So standen die fünf Herren nun also versammelt im Atrium der Villa Rustica und ein jeder von ihnen, einzig mit Ausnahme von Aglaopes, war gespannt, was eben jener nun erklären würde. Selbst Antinoos, der ja nun eigentlich den Inhalt dessen, was nun kommen würde, bereits kannte, war neugierig. Es ging hier schließlich darum, dass man sich vor seinem Herrn gut in Szene setzte und diesem Möchtegern-Besten Freund von Marcus zeigte, WER hier die Nummer eins an dessen Seite war! So schnell würde man sich nicht geschlagen geben; das war früher so und ist heute erst recht so! 'Und Schlacht, die zweite: Leg dich niemals mit einem echten Bithynier an!', dachte Antinoos in gewohnt plakativer Form, wenngleich etwas ungewöhnlich, dass er es diesmal nicht allen kundtat. Doch mochte das wahrscheinlich auch einfach nur daran liegen, dass er seit einiger Zeit heute nun das erste Mal wieder richtig etwas tun hatte müssen.
"Gut, ich möchte euch zunächst ersteinmal vorstellen.", begann Aglaopes. "Ihr kennt euch ja noch...", richtete er seine Worte an Antinoos und die beiden Neuankömmlinge, "... und dies ist Faustus Mindius Serapio, der Administrator dieser Villa." Nickend nahmen Dives und Celer dies zur Kenntnis und nach kurzem Seitenblick zu jenen stimmte auch Antinoos mit ein. Dann wandte sich Aglaopes zu Serapio: "Das hier ist Marcus Iulius Dives, der junge Mann, von dem ich dir berichtet habe.", verkündete er voller Stolz. "Er ist der Cousin von Iulius Centho und Sohn von Caius Iulius Constantius, Centhos Onkel.", rief er auch die verwandschaftlichen Beziehungen in Erinnerung, über die er als Nomenclator Dives' natürlich stets gut informiert war. "Neben ihm steht sein alter Freund Potitus Asinius Celer." 'Ich weis auch nicht genau, was er hier macht.', dachte er sich noch seinen Teil und das war ihm auch anzusehen. 'Wer hier von uns beiden der Alte ist...', setzte Celer bei gezwungen freundlichem Lächeln einen Gedanken an. Er durfte sich jetzt nichts erlauben, schließlich wollte er hier eine vorübergehende Bleibe finden...
"Also Iulius, was führt euch heuer zu mir?", übernahm Serapio darauffolgend das Wort. "Nun, mittlerweile gleich mehrere Dinge, werter Serpio.", antwortete Dives ruhig und beherrscht, jedoch mit immernoch leicht säuerlichem Unterton und dem dezenten Hinweis, dass er nicht gerne Iulius genannt wurde. Er bevorzugte Dives oder für enge Freunde und Verwandte auch Marcus. Dass er es Aglaopes nie hatte abgewöhnen können, ihn bei diesem Namen zu rufen, war schon mehr als genug für ihn. Daran lag es sicherlich auch, dass Serapio diesen kleinen Fauxpas beging. Bei seinem nächsten Versuch würde Serapio dann aber sicherlich richtig entscheiden... "Zunächst würde ich zum Beispiel gern erfahren, was meine beiden Leibsklaven hier zu suchen haben und weshalb sie nicht in Roma an der Casa Iulia eingetroffen sind, wo ich sie erwartet habe?!?" Dabei schaute er anfangs noch in die gesamte Runde, gegen Ende fixierte er Antinoos. Auf diesen konnte er aus der Runde der Anwesenden derzeit am einfachsten sauer sein und somit seinem Ärger zumindest geringfügig abladen. "Aber wir können doch nichts dafür! Aglaopes...!?!", verteidigte sich jener auch stante pede mit Hilfe suchendem Blick zu Aglaopes, während Celer in vollster Genugtuung sein Standbein, fragte sich dann, wieso sie überhaupt alle noch standen und lies sich einfach auf einer der umstehenden Klinen nieder. Es sah so aus, als würde das hier noch interessant werden...
Um die Gemüter ersteinmal etwas abzukühlen nahm Serapio diese Geste Celers zum Anlass, um das Wort wieder zu gewinnen. "Aber, aber, meine Freunde! Tun wir es doch Celer gleich und setzten uns erstmal!" Eigentlich hatte Serapio nicht mit einem so langen Gespräch in dieser großen Runde gerechnet, weshalb er den Gästen nicht bereits früher schon eine Sitzmöglichkeit angeboten hatte. Doch um des Friedens willen in dieser Villa war er auch bereit einer Gesprächsrunde mit zwei Sklaven beizuwohnen...
"Iulius, mein Junge, ich fürchte, hier ist ein etwas falscher Eindruck von der Situation auf dich entstanden.", begann Aglaopes nun mit Bedacht, bevor Antinoos ihm mit einem Blick zu Celer beisteuerte: "Genau!" Nach einem tadelnden Blick zur Seite und einer stummen Entschuldigung Antinoos', setzte Aglaopes fort, während sich auf Celers Gesicht wieder ein fieses Grinsen ob der Verfehlung Antinoos' ausbreitete. "Antinoos und ich waren auf dem Weg zu dir, doch hoffe ich sehr, dass es uns nicht zu verübeln ist, wenn wir nach einer kräftezehrenden Reise über See, und zudem beladen mit einer Menge Hab und Gut, zunächst eine nächtliche Unterkunft hier in Ostia gesucht haben!", flossen die Worte theatralisch aus Aglaopes Mund. "Mir war schließlich bekannt, dass dein Cousin Centho diese Villa in der Nähe besitzt und es wäre wohl auch mehr als unvernünftig gewesen zu derart abendlicher Stunde die Reise nach Roma fortzusetzen! Allein zum Schutze deiner Besitzungen entschieden wir, die Nacht hier zu rasten..." Seit Gnaeus Pompeius Magnus war man zwar auf dem Meer einigermaßen sicher geworden vor räuberischen Piraten, doch zu Lande und insbesondere des Nachts, war man vor solchen Attacken nie gefeit.
"Soweit so gut, doch seid ihr ja sicherlich nicht erst gestern in Ostia gelandet. Was also ist passiert?", bemerkte Dives etwas kritisch. Und auch andernfalls hätten die beiden schließlich bereits längst auf der Via Ostiensis unterwegs nach Roma sein müssen! "So trafen wir des Abends also bei Serapio ein, welcher uns freundlicher Weise Unterschlupf gewährte.", erklärte Aglaopes weiter und wartete zu Serapio blickend auf eine Bestätigung dieser Angabe. "Ähm... das ist richtig, ja. Und... dann..." - "Und dann, am nächsten Morgen, als Antinoos und ich gerade wieder aufbrechen wollten, erzählte mir Serapio, dass er erkrank sei!" - "Ganz genau!", pflichtete Serapio ihm bei. 'Was ist denn hier los?! Das ist ja wohl mehr als unglaubwürdig!', protestierte Celer innerlich, während Antinoos überlegte 'Wir wollten aufbrechen?' - "Da blieb mir der Gastfreundlichkeit des Serapio gedenkend natürlich keine andere Wahl, als ihn vermittels meiner medizinischen Kenntnisse zu untersuchen und nachfolgend zu behandeln! Und ich glaube... Nein, ich bin sogar fest davon überzeugt, dass du, Iulius, als ehrenhafter Mann, diese Entscheidung zugunsten des Schützers deiner kostbaren Erbstücke unterstützen wirst!" Doch auch Dives schien nicht so recht überzeugt, von den Worten seines sonst so treuen Gefährten. Irgendetwas versuchte er zu verheimlichen, da war auch er sich sicher! "Was fehlte dir denn, Serapio? Du machst doch eigentlich einen ganz gesunden Eindruck...", erkundigte sich Dives also einfach mal mit gespielter Betroffenheit.
"Ich..." - "Er hatte sich eine Vergiftung zugezogen!", fuhr Aglaopes wieder dazwischen. Er hatte Serapio schließlich um diesen Gefallen gebeten, sodass er nun auch bereitwillig eine kleine Geschichte herbeizauberte, die er sich natürlich schon zuvor grob zurechtgelegt hatte, wie sich verstand. "Die Behandlung zog sich etwas hin, aufgrund von einigen Komplikationen. Du weist ja, wie das ist: Es geschieht stets das Unvorhergesehene... Jetzt ist er, wie du gut feststelltest, wieder auf dem Damm und ich kann die Behandlung hiermit für abgeschlossen erklären." Aglaopes wusste natürlich, dass Dives medizinisch ein absoluter Laie war und er ihm das blaue vom Himmel erzählen konnte. Naja, zumindest beinahe... "Und beim nächsten Mal nicht wieder einfach leichtfertig zu solchen exotischen Meerestieren greifen!", belehrte er Serapio noch symbolisch. Dieser nickte nur kurz und die Anspannung stieg bei den Anwesenden. Würde sich Dives mit dieser Geschichte zufrieden geben? Selbst wenn er Lunte roch, so hätte er aber dennoch keinen Ansatzpunkt. Er würde nicht wissen, wo er hier einhaken müsste, um Licht ins Dunkel zu bringen! Das erkannte er schließlich auch selbst und sagte den Kopf leicht zur Seite geneigt und nickend: "Nun gut, Aglaopes. Du, wie auch Antinoos, ihr wart mir stets treu und habt mich unterstützt, wo ich es euch auftrug. Ich sehe also keinen Grund, weshalb ich euch nicht sollte vertrauen können."
Eine gut überlegte Wortwahl! Dives beendete dieses Thema für den Moment, und für unqualifizierte Zuhörer schien er die Story geschluckt zu haben! So atmete Antinoos erleichtert auf, während Agaopes und Serapio wussten, dass es noch nicht völlig überstanden war! "Aber was ist...", begann Celer nun jedoch zu protestieren.