Bislang hatte sich Dagwin im kleinen Kreis des allabendlichen Abendessens zurückgehalten, stillschweigend gegessen und nur den Worten Witjons, Audaods, Eldrids und Albinds gelauscht.
Die Nachricht über Alriks, Hadamars und Sönkes Wohlergehen und dem Sieg bei Vicetia ließ die Familie aufatmen. Eine wichtige Schlacht im Kampf gegen den Usurpator war geschlagen worden. Jetzt marschierten die Rebellen gen Rom, um den falschen Kaiser zu stürzen und den rechtmäßigen Kaiser an dessen Stelle einzusetzen. Dagwin war sich ziemlich sicher, dass dabei eigentlich nichts mehr schief gehen konnte. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass seine germanisch-stämmige Familie im römischen Reich über die Jahre Fuß gefasst hatte und ihre Loyalität zum Kaiser erwies, in dem sie an der Seite der Rebellen gegen den Usurpator zog.. egal ob im Heer oder in der Heerfühung.. die Duccier waren mitten drin.
Während er noch in den Gedanken daran verharrte, hatte Audaod, der neben ihm saß, die Aufmerksamkeit der Runde auf sich gezogen.
Ein witziges Bild muss das gewesen sein: Zwei Burschen selben Blutes und doch so verschieden. Audaod schien große und von höchster Selbstsicherheit getränkte Pläne zu haben, die er anscheinend gerne offen bekundete. Sowohl Witjon als auch Eldrid und Albin hatten ihm und seinen Plänen ganz schön auf den Zahn gefühlt, sodass ihm seine vorlaute Klappe schon bald unangenehm schien.
Nachdem Witjon und Albin das Thema dem Ende entgegen gelenkt hatten, setzte sich Dagwin auf und schon seinen leeren Teller in Richtung Tischmitte.
Seine Augen wandte er fast ausschließlich auf Witjon. "Ich möchte wie du und Alrik in die Politik." stellte er als seine ersten Worte des Abends in die Runde. Eigentlich gab es auch nicht mehr zu sagen, er erhoffte sich nun, dass Witjon ihm eine Richtung vorgeben könnte, einen ersten Schritt, wie er am besten seinen langen Weg zu den politischen Ämtern antreten könnte. Wohin dieser Weg letztendlich führen würde, wussten weder er noch die Götter, ganz im Gegensatz seinem Vetter Audaod, der sich seiner Sache schon ziemlich sicher zu sein schien.
Den noch vor einigen Jahren so energievollen und freudigen Jungen gab es nicht mehr. Er hatte sowohl die elementare Schulausbildung als sich auch weiterführend in Grammatik und sonstigem geschult und während dieser Zeit gelernt, dass das reale Leben knallhart war. Von seinen Schulkameraden gemobbt und ausgegrenzt hatte er die Jahre in der Schule abgesessen und sich nur auf sich und seine Zukunft konzentriert. Er hatte gelernt die Ellenbogen auszufahren und für sich selber zu sorgen - denn Hilfe gab es nicht. Aus dem Jungen von damals war ein junger Mann geworden, der mit seinem 15. Lebensjahr schon fast in sich gekehrt wirkte, da die kindliche Flamme seiner Neugierde erloschen war. Er hatte nur eins vor Augen: Sich nicht vom Weg abdrängen zu lassen und seinen Verwandten nachzueifern, allen voran Witjon und Alrik.