Luca blickte den Mann, dem er gerade noch gestanden hatte, dass er ihn belogen hatte, dennoch stolz entgegen, als dieser zu ihm sprach, ihn sogar seinen Freund nannte. Dennoch irritierte ihn, dass der Mann ihn so ansprach, wie er, Luca seinen Herren Flaccus ansprach, nämlich so ganz förmlich und nicht mit dem vertrauten Du. Aber er zeigte es lediglich damit, dass er eine Augenbraue leicht joch zog. Denn mehr noch irritierte Lucader Großmut, der in den Worten seines Gegenübers steckte. Er nahm seine Lucas Entschuldigung an und nannte die Wahrheit ein wertvolles Gut. Da gab Luca dem Mann einfach nur Recht. Und Luca ärgerte sich ein wenig immer noch über sich selber, hatte aber nun ja so eine Art Sühne getan, in dem er eben seine dumme Lüge zu gegeben hatte, was der Mann erkannte und worüber Luca sogar froh war.
Das der Mann dann aber in Lucas Namen einen Krug Wein opfern wollte, wo der Mann doch seinen Namen nicht mal kannte, war dann zu viel des Guten. Aber so sei's. So waren wohl die Römer. Der Mann aber beschämte Luca nun fast ein wenig zu viel, dennoch liess es sich der Sklave nicht ansehen. Die spinnen einfach alle, die Römer, schoss es ihm durch den Kopf, aber diesmal meinte er es nicht einmal beleidigend. Ihn verwirrte das Leben hier einfach. Er kannte weder Sitten noch Gebräuche und wusste einfach mit den Menschen teilweise nicht umzugehen. Außerdem wollte er gar nicht hier sein, er war ein verfluchter Sklave. Ein Mensch zweiter Klasse. Obwohl das hier mit nun rein gar nichts zu tun hatte und Luca nicht der Mensch war, der sich selbst bemitleidete. Aber es war eben auch nicht einfach für den Mann aus Dalmatien.
Und insofern war er froh, dass er das einzig richtige gemacht hatte: Wahr zu sprechen und einen Fehler zu zugeben. Auch wenn es in Rom vielleicht nicht üblich sein mochte, aber Luca schätze die Wahrheit und hatte aus reinem Eigenutz gelogen, um den Mann schnell los zu werden, weil er glaubte, damit der Frau zu helfen, die nun eben mal sichtlich erschrocken gewirkt hatte. Dennoch ärgerte sich Luca, dass er das alles nicht viel geschickter angestellt hatte.
Aber nun war es eben geschehen und er schaute dem Mann offen und eines dankbaren Blickes in die Augen. Aber nicht naiv, sondern eher wissend wegen dessen Worte. Und er nickte, als seine Worte sprach, seinen Umhang aus dem Beutel zog und ihn umdrehte, um sich dann schliesslich zu verabschieden. Luca nickte einfach nur kurz und ernst. Er hatte eine Lektion gelernt.
Der Mann schaute sich dann noch einmal um und Luca blickte ihn an und schliesslich nach.
»Ich danken Euch! Euch auch viel Glück...« sprach er nur. Was sollte er noch sagen?
Das war einfach seltsam gelaufen. Alles nur ein Missverständnis. Aber dennoch versuchte Luca das Ganze nun nicht zu ernst zu nehmen. Er hatte auch das Messer gesehen, dann kam ihm das Anrempeln eben erst sehr seltsam vor. Das es nun so harmlos endete, war doch eigentlich wünschenswert. Auch wenn Luca seine lüge offen zugegeben hatte. Was war daran schlimm? Der Mann hatte es erfasst, es war eigentlich löblich, wenn vielleicht auch in den Augen von manchen männlich. Aber das war Luca egal. Wer weiss, wohin er den Mann mit seiner falschen Wegbeschreibung hingeführt hatte. Womöglich in noch finstere Gassen, wo dieser schliesslich zum Ofper von Übeltätern geworden wäre.
Egal, das Thema war durch.
Und nun widmete er sich ganz der jungen Frau. Sie schien etwas verwirrt wegen dem, was gerade geschehen war. Und was auch immer durch ihren hübschen Kopf ging, Luca erahnte es nicht. Er war selbst noch über sein eigenes Handeln und den Verlauf mit dem Fremden verwirrt. Aber er hatte eine Notwendigkeit darin gesehen, seine Lüge zu offenbaren. Er schämte sich nun nicht mehr, zu Mal der Fremde wahrhaft nobel reagiert hatte, wenn er denn eben tatsächlich kein Schwindler war.
Aber Luca merkte auch, dass "Helfen wollen" für ihn eine andere , neue Bedeutung bekam. Hatte er wirklich geholfen oder alles nur in die Länge gezogen?
Egal, die Frau nahm dann wohl auch seine Entschuldigung an, die wohl leicht hilflos herüber gekommen war, oder unsicher. Und Unsicherheit war eigentlich keine von Lucas Charaker-Eigenschaften, aber doch hatte es ihn kurz erwischt.
Und da er nicht wusste, was im Kopf der jungen Frau vor sich ging, konnte Luca nun einfach nur reagieren. Wollte aber nicht noch mehr Preis von sich geben oder sich gar noch lächerlich machen. Dennoch fragte er sich, was sie wohl von der ganzen Sache hielt. Wahrscheinlich gar nichts, wollte sie doch nur an einen bestimmten Ort.
Und dann lachte Luca plötzlich auf und zeigte, dass er auch Humor hatte und versuchte die seltsame Stimmung irgendwie zu wenden.
»Es sein ja alles gut gegangen. Und ja, Ihr haben Recht. Ich euch nun zeigen den Tempel mit Merkur oder wie die Griechen nennen ihn: Hermes ... « Dennoch viel Luca erneut die leichte Verwirrung in den Augen der jungen Frau auf, aber er würde einen Teufel tun, sie darauf anzusprechen. Kurz schaute er zu ihrem Leibwächter, dann wieder zu ihr.
Luca vermied es natürlich, noch weiter darauf einzugehen, dass er seine Lüge offenbart hatte, aber für ihn war die Sache klar und abgeschlossen.
»Kommen, ich euch bringen zu Mann mit Flügeln an Helm und Schuhwerk ...« Auf einmal, wo keinerlei Spannung mehr wegen des Fremden herrschte, wirkte Luca viel entspannter. Dennoch schaute er dann die junge Frau ernsthaft an, versuchte in ihrer Mimik zu lesen. Was auch immer er getan hatte, ob es ihr gefiel, oder nicht oder es sie verwirrte, sie hatte wieder seine vollkommende Aufmerksamkeit.
»Ich noch so neu sein in dieser großen Stadt ...« lachte er und versuchte weiter abzulenken. »Ich noch nicht wissen, wie man tun sich richtig verhalten. Bitte tun mir verzeihen meine Unkenntnis ...« bat er dann mit einem offenen und dennoch fragenden Lächeln. »Aber nun ich hoffen, ich Euch endlich helfen zu kommen an Ort, den ihr sucht ... «
Luca verbeugte sich leicht, aber nicht unterwürfig, sondern eher charmant höflich und deutete in die Richtung, in die sie alle gehe mussten, wollte aber der Dame und ihrem Leibwächter als höfliche Geste den Vortritt lassen.
Dann fiel ihm schnell noch ein, dass sie sich ja vorhin noch halb vorgestellt hatte, als sie angerempelt wurde. Wie war der Name, den sie noch gesagt hatte? Luca fiel er leider nicht mehr ein, also war es an der Zeit, dass er sich vorstellte, ohne erneut dabei auf irgendeiner Art unterwürfig zu sein:
»Und verzeiht, ich haben mich noch nicht vorgestellt.« Luka hatte keine Ahnung, ob dies dem Verhalten eines römischen Sklaven entsprach, daher tat er es einfach. »Man mich nennen Luca.« Eigentlich nicht mit C geschrieben, sondern mit K geschrieben wollte er erst noch erwähnen, aber wie sagte er vorhin: Namen sind nicht so wichtig.
»Und ich arbeiten für Quintus Flavius Flaccus.« Das Wort dienen fiel ihm nicht ein und wenn, dann hätte er es nicht benutzt. Luca diente niemanden ...
Luca nannte den Namen seines Herren nicht, um anzugeben oder so, sondern nur damit die Frau Beschei wusste. Mehr nicht. Er wollte auch hier ehrlich sein.