Beiträge von Marcus Iulius Dives

    Essenszeit? Der iulische Duumvir war ohne das Tageslicht bereits drauf und dran jedes Zeitgefühl zu verlieren. In seiner Zelle war es schließlich immer Nacht.. oder maximal vielleicht noch Dämmerung, nachdem dieser Glatzkopf eine neue Lampe mitgebracht hatte, die Dives zumindest das Gefühl vermittelte heller zu leuchten.
    "Danke.", rang er sich mit einen schmalen Lächeln ab, als ihm mitgeteilt wurde, was heute auf der Speisekarte stand. Puls und Brot... 'Immerhin besser, als gar nichts.', dachte er sich und meinte gehört zu haben, dass sich selbst die Oberschicht bis in die späte Republik von Puls - wennauch mit Eiern, Käse und Honig ordentlich 'aufgepeppt' - ernährt hätte. Er nahm sich Löffel und Schüssel und füllte sich sogar etwas auf, doch im letzten Moment ließ er das Essbesteck wieder in den Brei sinken.
    "Sag, wie sieht es draußen aus? Wird Roma noch immer belagert? Und was ist mit Ostia? Weißt du, ob sich Truppenteile dorthin auf den Weg begeben haben?", lenkte er sich selbst von diesem.. Soldatenessen ab, mit dem er, als jemand, der sich bisher stets weit weg von jeglichem Soldatenleben gehalten hatte, nicht besonders viel anfangen konnte. Wäre da nur nicht dieser Hunger, der sich allmählich doch seine Wege bahnte...


    Von dem resignierenden Gedanken getroffen, dass dieser kahlköpfige Kerl, der hier Essen verteilte, wohl kaum wissen würde, was draußen wirklich los war - zumindest in Bezug auf die ostiensische Hafenstadt war das wohl sicherlich etwas utopisch -, flößte sich Dives letztlich doch einen ersten Löffel des Eintopfes ein. Bah! Absolut widerlich und scheußlich... zumindest verglichen mit der üblicherweise mehrgängigen, iulischen Küche...

    Auch der alte Cassier runzelte nun die Stirn. Bis eben hatte er den Germanicer nämlich durchaus für einen bekennenden Freund des Vescularius gehalten. Für ihn machte es auch keinen Unterschied, ob Aculeo nun mit dem Imperator persönlich oder mit einer der rechten Hände Salinators gesprochen hatte. Letztlich war es doch gerade die Ritterschaft, die auf Gedeih und Verderb dem Kaiser ausgeliefert war, was den Ritterstand auf der anderen Seite aber besonders dem Kaiser verpflichtet lassen sein sollte. Das ließ sich ja auch daran sehen, dass Valerianus von Senatoren umgebracht worden war und nicht von ihm treu ergebenen Equites. Und auch jetzt kämpften senatorische Statthalter und Legionslegaten gegen Rom, während das ritterliche Aegypten beispielsweise zwar kein Getreide mehr schickte, aber immerhin nicht aktiv ins Kampfgeschehen eingriff, soweit der Cassius informiert war.
    In gewisser Weise also hatte Hemina Maior das Gefühl, dass der Procurator den Kaiser hier gerade verriet und nur von zweifelhafter Loyalität war. Andererseits hingegen musste er sowohl eingestehen, dass er lieber einen Helfer bei der Befreiung seines Sohnemannes zu viel hätte als einen zu wenig, als auch, dass es wohlmöglich wirklich mit dem fülligen Kaiser zu Ende ging. Dann würde sich vielleicht auch für ihn selbst ein Lagerwechsel lohnen, wenngleich dem noch immer die Festsetzung seines Sohnes durch Palmas Truppen entgegen stand...


    "Nun gut...", begann der Alte anschließend und beschloss Loyalität und Kaisertreue des Germanicers nicht weiter zu hinterfragen. "... wenn deine senatorischen Verwandten Neutralität um jeden Preis wahren wollen, dann ist dies sicherlich nicht zu ändern. Dann bliebt nur weiter zu denken... weiter als nur bis zu Verwandten. Soein junger, aufstrebender Eques, wie du, hat doch sicherlich eine Frau, was? Was ist mit den Angehörigen ihrer Gens?", ganz zu schweigen natürlich von den auszugehenden ehelichen Verbindungen der senatorischen Germanici. Über jene war die Gens Germanica schließlich sicherlich noch mit der einen oder anderen mitunter hilfreichen Sippschaft verbunden. Irgendwer von denen hätte doch bestimmt auch Kontakte in die cornelischen Heereslinien, oder?
    "Und wenn du dir sicher bist, dass du keine Notfall-Pläne benötigst, so denke ich, kann uns dieser junge Mann hier nun auch verlassen und sich anderweitig nützlich machen.", erklärte der Alte hernach mit Blick auf Caelius Caldus. Jener blieb jedoch zunächst mit einem Fragezeichen im Gesicht erst einmal noch stehen und wartete die finale Antwort Aculeos ab.

    Großer Auftritt des Asiniers - der zweite:
    "Nun, wie gesagt, steht in der bisherigen Lex Municipalis, dass grundsätzlich alle Bewohner Ostias mit bestandenem Cursus de rebus vulgaribus sowohl aktiv wählen, als auch passiv gewählt werden dürfen. Soweit ich weiß, dürfte darüber hinaus auch in der übergeordneten Lex Octavia et Aelia dieser Fall nicht ausgeschlossen sein, sodass sich nur die Frage nach dem Codex Universalis stellen würde.", erklärte Celer und überlegte kurz. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
    "Nein, ich glaube, dass es einzig einen Teil zur Provinzgesetzgebung gibt, der jedoch, da Italia keine Provinz ist, hier nicht gilt."


    "Dann kommt es wohl darauf an, wie man hier den dritten Paragraph des Pars Prima der Lex Municipalis interpretiert: 'Die Magistrate der ewigen Stadt Roma sollen hierbei zum Vorbild gereichen.' Das kann man ganz eng auslegen oder mitunter vielleicht auch weniger eng, wenn man gleichzeitig die Regelungen zum aktiven und passiven Wahlrecht heranzieht...", wiegte Dives seinen Kopf leicht hin und her. Zumindest mit einem entsprechenden Geldbetrag und unter den richtigen Duumviri - und nicht zu vergessen: auch dem richtigen Curator Rei Publicae - könnte wohl auch eine Frau eine Chance haben, sofern sie bei der Bevölkerung beliebt wäre.
    "Also zurückdenkend an meine Tante Helena, die hier in Ostia ebenfalls einst das Duumvirat bekleidete, und angesichts der Tatsache, dass das Wort 'Kandidaten' letztlich sicherlich nicht falsch wäre, sondern maximal unter Umständen etwas mehr Interpretationsfreiraum geben würde, denke ich, dass wir das durchaus ändern könnten. Oder, Ocella?", versuchte sich Dives beim Helvetier rückzuversichern. Er wusste ja nicht, wie der zu Frauen in hohen Ämtern oder Ämtern ganz allgemein stünde. Es gab Römer, die waren prinzipiell und strikt dagegen... Und es gab Leute, die selbst Teil einer Minderheit waren (ob man dies nun von ihnen wusste oder nicht) und die allein deshalb keinen übermäßig harten Kurs fuhren, wenn dies nicht unbedingt von ihnen erwartet wurde. Weil nun der Asinier allem Anschein nach vor allem sein neues Wissen beweisen und zur Schau stellen wollte, war der Duumvir in dieser Situation jetzt also tatsächlich darauf angewiesen zu erfahren, welche Erwartungshaltung der junge Helvetius hätte...

    Die ausbleibende Antwort des Helvetius auf seine kleine Zwischenfrage registrierte der alte Cassier durchaus. Dennoch reagierte er nicht weiter darauf, sondern dachte sich nur seinen Teil dazu. Letztlich interessierte es den Alten ja auch nicht, ob der Verwandte eines Bekannten nun Centurio oder Legionstribun war, solange der nur irgendwie seinen Sohnemann wieder nach Ostia brachte - oder zumindest Nachricht von ihm oder einfach irgendetwas. Insofern also wandte sich der Cassier gleich der Antwort des Eques zu.
    "Aber das ist doch gut! ... Oder nicht?", kam es Hemina Maior spontan über die Lippen. Nicht nur, dass der Germanicer also senatorische Verwandtschaft hatte, stand jene also auch noch auf der richtigen Seite! Sein Sohnemann war schließlich nicht von vescularischen, sondern den vor den stadtrömischen Mauern lagernden cornelischen Truppen festgesetzt worden, soweit man hier wusste.
    "Sind deine Verwandten, die also vom Vescularius ihrer Ämter enthoben wurden, etwa nicht jetzt da irgendwo bei den cornelischen Truppen?", hakte er einfach mal nach, wenngleich ihm das eigentlich das Logischste zu sein schien. Wo sonst sollten sich Feinde Salinators derzeit besonders sicher fühlen? Gut, die germanischen Provinzen wären sicherlich so eine Option, da dort ja ein Großteil der Unterstützer Palmas her kamen. Doch für politisch aktive Senatoren galt es sicherlich tatsächlich dabei gewesen zu sein, wenn Roma an Palma fiele. Der alte Cassier zumindest hätte sich als Feind Salinators sicher dorthin begeben - auch um möglichst einen Teil vom Kuchen abzubekommen, wenn es soweit wäre. Aber er war kein Feind des Dicken, sondern im Gegenteil waren es ja die cornelischen Truppen, die seinen Sohnemann in Gewahrsam genommen hatten!


    "So, der Rest kann sich dann an die Arbeit machen. Asinius, du hälst mich auf dem Laufenden, falls es Neuigkeiten aus der Villa Iuliana geben sollte? Helvetius, Hortensius, ihr hört euch auf den Straßen und Plätzen der Stadt ein bisschen verstärkt um und versucht sowohl Informationen zu sammeln, als auch Normalität und zuversichtliche Gelassenheit auszustrahlen? Sulpicius, als Hafenverwalter wirst du doch bestimmt diesen oder jenen Kontakt zu Händlern aus Roma haben? Du versuchst dich also auf dem Gebiet nützlich zu machen, okay?", wandte der Alte sich dann kurz vom Germanicer ab, um die Gesprächsrunde aufzulösen und jedem noch diesen oder jenen Auftrag mit auf den Weg zu geben. So bekamen auch die bisher namentlich unerwähnten Decuriones, die hier anwesend waren, noch einen mehr oder weniger bedeutungsvollen Auftrag, der im Groben hieß: Augen und Ohren aufsperren und gegebenenfalls dem Cassier Bericht erstatten.
    "Und du, junger Mann, ...", fokusierte er anschließend den Caelier, dessen Name ihm bisher unbekannt war. "... du leistest dem Eques und mir noch einen Moment deine Gesellschaft, während du da, Vorzimmer, uns dreien einen guten Wein aus dem Weinkeller holst. - Ach, und vergiss das Verdünnen nicht!", schickte er dann auch Ostianus in die Spur und wartete, dass die drei Männer allein gelassen werden würden. Mit einem stummen Handgruß verabschiedete er die übrigen Herrschaften.


    "So, Germanicus. Dann erzähl, kannst du deine senatorischen Verwandten in dieser Sache um ihre Hilfe bitten? Oder könntest du zumindest den Kontakt zu ihnen herstellen? - Oder steht ihr auf verschiedenen Seiten? Ich meine, du bist hier, in Ostia, in der Klientelstadt des Vescularius... während deine Verwandten von genau ihm aus ihren Ämtern geworfen wurden...", erkundigte sich der alte Cassier dann und hoffte, dass die vertrautere Atmosphäre - sie waren jetzt ja nur noch zu dritt im Raum - den Germanicer zu offenerem Reden bewegen würde. Der Alte wollte sich schließlich keine Möglichkeit entgehen lassen, um seinen Sohnemann zurück nach Ostia zu holen. Und gerade an solch banalen Dingen, wie der Möglichkeit offen zu sprechen, sollte es hier nicht scheitern.
    "Und hast du überhaupt schon eine neue Unterkunft besorgt oder einen Plan, was du tust, sollten hier tatsächlich Häscher kommen, um dich ergreifen zu wollen?", fragte er dann weiter und stellte damit auch indirekt in Aussicht unter Umständen helfen zu können...

    | Nero Sulpicius Cornuntus


    Bei Neptun, war er so leicht zu durchschauen gewesen?! Da würde er sich für den Fall der Fälle unbedngt noch etwas Besseres einfallen lassen müssen, als sich nur nicht gleich vorzustellen!
    "Ein Schiff für die Vestalin Decima...", wiederholte Cornuntus anschließend, während er dem Blick des alten Mannes folgte. Wofür brauchte eine Vestalin ein Schiff, fragte er sich und vermutete als naheliegendsten Grund die Flucht vor dem Bürgerkrieg und dessen Folgen. Als er dann jedoch sah, welches um welches Schiff es ging, musste er vorsichtig lächeln.
    "Tut mir Leid, aber die 'Panem et Circensis' befindet sich im Besitz der Factio Purpurea...", erklärte er dann und drehte sich zurück zu dem alten Mann. Dann überlegte er einen kurzem Moment.


    "Allerdings könnte ich dir vielleicht mit einer ganz ähnlichen Jacht weiterhelfen. Ein Händler..." und ostiensischer Lupanarbetreiber... "... hat vor einiger Zeit den Bau der 'Barke der Venus' in Auftrag gegeben. Nach dem wirtschaftlichen Einbruch mit Beginn des Bürgerkrieges kann er nun, nachdem das Schiff fertiggestellt ist, jedoch kein As davon bezahlen...", erzählte der Sulpicier und machte eine vielsagende Pause.
    "Natürlich ließe sich das Navis Actuaria mit Leichtigkeit auch noch umbenennen, wenn dies im Interesse der ehrwürdigen Vestalin liegen sollte. Ich kann es dir auch gerne einmal zeigen, wenn du willst? Ich hoffe nur, dass der Vestalin die fünfzig Aurei nicht zu teuer sind?", stellte er abschließend noch zwei Fragen und setzte mit dem Preis ganz natürlich etwas über den tatsächlichen Kosten an. Gerade in derart unsicheren Zeiten war das schließlich gang und gäbe...




    HAFENVERWALTER - PORTUS ROMAE

    Der Umgang mit den Duumvirn wurde augenscheinlich unfreundlicher, nachdem sie die Castra Praetoria erreicht hatten. Hatte man mit dem duccischen Optio wenigstens noch halbwegs normal reden können, war man hier bereits mit unverständlichen Flüchen und ähnlichem barbarischen Gebräuch empfangen worden. Ein letztes Mal genossen die beiden Stadtobersten der Civitas an Tibermündung das Tageslicht, bevor sie anschließend auf unbestimmte Zeit im Dunkel der Innereien der Castra verschwanden. Und tatsächlich stolperten die am Schlafittchen geführten Duumviri mehr neben den Soldaten her, als dass sie wirklich kontrolliert gingen.
    Niemals hätte Dives noch vor einiger Zeit geglaubt, dass er überhaupt jemals in den Trakt der Praetorianer gelangen würde - am ehesten vielleicht noch, wenn er Serapio, den Praefectus Praetorio, so dringend um einen Gefallen bitten müsste, dass er ihn hier aufsuchen würde. Aber selbst das war eine Vorstellung, die ferner kaum sein konnte. Jetzt hingegen.. befand er sich tatsächlich hier - und darüber hinaus noch vollkommen unfreiwillig -, während Serapio.. vermisst wurde, traf es wohl am besten. Denn nicht nur, weil er sich hier gezwungenermaßen in den Castra Praetoria aufhalten musste, deren oberster Herr zumindest formal und nach dem Fettwanst noch immer Serapio (wenigstens für diesen Bereich hier) wäre, sondern auch weil er seit einer gefühlten Ewigkeit nichts mehr von dem Decimer gehört hatte, vermisste er ihn.


    Genauso unsanft, wie er aus ebendiesen Gedanken gerissen wurde, landete der Iulier anschließend in einer der Zellen. Der Luxus hier erschlug einen deutlich Besseres gewohnten Mann nicht gerade. Seine Kindheit und Jugend in der Obhut seiner Mutter, der Tochter eines Censoriers, verbringend und anschließend die Gastfreundschaft seines senatorischen Cousins Centho genießend hatte das Leben des Iuliers in der Regel nicht nur mehr Komfort, sondern auch mehr Gesellschaft - wenigstens durch diverse Sklaven - zu bieten. In diesem Moment nämlich realisierte er, dass sein Collega Cassius Hemina ganz offensichtlich in einer anderen Zelle untergebracht wurde, denn hier war er jedenfalls nicht. Das hieß: So wortwörtlich offensichtlich war diese Angelegenheit bei der spärlichen Beleuchtung natürlich nicht, aber es reichte dennoch, um wenigstens dies zu erkennen.
    Der iulische Duumvir in Gefangenschaft seufzte. Es hätte ihm wohl eigentlich klar sein müssen, dass es hier mitnichten Doppelzellen gab - zumindest nicht für zwei Duumvirn ein- und derselben Civitas. Allein gelassen mit ihren Gedanken, so quälte man Menschen psychisch wohl noch mit am besten... So setzte sich Dives auf die alles andere als auch nur annähernd bequeme Pritsche, lehnte sich gegen das kalte Gemäuer, was ihm einen kurzen Schauer über den Rücken jagte, und schloss anschließend seine Augen. Es machte schließlich eh keinen großen Unterschied, ob er sie nun offen hatte oder nicht, und so konnte er sich zumindest vorstellen er wäre in einer anderen Zeit an einem anderen Ort...


    Er begann zurück zu denken und landete dabei zunächst lediglich zurück vor den Castra, wo die Welt ihm zuletzt die volle Vielfalt ihrer Farben gezeigt hatte. Selbst die Soldaten hatten draußen noch weniger farblos gewirkt... Neben sich stehend erkannte er den Cassier, der eindeutig unglücklich über diese Situation und dem nachfolgenden düsteren Seitenblick zufolge wohl auch einigermaßen wütend (?) auf den Iulier zu sein schien. Plötzlich meinte Dives seinen Amtkollegen im Hier und Jetzt hören zu können, dessen Vorwürfe, die sicherlich auch zu einem nicht ganz geringen Teil durchaus gerechtfertigt sein mochten. Immerhin hatte er Hemina überredet überhaupt hierher zu kommen, hatte er ihn überredet, dass es die beste Idee wäre allein zu zweit zu kommen, hatte er ihm letztlich sogar versprochen, dass man die Hilfe einer Großstadt wie Ostia vielleicht nicht mit Kusshand, aber dennoch dankbarer als.. mit Gefangenschaft entgegen nehmen würde. Aus dem Nichts tauchte sodann der alte Vater des Cassiers, Hemina Maior, auf und allein dessen Gesicht sprach Bände... Der Iulier drehte und wendete seinen Kopf und versuchte krampfhaft abermals gedanklich zu 'verreisen'.
    In einem kleinen Theater irgendwo im Nirgendwo fand er sich wieder - allerdings mitnichten in den Zuschauerrängen! Und ehe er die Zeit zu realisieren fand, was hier los war und überhaupt gespielt wurde, packten ihn bereits zwei finstere Gestalten und zerrten ihn grob auf die Bühne. Diese Szenerie kam Dives jedoch nicht nur aufgrund jüngster Erfahrungen hier, in den Castra, bekannt vor. So erblickte er aus den Augenwinkeln einen übergroßen Kerl, der sich bei genauerer Betrachtung jedoch nicht als fetter Vescularier darstellte. Die Gesichtszüge kamen ihm durchaus bekannt vor, was darüber hinaus wohl auch den Cornelius ausschloss, den der iulische Duumvir ja bisher lediglich vom Hörensagen kannte. Mit einem kleinen Schiff in der rechten und einem Gladius in der linken Hand stand der Typ seelenruhig und mit Genugtuung in jeder einzelnen Faser seines Seins einfach nur da und beobachtete, wie Dives anschließend gefesselt werden sollte. Doch Serapio und die ganzen anderen Decimer mit schockierten Gesichtern im Publikum sitzen sehend nahm der Iulier alle Kraft zusammen und floh, bevor ihm die Ketten angelegt werden konnten, ohne Rückblick von der Bühne... um sich hernach nun im Scriptorium (?) wiederzufinden? Dann konnte ja eigentlich... Er drehte sich um und wie ein Blitz schoss Serapio ihm mit tausenden Vorwürfen zugleich entgegen, sodass einzig die Flucht nach hinten blieb. Doch bereits nach zwei Schritten: Eine kalte Mauer in seinem Rücken. Erneut lief dem Iulier ein Schauer über den Rücken, gaukelte ihm doch seine Erfahrung vor zu wissen, was nun passieren würde. Doch wie hieß es so schön? Erstens kam alles anders; und zweitens als man dachte! Ganz langsam ging der Decimer vor Dives in die Knie, um anschließend... ... ... zu versuchen seine Sprunggelenke zu kitzeln?!?


    "AU!", stieß der Duumvir anschließend verärgert aus und riss seine Augen auf, um gerade noch die groben Umrisse der flüchtenden Ratte zu erkennen, die ihn soeben gebissen hatte. SO wichtig war ihm irgendeine Gesellschaft dann doch nicht, dass ihm die Götter gleich irgendwelche Nager auf den Hals (oder: die Sprunggelenke) hetzen mussten! Die Füße nun sicherheitshalber mit auf die Pritsche stellend und seine Beine mit den Armen umfassend entschloss sich Dives, dass er so schnell kein Auge mehr hier zumachen würde. Hoffentlich käme sein Großonkel bald, um ihn hier raus zu holen! Das hieß: Hoffentlich hatte dieser duccische Optio nicht einfach nur das Geld genommen und sich nur einen schönen Tag damit gemacht - ohne Nachricht an Licinus zu überbringen...

    Sim-Off:

    Nochmal sorry für die Wartezeit. Mea culpa.


    Nach dem Pochen tat sich an der Tür erst einmal... rein gar nichts. Beinahe könnte man schon meinen, dass niemand da wäre, da öffnete plötzlich doch jemand:


    | Nero Sulpicius Cornuntus


    "Sei gegrüßt. Wie kann ich dir helfen?", erkundigte sich der Hafenverwalter dann ohne sich als solcher vorzustellen. Sein halber Mitarbeiterstab war seit den neusten Gerüchten von der Niederlage der vescularischen Truppen im Norden Italias aus Ostia geflohen! Die andere Hälfte hatte sich 'krank' gemeldet - angeblich waren sie das, natürlich. Sein Amt unbesetzt lassen wollte der Sulpicier nicht, doch ein bisschen mehr aufpassen wäre dieser Tage bestimmt nicht falsch. Immerhin machte der alte Mann, den er sah, nicht den Eindruck, als wäre er hier, um den Hafenverwalter zu verhaften oder ähnliches...




    HAFENVERWALTER - PORTUS ROMAE

    "Nun, ich würde die Grenze durchaus ganz gerne beibehalten wollen, das heißt, dass auch mit exakt fünfzig Prozent der Kandidat zum Amt zugelassen wird. Dass es bei den letzten Wahlen nicht vorgekommen ist , heißt schließlich nicht, dass es diesen Fall noch nie gegeben hat oder dass er eine Unmöglichkeit darstellt. Ich notiere mir mal: 'Kandidaten, die mindestens fünfzig Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, gelten als zum Amt zugelassen.' ...", diktierte er sich und schrieb mit dieser oder jener Abkürzung zeitgleich auf einer kleinen Tabula mit.
    "Vielleicht sollte man bei der Gelegenheit auch hinterfragen, ob man aus den 'Männern' im nächsten Satz nicht besser 'Kandidaten' macht, denn zumindest laut vorherigem Paragraphen sind auch Frauen sowohl aktiv als auch passiv wahlberechtigt...", provozierte Celer heute sein Glück. Der Iulier, gleichsam erneut überrascht und auch ein wenig irritiert von diesem Vorschlag, guckte seinen Klienten für den Moment erstmal nur etwas schräg an.
    "Die 'niedrigsten Ergebnisse' gefallen mir in der Tat noch besser.", stellte Dives dann den Blick fest auf den Quaestor gerichtet fest und überlegte...

    Während Celer für den Moment stolzer kaum sein könnte, vermutete der Duumvir, dass der Cassier hier mitunter seine Finger im Spiel gehabt hatte. War der nicht auch hin und wieder so ein Paragraphenreiter? - Egal.
    "Dann sollten wir uns diesbezüglich erst einmal einig sein soweit, was?", stellte Dives dann fest und machte klar, dass er weiter zu diesem ersten Entwurf nichts zu sagen hatte. Hier und dort hatte Ocella ja bereits zusagesagt, dass diese oder jene Grammatik noch verbessert und/oder die eine oder andere Formulierung vereinheitlicht werden würde. Inhaltlich jedenfalls fand dieser Entwurf nun die Zustimmung des Iuliers und wohl ebenso die des Quaestors und des jüngeren Cassius (bei dem alten hingegen konnte man sich prinzipiell bei nichts absolut sicher sein).


    "Bevor du jetzt aber denkst, dass wir deshalb hier am Ende sind, * habe ich noch eine kleine 'Überraschung' für dich. Auch ich habe mir an einer städtischen Regelung zu schaffen gemacht... der Lex Municipalis Ostiensis.", leitete er anschließend über und ließ den eventuellen Wunsch Ocellas nach einem Ende dieses Gespräches damit für den Moment zerplatzen.
    "Im Prinzip sind es allerdings nur eine kleine Schönheitskorrektur, sowie zwei noch kleinere Wortersetzungen, mit jedoch nicht zu unterschätzender Auswirkung. Ich will eine entsprechende Änderung in einer der nächsten Sitzungen zur Sprache und hoffentlich auch zu einer positiven Abstimmung bringen, bevor ein entsprechender Brief an die kaiserliche Administratio geschrieben werden müsste.", erklärte Dives zunächst seinen diesbezüglichen Plan, bevor er zu Celer blickte und dabei überlegte, mit welchem Punkt er beginnen sollte. Am besten er holte erst einmal eine Abschrift der besagten Lex, die er in weiser Voraussicht mitgebracht hatte, hervor, damit Ocella auch genau sehen konnte, worum es ging. Denn der Iulier traute dem Aedil sicherlich vieles zu, aber dass der die gesamte Lex aus dem Kopf wortwörtlich zitieren könnte? - Fraglich.


    "Ich denke, wir arbeiten uns von hinten nach vorn.. oder von unten nach oben, wie du willst. Zunächst geht es mir um den dritten Teil, Paragraph zwei, Absatz vier. 'Kandidaten gelten mit fünfzig Prozent der Stimmen als zum Amt zugelassen.' Bisher hat dies glücklicherweise noch niemand so peinlich genau ausgelegt, aber weder du noch ich hatten in den letzten Wahlen ein Ergebnis von exakt fünfzig Prozent... Ich denke, dass du mir zustimmen würdest, wenn ich sage, dass dieses 'mit' vielleicht besser ein 'ab' sein sollte, oder?", erkundigte er sich frei heraus, wartete jedoch keineswegs solange, als dass der Helvetier hätte bereits antworten können. Vielmehr sollte er sich dieses Problems bewusst werden und könnte ja am Ende seine Zustimmung oder Ablehnung dazu erklären.
    "Weiter geht es im selben Absatz, nächste Zeile ganz hinten. Dort ist von 'geringsten Ergebnissen' die Rede. Da es jedoch nicht um die Quantität, sondern vielmehr um die Qualität geht, denke ich, dass bei der Gelegenheit auch das mit verändert werden sollte, beispielsweise zu 'schwächsten Ergebnissen', meinst du nicht auch?", fragte er dann und ließ nun, da er nicht nur mit seinen Änderungsvorstellungen dieses Absatzes und Paragraphen, sondern gar mit denen des gesamten Abschnitts fertig war, erst einmal den Helvetier zu Wort kommen. Dann wäre der wohl leichtere Teil geschafft. Oder mitunter wollte Ocella selbst di eGunst der Stunde nutze, um eine Veränderung der dritten Teils zu bewirken?


    Sim-Off:

    * Ich mach das mal hier, da Dives aktuell ja unfreiwillig in der Castra Praetoria festsitzt. Die Curiensitzung wird später dann notfalls Cassius Maior leiten...

    Der Duumvir kniff die Augenbrauen zusammen. So recht leuchtete ihm dieses Beispiel nicht ein.. oder stand er auf einfach nur auf dem Schlauch?
    "Okay, also lassen wir mal außen vor, dass im Punkt 20 bereits ganz klar und deutlich steht 'durch die Stadtverwaltung'... 'der Entzug des Standplatzes vollzogen', was keinen Deut anders formuliert ist als im darauf folgenden Punkt. Und den Punkt 22 kann man leicht anpassen, indem man das Aussprechen durch den Vollzug ersetzt...", war der Knackpunkt für den Iulier. "... dann..."


    "Ist das dann nicht Nötigung? Ich habe da neulich mal etwas gelesen: 'Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe von 1 bis 3 Monaten oder mit Geldstrafe von 200 bis 600 Sz. bestraft.' Und wenn in der Strafregel der Marktordnung steht, dass der Entzug durch die Stadtverwaltung vollzogen wird, dann würde der betrogene Kunde wohl eindeutig rechtswidrig handeln. Die gesammelte Anhängerschaft stellt weiter eindeutig eine Drohung gegenüber dem Händler dar und hat das klare Ziel jenen zu einer Handlung, nämlich zur Schließung des Standes, zu nötigen. Quod erat demomstrandum, nicht?", meldete sich überraschend der Asinier zu Wort und war nicht unstolz darauf, dass es sich nun endlich mal auszahlte, dass er manch einsame Stunde, die ein solch amtlicher Zahlenpluto hatte, mit dem Studium einiger lokaler und regionaler Nachrichten und Rechtsfälle verbracht hatte.


    "Ich hätte es kaum besser sagen können.", gab Dives anerkennend zu. Scheinbar machte sich sein asinischer Freund und Klient doch noch mal ein bisschen.
    "Das sagt uns also, dass dieser, von dir geschilderte Fall bereits gesetzlich unter Strafe gestellt ist und in unserer lokalen Marktordnung keinen extra Punkt benötigt.", leitete der Duumvir anschließend daraus ab und war gespannt, ob Ocella das nun ebenso sehen würde oder den Fall anders gemeint hatte oder aber den Fall anders interpretieren wollen würde...

    So langsam verstand der Iulier, weshalb Ocella vor wenigen Tagen so aufbrausend ins duumvirische Officium gestürmt war. Abermals war Dives gewillt dem Soldaten in mehreren Punkten zu widersprechen. Erst recht, nachdem der etwas von Lieblingslustsklaven erzählte. Es mochte nicht der Intention des Centurio entsprochen haben (woher auch sollte der das wissen?), doch der Duumvir fühlte sich nun doch etwas angegriffen. Dennoch versuchte er weiterhin die Ruhe selbst zu sein und band dem Militär nicht etwa auf die Nase, dass die Classis NIE das einzige Sicherheitsorgan der Stadt gewesen war, da, um nur ein Beispiel anzuführen, die städtischen Liktoren keineswegs der Classis angehörten, aber mit dem Schutz der Magistrate dennoch Teil der städtischen Sicherheit und somit wohl durchaus auch ein Sicherheitsorgan der Stadt waren. Auch verkniff er sich (vorwiegend, weil es sich gegen die Politiker, die er in dieser Runde hier ja repräsentierte, richtete), dass wohl mitnichten sämtliche politischen Angelegenheiten aktuell nebensächlich wären. Denn was war ein solcher Bürgerkrieg anderes als eine äußerst radikale Form der Politik?! Wie könnte man diesen Bürgerkrieg, bei dem es immerhin um das höchste politische Amt im Imperium ging, als unpolitisch betrachten??
    Aber: Der Iulier sagte auch dazu nichts. Das würde letztlich auch sicher nur von Anlass und Thema dieser Unterhaltung wegführen. Stattdessen besann er sich auf seine Ausgangsfrage, die an sich, wie ihm auffiel, noch immer unbeantwortet war. Das hieß: Der Centurio hatte zwar darauf geantwortet, die Frage aber nicht beantwortet.


    "Dann verstehe ich dich also richtig, Menenius, dass du an der jetzigen Situation nichts zu ändern gedenkst, richtig? In dem Fall würde mich, noch immer, interessieren, wie du als kommandierender Centurio die städtische Sicherheit aufrecht erhalten willst. Wie sieht es beispielsweise mit den Schichtplanungen für die fünf Stadttore aus? Wie viele Männer hast du für welche ungefähre Dauer eingeteilt?", erkundigte sich Dives nun also ganz konkret. Die Frage nach den Wachen für die Eingänge der beiden Militärlager indes sparte er sich, da dies letztlich nicht die städtische, sondern vielmehr die Lagersicherheit betraf und somit eher weniger ins Aufgabengebiet städtischer Magistrate fallen dürfte. Aber es gab genügend andere Punkte.
    "Und wie sieht es mit der Häufigkeit und Stärke von Patroullien aus? Insbesondere denke ich hierbei an den Vorplatz des Capitolium, wo sich nicht nur die Räumlichkeiten der Stadtkasse befinden, sondern an das auch die Curia und die Basilica grenzen...", begann der Duumvir und wurde nun tatsächlich durch einen Einwurf des Hafenverwalters unterbrochen: "Mich würden vor allem die Sicherung der Hafen- und Speicherviertel im Kern Ostias, wie auch in Portus interessieren.", denn allein schon aufgrund der Entfernung des Ortsteils Portus würde wohl niemand ernsthaft auf die Idee kommen, dass beides etwa in einem Abwasch - oder: mit einer Patroullie - machbar wäre.
    "Ist deine Centurie wenigstens annähernd voll besetzt?", schob der Iulier nach kurzem Seitenblick zu Cornuntus nach.

    Der alte Cassier blickte Ocella zwar an, als der etwas über diesen Peregrinus erzählte, war mit seinen Gedanken aber sichtlich woanders. Überhaupt, Ostianus... Viel unkreativer und langweiliger konnte so ein Nichtrömer hier in Ostia ja kaum heißen. Wahrscheinlich würde der Alte ihn einfach nur 'Peregrinus' oder 'Vorzimmerbeamter' nennen - oder 'Vorzimmer', was zwar keinen Sinn ergäbe, aber schlichtweg kürzer wäre. Oder, um sich diesen ganzen Kram zu sparen, bliebe er einfach bei 'du da'. Anschließend nickte Hemina Maior einmal flüchtig und nachdem der helvetische Aedil die Position des Cassiers letztlich bestätigte, wandte der sich sogleich zum nächsten. Heminas Meinung zu Nichtrömern hatte sich über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut und gefestigt und würde ganz sicher nicht so schnell zu ändern sein: Ein Römer war ein Cassier, ein Iulier, ein Helvetier, Hortensier, Germanicer oder auch Asinier. Ein Nichtrömer war in seinen Augen vor allem eins: im Zweifelsfall ersetzbar.
    Und es dauerte keinen ganzen Wimpernschlag, da sollte sich wieder einmal jene Erfahrung des alten Hemina bestätigen, da der germanicische Procurator etwas fragte, das ihm das Vorzimmer eigentlich bei seiner Ankunft hier erzählt haben sollte. Wahrscheinlich aber konnte dieses Vorzimmer kein klares und verständliches Latein, sondern nuschelte oder hatte nur so leise gesprochen, dass der Eques keine weitere Notiz davon genommen hatte. - Absolut unfähig eben, dieser Osti..Lufticus!


    "Soweit zumindest mir bekannt - aber ich denke, dass niemand von uns viel darüber hinaus gehendes weiß -, ist mein Sohnemann zusammen mit seinem Collega gestern gen Roma aufgebrochen, um die Lage nach dem Eintreffen der Truppen des Cornelius Palma zu sondieren. Keiner der beiden ist bisher von dort zurückgekehrt oder hat sonst irgendwie von sich hören lassen.", führte der Cassier zu Aculeo gewandt vergleichsweise freundlich aus. Nicht nur, dass der Kerl ein Eques war, interessierte der sich doch ganz offenkundig sehr für den Verbleib des jüngeren Cassius (und nebenbei vielleicht auch ein bisschen für dessen Amtskollegen). Damit nahm der Procurator den Alten durchaus etwas ein, wenngleich letzterer sich natürlich prinzipiell von niemandem einnehmen ließ und dergleichen folglich bis in den Tod bestreiten würde.
    "Zunächst erst einmal denke ich nicht, dass wir alle auf irgendeiner Liste stehen.", hob der Cassier anschließend auf die direkte Frage Aculeos hin abwehrend die Hände vor seinen Oberkörper. "Nomen est Omen, würde ich sagen. Dieser Iulius hätte das bei seiner Verwandtschaft eigentlich wissen sollen, während sich meine Sohnemann wahrscheinlich einfach nichts weiter dabei gedacht haben wird." Das 'mal wieder' schwang im Unterton seiner Stimme mit. "Nun kenne ich mich mit deiner Gens nicht ganz so gut aus, doch wirst du letztlich eh am besten wissen, wie kaisernah sie bisher unter dem Vescularius war... Und da ist eben der Unterschied: Von hier aus kannst du wenigstens Leute beauftragen, die vor Ort etwas tun, während mit deiner Festsetzung vor Roma niemandem geholfen wäre..." Während der Alte dies sprach, verengten sich seine Augen nachdenklich. Wenn der Germanicer eh schon so überzeugt war, dass man ihn holen käme, dann ließe sich über die Verwandtschaft des helvetischen Aedils ja mitunter sein Sohnemann wieder frei bekommen. An dessen Collega dachte der alte Cassius, auch aufgrund des damit verbundenen erneuten Machtverlustes innerhalb der Civitas, natürlich nicht im Traum!


    Nachdem er seine Meinung nun also dargelegt hatte und letztlich auch von dem Bibliothekenfutzi - was auch immer der (wenigstens machte der noch einen einigermaßen römischen Eindruck) hier zu suchen hatte - allem Anschein nach nicht mehr als ein weinerliches Gesicht zu all dem erwartet werden konnte, musste der alte Hemina nun also voll und ganz auf die germanicischen und helvetischen Kontakte und Verbindungen hoffen.
    "Also, Helvetius. Du nimmst mit deinem Verwandten - was ist er, Centurio, Präfekt, Tribun(?) - Kontakt auf und hälst mich bitte auf dem Laufenden. Versuch herauszukriegen, was geht; aber vor allem natürlich, was passiert ist, nachdem die beiden im Lager angekommen sind. Wichtig wäre vielleicht auch wo genau sie aktuell festgehalten werden, auf wessen Befehl und unter wessen Aufsicht.", nannte er nochmal die wichtigsten Punkte. Er bezweifelte zwar, dass das für den Verwandten Ocellas so einfach herauszufinden wäre - umso schwieriger, je geringer sein Rang war -, doch er sollte es zumindest versuchen. Dann wandte er sich wieder zum Germanicer:
    "Hast du eventuell Freunde oder Verwandte in einer der germanischen, belgischen und was weiß ich, woher die alle kommen, Legionen? Oder hast du Kontakte hier in Ostia, die wiederum mit jemandem dort in Verbindung treten könnten? Was ist zum Beispiel mit Klienten..." oder natürlich dem Patron des Procurators. Aber wer wüsste schon, wer das war und wohin der sich nicht mitunter vielleicht geflüchtet hätte. Wie gesagt: Der alte Cassius kannte sich mit der germanicischen Gens nicht sonderlich gut aus...

    In der Tat verzichtete Dives großzügig darauf auszuführen, wie er sich vorstellen könnte dem Tiberier in jener Sache zu helfen. Letztlich müsste er auch selbst erst einmal sehen, wie er die Dinge am besten anpackte und welcher seiner Verwandten ihn am ehesten bei diesem Vorhaben unterstützen könnte und wollte. Zudem stand da ja noch immer die Zukunft des Imperiums auf des Schwertes Klinge, was letztlich kein ganz unwesentlicher Faktor war. Sollte der Fettwanst sich beispielsweise an der Macht halten können, so würde sich der Iulier wohl eher weniger an seinen Cousin Centho mit dieser Bitte wenden. Oder anders gesagt: Zu einer Kuchenparty lud man Kuchenliebhaber ein, zu einer Tortenfeier entsprechend eher Freunde von Torten...


    "Ja, Onkel Maximus...", nickte der Duumvir während der Ausführungen des Tiberiers leicht und lächelte. Tatsächlich bot ihm seine Verwandtschaft mütterlicherseits deutlich mehr als nur einen verblichenen Censorier und einen vielleicht noch nicht ganz so namhaften senatorischen Cousin. Dennoch bedauernswert, dass Dives den erwähnten Onkel, den gewesenen Volkstribun, nie wirklich kennengelernt hatte. Andererseits.. vielleicht mochte genau dies aber auch verhindern, dass der Iulier selbst einmal in diese Richtung ging. Immerhin hatte nicht nur sein Onkel Maximus einst das plebeische Tribunat bekleidet, sondern auch sein Onkel Avitus und natürlich sein Großonkel Agrippa, nicht zu vergessen Opa Anton selbst! Dazu noch der auf iulischer Seite angeheiratete Großonkel Florus... Da ließen sich mitunter schnell diverse Vermutungen anstellen, wenn man wollte.
    "Is' nich' wahr.. Bei meinem Onkel Victor..?", konnte sich Dives gleich im Anschluss wieder nicht anders helfen und musste einfach etwas dazu sagen. Manchmal war Roma anscheinend wirklich noch immer das kleine Dorf, als welches seine Geschichte einst vor vielen hundert Jahre begann... Dann musste der Duumvir erst einmal kurz auflachen. Da hatte sein caelischer Freund mit seinem Bild ja etwas angestellt! Einfach köstlich.. dieses Bild - nicht der Kuchen!
    "Mein herzliches Beileid zu deinem Verlust.", äußerte er anschließend, um, nachdem Lepidus geendet hatte, sogleich den dem vorangegangenen, positiveren Gedanken wieder aufzunehmen:


    "Weißt du was? Ich glaube, bei so viel Gerede um Kuchen und Torte und Torte und Kuchen denke ich, dass ich dich einladen sollte! Unzwar sollten wir uns nach dieser grausamen.. Essensschlacht in der Casa Iulia zu Roma treffen, um das Ende ebenjenen Kampfes zu feiern. Für das passende Gebäck werde ich sorgen, auf dass wir ganz persönlich - hoffentlich den Kuchen - Stück für Stück vernichten können. Ja.. genau.. Was hälst du davon?", fragte der Iulier mit breitem Lächeln. Noch ahnte er nicht im Entferntesten, wie, wo und unter welchen Umständen er das Ende des Machtkampfes tatsächlich erleben würde. Aber so war das Leben: Es kam erstens immer anders und zweitens als man dachte. Nach diesem Angebot wurde er dann aber auch wieder ernster.
    "Mit deinen Gedanken zur Proskriptionsliste hast du wohl durchaus Recht. - Und das veranschaulicht wohl auch ganz gut, weshalb das letzte, was ich mir in diesem Bürgerkrieg vorgenommen habe, das Suchen und Finden eines Patrons ist. Besser hätte man es wohl nämlich kaum auf den Punkt bringen können: Der unter dem Dicken.. also unter dem dicken Kuchen, meine ich, Proskribierte ist ein 'Tortenheld', während es sich umgekehrt wohl ähnlich verhält. Geriete ich jetzt also an den falschen Mann, würde mich allein die Verbindung zu ebenjenem mitunter selbst am Ende in den Schlund des politischen Abgrunds ziehen, während ich ohne Patron am Ende des Krieges zumindest noch versuchen kann mich mit einem möglichst geschickten Ankerwurf auf die richtige, die Zukunft habende Seite zu ziehen.", erklärte der Duumvir seine Ansicht und führte das erste dabei beinahe schleichend über in ein zweites Bild.
    "Folglich, um deine Frage zu beantworten, schwöre ich wohl denselben drei Instanzen die Treue wie du: Meinen Ahnen, meinem Gewissen und Iuppiter, dem besten und größten.", antwortete er also letztlich und ignorierte geflissentlich, dass der Patrizier sich offensichtlich nicht nur für einen Pakt mit Dives, sondern nicht weniger auch für die viele Literatur in diesem Raum interessierte. Ob er auf der Suche nach etwas Speziellem war oder etwas Besonderes gesehen hatte, als er das Zimmer betreten hatte..?

    War Dives nachtragend - und wenn ja, wie sehr? Das war durchaus eine spannende Frage, die wohl keiner der hier Anwesenden mit letzter Sicherheit beantworten könnte. Gab es überhaupt Menschen, die jemandem nie und nimmer etwas nachtragen würden - ganz egal, was man tat? Falls ja, würde der Iulier jedenfalls nicht zu diesen Leuten gehören, da er sich selbst zwar als bei Weitem nicht übermäßig nachtragend betrachtete, jedoch auch anders konnte. Denn wenn er jemandem einmal etwas nachtrug, dann aber auch richtig und vor allem mitnichten nur ein paar Tage oder ein-zwei Wochen...
    In diesem Fall jedoch war das Faktum, dass der Helvetier als einziger amtierender Magistrat Ostias keinerlei Erwähnung in dem letzten politischen Willen des Iuliers - das KEIN Testament war - fand, jedoch weniger auf irgendeine Nachtragerei zurückzuführen, als vielmehr schlicht dem Zeitpunkt geschuldet, in welchem dieses Dokument entstand. Man mochte folglich wohl eher von einem Zusammenspiel aus themenbedingter Reizbarkeit und krankheitsbedingter Launenhaftigkeit sprechen, die Ocella letztlich eine namentliche Erwähnung gekostet hatten. Doch das wusste natürlich in erster Linie nur Dives selbst...


    In der Zwischenzeit schien eine Diskussion zwischen Aculeo und Ocella ausgebrochen zu sein, der zumindest Celer, Caldus, Cornuntus und Ostianus lieber erst einmal nur zusahen, statt aktiv einzugreifen. Was hätten sie auch groß sagen sollen? Die ersten beiden der genannten vier waren vollauf der Meinung des Germanicers, wussten jedoch, dass sie nach diesen Neuigkeiten und Ereignissen vielleicht nicht ganz rational dachten. Insbesondere der Caelier hatte mit seinen Gefühlen und Emotionen stark zu kämpfen. Der Hafenverwalter und der Vorzimmerbeamte hingegen sahen sich wohl eher auf der Seite des helvetischen Aedil. Immerhin hatte der Iulier ja sogar selbst geschrieben, dass die Arbeit für die Civitas Priorität haben müsste. Was könnten sie außerdem groß tun, wenn sich die beiden Stadtobersten inmitten einer riesigen Armee befanden?! Wie sollte man die da bitte heraus bekommen??
    Und just, nachdem Ocella einen Vorschlag zumindest zur Informationsbeschaffung über Verwandte gemacht hatte, hatte ER seinen großen Auftritt:


    "Das ist die richtige Einstellung! Salvete, die Herren.", trat der alte Cassius selbstbewusst ein. Er hatte keine Ahnung von dem Schriftstück des Iuliers und wusste folglich noch weniger über dessen Inhalt, doch war er überzeugt genug von sich selbst, um auch ohne dieses Wissen davon auszugehen, dass ER der richtige Mann für die Präfektur wäre. Immerhin hatte er schon einmal temporär als Praefectus den 'Laden' geschmissen und dies wäre wohl die beste Möglichkeit, um dafür zu sorgen, dass sein Sohnemann Hemina Minor wieder gesund und munter nach Hause käme. Als echtem Römer mit überdies einigen Jahrzehnten an politischer Erfahrung sah man ihm seine Trauer und Wut ob dieser Situation mit seinem Sohn praktisch kaum an. Vielleicht war er nur einfach noch ein bisschen härter, sturer und überzeugter von sich selbst, als er es normalerweise war.
    "Also, ihr habt den Helvetius gehört! Er kann vielleicht über Verwandte an Informationen kommen. Was ist mit dir?! ... Oder mit dir?! ... Oder mit.. wer oder was bist du denn?!", übte der alte Cassier ein bisschen Druck auf die übrigen Anwesenden aus, wobei ihm die halbe Beleidigung am Ende gegenüber dem Scriba, dem wohl einzigen Peregrinus der Runde heraus rutschte. Mit soetwas konnte der Alte nichts anfangen. Nachdem zuvor bereits der Hafenverwalter und der Quaestor absolute Totalausfälle hinsichtlich der Infomationsbeschaffung zu sein scheinen - sie schüttelten beide nur stumm und mehr oder weniger betreten den Kopf auf die Frage des Alten -, wandte der sich an den Germanicer.
    "Was ist mit dir, Procurator? Ideen oder Vorschläge, wie wir ohne noch mehr Leute unnötig zu gefährden an zusätzliche Informationen kommen und/oder vielleicht sogar einen indirekten Kontakt zu meinem Sohnemann und seinem Collega herstellen können?", fragte er nun ausnahmsweise etwas freundlicher. Immerhin war der Kerl ein Eques, sodass ein bisschen mehr Respekt notgedrungen sein musste.


    "Was wissen wir sonst noch?", fragte er anschließend in die Runde hinein und sogleich zeigte der nun absolut verunsicherte und damit beinahe zu bemitleidende Caelius Caldus dem alten Cassius den Brief des Iuliers. Hemina Maior mochte zwar alt sein, doch das Überfliegen einer Tabula innerhalb weniger Wimpernschläge hatte er noch immer drauf. Das lernte man nur einmal - dann aber fürs Leben!
    "Damit ist doch dann alles klar, nicht?! Oder ist hier jemand gegenteiliger Meinung??", meinte der Alte, der sich in seiner Selbstsicherheit einmal mehr bestätigt sah, hernach und blickte jedem einzelnen Anwesenden - den peregrinen Vorzimmerbeamten ausgenommen - einmal unangenehm intensiv-tief in die Augen. Da sollte sich jetzt einer trauen sich gegen ihn zu stellen, dessen Sohn zudem die Hälfte (!) aller 'Opfer' ausmachte..!

    Tja, scheinbar, so verzeichnete der Caelier am Ende dieses Gespräches für sich selbst, war er zu spät eingeschritten. An der Zimmertür hatte er sich noch einmal kurz zu Dives umgedreht, um zu sehen, ob man ihn für einen Moment allein lassen könnte, und schwupp, war der Aedil mit einem Sklaven vorneweg gen Ausgang verschwunden. Soetwas nannte man dann wohl verhärtete Fronten, schätzte er.
    Dabei gingen ihm selbst durchaus beide Argumentationen auf. Der Helvetier verstand diesen Angriff grundsätzlich als Angriff gegen eine Amtsperson - ob nun im Dienst oder nicht -, was diesen wohl mehr oder minder automatisch zu einer städtischen Angelegenheit machte. Dass er als Aedil, der für die städtische Sicherheit verantwortlich war, da natürlich aktiv werden wollte, war nur einleuchtend. Dives hingegen argumentierte, dass er nicht mehr im Dienst war, daher im Moment der Attacke gegen ihn eine Zivilperson und es folglich auch einzig und allein seine Privatsache war, ob und gegebenenfalls wie lange und intensiv er ermitteln ließ, wieviele Leute er für die Arbeit an diesem Fall anheuerte et cetera. Als rechtlicher Laie stand der Archivschreiber einer Bibliotheca da so ziemlich auf dem Schlauch, was die Frage nach dem Recht anbelangte... Andererseits: Selbst wenn die Sache eine Angelegenheit der Civitas sein würde, so hätte der Duumvir als Duumvir gegenüber dem Aedil wohl ein wenig mehr Einfluss, was den Fall anbelangen würde, und... Ach, hätte-hätte Blumenkette...
    So begab sich Caldus nach einem kurzen, seufzenden Durchatmen erst einmal in Richtung Küche. Essen konnte bekanntlich durchaus dabei helfen vergangenen Ärger besser herunterzuschlucken und anschließend zu verdauen. Danach würde es dem Iulier dann hoffentlich auch wieder besser gehen, so dachte er sich.


    Unterdessen hatte sich Dives einen Sklaven in sein Cubiculum gerufen und ihn das Zimmer von innen verriegeln lassen. Anschließend begann er mit zwei längeren Diktaten, die er verständlicherweise aufgrund seines gesundheitlichen Zustands nur stückweise und mit fortlaufend immer wieder kleinen und größeren Pausen zu Tafel bringen ließ. Sollte Ocella nach diesem Gespräch schließlich doch vielleicht gar noch auf eigene Faust privat an den Hintergründen der Sache forschen lassen, dann mochte durchaus damit zu rechnen sein, dass der Herennier sich noch einmal etwas klarer 'auszudrücken' versuchen könnte. Für diesen Fall wollte Dives dann doch besser vorgesorgt haben und es entstanden ein privates Testament, welches die Verteilung seiner Besitztümer im Falle seines Ablebens regelte, wie auch ein letzter politischer Wille, der, wie der Name schon sagte, nicht mehr und nicht weniger als ein rechtlich völlig unverbindlicher Wunsch seinerseits war. Und zumindest jenes letztere Dokument sollte sogar, wennauch in einem Fall, der eigentlich nicht ganz eingeplant war, letztlich tatsächlich einmal seinen Weg in die Curia finden...

    Celer, Cornuntus und Ostianus waren erst einmal sprachlos ob der Neuigkeiten, die sie da zu hören bekamen, und wussten nicht wirklich, was sie nun darauf sagen oder wie sie allgemein reagieren sollten. Dem Caelier hingegen, der mit dieser Information bereits vertraut war und der zudem ja auch noch direkt angesprochen worden war, fiel das Antworten nicht ganz so schwer.
    "Diesen versiegelten Brief - wie du siehst, ist das Siegel noch unversehrt - habe ich heute morgen in der Villa Iuliana vom Verwalter des Anwesens bekommen. Er meinte, dass Iulius bereits vor einer ganzen Weile wohlmöglich auch als Reaktion auf den Anschlag gegen seine Person dieses Schreiben verfasst und bei ihm hinterlegt habe.. für.. nun.. für den Fall der Fälle." Mit diesen Worten holte er eine versiegelte Tafel hervor, auf der klar und deutlich eine iulische Taube im Siegelwachs prangte. Caldus atmete einmal tief durch, bevor er fortfuhr.
    "Mindius Serapio, der Verwalter, fügte außerdem hinzu, dass es in der jetzigen Zeit, wo wir - und natürlich ist keinem in der Villa entgangen, dass der Duumvir ungewöhnlicherweise unangekündigt länger abwesend war und noch immer ist - den begründeten Verdacht haben müssen, dass Iulius etwas zugestoßen ist, ..." Caldus senkte seinen Blick und schluchzte einmal kurz. Anhand der bereits zuvor glasig gewordenen Augen und seiner etwas zittrigen Hand, mit der er sich verkrampft an der Tabula festklammerte, war wohl für jeden ersichtlich, dass es dem Caelier schwer fiel auszusprechen, was man ihm erzählt hatte und was er darüber dachte. "... Er meinte, dass wir es eventuell sehen sollten.", fasste er letztlich kurz und prägnant zusammen, was sein zuvor begonnener, jedoch unvervollständig gebliebener Satz letztlich sagen wollte. Hernach war es der Asinier, der Caldus, auf eine unheimliche Art gespannt und neugierig, langsam jene Tafel aus der Hand nahm, um dann sogleich das Siegel zu brechen, sie aufzuklappen und so zu lesen, dass jeder, den es interessierte, mitlesen könnte...



    Ultima voluntas politica
    (letzter politischer Wille)
    Marcii Iulii C.f. M.n. M.pron. L.abn. L.atn. Divitis
    (des Marcus Iulius, Sohn des usw. Dives)


    Meine ostiensischen Amtskollegen, meine Mitstreiter in harten und noch härteren Zeiten, meine Freunde,


    Wenn ihr diese Zeilen lest, dann ist es wohl geschehen, dass ihr hiermit die letzten irdischen Worte von mir empfangt. Was letztlich auch zu meinem Tode geführt haben wird, bitte ich euch mit der Erinnerung daran, dass wir alle stets das Beste für die Civitas Ostia zu tun gelobten, dass ihr eure etwaige Trauer hinter eurer Pflicht gegenüber der Stadt anstellt und auf den Feierabend verlegt. Schließlich gibt es immer viel zu tun in einer Großstadt wie dieser!
    Aus diesem Grund habe ich mir hiermit die Freiheit erlaubt, euch einige Dinge mit auf den Weg zu geben, die ich, da ihr dies lest, wahrscheinlich nicht mehr zu vollenden vermochte.


    Allem voran gilt mein Interesse dem Bau des ostiensischen Serapeums. Es ist mir wirklich eine Herzensangelegenheit, dass eine Stadt wie Ostia einen solchen Bau bekommt. Insofern bitte ich sehr darum, dass mein Collega Cassius, mein nachgewählter Amtsnachfolger und der Aedil Hortensius weiter an diesem Projekt festhalten, es fördern und nach Kräften unterstützen. Auf dass wir nach römischer Tradition den Göttern geben, damit sie uns geben.
    Weiterhin bitte ich meinen Collega Cassius darum sich mit dem Decurio von Ostia, meinem guten Freund Germanicus, in Verbindung zu setzen und sich mit ihm über einen geeigneten Baumeister für die Restauration des Theatrum Ostiensis zu beratschlagen. Nach Vollendung der Bauarbeiten würde ich es darüber hinaus begrüßen, wenn die Administratio Civitatis sich auszeichnend bei dem großzügigen Sponsor, dem Decurio Germanicus, erkenntlich zeigt.


    Damit bleiben mir letztlich wohl nur noch meine Wünsche für einige Personalien zu äußern. Zunächst betrifft dies meine Funktion als Duumvir von Ostia. Ich denke, die Vergangenheit hat durchaus gezeigt, dass die beiden Cassii Heminae dazu in der Lage sind sich zu zweit nebeneinander um die wichtigsten Belange Ostias zu kümmern, weshalb ich mir den gewesenen Duumvir Cassius Hemina Maior als meinen Nachfolger wünschen würde.
    Darüber hinaus möchte ich in meiner Funktion als Patron insbesondere den Quaestor Asinius als treuen Klient auch an die beiden Cassii Heminae empfehlen, auf dass Asinius die Qual der Wahl haben möge, ob er seinen weiteren Weg an der Seite der Cassii in Ostia oder an iulischer Seite in Roma weiter geht.


    Die Götter seien stets wachend an eurer Seite!
    Valete bene!


    http://imperiumromanum.net/ima…gel_gens_Iulia_Tabula.png


    SCITUM PER SIGNUM DUUMVIRI:

    MARCUS IULIUS DIVES
    DUUMVIR - OSTIA


    Während der Quaestor Asinius eifrig las, starrte der Caelier nur aus sicherer Entfernung leicht gedankenverloren auf die volle Tafel. Der Hafenverwalter Sulpicius unterdessen schaute Celer mit grübelnder Miene lesend über die Schulter, während Ostianus im Flüsterton (um niemanden zu sehr zu stören) dem zur Runde hinzu gestoßenen Germanicer berichtete, was bisher in diesen Räumlichkeiten besprochen wurde:
    "Es scheint, als wären die beiden Duumviri gestern bei dem Versuch einer Kontaktaufnahme mit den vor Roma lagernden Truppen in Gefangenschaft oder so geraten. Jetzt gibt es statt zwei Stadtobersten gar keinen und alle sind in heller Aufregung.", fasste er knapp zusammen. Dann hielt er gespannt inne. Die ersten müssten wohl gleich durch sein mit der Tabula...


    Sim-Off:

    Ich bitte darum keine falschen Schlüsse zu ziehen! Nur weil das ein letzter Wille ist, wird Dives nicht gleich in absehbarer Zeit den Weg zu seinen Ahnen antreten... ;)

    Für einen kleinen Moment lang war Dives versucht dem Tiberier halb im Scherz zu antworten, dass er doch nicht hoffe, dass er dies je bereuen werde. Doch letztlich kam kein Wort davon über seine Lippen. Was sollte der Patrizier auch tun, dass der Iulier ihr Duumvirat später bereuen sollte? Spontan dachte auch er - wahrscheinlich typisch für ein Mitglied der Societas Claudiana et Iuliana - an das Triumvirat des vergöttlichten Caesar. Nein, er glaute nicht, dass es zwischen Lepidus und Dives jemals einen auch nur ansatzweise vergleichbaren Konflikt um die Zukunft des Imperiums geben würde. Ein Bürgerkrieg, bei dem jeder von ihnen eine Seite ins Feld führte?? Gerade nachdem sie diesen hier zwischen Salinator und Palma mit all seinen Auswirkungen hautnah miterleben mussten, war das doch eher unwahrscheinlich... Andererseits hatte natürlich auch Caesar einen Sulla erlebt... Nein!
    "Keineswegs will ich dir irgendetwas vorhalten, Lepidus. Im Gegenteil versuche ich zu ergründen, wie ich dir zukünftig die bestmögliche Hilfe sein kann. Und dafür schien es mir nicht unwichtig mich auch über deinen Ordo zu erkundigen.", erklärte Dives entschuldigend. Dass der Tiberier erst einmal von seinen diversen namhaften Ahnen - denn ja, er erwähnte nicht einen noch lebenden Tiberius - erzählte, übersah der iulische Duumvir dabei galant. Sie waren eben zwei Männer verschiedenen Standes mit den daraus resultierenden Unterschieden. Um von diesem wohl etwas wunden Punkt Lepidus' abzulenken, widmete sich der Iulier sodann erst einmal den ihm gestellten Gegenfragen:


    "So ganz einhundertprozentig makellos ist meine bisherige Laufbahn ganz sicherlich nicht, aber im Grunde ist es so, wie du sagst. Ich bin und war immer gerne hier in Ostia, habe hier vor allem in praktischen Dingen sehr viel gelernt und viele interessante Bekanntschaften gemacht, die ich nicht missen möchte. Doch möchte ich nach mehr streben und meinem Cousin Iulius Centho in den Senat nacheifern. Den Ordo Senatorius habe ich mittlerweile... nun, hauptsächlich, weil auch meine Mutter, als Tochter des Censoriers Octavius Anton, ihn besaß.", umschrieb er nett. Das war für ihn selbst ein kleiner, wunder Punkt, denn natürlich vererbte sich ein Ordo nicht über die Mutter, sondern Dives hatte schlicht von Centhos Verbindung zu Salinator profitiert - und hatte trotz dessen unmöglichen Verhaltens und der herablassenden Art, mit der der Fettwanst über die Octavia gesprochen hatte, ganz treu und brav und völlig kritiklos den verliehenen Ordo angenommen und behalten. Andererseits aber war er wohl nicht der einzige, der diesbezüglich eine gewisse Doppelmoral an den Tag legen musste, wenn man bedachte, wer auf den letzten Meilen vor Ausbruch des Bürgerkrieges noch so in den Senat berufen wurde (konkrete Namen entzogen sich allerdings Dives' Kenntnis).
    "Wo wir von ihr sprechen, vielleicht ist dir der Name Octavius Macer ein Begriff? Auch er ist ein Cousin von mir. Einst hat er hier in Ostia als Duumvir für den Wiederaufbau des Merkurtempels gesorgt. Und heute ist er Teil des ehrwürdigen Senates von Roma... Es ist also prinzipiell schaffbar.", erklärte der Iulier und versuchte auf diese Weise möglichst unauffällig wieder von der Geschichte um seinen Ordo Senatorius abzulenken.


    "Aber zurück zu dir. Vor Ende dieses Krieges werde ich sicherlich kaum etwas für dich erreichen können, da jedermann wohl komplett andere Dinge im Kopf haben wird. Dennoch werde ich natürlich sehen, was ich machen kann und dich darüber auf dem Laufenden halten. Darf ich darüber hinaus erfragen, ob du unter jemandes Patronat stehst oder jemand unter dem deinen? Denn so wie es in deinem Interesse liegen wird, diesen Personen nicht zu schaden, so gehe ich davon aus, dass es sicher auch in meinem Interesse liegt - und umgekehrt.", was sogar ein wenig doppeldeutig war. Einerseits umgekehrt sollten zumindest die Klienten und nach Möglichkeit auch der Patron des Tiberiers nichts gegen Dives unternehmen. Andererseits umgekehrt wollte er sich versichern, dass auch Lepidus mit etwaigen Anliegen gegen einen divitischen Klienten oder den zukünftigen Patron des Iuliers zunächst zu ihm käme, bevor wohlmöglich gar gerichtliche Schritte oder schlimmeres gegen irgendjemanden unternommen würden.
    "Und hast du ein Tirocinium fori absolviert?", schob er anschließend noch nach. Ein solches Verhältnis zwischen einem Senator und seinem Tiro war schließlich auch nicht zu unterschätzen und sollte durchaus bedacht werden...

    Es wollte dem Iulier einfach nicht in den Kopf gehen, dass Ocella offenbar von der Idee besessen war, dass sich die Curia als solche ganz unbedingt in seine höchst eigenen Privatangelegenheiten einmischen musste. Ja, er war Duumvir und ja, er war angegriffen worden. Aber das hieß doch noch lange nicht, dass dort nun auch gleich ein Zusammenhang bestehen musste, der eine Einmischung der Curia in diese Privatsache vielleicht noch ansatzweise logisch erscheinen ließe! Dass tatsächlich eine gewisse Verbindung zwischen den beiden Fakten bestand, war eine gänzlich andere Sache: Praktisch niemand wusste ganz sicher davon oder könnte dies gar beweisen - was auch so bliebe, wenn man das Thema ohne irgendwelche Untersuchungen ad acta legen würde. Und an letzterem war Dives sehr gelegen, hing doch an manchem privaten Detail seines Lebens seine ganze Karriere, sein gesamtes zukünftiges Leben...
    "Also, Helvetius...", begann der Iulier dann und distanzierte sich schon mit ebendieser Anrede klar und deutlich von Ocella. "... ich verstehe nicht, was das soll?! Warum hast du so ein großes Interesse daran, dass sich die Stadtverwaltung in meine Privatangelegenheiten einmischt und völlig unnütz in meinem Leben herumschnüffelt?! Was glaubst du, dass sie finden?! - Über die Täter nach der vielen vergangenen Zeit ganz sicher nichts mehr! Das wär'n demnach absolut verschwendete Ressourcen und verschwendete Gelder, also let go! Lass es einfach sein! Ist das so schwer zu verstehen?! ICH wurde angegriffen, ICH lag hier etliche Zeit kaum ansprechbar im Bett, ICH hatte den Schaden! ICH entscheide also auch, ob hier ermittelt wird oder nicht! Und da ich es für eine schwachsinnige Idee halte jetzt nochmal anzufangen diesen ganzen Mist wieder aktuell durch Ermittlungen zu thematisieren und aufzurollen, bin ich strikt und ganz kategorisch dagegen! Und wenn ich Nein sage, ...", machte Dives seinem Ärger Luft. Dann brach seine Stimme. "... dann meine ich auch NEIN!", presste er noch mit letzter Kraft hervor, bevor sein Oberkörper auf seinen Schoß zusammensackte und er gerade noch seinen Kopf mit den Händen auffangen konnte, bevor dieser auf seine Knie getroffen wäre. Es wäre das Ende von allem, wenn sich die Öffentlichkeit über ihn das Maul zerreißen würde. Er könnte seine Karriere in irgendeinem Kaff einer fernen Provinz fortsetzen - wenn er Glück (!) hätte -, davon ganz zu schweigen, dass sich ein Serapio beispielsweise wohl kaum mehr mit ihm sehen oder überhaupt in Verbindung bringen lassen würde. Das Ende von einfach allem, in der Tat.


    "Ich glaube, du solltest jetzt besser gehen, Helvetius. Der Duumvir ist ja nicht umsonst noch nicht wieder in seinem Officium in der Curia. Und solche langen und intensiven Gespräche sind doch sehr kräftezehrend. Darf ich dich nach draußen begleiten?", intervenierte Caldus - wohl auch in der Hoffnung, dass hier kein Streit entstünde, der wohlmöglich so schnell nicht wieder beizulegen wäre. Der Caelier erhob sich von seinem Platz und legte Ocella auffordernd eine Hand auf die Schulter.
    "Und wenn es dir so wichtig ist mit der Glaubwürdigkeit der Stadtverwaltung, dann wäre es wahrscheinlich besser, wenn das Thema VÖLLIG ignoriert wird und auch KEIN Aushang erstellt wird. Denn erst eine große Ankündigung machen und dann nach dieser Zeit nichts mehr rausfinden - DAS schadet dem Ruf und der Glaubwürdigkeit Ostias!", warf Dives abschließend und ohne erneut aufzublicken ein. Dabei war er nun natürlich weit weniger aufbrausend als zuvor, weil ihm dazu schlicht die Kräfte fehlten. Dennoch hört man noch immer seinen Ärger in der Stimmfarbe. Und auch förmlich verabschiedete er den Aedil nicht, sondern wollte für den Moment einfach nur, dass der - und mit ihm dieses Thema - aus seiner Umgebung verschwand...

    Ein Bote kam eiligst herbei gelaufen, um dem Decurio Ostiensis Germanicus Aculeo eine schriftliche Nachricht zu überbringen. Der Eile und Gewohnheit des diese Botschaft erstellenden Schreiberlings war es geschuldet, dass groß und breit das iulische Amtssiegel auf der Tafel prangte...


    Ostia, A.D. XIII KAL MAR DCCCLXIII A.U.C.

    Ad MANUS
    Decurio Ostiensis
    Paullus Germanicus Aculeo
    Habitatio Germanici Aculeonis
    Ostia, Italia



    Administratio Civitatis Ostiensis Germanico Decurioni Ostiensis s.d.


    Aufgrund einer äußerst dringlichen Angelegenheit wirst du gebeten dich möglichst umgehend in die Curia Ostiensis zu begeben, um dort im Besprechungszimmer II einem Gespräch mit einiger ausgewählter Interessensvertreter Ostias beizuwohnen.


    Vale bene!


    http://imperiumromanum.net/ima…gel_gens_Iulia_Tabula.png


    SCITUM PER SIGNUM DUUMVIRI:

    MARCUS IULIUS DIVES
    DUUMVIR (ITERUM) - OSTIA

    Hm... Mysteriös, mysteriös...
    "Gut, ich werde sogleich alles Nötige in die Wege leiten.", erklärte Ostianus sodann und machte sich stante pede auf das Vorzimmer in Richtung des Schreiberofficiums zu verlassen. Nicht, dass der Aedil noch auf die gloriose Idee käme, ihm noch mehr Dinge aufzuhalsen, wo er hier doch schon seit Arbeitsbeginn nur routiert war und gefühlt bereits jetzt einen halben Marathon in den Beinen hatte. Wenig später verließen sieben Boten mit inhaltlich identischen Nachrichten die Curia in verschiedene Richtungen. Einer von ihnen würde bald auch vor der Habitatio Germanici Aculeonis aufschlagen...


    Der ostiensische Quaestor Asinius Celer, der aus der Antwort des Aedils nicht wirklich schlauer geworden war, verließ das Geschehen kurz nach dem Vorzimmerbeamten Ostianus und wurde bald darauf im Besprechungszimmer II der Curia Ostiensis wiedergesehen...