig und blickte von Morrigan zu Menochares. Seine verbleibenden Worte hatte sie auch gehört, ließ diese aber erstmal unkommentiert.

    Corona nickte nur sacht nach Morrigans Worten. Sie würde nicht mitgehen, sie fühlte sich nicht in der Lage. So ließ sie sich schwach auf den Boden sinken und kauerte sich zusammen. Sie hatte nicht einmal den Hauch einer Ahnung, was sich, eine Etage tiefer, nun abspielen würde.

    Morrigans Taktik ging auf. Corona weinte zwar noch immer, aber sie fühlte sich auch deutlich geborgener als noch zuvor. Morrigans Sonnenschein, mit den sonnenstrahlgleichen Haaren und der hellen Seele atmete nach und nach immer ruhiger, fortwährend die Nähe Morrigans genießend. Bekümmert, aber doch auf Widerspruch hoffend, meinte Corona dann leise (Muss das überhaupt noch betont werden?): "Ich glaub sie ist nur einsam... Ich habe gesagt dass wir Sklaven gemeinsam ein römisches Fest gefeiert haben.. aber sie war zornig als ich nichts weiter gesagt habe..." Sie verschluckte sich und fing an zu husten.

    Corona hatte sich bereitwillig mit Morrigan mitziehen lassen. Zu dem Zeitpunkt der Bestrafung hatte sie eigentlich noch gar nicht mit einer tröstenden Seele gerechnet, aber nun, da sie diese bekam, genoss sie dies in vollen Zügen. Sofern sie in dieser Situation überhaupt in irgendeiner Hinsicht genießen könnte. Als sie in den Garten gegangen waren flossen ungehemmt die Tränen über das helle Gesicht der claudischen Sklavin, die Nase war schon jetzt gerötet, ebenso auch die Augen. Als Morrigan sie dann auch in den Arm nahm, gesellte sich lautes, hemmungsloses Schluchzen hinzu. "Es ... ich wollte doch gar nicht..." versuchte sie sich zu rechtfertigen, obwohl das vor Morrigan überhaupt nicht notwendig war. Nun, da sie hier in Morrigans Armen Schutz fand, war Corona unendlich froh, dass sie die Sklaven nicht verraten hatte. Nein, die Freunde.

    Auch Corona hatte beim Aufräumen noch pflichtbewusst geholfen, auch wenn sie kaum noch geradeaus schauen konnte. Schlussendlich war sie mehr im Weg als hilfreich, aber der Wille zählte schließlich. Kichernd hatte sie letztlich auch den verbleibenden Sklavinnen eine gute Nacht gewünscht und hatte sich, kurz nach Mansuri, in Richtung ihrer Unterkunft gemacht. Sie war hundemüde.

    Corona hätte fast laut losgeschluchzt, als Morrigan sie ansprach, ließ sich aber bereitwillig in den Arm nehmen und schmiegte sich fest an die neugewonnene Freundin. Ein Glück, dass sie hier nicht so ganz allein war, wie sie am Anfang noch erwartet hatte. Wie sie bisher immer war. Sie nickte und hemmungslos liefen die Tränen, die Arme legte sie um Morrigan. Sie wollte ihr nicht den genauen Grund sagen, den sie durchaus verstanden hatte - sie hatte gelogen. Die ehrliche Corona glaubte, alle Strafe kam deswegen. "Ja..." sagte sie leise und schluckte abermals schwer.

    Sie spürte nur den lauten Aufschlag der flachen Hand Livineias, die Wange brannte. Livineia schlug hart zu, sehr hart. Der Schmerz trieb ihr Tränen in die Augen, die sie aber schweigend unterdrückte. Sie hatte einen großen Fehler gemacht, das hätte sie vorher wissen müssen. "Ja Domina." sagte sie nur mit leiser Stimme, auf den Knien. Da, wo Livineia sie haben wollte. Dann stand sie auf und ging schweigend hinaus, nichtsahnend, dass Morrigan dort warten würde. Sie wusste, Livineia würde sie jetzt nicht mehr sehen wollen, sie kannte die Prozedur. Erschrocken starrte sie Morrigan an, nachdem die Tür hinter ihr zuging. Die Wange war rot, der Bereich um die Augen feucht - und sie brachte keinen Laut hervor.

    Coronas Gesichtszüge gefroren, als Livineia sie so ansah. Sie hatte Angst, sie wusste was kommen würde. Und sie wusste, dass auch Livineia von ihrer Angst wusste. Krampfhaft richtete sie den Blick gen Boden. Die letzten Tage hatte sie das Gefühl gehabt, das alles in Ordnung ist. Sie war sich absolut sicher, dass sie sich hier sicher und geborgen fühlen konnte. Dann waren Wulfgar und Linos verschwunden, zwei Menschen, die zu echten Bezugspersonen hätten werden können. Dann wiederum hatte sie einen guten Draht zu den anderen Sklaven entwickelt - und nun würde sie dafür bestraft. Mit kurzen, langsamen Schritten und gesenktem Blick näherte sie sich Livineia. "Es tut mir leid, domina." sagte sie mit brüchiger Stimme.

    Corona beobachtete etwas bedrückt das Gespräch zwischen Menochares und Mujet. Wieder das Gespräch darüber, wie man in die Sklaverei kam. Und nun wirkten die beiden auch noch zornig. Sie schluckte, das hatte sie mit den Oliven nicht erreichen wollen. Alkoholbedingt musste sie krampfhaft ihr Grinsen zurückhalten. "Sie werden es schon schaffen." meinte sie an Menochares gewandt. Ohman, langsam war es Zeit für's Bett, Morrigan hatte weise entschieden. "Ist halt schwierig das Ganze. Ich habe auch nie Familie gehabt, ich wüsste gar nicht, was ich in Freiheit sollte." gestand sie ehrlich ein. Natürlich wäre sie gern frei und würde selbst entscheiden was sie tun würde - aber wie? Sie hatte keinerlei Geld, niemanden, an den sie sich wenden könnte...