Muscheln in Weinsoße? Da Dives nicht viel von Bacchus Rebensaft vertrug, wusste er nicht recht, was er von dieser Idee halten und wie er darauf reagieren sollte. Überbackene Früchte? Da wurde das schelmische Lächeln des Iuliers noch ein kleines bisschen breiter. Gegen überbackene Früchte nämlich hatte er in der Tat nicht das geringste einzuwenden. Und etwas zum Spielen?
"Du kennst mich einfach viel zu gut, mein Freund.", kommentierte er diesen letzten Part mit großen Augen und einem spitzbübigen Lächeln, das längst in ein vergnügtes Grinsen übergegangen war. Insgeheim hoffte er nur, dass der Germanicer am Ende nicht tatsächlich beim nächsten divitischen Besuch mit all diesen schönen Dingen aufwarten würde. Insbesondere bei der Wahl eines 'Spielzeugs' nämlich konnte er per se nur daneben liegen, wiewohl es selbst bei einem Glückstreffer eine äußerst unangenehme Situation wäre, in die er den Iulier damit bringen würde...
Zitat
Original von Paullus Germanicus Aculeo
Du hast aber schon noch in Errinnerung welcher der Imperartoren mir damals diese Würde übergab?
"Und hat der Aquilius oder hat zuvor der Cornelius dir deshalb deine Eignung und Befähigung abgesprochen und deine Standeserhebung rückgängig gemacht oder für nichtig erklärt?", kommentierte Dives selbstbewusst den Einwurf seines Freundes. Denn in der Tat war auch der Iulier selbst zwar noch zu Lebzeiten Valerianus und damit ganz offiziell von diesem in den Ordo Senatorius erhoben worden. Tatsächlich jedoch war es dereinst sein Cousin Centho gewesen, der eine nicht ganz unerhebliche Summe aufgewandt hatte, damit ein dicker Glatzkopf seinen Potitus unter diese Angelegenheit setzte. In der Folge also hatte sich Dives bereits eingehender mit derlei Fragen beschäftigt und war am Ende dabei zu der Überzeugung gelangt, dass alles, was nicht explizit rückgängig gemacht oder für nichtig erklärt wurde, als berechtigt, gerechtfertigt und bestätigt angesehen werden konnte und angesehen werden musste - zumal es ja auch durchaus vescularische Standeserhebungen gab, die rückgängig gemacht wurden.
Im weiterem Verlauf beschrieb sich Aculeo am Ende des iulischen Sermon als Mann ohne Ziel. Kurz darauf sprang er auf, um offenkundig den Wein herbeizuholen. Dives unterdessen, der mit dieser drastischen Antwort nicht gerechnet hatte, blieb indes sitzen und begann zu grübeln. Was sollte er jemanden mit auf den Weg geben, der eine Vision für sein Leben scheinbar verloren hatte? Er könnte ihm schließlich kaum platt an den Kopf werfen, dass er sich eben eine Muse zulegen sollte, um seine Vision wiederzufinden. Was also war es, das den Iulier trotz diverser Probleme seine Fokus behalten ließ? War es das Pflichtgefühl insbesondere gegenüber seinem octavischen Großvater Anton? War es der Ehrgeiz, seinem Cousin Centho nachzueifern, um sich damit für dessen stete Unterstützung zu bedanken? Oder war es die Hoffnung, insbesondere seinem Sohn die besten Voraussetzungen für ein gutes Leben zu schaffen, indem er beispielsweise dafür sorgte, dass sein Sohn automatisch den Ordo Senatorius von seinem Vater erbte, so dieser einmal in den Senat berufen werden sollte?
"Nun...", begann er schließlich etwas zögerlich, nachdem Aculeo mit dem Wein zurück war. "Aus meinem rhetorischen Studium kann ich dir sagen, dass es deutlich einfacher ist, eine gute Rede zu halten, wenn man für sich zuvor ganz klar festlegt, was man aussagen und erreichen möchte - und nicht nur vielleicht oder eventuell erreichen möchte, sondern _wirklich_ ganz fix erreichen will." Dives kratzte sich kurz am Hals. "Denn mit einer klaren Vorstellung davon, wo man mit seiner eigenen Rede hin möchte, ist die eigene Haltung und die eigene Einstellung zum Gesagten eine ganz andere. Die eigene Überzeugung ist eine ganz andere, die Sicherheit steigt, die Überzeugungskraft steigt, die Erfolgsaussichten steigen." Er hielt kurz inne.
"Wenn man aber nun nicht so genau weiß, wo man mit seiner Rede hin möchte, was man aussagen will, worauf man hinaus möchte, dann... macht dies die Situation natürlich etwas schwieriger.", stellte er anschliend das Offensichtliche fest. "Ich weiß selbst nicht genau, was ich dir in dieser Situation nun am besten raten sollte. Eh ich dir also irgendetwas Falsches empfehle, empfehle ich dir folglich lieber gar nichts. Allerdings möchte ich dir stattdessen einen persönlichen Eindruck von mir mit auf den Weg geben." Kurz blickte Dives zu Boden, bevor er Aculeo wieder ins Gesicht sah. "Nicht immer - aber doch manchmal - hilft es, wenn man Dinge einfach ausprobiert, um zu wissen, ob es das ist, was man will." Das traf auf einen Mann, der glaubte eventuell vielleicht unter Umständen ein kleines bisschen auf andere Männer stehen zu können, genauso zu wie auf einen Handwerker, der sich nicht entscheiden konnte, ob er lieber Schreiner oder Schmied oder doch eher Steinmetz werden wollte.
"Du musst dir natürlich im Klaren darüber sein, dass eine getroffene Entscheidung natürlich auch Konsequenzen nach sich zieht. Wenn du die grüne Olive in den Mund genommen hast, dann kannst du sie nicht sofort wieder ausspucken, um dich doch für die schwarze zu entscheiden. Du musst die grüne Olive schlucken, daraus lernen, und kannst dich beim nächsten Mal dann mit der gewonnenen Erkenntnis neu entscheiden.", baute Dives ein sprachliches Bild. "Wenn du das im Hinterkopf behälst und wenn du ein Ziel gerade nicht ins Auge fassen kannst und wenn du dich darüber hinaus zu allen Ämtern und Posten ähnlich stark zu motivieren in der Lage bist... dann, so denke ich, könnte es unter Umständen vielleicht", sprach der Iulier hier bewusst sehr hypothetisch, da er Aculeo nur bei der Entscheidungsfindung helfen, ihn bei selbiger jedoch nicht aktiv beeinflussen wollte, "ja eine Idee sein, nach der zivilen Verwaltungstätigkeit als Procurator Annonae nun einmal einen Fuß in den militärischen Tätigkeitsbereich zu setzen. Denn wenn du dich in der Vergangenheit sogar bereits eingehender theoretisch mit diesem Bereich befasst hast, zeugt dies ja von einem bereits früher hier vorhandenen Interesse. Und wenn ich schlussendlich an die höchsten Ritterämter - den Praefectus Praetorio oder den Praefectus Aegypti - denke, so werden jene Positionen wohl eh in aller Regel solchen Rittern anvertraut, die in beiden Bereichen Erfahrungen vorzuweisen haben." Ein noch besseres Beispiel wäre vermutlich der Praefectus Urbi gewesen, der militärisch an der Spitze der Cohortes Urbanae stand, während er sich im zivilen Verwaltungsbereich um die Praefectura Urbis mit den stadtrömischen Curaturen und und und kümmerte. Allerdings war der Praefectus Urbi bekanntlich kein Eques, sondern ein ranghoher Senator bekleidete dieses Amt.
"Doch wie gesagt weiß ich nicht, was ich dir am besten empfehlen sollte und kann und möchte dir in der Folge hier auch gar nichts empfehlen.", betonte der Iulier schlussendlich noch einmal. Vielleicht nur ließ sich Aculeo die divitischen Worte einfach durch den Kopf gehen und befand sie entweder für gut und hilfreich oder für weniger gut und weniger hilfreich. "Vom vielen Reden habe ich nun einen ganz trockenen Hals." Mit diesen Worten ergriff Dives den befüllten Becher. "Worauf trinken wir?", erkundigte er sich anschließend, da er selbstredend nicht ohne einen kleinen Trinkspruch einfach so seine Kehle befeuchten wollte.