Dives nickte verstehend mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Offenbar war sein Cousin Crassus so pflichtbewusst, dass er es selbst ohne die explizit an ihn heran getragene Bitte als seine Pflicht betrachtete sich schon einmal nützlich zu machen, wo er konnte. Das nahm der Duumviralicius äußerst wohlwollend zur Kenntnis, zeugte dies doch von einer hohen Loyalität entweder gegenüber der iulischen Verwandtschaft oder aber gegenüber dem Kultverein, dem Dives (wennauch nur stellvertretend) derzeit vorstand. In beiden Fällen profitierte der aus Ostia eingekehrte Iulier mitunter nicht gering, sodass er wohl in diesem Augenblick beschloss nach einem gut verlaufenen Gespräch auf dem Palatin aus seinem entfernten Verwandten Crassus seinen Cousin Tiberius zu machen - sofern natürlich erstens jener Kanzleibeamte dies annehmen würde und zweitens sich Dives dann noch an diesen gefassten Beschluss erinnerte.
"Ich vertraue dir und deiner Erfahrung in der palatinischen Kanzlei voll und ganz.", bekundete er nach dem Augenzwinkern seines Verwandten mit einem freundschaftlichen Lächeln.
Dann lauschte der gewesene Duumvir nicht uninteressiert den Ausführungen seines Cousins zur Sache des Bürgerrechts für einen Peregrinus beim Militär. Den Teil mit den Einflüsterungen hatte er sich dabei schon fast gedacht. Doch lautete die entscheidende Frage wohl, wen der entsprechenden Amtsinhaber der Iulier bislang überhaupt gut genug kannte, um ihm erfolgreich diesen Floh ins Ohr zu setzen? Der octavische Praefectus Classis Misenensis war aus seinem Amt entlassen worden, soweit Dives wusste, und ein neuer Präfekt war seines Erachtens nach noch nicht wieder ernannt worden. Wer war der Quaestor Principis in diesem Jahr? - Zumindest niemand, den Dives bisher näher kannte, wurde ihm recht schnell klar. So blieb folglich einmal mehr die Administratio Imperatoris als Anlaufpunkt. Dort wüsste er wenigstens Crassus auf seiner Seite.. und.. unter ganz glücklichen Umständen, an die er beinahe nicht zu hoffen wagte, vielleicht auch Pompeius Imperiosus. Mal sehen, ob der sich erstens in der Kanzlei halten und zweitens über den Konflikt mit Proximus hinweg sehen könnte.
Die Frage weiterer Fürsprecher war natürlich ebenfalls so eine Sache. Verfahren, dass gerade jetzt sein Großonkel Agrippa unbedingt nach Hispania verreisen musste! Der wäre sicherlich ein guter Mann mit purpurnem Streifen auf der Toga gewesen. Wer käme noch in Frage? Dives' Onkel Victor hätte als Kriegsverlierer wohl kaum eine ausreichende Stimmkraft, wie wohl ebenfalls die Cousins Iulius Centho und Octavius Macer. Einen Patron hatte der Duumviralicius zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht - und selbst wenn er bald ein Klient wäre, so wollte er seinen ohnehin bereits vorbelasteten Namen nicht noch mehr über solche semilegalen Geschäfte beladen. Am Ende wäre er den Patron schneller wieder los, als er das Wort aussprechen könnte.
"Noch nichts.", beantwortete Dives die schlussendliche Frage seines Cousins etwas gedankenverloren. Erst danach wurde ihm klar, dass er damit implizit zugab den rein hypotetischen Peregrinus bereits weit weniger hypotetisch zu kennen. Er trank einen Schluck aus seinem Becher.
"Ich meine, das war ja eh nur ein konstruierter Fall, der mich einfach nur mal so interessiert hätte. Mehr nicht.", setzte er also nach und war sich nicht ganz sicher, ob er das mitunter nicht vielleicht sogar genau so meinte. Denn lohnte sich dieser ganze Aufwand, der nach diesem Ausgang des Bürgerkriegs für den Iulier ungleich größer geworden war, für den zu erwartenden Gewinn überhaupt noch? Ein Klient hatte dieser hypotetische Kerl werden wollen. Aber was nützte der schon in den unteren Rängen einer Einheit, mit der Dives nur dann überhaupt zu tun bekäme, sollte er jemals das Los seines Cousins Centho teilen und zum Quaestor Classis berufen werden? Und die Informationen über Massa, um die es dem Iulier einst in erster Linie gegangen war? Hier stand er klar vor der Frage, inwieweit es überhaupt noch Sinn ergäbe dem weiter nachzugehen. Was interessierte ihn dieser Centurio der Classis, wenn er Serapio im schlimmsten Falle eh nie wieder zu Gesicht bekäme? Und unter Umständen war ja auch Massa bereits ein Opfer des Bürgerkrieges geworden - wie auf der anderen Seite eventuell auch der hypotetische Peregrinus...
"Einen Procurator musst du nur meinetwegen nicht auch noch mit diesem Anliegen behelligen. Ich denke, dass die anderen beiden Dinge weitaus wichtiger sind. Nein, sag mir lieber: Was ist eigentlich aus dem Schwager unserer Tante Paula geworden?", leitete Dives nun also vom Geschäftlichen langsam aber sicher in privatere Gefilde über, wenngleich das Thema Pompeius Imperiosus selbst noch lange nicht privat war. Anschließend nahm der Iulier noch einen Schluck aus seinem Becher, bevor er das Zeichen zum Auftischen einer Platte hartgekochter, halbierter Eier gab. Wenn der alte Sack.. pardon, betagte Familienvater Iulius Potitus unbedingt auf sich warten lassen wollte, dann begann das Essen eben ohne ihn. Dives hatte Hunger!