Nach den ersten Sätzen des Iuniers über den Mord löste sich die Anspannung des Tribuns merklich, während er die zuvor unbewusst angehaltene Luft langsam durch seinen Mund entweichen ließ. Mit irgendwelchen Syrern verkehrte er nämlich in der Tat eher selten - und wenn, dann tatsächlich nur beim Einkaufen oder ähnlich harmlosen Vorgängen. Männer aus dem Osten waren eben einfach... nicht Dives Typ, nicht mehr und nicht weniger. Indes legte der letzte Satz des Offiziers - dass er nicht glaube, dass der Iulier den Tod des Syrers gewollt habe - dann nahe, dass der Optio vom exakten Gegenteil dessen ausging... oder es zumindest in Erwägung zog, dass Dives zu dergleichen fähig war. Kurz machte sich daraufhin ein schmales, aber durchaus amüsiertes Grinsen auf seinen Lippen breit.
"Optio Iunius...", begann er und betonte diese Worte ganz nach dem Motto 'wie kannst du nur so etwas von mir denken'. "Steht bequem.", unterbrach er sich anschließend jedoch zunächst selbst mit einer lockeren Handbewegung in Richtung der beiden Soldaten. "Optio, du traust mir also tatsächlich zu und ziehst es in Erwägung, dass ich auf solche haltlosen Gerüchte mit kalter und unbarmherziger Hand reagiere und meiner Familie und mir damit im Zweifelsfall nur noch mehr schade?" Sein Blick wurde wieder ernst und wanderte vom Iunius zum Germanicus. "Ich hoffe, du hast nicht ebenfalls einen derart fatalen Eindruck von mir gewonnen während meines bald endenden Tribunats." Andererseits, und genau deshalb konnte der Iulier augenblicklich auch nicht zornig sein, schmeichelte es ihm schon ein wenig, dass man ihm so viel Härte und Stärke - wohl bemerkt seitens römischer Elitesoldaten - grundsätzlich zutraute.
"Aber ich werde mich gewiss nicht um eine Antwort drücken und kann dir entsprechend nur bestätigen, Optio Iunius, dass ich den Tod dieses syrischen Händlers weder gewollt noch verursacht habe." Er ließ eine kleine Zäsur folgen. "Andererseits aber denke ich auch nicht, dass mir jemand irgendwie schaden will, indem er irgendeinen Syrer umbringt, den ich selbst nicht einmal kenne." Zumindest ging der Iulier einfach mal davon aus, dass er diesen Syrer nicht kannte. Aber woher sollte er? "Stattdessen vermute ich vielmehr, dass dieser Mord vielleicht etwas mit diesen seltsamen Graffitis zu tun hat. Ihr habt sie vielleicht auch schon gesehen. Sie fordern ein freies Syria." Absurd, aber so waren eben manche Leute. Und gerade im Osten, wo auch diese Christianersekte ja irgendwo ihre Ursprünge haben sollte, tickten die Menschen eben scheinbar einfach anders.
"Und ich nehme an, ihr habt das ganz zweifelsfrei ermittelt, dass dieser Syrer die selbstredend auch mir bereits mit einigem Unmut ans Ohr getretenen Gerüchte in Umlauf gebracht hat?" Diese Frage war eine rhetorische. "Gerade dann muss ich zwar sagen, dass er eine durchaus gerechte Strafe für diese Tat erhalten hat. Aber ich selbst habe davon am wenigsten. Denn weder kann dieser Händler nun noch die Falschheit seiner erfundenen Erzählungen zugeben, noch vereinfacht dieser Tod in irgendeiner Weise die Suche nach der wahren Quelle dieser Lügengeschichte über meine Tochter Torquata.", geriet der Iulier ob der Erleichterung darüber, dass sein Geheimnis weiterhin geheim zu sein schien, ein wenig ins Plaudern. "Lasst mich euch einen kleinen Exkurs in die Politik geben. Dort gibt es Römer, die den postbürgerkrieglichen erneuten Aufstieg der Iulier überaus kritisch betrachten, obgleich gerade meine eigene Familia mit dem Vescularius praktisch nichts zu schaffen hatte." Ganz so einfach selbstredend war die Situation nicht, doch Dives wollte auch nicht unnötig komplex werden. "Da war es vermutlich fast schon zu erwarten gewesen, dass kurze Zeit nachdem ich entsprechende Stellen zu einer Captio meiner Tochter zur Vestalin angeschrieben habe, irgendein Gerücht auftaucht, welches sie in ein schlechtes Licht stellen soll. Wobei Licht hier ein ganz gutes Stichwort ist: Denn wenn du des Nachts jemanden aus der Ferne siehst, Optio Iunius, bist du dir dann stets sicher, dass du die Person auch ganz zweifelsfrei erkennst?" Wieder folgte eine kurze Pause, in welcher der Tribun einmal durchatmete. "Also ich für meinen Teil wäre mir da jedenfalls nicht immer ganz sicher, wenn ich nachts im Dunkel auf einen Soldaten und eine Frau treffe, dass diese Frau... die Tochter des Bäckers zwei Straßen weiter... oder die Tochter irgendeines Geschäftspartners wäre.", verglich Dives und blickte den Iunier hernach nun erwartungsvoll an. Diese Gerüchte waren eben... Gerüchte, nicht mehr. Und dass dieser ermordete Händler ausgerechnet der Ursprung dieser Gerüchte war, das war - in den Augen des Iuliers zumindest - ein Zufall, den er eben teils durchaus guthieß und teils aber auch aus ausgeführten Gründen bedauerte.