Selbstevident und selbsterklärend in der Tat war es für Dives nicht, sollte ihm gegenüber jemand behaupten, dass es in ganz Roma nur zwei patrizische Senatoren, Flavius Gracchus und Aurelius Lupus, gäbe, die sich als Patroni für einen aufstrebenden Politiker eigneten. Wäre er je explizit mit dieser Thematik konfrontiert, ihm käme womöglich der Aedilicius Claudius Menecrates, Patron auch seines Cousins Antoninus, in den Sinn - beispielsweise. Und selbst wenn doch alle patrizischen Stricke rissen, so würde sich der Iulier seinerseits wohl kaum damit zufriedengeben, dass die Umstände sein Leben diktierten - und sein Leben nicht umgekehrt die gewünschten Umstände schuf. Seine Lösung tatsächlich wäre wohl im Zweifelsfall reichlich simpel: ein Umdenken im Kopf. Denn wo zu wenig patrizischer Adel wäre, um zufriedenstellend einen Patron betreffend fündig zu werden, da musste eben die Begrifflichkeit des Adels schlicht überdacht werden. Vielleicht also nahm man sich nicht zuletzt gar am übergroß über der tiberischen Gens schwebenden Tiberius Durus ein Vorbild, für den offenkundig Adel wohl auch keineswegs exklusiv patrizischer Adel bedeutet hatte. Und war nicht in der Tat auch und vor allem die Nobilität adelig? War der bislang wohl größte Tiberier der jüngeren Geschichte nicht vielleicht auch deshalb einst Klient eines Plebeiers gewesen? Hatte er nicht vielleicht auch deshalb - soweit der Iulier oberflächlich informiert war - dem schon dereinst aussichtsreichen Senator Purgitius, welcher heute sich selbstredend zu den Consularen zählen durfte, eine Tiberia zur Frau gegeben?
Doch da explizit diese Thematik hier nun nicht auf dem Gesprächstisch landete, blieben diese etwaigen Gedanken wohl vorerst ungedacht. Und auch die Tatsache, dass dazu noch mancher Plebeier auf den zweiten Blick vielleicht gar nicht unbedingt so plebeisch war, wie es zunächst schien - weil er sich über einen Marcus Vinicius und eine Iulia Livilla auf die Iulii Caesares zurückführen konnte; oder weil er über Quintus Aelius Pomponius und Aelia Ulpia, Schwester des Divi Traiani Pater, doch vergleichsweise nah mit dem ulpischen Kaiserhaus verbandelt war -, blieb folglich vorerst unausgesprochen. Stattdessen ging das Gespräch nun in eine andere Richtung.
"In der Tat wohl, Lepidus, wäre ich vermutlich dazu in der Lage gewesen, diese erste Anhörung - zu einen richtigen Prozess ist es ja glücklicherweise gar nicht gekommen -", wollte der Iulier durchaus ein wenig betont wissen, "zu verhindern. Jedoch hat es offenkundig keine der beiden Seiten - weder Fausta noch Sedulus - für nötig befunden, mich über diese unschöne Entwicklung zu informieren... bis ich auf einer meiner tribunischen Kontrollgänge kurz vor Anhörungsbeginn ZUFÄLLIG von diesem Vorgang erfuhr! Und da sodann konnte ich tatsächlich nurmehr meine Frau betrefflich ihrer vermeintlichen Motive zur Rede stellen und Sedulus brieflich mein Bedauern ob dieser Ärgerlichkeit ausdrücken, während die Anhörung als solche schlicht kaum mehr zu verhindern gewesen war.", exkulpierte Dives seine Position in dieser ganzen Angelegenheit und zog für einen kurzen Moment lang seine Stirn in nachdenkliche Falten. Denn ob er diese Szenerie, wie Lepidus es nannte, hätte durch früheres Wissen verhindern können, da war er sich in der Tat mehr als unsicher. Vermutlich hätte Fausta ihn am Ende nur früher mit der Schwangerschaft mit ihrem gemeinsamen Sohn zu erpressen versucht und er hätte nur früher abermals Schwäche ihr gegenüber gezeigt, sodass er wahrscheinlich gar dankbar sein musste, so lange im Unwissen gelassen worden zu sein - insbesondere seitens Sedulus.
"Eh du dich nun jedoch sorgst, habe ich neben meinen entschuldigenden Worten natürlich längst auch aktiv Schritte eingeleitet und unternommen, um mein über mehrere Jahre aufgebautes gutes freundschaftliches Verhältnis zu Sedulus nicht durch eine unüberlegte und unverständige Tat einer Frau, meiner Frau, nicht vor die Hunde gehen zu lassen.", versuchte er sodann seinen Verbündeten ein wenig zu beruhigen. Denn dies war wohl der Hauptgrund für die tiberische Erkundigung: Dives wurde als Partner zweifelsohne unwichtiger und uninteressanter, wenn er eines solch bedeutenden Kontaktes verlustig ging. "Und ich bin ganz zweifellos optimistisch, dass sich diese Freundschaft wieder einrenkt. Nicht zuletzt vermochte ich mit meinem Wort als Iulius der Iulii Caepiones ihn sogar im Vorfeld der Wahlen erfolgreich davon zu überzeugen, dass er meine Kandidatur einmal mehr mit seiner Stimme - und hiermit meine ich nicht nur seine Wahlstimme sondern insbesondere seine gesprochenen Worte im Anschluss an meine Kandidaturrede - unterstützte." Wie er indes zukünfig derartige Situationen von Beginn an unterband, darüber musste er in der Tat wohl erst noch eingehend nachdenken. Denn er konnte wohl kaum, obgleich er in einem Anflug von Mut einst damit gedroht hatte, sich scheiden lassen von der Frau, die vor vielem anderen sein intimstes Geheimnis kannte - und es wie ein Damokles-Schwert über ihn hielt. Keinen Wimpernschlag lang zweifelte Dives daran, dass sie ihre Drohung gewiss im Zweifelsfall wahr machen würde und den Iulier in aller Öffentlichkeit outete. Niemals dürfte das passieren!