... und enthielt sich letztlich also tatsächlich. Nicht nur damit, sondern auch insgesamt wurde bei der Auszählung der Stimmen recht deutlich, dass der Rückhalt des iulischen Duumvirn und seiner Verbündeten in diesem Gremium erstmals seit einer recht langen Zeit wieder rückläufig war. Für ihn selbst war klar: Nachdem er erst selbst verhaftet und nicht viel später nun auch sein Freund Aculeo öffentlichkeitswirksam abgeführt worden war, besaß er zumindest im Moment nicht mehr ganz die Autorität, die er noch vor seinem Ausflug in die Castra Praetoria gehabt hatte. Dennoch zeichnete sich schlussendlich eine Mehrheit ab:
"Ich stelle fest, dass der Antrag des Aedilis Mercatuum Titus Helvetius Ocella angenommen wurde. Damit ist beschlossen, dass eine freiwillige Bürgerwehr eingerichtet wird, die bis zur Re-Stationierung der Stadtkohorte und Vexillatio Ostiensis zum Schutze der Civitas Ostia bestehen bleibt. Jeder Freiwillige wird mit einer Einmalzahlung in Höhe von 30 Sesterzen für seine Dienste entschädigt und bei gutem Engagement zusätzlich mit einer Diploma ausgezeichnet, sobald die Bürgerwehr aufgelöst wird. Die Auslagen trägt der eingerichtete Versorgungs- und Reparaturfonds.", verkündete der Duumvir sodann und blickte mit zufriedenem Nicken zu Ocella. In dieser Sache müsste in der Folge nun wohl ein entsprechender Aufruf an die Bevölkerung gemacht werden - eine Aufgabe, für die man mitunter auch einen geeigneten Schreiber abstellen könnte, sofern man dies wünschte. Aber das war nur eine spontane Idee des Iuliers. Letztlich war ihm das WIE doch weit weniger wichtig als das DASS. Und so hielt er sich mit derlei Gedanken auch nicht weiter auf und fuhr mehr oder weniger nahtlos fort.
"Damit kommen wir nun zum zweiten Punkt auf unserer heutigen Tagesordnung, der politischen Lage in Roma. Wie bereits zu Beginn dieser Sitzung ausgeführt, wird Cornelius Palma in Roma bald als Nachfolger des Ulpius Valerianus den Kaiserthron besteigen. Dies bedeutet speziell für uns, dass es an der Zeit ist sowohl über unser Geschenk zum Regierungsantritt des Corenelius zu befinden, als auch über die Delegation zu sprechen, die unsere Glückwünsche und Gaben letztlich zum neuen Kaiser nach Roma bringt.", kam Dives recht zügig zum Punkt. Bezüglich der Gesandtschaft hatte er natürlich schon eine ganz klare Idee, während er bei der Wahl der Geschenke mehr auf die Diskussion und die Vorschläge der übrigen Decurionen hoffte. Dereinst beim Fettwanst hatte sich der Iulier aus diesen Angelegenheiten völlig herausgehalten, nachdem der schönheits- und symbolwertresistente crassissimus das darüber hinaus auch noch durchaus alles andere als billige persönliche Geschenk des Iuliers praktisch überhaupt nicht zu würdigen wusste! (Das nahm er diesem Sack heute noch übel, wenn er daran dachte.) Welchen Sinn hätte es da also ergeben, sich nach einer solchen Aktion noch einmal um ein Geschenk für den Dicken zu bemühen?
"Ich bitte um Meinungsäußerungen zur Sache!", forderte er anschießend auf, da er ja schlecht über eine Delegation sprechen konnte, wenn noch nicht einmal feststand, was die Gesandten überbringen sollten.
"Väter unser geliebten Stadt...", begann der alte Cassier, nachdem er sich das Worte hatte erteilen lassen, mit seiner üblichen Anrede. "... ich frage euch, was ist es denn, das unsere Civitas so besonders und einzigartig gegenüber jeder anderen Stadt in Italia macht? Aus welchem Grund ist Ostia keine Unbekannte in Londinium in Britannia oder in Caesarea Maritima in Iudaea oder auch in Nicomedia in Bithynia? Ich sage: Weil unsere Civitas eine der bedeutendsten, wenn nicht gar DIE bedeutendste Handels- und Hafenstadt des Mare Nostrum ist!", führte Hemina Maior energisch und mit funkelnden Augen aus. Und tatsächlich war er der Meinung, dass selbst Alexandria keine höhere Bedeutung als Ostia zukam. Denn die Stadt in Aegyptus war zwar größer und wohl auch etwas bekannter, doch war es spätestens seit der Eröffnung des Portus Augusti die Hafenstadt Ostia, über die der weitaus größte Teil der Importe Roma, den Nabel der Welt, erreichte.
"Ja, der Handel hat uns schon immer groß gemacht und macht es noch heute. Und während wir dem stumpfsinnigen Vescularier dereinst nur Bares in seiner reinsten Form zukommen ließen, denke ich daher, dass wir jetzt, da wieder ein ehrwürdiger Patrizier über Roma gebietet, durchaus etwas Spezifischeres und Einfallsreicheres schenken sollten!"
"Machen wir ihm doch den Iulier zum Geschenk! So wie der unsere Stadt zu seinem persönlichen Wohl an den Cornelier verkauft und verraten hat, hätte er sicherlich kein Problem damit, wenn wir ihn nach seiner Freilassung aus dem Kerker mit bestem Dank nach Roma zurück schicken! Wer weiß, vielleicht findet der Cornelier ja sogar Gefallen an ihm?! Haha.", meldete sich eine für den einen oder anderen nur allzu bekannte Stimme aus einer der hinteren Reihen und unterbrach den darüber nicht sonderlich erfreuten Cassier.
"Decurio Herennius, ich hörte, du hättest eine Wortmeldung ZUR SACHE vorzutragen?!", reagierte Hemina Maior mit einer süffisanten Frage und versuchte sich zu beherrschen dem Kerl für seine Unterbrechung nicht hier und jetzt ordentlich einen Marsch zu blasen.
"Oh, mein Beitrag war GENAU zur Sache! Ging es nicht gerade darum, wen oder was wir dem Cornelius zu seinem Regierungsantritt vor die Füße werfen?", provozierte der Herennier, seinerseits sichtlich amüsiert, weiter, winkte danach aber nur kopfschüttelnd ab. Denn würde er jetzt hier richtig zu reden beginnen, käme er um noch explizitere Andeutungen wohl nicht herum; und zwar hatte er gemerkt und hier gerade ausgenutzt, dass Dives politisch geschwächt war, doch wusste er selbst dennoch, dass er im direkten Vergleich ihrer Glaubhaftigkeit wohl noch immer den Kürzeren ziehen würde. Das wollte er nicht riskieren, nachdem er gefühlt nun schon recht lange die Füße stillgehalten hatte und sich folglich ausrechnete schon bald wieder politisch aktiver werden zu können...
"Meine Herren, ich bitte um SACHLICHE Beiträge zum Thema!", intervenierte anschließend Cassius Hemina Minor, der vor allem befürchtete, dass sich sein Vater, der derlei legere und unaufgeforderte Wortmeldungen hasste, hier vergaß. Während sich nun der ältere Cassier mit wütendem Gesichtsausdruck wieder setzte, hob der Herennius nur beschwichtigend die Hände und grinste leicht vor sich hin.