Es begann als ein Tag, wie jeder andere. Dives kam in sein Officium und hatte alle Hände voll zu tun - erst recht jetzt, nachdem er vor einigen Tagen von seiner zweiten Roma-Reise zurückgekehrt war. Dort hatte er einige Gespräche geführt über dieses und jenes Schiff. Entsprechende Ergebnisse wollten nun in den Akten der Hafenverwaltug festgehalten werden, weshalb sich nicht wenige tabulae und papyri auf Dives' Schreibtisch tummelten. Für Außenstehende mochte es wie ein einziges Chaos wirken, doch der Iulier hatte durchaus seine Ordnung. Umso weniger Verständnis konnte er für den plötzlich ohne zu klopfen oder sich sonst irgendwie bemerkbar machenden Boten aufbringen, der schnurstracks in das Officium stürmte und ein Schreiben vor Dives' Nase platzierte. Ohne ein Wort zu verlieren und eh Dives hätte irgendetwas sagen können, hatte der Mann das Officium auch schon wieder verlassen. Unglaublich! Wofür hatte die Curia denn ihren Briefkasten, wo jeder andere Bürger die Post auch abgab? Für diese Störung und das entstandene Durcheinander auf seinem Schreibtisch erwartete der Iulier jetzt aber wenigstens eine einigermaßen wichtige Botschaft... er las.
Einigermaßen wichtig war diese Nachricht wohl, aber sie trug keinesfalls dazu bei, dass sich Dives' Laune besserte. Eher das Gegenteil war der Fall. Auf Verwunderung und Sprachlosigkeit folgte blankes Unverständnis und Wut, wobei letzte auch teilweise in dem Auftritt des Boten begründet lag. Das Schreiben hätte Dives in diesem Moment aus dem Affekt heraus als schlicht aberwitzig bezeichnet. Schon dass der Magister, also der nach geltendem römischen Recht Vorsitzende der Vereinigung, der den Verein vor dem Gesetze zu vertreten hatte, scheinbar kaum mit dem Kapitän der 'Mercurius' in Verbindung stand oder zumindest von diesem nicht über die in den ostiensischen Häfen ausgehängten Kopien der neuen Hafenverordnung informiert worden war, war wohl kaum dem Quaestor oder der Hafenverwaltung anzulasten. Bei 200 Schiffen Fassungsvermögen der Häfen wäre der vom Magister geforderte Aufwandt schlicht unverhältnismäßig, eben zumal man auch von der Informationslinie Kapitän-Schiffseigner ausgehen konnte. Wenn die SMA sich nun aus Ostia zurückziehen wollte und damit also eine der wichtigsten (wenn nicht sogar die wichtigsten) Hafenstadt zumindest des westlichen Mittelmeeres verlassen wollte, dann war das nicht zu ändern. Andere Vereinigungen und Organisationen würden sicherlich mit Freunde diese Lücke füllen, denn der Standort Ostia war selbst mit Liegegebühr durchaus Profit versprechend, zumal die kostenfreie Liegezeit ganze 10 Tage betrug!
Interessant wurde dann durchaus noch der Teil, dass die SMA als gemeinnützige Organisation nicht selbst handle und über kein Geld verfüge. Das mochte durchaus alles stimmen, machte aber im Sinne der Hafenverordnung keinerlei Unterschied. Es war völlig irrelevant, ob der Schiffseigner eine gemeinnützige Organisation wäre, solange nicht der Princeps selbst dahinter stünde! Ob die SMA nun mit dem Schiff selbst Handel betrieb oder nicht machte auch nicht den Unterschied, denn Fakt blieb, dass das Schiff im letzten Monat 11 Tage kostenpflichtig in Ostia anlag. Und letztlich könnte man auch mit der nicht vorhandenen Vereinskasse keinen Punkt landen. Die SMA hatte zumindest ein Vereinsvermögen, nämlich die 'Mercurius' und war folglich in jedem Fall zahlungsfähig. Zwar ging Dives keinesfalls davon aus, dass man dieses Schiff veräußern würde, sondern rechnete eher damit, dass der Magister als Vereinsvorsitzender diese Summe begleichen würde, doch im Zweifelsfall lag es nicht am Iulier eine entsprechende Entscheidung zu fällen. Er sah weder sich noch die Hafenverwaltung von Ostia in irgendeiner Weise in der Schuld stehend, sodass er sich missgelaunt einen Schreiber in sein Officium bestellte und diesem ein Antwortschreiben zu zitieren begann...