Beiträge von Marcus Iulius Dives

    | Ein Liktor in schwarz


    So war es Tradition, so wollte es der iulische Vater, so wurde es gemacht. Ein Liktor in schwarzer Trauerkleidung kam auf das Forum Romanum, nahm an geeigneter Stelle Aufstellung und gab anschließend mit kräftiger Stimme bekannt:


    "Trauert, Quiriten! Trauert, ihr Römer! Trauere, Volk von Roma!"


    "Hört mich an: Iulia Torquata, eine der sechs Virgines Vestalis, der sechs jungfräulichen Dienerinnen der heiligen Vesta, ist verstorben! - Haltet inne und trauert!"


    "Noch heute, am frühen Abend, könnt ihr ihren letzten Weg begleiten!"


    "Nehmt Abschied! Kommt zum Forum Romanum! Seid dabei, wenn ihr Vater, der ehrenwerte Senator Marcus Iulius Dives, ihre Trauerrede halten wird! - Ja, haltet inne und..."


    "...trauert, Quiriten! Trauert, ihr Römer! Trauere, Volk von Roma!"


    Viele Male repetierte und wiederholte der Liktor seine Worte, bevor er sich einen neuen Standpunkt auf dem Forum suchte und auch dort die traurige Nachricht verkündete. Anschließend dann zog er weiter, die Straßen und Plätze der Innenstadt entlang, auf dass möglichst viele Menschen seine Worte heute hörten.


    Sim-Off:

    Ich habe mich hier mal frech inspirieren lassen. ^^



    LIKTOR – DOMINUS FUNEBRIS

    In der Domus Flaviana und dem Zimmer, in welchem das zweite Consilium Ulpianum stattfinden sollte, angekommen, ließ sich Dives vom Palastdiener am Raumeingang über die diversen Regeln und Formalien dieser Versammlung aufklären, bevor ihn anschließend sein erster Gang zu den Erfrischungen führte. Er ließ sich einen Becher stark verdünnten Wein geben sowie ein paar Stückchen Obst, bevor er sich damit an den ihm zugedachten Platz begab.


    Den Weinbecher auf den Tisch gestellt, blieb er selbst zunächst hinter dem Stuhl stehen. Schweigend fixierte der Iulier dabei eine der Wachstafeln auf dem Tisch und träumte in der Tat ein wenig vor sich hin, während er geduldig und still darauf wartete, dass sich der Raum langsam füllte und die ganze Chose bald ihren Anfang nähme...

    "Selbstredend. Danke.", antwortete Dives und nickte, bevor er sich gemäß indirekter Aufforderung sodann für den alten Aglaopes entschied, der ihn zum Consilium begleiten sollte. Während jener sodann die Durchsuchung der Palastwachen über sich ergehen ließ - immerhin war er nur ein Sklave und im Gegensatz zu einem Senator folglich nicht von jener Prozedur befreit -, vernahm der Iulier auf einmal die Stimme eines guten Freundes...


    "Aculeo." Er rang sich seiner tristen Grundstimmung zum Trotz zu einem kleinen Begrüßungslächeln durch. "Den Umständen entsprechend.", beantwortete Dives anschießend die Frage des Germanicers. "Wie du siehst, bin ich noch immer in Trauer um meine Tochter - und werde dies auch bis zu ihrer Beisetzung in zwei Tagen gewiss noch sein.", erklärte er, während er sich beiläufig über die schwarze Toga strich. "Allerdings versuche ich gefasst zu bleiben, die Verletzung durch diesen Verlust wenigstens oberflächlich etwas heilen zu lassen und geschäftig zu bleiben." Bedeutungsschwer sah er Aculeo an und hoffte, dass dieser verstand. Denn jetzt war nicht die Zeit des offenen Trauerns. Dazu hätte der Iulier am Tag der Beisetzung seiner Tochter noch Gelegenheit genug. Stattdessen hieß es jetzt erst einmal nur, geschäftig zu bleiben - oder mit anderen Worten, sich vom eigenen Schmerz abzulenken und nicht vor Trauer den Kopf zu verlieren.


    Kurz nur überlegte Dives, ob er nachfolgend nun auch seinen germanicischen Freund nach dessen Wohlergehen befragen sollte. Dann jedoch schien die Kontrolle des Aglaopes erwartungsgemäß ohne irgendwelche Beanstandungen abgeschlossen...
    "Wir sehen uns dann drinnen wieder.", erklärte er also, während er offenkundig versuchte, das ganze Thema Wohlergehen wenigstens für einen kurzen Moment etwas verdrängen zu können. Dennoch erlag er sogleich einem schlechten Gewissen und wandte sich doch noch einmal zu Aculeo. "Ich hoffe, dir geht es gut, mein Freund." Er lächelte versucht, bevor er Torquata für das Consilium Ulpianum sinnbildlich hier draußen bei den Palastwachen zu lassen intendierte - so gut, wie ihm das eben möglich war. So ließ er sich anschließend also in die Domus Flaviana führen.

    "Gut. Das werde ich sie wissen lassen.", nickte Dives und ließ sich eine kurze Notiz für das Abendessen, die einzige Zeit am Tage, wo er seiner Frau nicht aus dem Weg gehen konnte, machen. Würde sie darauf eingehen und ihn diesen Freundschaftsdienst tun? Wahrscheinlich. Würde sie spontan Gegenforderungen zur Hand haben? Unter Umständen... vermutlich. Wäre der eine Gefallen den anderen überhaupt wert? Das würde sich dann zeigen müssen. (Wenn der Gegengefallen jedoch auch einer so treuen Freundin wie der Vestalin Decima zugutekäme, dann wären die Vorzeichen für das Zustandekommen eines solchen Handels aber zumindest sicher nicht die schlechtesten.)


    "Ach, und lass dir noch von mir sagen, dass sie nicht selten etwas eigen ist.", gab er seinem Klienten in dieser Sache noch mit auf den Weg und rang sich zu einem kraftlosen Lächeln durch. Anschließend, es mochte womöglich an der Trauer um seine Tochter liegen, wusste er viel mehr zu diesem Thema vorerst nicht zu sagen und wartete entsprechend also einfach ab, inwieweit der Helvetier hierzu noch etwas anbringen oder aber ein weiteres Anliegen ansprechen würde. Ansonsten, sollten sie beide in diesem Moment nichts weiter zu sagen haben, würde sie wohl der Nomenclator aus dieser Situation erlösen müssen...

    Auf Anteilnahme und Mitgefühl hatte er hier wohl vergeblich gehofft, wollte dem Iulier scheinen. Entsprechend verletzt ergriff er also nach kurzer Stille das Wort.
    "Du...", begann er leise und schwach, obgleich er eigentlich hatte laut und energisch seiner Frau begegnen wollte. "Du musst dich wirklich freuen gerade, nicht wahr?" Er sah sie mit langsam trocknenden Tränen im Gesicht an. "So wie du hier über eine Vestalin, über meine Tochter, über eine Tote sprichst, musst du dich gerade wirklich richtig freuen. Denn endlich ist sie weg, das Mädchen, das du schon von Beginn an nicht leiden konntest, das Mädchen, das ich damals entschieden habe, als meine Tochter anzunehmen, das Mädchen, das du vor nicht allzu langer Zeit gar offen bedroht hast - mir gegenüber mitten ins Gesicht.", nahmen die divitischen Worte allmählich wieder Fahrt auf. "Ja, endlich ist sie weg. Endlich bist du sie los. Endlich ist sie tot." Der Iulier erhob sich gekränkt von seinem Platz.


    "Ich stelle mir nur gerade die gleiche Frage, die du mir eben gestellt hast. Was ist passiert? Warum musste dieses junge Mädchen, meine Tochter, sterben?", warf Dives die Fragen gewissermaßen an Fausta zurück. "Und ich frage mich natürlich auch, wo du ihren Tod doch offensichtlich nicht im Geringsten bedauerst, ob er denn tatsächlich auch so natürlich eingetreten ist, wie mir Vestalin Decima in ihrem Brief schreibt - oder ob nicht vielleicht doch im Hintergrund jemand etwas nachgeholfen hat, ein junges und eigentlich gesundes Mädchen so unerwartet und plötzlich einfach aus dem Leben zu reißen." Eindringlich sah er seiner Frau ins Gesicht. "Deshalb sag mir, hast du oder hast du nicht... deine Drohung wahr gemacht und etwas mit ihrem Tod zu tun?!", brannte Dives darauf zu erfahren, während er sich mit seinen Händen auf dem Schreibtisch abstützte. Denn er befürchtete, er würde diesen hölzernen Halt dringend brauchen, wenn er gleich Faustas Antwort erfuhr.

    "Vale.", gab Dives der Quintilia, der er hier so unverhofft begegnet und über den Weg gelaufen war, noch mit auf den Weg. Anschließend dauerte es nicht lang, da war sie wieder verschwunden inmitten der vielen tausend Menschen, die Roma bevölkerten.


    "Nundenn.", sprach der Iulier hernach zu sich selbst und gab sich einen Ruck. Er war schließlich gekommen, hier und heute der Fortuna ein Opfer darzubringen und sie darum zu bitten, die divitischen Bemühungen um eine Berufung in den Senat anzuerkennen und zu unterstützen. Er war gekommen, um sich des göttlichen Beistands für dieses Vorhaben zu versichern. Entsprechend also galt es nun, das geplante Opfer endlich auch darzubringen. So verschwand der gewesene Quaestor kurz darauf also im Innern des Tempels und tat, weswegen er hierher gekommen war - nicht ohne einen gewissen Erfolg, wie sich später wohl herausstellen sollte...




    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Zu Beginn der cornelischen Herrschaft war unter Consul Decimus Livianus das Ulpianum nach einer halben Ewigkeit endlich fertiggestellt worden, bevor das erste Consilium Ulpianum sodann bereits im Schatten des Ablebens des cornelischen Augustus stand - und in der Folge keinerlei Ergebnisse vorzuweisen hatte. Nun saß mit Aquilius Severus der Nachfolger des Corneliers auf dem Thron und hatte zum zweiten Consilium Ulpianum geladen.


    "Salvete!", grüßte Dives die praetorianischen Palastwachen, während er hoffte, dass man am Ende des heutigen Tages mehr würde vorzuweisen haben als beim letzten Mal. "Ich bin Marcus Iulius Dives, Senator, und auf Einladung des Augustus hier, am zweiten in der Domus Flaviana stattfindenden Consilium Ulpianum teilzunehmen.", erklärte er anschließend sein Anliegen und strich eine falsche Falte seiner Toga glatt. Er hatte sich der Trauer um seine Tochter entsprechend einmal mehr für ein schwarzes Modell entschieden, welches jedoch gemustert an einigen Stellen von goldgelben Fäden durchdrungen war. Denn bei aller Trauer dieser Tage handelte es sich beim heutigen Termin um einen solchen, bei dem auch der Princeps hoffentlich nicht fehlen würde. Und da konnte man wohl in alltäglicher Kleidung kaum erscheinen, wollte man dem Augustus die Wertschätzung entgegenbringen, die ihm gebührte.

    Der Helvetier brachte also gute Nachrichten. Das war gut. Denn noch mehr schlechte Nachrichten konnte Dives derzeit kaum verdauen.
    "Das sind in der Tat überaus gute Neuigkeiten, Helvetius. Ich sehe, du bist wirklich engagiert.", lobte und anerkannte er die Fortschritte seines Klienten. "Was die Zeit meiner Trauer betrifft, so danke ich dir für dein Mitgefühl. Allerdings hat sich auch hier kürzlich etwas ergeben, das unter Umständen dieses Problem gar nicht erst aufkommen ließe." Der Iulier versuchte sich in einem Lächeln. "Denn meine Frau wurde jüngst zur Procuratrix a memoria ernannt und sitzt damit nun deutlich näher am zuständigen Entscheidungsträger, als mir dies derzeitig möglich wäre.", gab Dives bekannt und ließ diese Information sodann bei allen Anwesenden erst einmal kurz sacken.


    "Entsprechend denke ich, dass ich im Lichte dieser Entwicklung auch meine Frau bitten werde, mir die Vereinbarung eines Termins mit dem Procurator ab epistulis wie auch den Termin selbst abzunehmen." Er nickte. Denn genauso wie Fausta nicht mit Torquata verwandt war und keine Trauer über ihren Tod zeigte, wusste Dives doch, dass sie zu den Helvetiern - und allen voran zu ihrem Verwandten Helvetius Commodus - ein ausgesprochen gutes Verhältnis unterhielt. Folglich also lag es durchaus nah, dass sie dem Helvetius auch tatsächlich half und ihn unterstützte und ihn nicht wie den divitischen Freund Sedulus stattdessen angriff und vor ein römsches Gericht brachte. "Du wolltest sie ja eh einmal kennenlernen, nicht oder?", war es dem Iulier von ihrem Gespräch im Hortus noch grob erinnerlich.


    "Dass sie dich hierfür an den Kalenden * auf dem Palatin erwarten soll, kann ich sie natürlich gerne bereits so wissen lassen.", fügte er nach kurzer Pause noch an, während er bei der Erwähnung des Palatin daran denken musste, dass zur Beisetzung seiner Tochter zwei Tage zuvor auch noch seine Teilnahme am zweiten Consilium Ulpianum kam. Dazu hatte er kurz vor dem Tod Torquatas damit begonnen, die Ergebnisse seiner quaestorischen Archivpflege für eine Debatte im Senat aufzubereiten, wie er darüber hinaus aber auch noch ein weiteres Projekt im Verlaufe des bald beginnenden Amtsjahres in den Senat einbringen wollte. (Und insbesondere die Patrizier davon zu überzeugen, die curulische Aedilität neuerlich auch für die Plebeier zu öffnen, würde gewiss keine Selbstläufer werden.) Über eine Unterbeschäftigung könnte sich der Iulier folglich also weder jetzt noch in absehbarer Zukunft beschweren - sodass er zumindest nicht ganz unglücklich darüber war, diese eine Aufgabe nun vielleicht einfach abtreten zu können.


    Sim-Off:

    * Mit Palastwachen & Co. wird sich das auch auf dem Palatin ja sicherlich etwas ziehen, nehme ich an.

    Wie erwartet nutzte der Candidatus die Gelegenheit, um seine erlangten Fähig- und Fertigkeiten, seine gesammelten Erfahrungen und ausgebildeten Stärken noch einmal etwas detailierter aufzuzählen. Entsprechend also lächelte Dives zunächst durchaus zufrieden, bis ihm ein einziges Wort jedoch ein wenig aufstieß. Denn mittlerweile war der Augustus kein Cornelier mehr, der im Bürgerkrieg gegen den Usurpator Vescularius gekämpft hatte. Mittlerweile war der Princeps ein Aquilier, der bisher offenkundig weder die eine noch die andere Bürgerkriegspartei durch den Vorwurf der Usurpation verunglimpfte und stattdessen aktiv den Ausgleich zwischen beiden Seiten suchte.


    "Ich danke dir für diese ausführliche Antwort, Candidatus Flavius.", ergriff der Iulier folglich sogleich erneut das Wort in der Hoffnung, dass auf diese Weise die Wortwahl des Patriziers schnell wieder unterging. "Mir stellen sich damit keine weiteren Fragen. Im Gegenteil vermag ich nun noch besser nachvollziehen zu können, weshalb dich der Princeps von der Pause zwischen zwei Magistraturen dispensierte und weshalb er deine Wahl - anders gesagt - jedem einzelnen von uns empfahl." In einer kurzen Kunstpause blickte Dives zunächst zu seinem linken, anschließend zu seinem rechten Sitznachbarn. "Und _ich_ intendiere, dieser Empfehlung zu folgen.", sprach er anschließend, bevor er sich wieder setzte.

    Unweigerlich hielt Dives einen kurzen Augenblick inne, als sein Gegenüber die Einleitung einer Verabschiedung entweder nicht als solche verstand - was absolut unwahrscheinlich war, da er alles andere als unintelligent wirkte - oder aber den Iulier aktiv zum Bleiben verleiten wollte. Doch welchen Grund sollte der Patrizier dafür haben, nachdem doch sowohl der Gesprächsanlass - das Erbe des Iulius Pacuvius - abgehakt war, als auch Dives sein Wort gegeben hatte, den Flavier, sofern möglich, bei dessen anstehender Wahl zu unterstützen..?


    "Ich... danke.", geriet der gewesene Quaestor ein wenig ins Stocken, während er sich zeitgleich einredete, dass es absolut unwahrscheinlich wäre, dass ein Patrizier im Rahmen einer Unterhaltung über einen Toten plötzlich mit seinem Gesprächspartner zu flirten begänne. Oder hatte er womöglich die iulische Frage danach, wer Flavius Scato wäre, bereits in ebendieser Weise als einen divitischen Flirtversuch aufgefasst? "Doch letztlich auch ich selbst habe natürlich noch die eine oder andere Aufgabe, die auf mich wartet.", lächelte er ein wenig hölzern und erhob sich dabei endlich von seinem Platz. "Es... nun... war mir eine Freude, mit dir zu sprechen... der... wenig erfreulichen Thematik zum Trotz." Eine kleine Pause entstand. "Vale, Flavius... und alles Gute." Mit diesen Worten sodann löste sich der vor seinem vorherigen Sitzplatz stehende Iulier von der Stelle und verließ anschließend bewusst ohne Handschlag oder sonstigen Körperkontakt das Officium des Magistraten.




    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    In einer schwarzen Trauertoga, die er bis zur endgültigen Beisetzung seiner Tochter gewiss an jedem Tag anlegen würde - die gleiche, nicht die selbe -, war Dives zur Weihe der kaiserlichen Imagines auf dem Marsfeld erschienen und hatte sich sogleich einen Platz auf den hölzernen Tribünen organisiert. Denn stark zu sein, das hatte er sich vorgenommen. Er wollte sich nicht in der Domus Iulia verstecken und Schwäche offenbaren. Er wollte hinaus gehen und sein Gesicht zeigen, sei es derzeit auch noch so schwer.


    Die aufpeitschende Marschmusik dröhnte laut in den iulischen Ohren, und doch hörte Dives sie kaum. Das Marsfeld schien erfüllt von Euphorie und Freude, und doch fühlte Dives weder das eine noch das andere. Wohin man blickte, überall marschierten schick herausgeputzte Soldaten, winkten begeisterte Frauen, lachten Kinder. Und doch blieb der divitische Blick leer, seine Mundwinkel blieben unten, seine Mimik blieb starr und versteinert. Körperlich anwesend verfolgten seine Augen das Spektakel auf dem Platz, hielten seine Hände eine kleine Tüte heißer Kastanien, wurden seine Lippen benetzt von einem guten Würzwein. Und doch bekam der iulische Senator auf seinem Sitzplatz kaum mit, was gerade passierte...

    "Danke.", antwortete Dives weiterhin recht knapp - zumal sein helvetischer Klient bisher wahrscheinlich kaum selbst die Erfahrung gemacht hatte, ein - wennauch nur adoptiertes - Kind zu verlieren. Entsprechend ging der Iulier auch nicht davon aus, dass er den väterlichen Verlust bei allem geäußerten Mitgefühl tatsächlich nachempfinden konnte. 'Für ein Kind, dessen Eltern sterben, stirbt die Vergangenheit. Für einen Vater, dessen Kind stirbt, stirbt die Zukunft.' Diese beiden Sätze trafen es wohl recht gut, wie sich Dives derzeitig fühlte. "Am zwölften Tag vor den Decemberkalenden wird ein Trauerzug vom Atrium Vestae bis zur Rostra ziehen, wo ich anschließend ein paar Worte sagen werde.", fügte er nach kurzem Innehalten noch hinzu und implizierte, dass er sich hierbei natürlich auch, soweit möglich, die Anwesenheit seiner Klienten wünschte. Erst den Zug vom Forum zum Grabmal wollte der iulische Familienvater dann etwas privater, etwas intimer, etwas weniger groß und öffentlich gestalten.


    "Für dein Geschenk möchte ich dir danken. Es wird gewiss einen schönen Platz finden in meinem Officium.", bemühte sich der Senator im weiteren Gesprächsverlauf sodann um ein paar mehr Worte und versuchte sich sogar in einem leichten Lächeln, das jedoch auch weiterhin vom leeren Blick des Iuliers überschattet wurde. "Aber erzähl mir, wie sieht es bei dir aus? Hast du mittlerweile Fortschritte verbuchen können?", erkundigte er sich. Und auch die Frage danach, ob sein Klient nun wünschte, dass Dives einen Termin auf dem Palatin vereinbarte, lag ihm bereits gleich auf den Lippen. Doch er stellte sie nicht. Der Tod Torquatas hatte seinen Elan zumindest vorübergehend etwas ausgebremst. Selbst in den Senat wollte er dieser Tage nicht - er zwang sich lediglich dazu.

    Bewusst hatte sich Dives zunächst in Zurückhaltung geübt. Denn das erste Wort, so fand er, stand ihm hier gewiss nicht zu. Das erste Wort gebührte seiner Meinung nach dem Patron des Flaviers, falls nicht aus den Reihen der ehrwürdigen Consulare eine noch frühere Wortmeldung kam. Letztlich äußerte sich der Senator Purgitius Macer als erster und eröffnete damit das Feld unter anderem auch für den frisch in den Senat eingezogenen Iulier. Jener wiederum zeigte sich durchaus ein wenig überrascht ob dessen, was er anschließend hörte. Wie es schien nämlich, hatte der Candidatus keinen Patron. Denn weder in seiner Rede noch als die Sprache nun direkt auf das abgelehnte Patronat des Princeps fiel, erwähnte er einen solchen. Und trotzdem war der Erfolg dieses Patriziers bei den letzten Wahlen überaus beeindruckend gewesen...


    "Werte Mitsenatoren, Candidatus Flavius.", begann Dives, nachdem er sich das Wort hatte erteilen lassen. Dabei erhob er sich von seinem hinteren Platz, damit man ihn auch vorne, in den Reihen der Consulare noch sehen konnte. "Ich möchte die sich hier bietende Gelegenheit nutzen, um dem Triumvir Flavius zunächst einmal meinen persönlichen Dank auszusprechen für seine die Decemviri stlitibus iudicandis entlastende Arbeit." Es folgte eine minimalistische Kunstpause. "Danke, Flavius.", ließ der Iulier sodann seiner Ankündigung Taten folgen, bevor er - aus Trauer um seine Tochter, mit deren Fall der Flavier jedoch nichts zu tun hatte, heute in schwarz gekleidet - neuerlich kurz innehielt.
    "Es wird in der Folge sicherlich niemanden verwundern, dass ich mich hiermit die Kandidatur des Flavius unterstützen möchte." Schließlich hatte er genau dies vor einiger Zeit auch versprochen. Und wessen Wort Gewicht haben sollte, der musste seine Versprechen bekanntlich auch einhalten. "Dennoch möchte auch ich noch eine Nachfrage an den Kandidaten richten. Flavius, du sprachst davon, dass dir das Amt des Quaestor Urbanus läge und dass du, sofern der Augustus dies favorisierte, auch als Quaestor Principis zur Verfügung stündest. Mich würde nun interessieren, wie genau du zu dieser Einschätzung kommst. Oder mit anderen Worten, welche zum Tragen kommende Fähigkeiten sind es, die dich deiner Aussage nach insbesondere für das Amt des Quaestor Urbanus empfehlen würden?", bot Dives dem Patrizier Gelegenheit, die eigenen Stärken noch einmal aufzuzählen. Denn dass der Flavier dem Princeps den Wunsch nicht abschlagen würde, als dessen Quaestor zu amtieren, lag auf der Hand. Die Präferenz für die urbane Quaestur indes nur mit zum Tragen kommenden Fähigkeiten zu begründen, erschien dem Iulier doch ein wenig zu allgemein.

    Aufmerksam verfolgte Dives die Worte seines Gegenübers. Dabei nickte er hin und wieder an der einen oder anderen Stelle oder tat das, was man landläufig als 'soziales Grunzen' bezeichnete.
    "Ein breiteres Aufgabenfeld würden dir sicherlich beinahe alle Quaestorenposten geben können, denke ich.", überging der Iulier sodann den flavischen Blick auf Vergangenheit und Gegenwart und richtete seinen Fokus stattdessen ganz auf die Zukunft. "Immerhin gibt es neben den von Quaestur zu Quaestur verschiedenen und damit für jede dieser Magistraturen ganz spezifischen Aufgaben", wie sich in der Regel zum Beispiel nur ein Quaestor Classis näher mit der Marine befasste, "auch noch solche Aufgaben, die allen Quaestoren weitesgehend gemein sind, wie beispielsweise die Arbeit an der Chronicusa Romana. Umso wichtiger allerdings erscheint es mir, dass man klar herausstreicht, welche Ziele man in seiner Amtszeit hat, um daraus schlussendlich ableiten zu können, in welcher Quaestur man diese Ziele am besten verfolgen und am Ende hoffentlich auch erreichen kann.", erklärte Dives anschließend seine in ebendiese Richtung laufende Frage.


    "Entsprechend also werde ich dich gerne bei deiner Kandidatur unterstützen, so ich bis dahin über einen eigenen Sitz und eine Stimme im Senat verfüge.", sagte er hernach nun natürlich zu. Denn wo man einen Gefallen gewährte, da gab es zu einem späteren Zeitpunkt immerhin auch wieder einen Gefallen zu holen. "Jedoch hoffe ich, dass dich deine Überlegungen bis zu deiner Rede in der Curia Iulia vielleicht soweit bringen, dass du auch zwischen urbaner und principaler Quaestur eine eindeutige Präferenz für entweder die eine oder aber die andere Magistratur abgeben kannst.", legte der Iulier seinem patrizischen Gegenüber nah und musste kurzzeitig an eine seiner thermalen Begegnungen mit Lepidus zurückdenken. Auch dem Tiberier nämlich hatte er einst das klare und eindeutige Benennen der eigenen Präferenzen ans Herz gelegt. Denn... 'Selbstverständlich will ich nicht vergessen, dass die hohen Senatoren später exakt festlegen werden, welcher gewählte Kandidat welches Amt übernehmen darf. Dennoch halte ich ganz persönlich es für nicht verkehrt klar zu sagen, was man anstrebt. Gibst du dich nur zögerlich, vermittelst du wohlmöglich leicht den Eindruck, dass du dir da zwar schon ein paar Gedanken gemacht hast, dir aber - aus welchen Gründen auch immer - noch immer nicht ganz sicher bist. Gibst du dich gar zweifelnd, wirst du mitunter vielleicht sogar - surprise, surprise - in ein ganz anderes Amt gesteckt, das sonst niemand wollte. Ergo: Umso mehr Selbstsicherheit du bei der Wahl deiner Präferenz an den Tag legst, umso höher sind - meiner Meinung nach - auch die Chancen, dass man dir, solltest du gewählt werden, deinen geäußerten Wunsch erfüllt.'


    "In diesem Sinne denke ich, dass ich mich allmählich wieder zu meiner draußen wartenden Sänfte begeben sollte.", leitete Dives anschließend die Verabschiedung ein. "Du wirst sicherlich noch einiges zu tun haben - sei es als Vigintivir oder als Kandidat für die Quaestur." Mit einem schmalen Lächeln blickte er den Flavier erwartungsvoll an, während er selbst - seiner eigenen Ankündigung zum Trotz - erst einmal noch sitzen blieb.




    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Zitat

    Original von Kaeso Annaeus Modestus
    Ich bitte darum Paullus Germanicus Aculeo zum Promagister der Germanitas Quadrivii und mich zum Magister derselbigen zu ernennen. Als Promagister kann ich das selber leider nicht. Vielen Dank. :)


    Edit: Ausgespielt wurde das ganze natürlich hier.


    Beides eingetragen und zugleich Sedulus in den Rang eines Sodalis Maior zurückversetzt.

    Auch die Verwandten in den fernen Provinzen mussten früher oder später über die schrecklichen Neuigkeiten informiert werden...


    Roma, A.D. VIII ID NOV DCCCLXV A.U.C.

    Ad
    Praefectus Castrorum
    Marcus Iulius Licinus
    Castra Legionis II Germanica
    Mogontiacum, Germania Superior



    Dives Licino patruo magno s.d.p.


    Für ein Kind, dessen Eltern sterben, stirbt die Vergangenheit.
    Für einen Vater, dessen Kind stirbt, stirbt die Zukunft.


    Noch immer vermag ich es kaum zu glauben. Noch immer kann ich es nicht begreifen. Noch immer kommt mir all dies so überaus unwirklich vor. Es fühlt sich an wie ein Traum - ein Alptraum. Sie ist tot, Licinus. Torquata ist tot.
    Nie hätte ich am Tag ihrer Adoption gedacht, dass sie mir einmal so nah stehen würde. Nie hätte ich gedacht, dass ich so betroffen wäre. Nie hätte ich gedacht, dass sie vor mir geht von dieser Welt. Licinus, ich bin zutiefst erschüttert.


    Dennoch werde ich stark sein. Denn ich bin seit kurzem nun Senator - auch wenn sich dies zur Zeit genauso nebensächlich anfühlt, wie es in diesem Brief gerade klingen mag. Ich werde keine Schwäche zeigen. Stattdessen werde ich ein letztes Mal in den Kampf ziehen für meine Tochter, die vestalische Jungfrau.
    Nach den Ludi Plebei, am zwölften Tag vor den Decemberkalenden, wird Torquata mit einer kleinen Pompa aus dem Atrium Vestae über das Forum Romanum, wo ich eine Leichenrede auf sie halten werde, in ein im Bau befindliches, iulisches Grabmal an der Via Appia über- führt werden.


    Übrigens ist Fausta wieder schwanger. Es ist wohl bald soweit. Nur weiß ich wirklich nicht, ob ich gerade jetzt dazu bereit bin, erneut Vater zu werden. Ich wünschte, es stünden nicht die gewaltigen Alpen zwischen uns. Ich wünschte, Centho wäre jetzt hier in Roma. Ich wünschte, die Domus wäre... weniger still. Einzig mein kleiner Marc gibt mir derzeit Kraft und richtet meinen Blick nach vorn.


    Mögen die unsterblichen Götter über dich und deine Familia wachen. Und möge insbesondere Mars dich beschützen. Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR ET QUAESTORIUS


    Sim-Off:

    Die iulische Wertkarte bezahlt.

    Dives schloss müde die Augen, als seine Frau den Raum betrat und keinen großen Hehl daraus machte, dass sie weit weniger von seinem Verlust getroffen war als er. Im Gegenteil schien es beinahe, als hätte sie ihren Spaß daran, den Iulier in dieser Verfassung zu sehen. Fragte sie ihn in dieser Situation ernsthaft danach, ob er hier umdekorierte?! Ihre Worte des Beileids klangen in den divitischen Ohren nur kühl und wenig aufrichtig, bevor sie schlussendlich fragte, was passiert wäre. Dives atmete einmal tief ein und ganz langsam wieder aus, während er zunächst nicht die Intention hatte, hier und jetzt mit Fausta über dieses Thema zu sprechen. Eine Stille entstand... bis der Iulier letztlich doch seinen Oberkörper aufrichtete und seine Frau aus glänzend feuchten Augen anblickte.


    "Warum bist du hier? Warum... warum kannst du mich nicht wenigstens ein einziges Mal..." In Frieden lassen? Dem Iulier fehlten die Worte. Er wusste nur, dass ihm die Anwesenheit seiner Gattin in dieser Lage nicht half. Stattdessen machte ihr fehlendes Mitgefühl alles nur noch viel schwerer und anstrengender für ihn. "Ich habe gerade meine Tochter verloren, ein junges, bildhübsches, unschuldiges Mädchen. So unglaublich viel noch lag vor ihr. Das Beenden ihrer vestalischen Ausbildung und... über 20 Jahre im Dienste der Vesta." Ein kurzes Schluchzen unterbrach den trauernden Vater. "Es ist erst wenige Jahre her, da verlor sie ihre leiblichen Eltern. Sodann bekam sie mit mir einen neuen Vater. Anschließend gewann sie fünf vestalische Schwestern, nur um kurz darauf dann mit dem Verlust ihres geliebten Bruders dafür zu bezahlen." Er senkte seinen Blick und schüttelte langsam seinen Kopf. Offenkundig war es Torquata nie vergönnt gewesen, ein einigermaßen stabiles Umfeld zu genießen. Ständig gab es tiefgreifendste Veränderungen. Ständig wurde sie von allen Seiten angegriffen. Sie war wie das Dach eines großen Tempels, dessen Säulen - mal von den Göttern und mal von den Menschen - eine nach der anderen zum Einsturz gebracht wurden. Erst ihre Eltern, dann ihr tadelloser Ruf, anschließend ihr Bruder. Und schlussendlich bedurfte es dann offensichtlich nurmehr eines kleines Windhauchs gegen ihre Gesundheit, um das ganze Gebäude wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen zu lassen...

    Gefasst und aufrecht betrat der jüngst in den Senat berufene Iulier aus dem Obergeschoss der Domus kommend das Atrium des Hauses. In einer schwarzen Toga hielt er festen Schrittes auf das Solium zu und grüßte die anwesenden Klienten.
    "Avete.", eröffnete er die Salutatio mechanisch und setzt sich sodann. Die Augenringe und andere Spuren seiner Trauer hatte er geschickt mit etwas Kosmetik kaschieren lassen. Doch sein leerer Blick und seine ausdrucksarme Mimik machten dennoch deutlich, wie nah ihm der kürzlich erlittene Verlust wohl gehen musste.


    "Quintus Petilius Rufinus.", lautete der erste Name, welchen der Nomenclator an diesem Tage aufrief. Der Sohn des gleich nebenan wohnenden Senators Quintus Petilius Sophus trat vor und drückte zunächst sein Beileid aus zum Tod der Vestalin Iulia Torquata. Es folgte eine steife Gratulation zur Berufung in den Senat, bevor er anschließend kurz über die Probleme bei seinem Tirocinium Fori sprach. Dives nickte dann und wann und sagte insgesamt nur wenig, während ein Schreiber des Senators einige Notizen machte. Hernach kam der nächste Klient des Iuliers an die Reihe.


    Sim-Off:

    Edit: Cognomen des Petilius von Romanus nach Rufinus angepasst.


    "Marcus Helvetius Severus.", war bald danach auch der noch nicht ganz so lange im divitischen Klientel befindliche Stadtschreiber an der Reihe. Wohl aufgrund seiner Verwandtschaft - zum verstorbenen Senator Helvetius Geminus, zum verblichenen Praefectus Praetorio Helvetius Falco sowie zum gewesenen Vigintivirn Helvetius Commodus, Faustas Cousin - hatte der Enkel eines Eques einen keinen allzu schlechten Platz auf der Liste des Nomenclators erhalten. Zudem schien der Mann recht aussichtsreich und vielversprechend, was ihn relativ gesehen wichtiger machte als manchen anderen Klienten, der bereits etwas länger zu den divitischen Salutationes erschien...
    "Salve.", grüßte der Senator wortarm.