"Und natürlich darauf!", stimmte der Iulier dem Gastgeber zu und nahm anschließend seinen nunmehr zweiten Schluck, der nach diesen Toasts naturgemäß etwas größer ausfiel, aus seinem Becher. Auf die anschließende Frage des Tiberiers schüttelte Dives nur leicht den Kopf. Dass er vom Verwalter seiner Betriebe in Bovillae mittlerweile erfahren hatte, dass Palma auf dem Weg nach Roma direkt durch diese Stadt gekommen war und folglich die Via Appia als Reiseroute gewählt hatte, erwähnte er nicht. So wichtig war das letztlich wohl auch kaum. Umso interessierter hingegen spitzte er die Ohren beim Kommenden.
Mit großen Augen und überraschtem Blick nahm er auf, dass auch der Cornelier ein Testament des Valerianus hatte, welches jedoch nicht Salinator, sondern natürlich ihn zum Nachfolger erklärte. Dass dieses Dokument nun öffentlich von einer Frau verlesen worden sein sollte, wo es doch schon höchst außergewöhnlich war, wenn eine Frau überhaupt in der Öffentlichkeit zum Volk sprach, ließ sogar gleich mehrere Fragen im Kopf des Iuliers keimen:
"Von einer Frau wurde das Schreiben verlesen?! Ich will mich ja nicht zu weit vor wagen, doch so ganz im Sinne der Sitten unserer Vorfahren erscheint mir dies ja nicht. Da könnte ich ja beinahe auf die Idee kommen zu fragen, ob er Marmorbruch, Gold- und Erzmine des Valerianus, die nach dem Gesetz nicht nur kein Mitglied des Ordo Senatorius, sondern darüber hinaus auch kein Patrizier besitzen darf, stillschweigend einfach angenommen hat oder nicht.", implizierte der Duumvir sehr deutlich diese Frage, ohne sie jedoch direkt zu stellen. Immerhin hatte schon Valerianus selbst einst ein entsprechendes Decretum Imperatoris erlassen. Doch erst dies und dann auch noch diese Frau... Sehr traditionsbewusst hörte sich das in den Ohren des Iuliers für einen Patricius Maior nicht gerade an.
"Weißt du denn, wer diese Frau überhaupt war? War sie eine Vestalin?", denn das würde wieder irgendwo Sinn ergeben, wachten doch die Vestalinnen in aller Regel über die Testamente. Da wäre diese öffentliche Ansprache vielleicht sogar noch irgendwo zu rechtfertigen, überlegte Dives kurz, denn diese Frauen hatten ja sogar jede einen eigenen Liktor. Dabei hatte der Duumvir natürlich nichts gegen Frauen allgemein oder Frauen, die unmatronenhaft aus der Reihe tanzten, speziell. Im Gegenteil war er als Praeceptor sogar einer solch besonderen Frau, Decima Seiana, der Schwester Serapios (Zufälle gabs...), unterstellt und sie hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie auf diese Hierarchie auch durchaus Wert legte. Damit hatte der Iulier, der als Teil einer Minderheit die Meinung vertrat, dass sich Minderheiten nicht selbst das Leben schwer machen sollten, kein Problem. Aber DAS, eine öffentliche Rede (oder Lesung), hielt er dann doch für... ziemlich gewagt.
"Und hast du mitbekommen, ob sich das Dokument sonst noch irgendwie von dem vorgeblichen Testament, das der Usurpator als solches bezeichnet hat, unterscheidet? Direkt von Probus war ja auch da nicht die Rede, soweit ich weiß...", erkundigte sich Dives - jedoch mehr aus simpler Neugier. Irgendeine tiefere Absicht verfolgte er damit nicht. Palma hatte gesiegt, hatte Roma eingenommen und hatte das Gros der Legionen hinter sich. Jeder, der jetzt noch auf die Idee käme Thronansprüche zu stellen, war wahrscheinlich schlichtweg lebensmüde und würde dem Fettwanst wohl nur allzu schnell in den Tod folgen.
"Aber naja...", begann er dann, nach einem kurzen Blick zur Tiberia, die als gesittete Frau zu dem politischen Thema selbstredend und wohlerzogen nicht viel beisteuerte. "... Ich denke, letztlich ist es wichtig, dass nach diesem schrecklichen Bruderkrieg im Reich wieder Ruhe einkehrt, damit die Grenzen sicher sind, der Handel blüht und die schönen Verwandten meiner Freunde nicht länger im freiwilligen Exil ausharren müssen.", lächelte er der Patrizierin kurz zu, bevor er wieder zu Lepidus blickte. Irgendwelche Sklaven im Hintergrund bemerkte Dives natürlich nicht und darüber hinaus würde er als Gast wohl auch kaum bestimmen, wann es an der Zeit wäre ins Triclinium (oder wohin auch immer man ihn entführen würde) zu gehen.