Lucas erste Lächeln war gar nicht als Amusement, sondern eher höflich und freundlich gemeint. Aber wie auch immer es ankam, die Frau schien in ihm jemanden zu sehen, dem man erst einmal vertrauen konnte, zumindest in dieser herunter gekommenen Gegend und natürlich freute das den Sklaven, der noch nicht viel Erfahrungen hier in Rom mit den so genannten "Freien" gemacht hatte. Er hatte viel gehört, wie einige Sklaven behandelten. Aber trotz Hörensagen schreckte ihn das nicht ab, auf seine doch recht natürliche Art freundlich zu sein, ohne dabei unterwürfig zu wirken. Es hatte sicherlich auch seltsam angemutet, wenn ein Mann wie Luca, ein Hüne mit breitem Kreuz so getan hätte, als würde er im Staube kriechen. Nein, Luca hatte sich seine Würde noch behalten und auch seinen Stolz. Doch da er nicht dumm war, wusste er genauso gut, dass er mit übertriebenen Stolz nicht weiter kommen würde. Egal, wer die Frau war. Ob Peregrini, Plebejer oder Patrizier ... Luca kannte sich damit eh noch nicht wirklich aus. Er wusste nur etwas Bescheid: Das die Patrizier der höchste Stand war und irgendwie hatte das mit dem Geburtsadel zusammen. Die Plebejer waren dann irgendwie das Volk und die Peregrini wohl eher freie Zuwanderer. Irgendwie musste Luca noch viel lernen. Er wusste nur, dass die Familie, wie auch seine Vorbesitzer, Patrizier waren. Also recht weit oben in der Hierarchie. Wozu nun diese Frau gehörte, wusste Luca nicht und es spielte für ihn auch keine Rolle. Menschen waren Menschen. Leider war er ziemlich weit unten in der Hierarchie, aber er konnte ja auch ziemlich froh sein, nicht als Galeerensklave geendet zu sein oder in irgendwelchen Minen. Auch war er heil froh, dass er kein Gladiator geworden war, auch wenn er wusste, dass sie besten ein sehr gutes Leben führten.
Nun aber war er fast ein wenig versonnen, als er in das engelsgleiche Gesicht der jüngeren Frau schaute. Ihre dunklen Haare und grünen Augen erinnerten Luca sehr an seine verstorbene Frau, sogar ein wenig dieser manchmal leicht nachdenkliche oder traurige Blick. Doch schliesslich wurde er von ihr aus seinen Gedanken gerissen, denn die Frau half ihm in seinem schlechten Latein und meinte, dass er sich wohl verlaufen hätte. Luca nickte und lächelte wieder. Dabei senkte er leicht seinen Kopf, was aber nicht unterwürfig anmutete, sondern es war eine unbewusste Angewohnheit von ihm, sich immer etwas kleiner zu machen, denn Luca mass an die 1.92 Meter und überragte damit sehr viele Menschen. Er wollte nicht bedrohlich wirken. Dabei war die Frau selber nicht die kleinste, aber sie war irgendwie sehr zierlich und wirkte daher zerbrechlich, fast schon sehr dünn. Da sie aber modisch gekleidet war und einen Leibwächter bei sich hatte, ging Luca davon aus, dass sein Gegenüber von sehr guten Hause war.
Und so hatte sie Luca wieder eine Kleinigkeit beigebracht. Ja, er hatte sich verlaufen. Dennoch schien die Frau von Stand - welchem auch immer - freundlich und strahle sogar. Sie winkte also nicht einfach nur abfällig ab und liess Luca stehen, nein, sie sprach mit ihm. Das freute den Sklaven. Sie nickte sogar übereifrig, schien dennoch etwas nervös, wohl weniger wegen ihm, hatte sie doch ihrem stattlichen Leibwächter dabei. Aber immer wieder schaute sie sich um.
Dann aber meinte sie, dass es kein Problem sei, auch Luca zu helfen und bat darum, dass er ihr nun den Weg zu der Statur des Mercur zeigen sollte.
Schliesslich stellte sie sich vor, oder war im Begriff, dies zu tun, aber sie kam nicht weit. Denn auf einmal kam wie aus dem Nichts ein junger Kerl, nicht viel älter oder jünger als die junge Frau, um die Ecke, an der sie standen und rempelte die junge Frau an, als hätte er sie einfach nicht gesehen. Doch dank des schnellen Eingreifens ihres Leibwächters, der sich sofort dazwischen schob, wurde das Schlimmste verhindert. Allerdings passierte nun, dass der Leibwächter, um die Frau zu schützen, diese von dem jungen Kerl einfach beiseite drückte und sie daher nun gegen Luca stiess. Mit erschrockenen Augen hielt sie sich nun an Lucas Oberarmen fest und Luca war nun selber überrascht, erst wegen des jungen Mannes, der unverhofft in sie reingelaufen war, doch dann, weil ihm die Frau auf einmal so nahe war und sich an ihm festhielt, um nicht zu stürzen. Instinktiv griff Luca sie an die Ellenbogen, aber nur um sie zusätzlich zu stützen, damit sie nicht auch noch mit viel Pech in den Dreck der Strassen hier fiel. Und ja, sie war ihm nun unverhofft unglaublich nah, so, dass er glaubte, ihren Geruch oder eines Parfüms oder was auch immer glaubte riechen zu können.
Luca war seine Hilfe gar nicht unangenehm im ersten Moment. Auch wenn er ein Sklave war und überhaupt keine Ahnung hatte, wie man sie in solch einer Situation verhielt. Aber er konnte doch schlecht einfach einen Schritt weg von ihr machen, nur um ihr nicht zu nahe zukommen. Und so hielt er sie förmlich für einen Moment in seinen Armen, auch wenn er sie nur an den Ellenbogen hielt und sie stützte.
Ihr Leibwächter hingegen war nun zwischen ihnen und dem Mann, der sie angerempelt hatte. Dabei hatte er seinen Beutel fallen lassen, ob aus Schreck oder sogar extra, konnte Luca nicht mehr beurteilen. Der Mann hockte sich dann zu Boden, um seinen Kram wieder einzusammeln. Darunter allerdings war auch ein Dolch, welchen er schnell unter seiner Tunika verschwinden liess. Ein Dolch?
Bei Luca ratterte es in seinem Hirn. War es nicht verboten, Waffen zu tragen? Luca wusste sicherlich vieles nicht, aber dies hatte man ihm schnell beigebracht, selbst als Leibwächter von Flaccus.
Die Frau, die wohl mit Vornamen Iunia hiess, war ihm immer noch nah und Luca war weniger verschreckt, als insgeheim froh darüber. Hoffentlich würde sie ihm aber nicht gleich eine Ohrfeige geben, weil er sie nicht gleich losliess. Er hielt sie ja nicht fest, er wollte sie nur stützen.
Der Mann allerdings, vor dem sich nun ihr Leibwächter aufgebaut hatte, zeterte in einem ihm fremden lateinischen Akzent, dass sie alle doch hätten besser aufpassen hätten sollen. Für Luca klang der Mann sehr frustriert. So behandelte man doch keine Dame! Hatte er denn selber keine Augen im Kopf? Oder war das alles geplant von ihm? War das so einer der Tricks von Taschendieben, die einen anrempelte und so taten, als wäre ja sonst nicht geschehen? Luca kannte sich damit leider aber auch kaum aus. Würde ein Taschendieb mit dieser Masche, so unfreundlich zu sein, durchkommen oder eher auffallen?
Gerade wollte auch Luca etwas zu dem Mann sagen, als er das Gefühl hatte, dass er die Frau weiterhin stützen würde müssen, denn er sah, wie sie für einen Moment kreidebleich wurde, auch wenn sie sonst eigentlich sehr standhaft wirkte. Dies aber war ein Grund mehr, ihr weiterhin seine Hilfe anzubieten und so liess auch er nicht von ihr ab. Außerdem roch ihr Haar so gut ... aber schnell riss sich Luca aus diesem Gedanken.
Der Leibwächter gab dann klar und deutlich zu verstehen, dass der Mann verschwinden solle. Was sollte Luca dann auch noch dazu fügen, wo er sich eh nicht auskannte?! Aber dennoch. Vielleicht handelte es sich ja wirklich um einen gerissenen Taschendieb?
Also schnauzte er nun auch etwas unverhohlen los, wollte den Mann zwar auch nicht weiter aufhalten, ihn eher loswerden, da er so rüpelhaft schien, rief dann aber: »Können DU nicht aufpassen und deinen Augen folgen? Und so man nicht umgehen mit Frau!!!« Lucas Augen verengten sich gefährlich. Doch schnell fragte er etwas leise an Iunia: »Fehlen Euch etwas? Ich meinen an Sachen?« Luca war einfach vorsichtig. Er hatte das in seinem Partisanenkampf einfach gelernt. Das ihr seelisch gerade nicht gerade wohl war, hatte er ja bemerkt. Aber nicht, dass sie dann doch einem Taschendieb zum Opfer gefallen war.
Es war eben eine seltsame Situation. Vielleicht tat Luca dem Mann ja auch Unrecht mit seinen Bedenken, aber der Mann trug immer hin einen Dolch bei sich.
Da wurde Luca auf einmal bewusst, wie schnell es auch gehen könnte, wenn er für Flaccus als Leibwächter unterwegs war. Er hätte wohl so gehandelt wie der Leibwächter dieser Frau: EInfach dazwischen gehen, auch wenn man einen Dolch in den Leib gerammt bekommen würde ...
Sim-Off:Ich gebe Iunia Recht *zwinker* Aber es geht nicht darum, dass wir dich loswerden wollen *lach* Im Gegenteil: Unverhofft ist spannend. *g*