Beiträge von Lucius Artorius Severus


    Severus mußte lachen. Sie waren beide dumm genug, um zur Legion gegangen zu sein, deshalb saßen sie beide ja nun in der Wüste und tranken etwas schlechteren Wein als in Rom, der Severus aber immer besser schmeckte. "Was ist denn passiert in Germanien? Kenne die Situation dort ja nicht, also bleibt man besser in der Nähe des Limes, ja? Man wird doch sicher nicht gleich grundlos angegriffen, oder?" Dabei schenkte er Thyrsus und sich selbst noch mal nach. Das Zeug war doch ganz in Ordnung...


    Das sah bei dem Optio so leicht aus, war aber doch viel schwerer als es aussah. Als Severus in etwa den nötigen Stand mit dem Pilum so einigermaßen gefunden hatte, versuchte er es dem Optio gleich zu tun, die Last nach vorn zu verlagern und sein Pilum möglichst mit dem größten Schwung zu schleudern. Der Speer flog zumindest ein paar Meter, um dann flach auf dem Boden zu landen. So wäre sicher kein Gegner verletzt worden, nicht mal beeindruckt oder verängstigt.
    Eilig nahm er sein Pilum wieder auf und stellte sich hinten an bis er wieder dran war. Diesmal klappte es schon besser, das Pilum flog aber gar nicht weit und krachte nur wenige Meter vor ihm in Boden den.
    Severus übte das noch eine ganze Weile, beim zweiten und dritten Mal flog der Speer schon ganz ordentlich, kam aber nicht weit. Als er bei einigen weiteren Würfen eine andere Haltung ausprobierte, kam das Pilum zwar gefährlich im Boden auf und hätte einem Angreifer sicher zu verstehen gegeben, daß es ab jetzt ungemütlich werden würde, es flog aber nur wenige Meter. Auf die Entfernung wäre jeder Feind bei ihm ehe er sein Schwert gezogen hätte.
    Nach einiger Zeit legte er seine ganze Kraft in den Wurf, wieder kam der Speer flach auf und rutschte schön weit über den Campus. Wie Severus sich auch bemühte, es wollte ihm nicht so richtig gelingen. Seine Kameraden stellten sich da besser an, Lepidus erhielt ein Lob des Optio, weil er sein Pilum beinahe schon formvollendet über den Campus geschleudert hatte. Severus war frustriert. Mit dem Schwert konnte er von Beginn an verhältnismäßig gut umgehen, mit dem Speer so gar nicht, der lag ihm überhaupt nicht.


    Severus nahm sich einen Übungsspeer und wurde von seinen Kameraden in die erste Reihe gedrückt. Offenbar wollten sich die anderen auch nicht blamieren und erst mal im Hintergrund bleiben. Eigentlich hatte er das gleiche vorgehabt und wollte sich unauffällig nach hinten drängeln, aber irgendwie hatte er schon wieder verloren. Das war wohl nicht sein Tag. So stand Severus nun mit dem Pilum in der Hand in der ersten Reihe der angetretenen Rekruten und wartete auf die Anweisungen des Optio.


    Severus hatte sich noch nicht so richtig von den Anstrengungen des letzten Ausbildungstages erholt und war noch völlig mit seinem unangenehmen Muskelkater in den Oberarmen beschäftigt. Jetzt bekam er die Einweisung in eine neue Waffe. Aus der Reihe seiner Kommilitionen wagte sich Aulus Iulius Rufus, ein intelligenter Junge aus Hispania, auf die Frage des Optio hervor: "Das Pilum ist der Wurfspeer der Legion. Der Speer wird aus der Formation auf anstürmende Feinde geschleudert und soll sie dezimieren bevor sie die eigenen Linien erreichen. Beim abgefeuerten Pilum verbiegt sich nach dem Auftreffen die Spitze, so daß der Gegner in jedem Fall ein Problem hat: entweder ist er tot oder er hat den Speer im Schild und kann nicht mehr optimal kämpfen. Außerdem kann er unsere Pila nicht mehr selbst nehmen und gegen die römischen Soldaten einsetzen." Für Severus klang das überzeugend, mal sehen was der Optio dazu meinte. Wahrscheinlich standen jetzt Wurfübungen mit dem Pilum an. Das kam ihm gerade gar nicht gelegen, weil ihm die dafür benötigten Oberarme immer noch zu schaffen machten. Man konnte wohl nicht immer gewinnen...


    "Städte bei den Germanen? Sag bloß. Die Germanen haben doch keine urbane Gesellschaft wie wir Römer oder die Griechen. Du meinst doch sicher die Römerstädte in Germanien. Wie ist das mit dem Kulturaustausch? Kommt man als Legionär nur in die germanischen Siedlungen am Limes oder auch weiter in das Hinterland hinein? Finde die Germanen irgendwie schon faszinierend, obwohl ich sie selbst nicht kenne. Sie sind ganz anders, haben eine völligverschiedene Lebensweise zu unserer und behaupten sich doch erfolgreich. Mußtest Du oft gegen sie zu Felde ziehen?" Mit diesen Worten schenkte er Thyrsus noch mal Wein ein, denn Severus hatte gesehen, daß er seinen Becher inzwischen auch geleert hatte.

    Gerade als Severus gehen wollte, war ihm, als höre er eine Stimme. Erst konnte er es nicht richtig einordnen, aber als er die Stimme des Gottes Mars deutlich vernahm, wurde ihm ganz plötzlich klar: Er erlebte eine Epiphanie!
    Voller Erfurcht sank Severus auf die Knie und lauschte erstarrt den wenigen Worten des Kriegsgottes, der in der direkten Sprache der Milites zu ihm sprach. Er traute sich keine direkte Antwort zu. Erst nach einem langen Moment nahm er allen Mut zusammen und antwortete verunsichert und zurückhaltend: "Ich danke Dir für dieses Zeichen. Ich werde Dich nie vergessen und bald wiederkommen."
    Welch erhebendes Ereignis für einen angehenden Legionär. Severus fühlte sich nun geborgen und beschützt. Fortan sah er zuversichtlich und furchtlos allen Aufgaben entgegen. Mit einem guten Gefühl machte er sich auf zum Dienst. Das war ein sehr nachwirkendes Erlebnis für ihn.

    Während Thyrsus sprach, nahm Severus noch einen kräftigen Schluck Wein. Ja, das Zeug war doch ganz in Ordnung. Aber er sollte besser etwas zurückhaltend sein, denn er merkte, daß ihm der Wein langsam zu Kopf stieg und sich da schon leicht bemerkbar machte. Natürlich entfaltete der eine andere Wirkung, wenn man den ganzen Tag über in großer Hitze seine Grundausbildung absolviert hatte. Severus versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Er war ohnhein gefesselt von den Erzählungen aus Germanien, jenem entfernten Land hinter den Alpen, von dem er bislang nur gehört hatte. "Natürlich kenne ich nur die gängigen Klischees von Germanien, war ja selbst noch nie da. Kann mir schon vorstellen, daß man da mit einem ganz anderen Kulturkreis zu tun hat als hier. Wie läßt sich das vereinen? Römische Kultur und barbarische Lebensweise? Gibt es da keine Konflikte?"
    Sicher würde sich die Kavallerie auch im Wald zurecht finden, das hoffte er zumindest. Aber am schlagkräftigsten war eine Legion halt in ihrer Formation. "Wie Du sagst, besser ist es schon, wenn die römische Armee im offenen Feld kämpfen kann. Dann kann sie ihre Formation zur Geltung bringen. Frage nur, weil der Kampf im unwegsamen Wald einst Varus zum Verhängnis wurde und mit ihm ganzen drei Legionen. Da interessiert mich Deine persönliche Meinung. Du warst ja schon mal da."
    Nach einer kurzen Pause gönnte er sich doch noch einen kleinen Schluck Wein. Das war für ihn nach Dienstschluß momentan ein großer Luxus. In der Grundausbildung war man schon mit kleinen Dingen sehr zufrieden. "Von den Germanen, die sich selbst vor einem Kampf verletzen, habe ich auch nur gehört, habe keine Ahnung, ob da was dran ist. Dachte vielleicht, daß Du dazu was sagen kannst. Wenn nicht, ist wohl halt nur ein Gerücht."


    Die Pause war dringend nötig. Die Übungen am Holzpfahl hatten Severus eine ganze Menge Kraft gekostet. Dabei war er selbst schuld, er war alles zu hastig angegangen. Vor allem das mühsame Einstechen mit dem Schwert in der Hand über dem Kopf war ganz schön ermüdend. Daher war seine Begeisterung über das befohlene Kräftemessen mit dem Scutum eher zurückhaltend, obwohl diese Übung mit Wettkampfcharakter eigentlich sogar Spaß machen konnte. Aber es half ja nichts und so stellte er sich mit seinem Scutum gegenüber seines Freundes Lepidus auf.
    Lepidus hatte sich ja bereits eine gesonderte Strafrunde um den Campus eingehandelt und war keineswegs bereit, noch weitere auf sich zu nehmen. Auf den Befehl des Optio hin ging die Übung los. Da er sich seine Kräfte im Gegensatz zu Severus beim Holzpfahl besser eingeteilt hatte, war Lepidus klar im Vorteil und schob Severus bereits im ersten Anlauf über die Linie. Beim zweiten Versuch hielt Severus kräftig dagegen und konnte sogar Boden in Richtung seines Freundes gutmachen. Als Lepidus sich noch mal gegen den Ansturm von Severus aufbäumte, waren sie wieder an der Ausgangslinie. Jetzt gewann Lepidus die Initiative und schob Severus allmählich zurück bis er wieder über der Linie war. Beim dritten Anlauf krachten die Schilde hart aufeinander. Keiner gab nach. Diesmal schaffte aber Severus den Schritt über die Linie. Allerdings merkte er, daß ihm das Scutum allmählich verdammt schwer wurde. Da ging Lepidus mit einem neuen Versuch gegen seinen ermüdeten Kommilitonen an. Severus stemmte sich mit aller Kraft dagegen. So rangen sie einige Male hin und her.
    Obwohl Severus einige Achtungserfolge erringen konnte, hatte er gegen Lepidus letztlich keine Chance. Nachdem er Severus zum fünften Mal über die Linie gedrückt hatte, gab der Optio, der sie beobachtet und aufgepaßt hatte, unbarmherzig den Befehl zu den angedrohten fünf Strafrunden um den Campus.
    Severus machte sich auf den Weg. Sein schlapper Lauf verriet, daß er die meiste Kraft aufgebraucht hatte. Immerhin fand er sich nicht alleine auf seinen Strafrunden wieder, er drehte im Kreis seiner Kameraden seine Runden, wenn er auch nicht der schnellste war. Das war ihm aber mittlerweile recht egal. Hoffentlich hatte der Ausbildungstag bald ein Ende, Severus war inzwischen ziemlich fertig.

    Erst kurze Zeit in der Legion suchte Severus den kleinen Marstempel auf. Der Tempel kam ihm trotz seiner geringen Größe sehr erhaben vor. Das römische Opfer beruhte auf strengen Formalien, daher fürchtete er sich immer etwas falsch zu machen und sein Opfer dadurch zu entweihen. Nachdem er sein bescheidenes Opfer aber ordnungsgemäß dargebracht hatte, sprach er zum römischen Kriegsgott: "Mars, nun gehöre ich als römischer Soldat zu Deinen Schutzbefohlenen. Schenke mir während meiner Zeit in der Legion die nötige Tapferkeit und Stärke sowie Deinen Schutz im Angesicht des Feindes und halte stets Deine Hand über mich!" Nachdem er noch eine ganze Weile andächtigen verharrt hatte, erhob sich Severus und ging wieder zum Dienst, in der Hoffnung, daß ihm Mars während seiner Dienstzeit beistehen möge.


    "Warum fragst Du? Wir zwei sitzen hier und haben was feines zu trinken. Das sind die besten Voraussetzungen für einen netten Abend. Wieso interessiert Dich da die Verwandtschaft?" Das meinte Severus ernst. Nach etlichen Schluck Wein schmeckte ihm das Zeug langsam doch ganz ordentlich. So nahm er noch einen großen Schluck. Germanien interessierte ihn viel mehr. "Erzähl' mir mehr von Germanien. Gibt es da noch was anderes außer Bäume und Schatten. Nach der Katastrophe des Varus scheuen die Römer die Wälder Germaniens. Kommst Du da mit der Kavallerie überhaupt voran. Reiterei im Wald ist doch bestimmt nicht die beste Idee, oder?" Severus kannte Germanien wirklich nicht, er war noch nie da gewesen. Das waren bloß seine simplen Vorstellungen von dem weit entfernten Land, basierend auf gängigen Klischees. "Habe gehört, daß sich die Germanen vor dem Kampf selbst verletzen, um dann im Gefecht besser und verbissener zu kämpfen. Stimmt das?" Dabei nahm er noch einen Schluck Wein, Thyrsus hatte recht, so schlecht war er gar nicht.

    Die Waffenübungen gefielen Severus. Er bearbeitete den Pfahl heftig mit seinem Holzschwert und stach mit aller Kraft darauf ein. Das machte ihm Spaß. So etwa hatte er sich die Legion vorgestellt. Nach einiger Zeit fanden seine Hiebe sogar das gewünschte Ziel. Es war halt doch alles eine Übungssache. Im vorgegebenen Takt des Optio traf sein Holzschwert immer wieder den Holzpfahl.
    Dabei merkte er aber auch bald, daß das ganz schön viel Kondition brauchte. Er war die Übung wohl etwas zu stürmisch angegangen. Dennoch stach er immer weiter auf den Holzpfahl vor ihm ein. Allerdings sahen seine Stiche nicht mehr ganz so schwungvoll wie am Anfang aus. Severus kämpfte nach einiger Zeit nicht nur gegen den Pfahl, sondern auch gegen seine stärker werdende Müdigkeit an. Das würde ihm morgen wieder ganz schön zu schaffen machen...


    Oh, er hatte sich noch gar nicht vorgestellt, das wollte er als erstes nachholen: "Ich bin Lucius Artorius Severus. Komme aus Rom. Meine Familie hat eine lange Militärtradition, die wollte ich fortsetzen und so bin ich zur Legion nach Ägypten gegangen." Bei diesen Worten nahm er noch einen kräftigen Schluck. Den Wein konnte man trinken, aber im Vergleich zu Wein aus Rom war es doch eine andere Klasse. Die Erwähnung Germaniens hatte Severus neugierig gemacht: "Wie ist Germania? War noch nie dort. Habe nur gehört, daß er da kalt sein soll. Das ist doch ein krasser Gegensatz zu der Hitze hier. Warum hat man Dich versetzt? In Germanien braucht man doch sicher auch eine Menge Legionäre. Die Kampfweise der Germanen ist wahrscheinlich eine ganz andere als hier in der Wüste, oder?"


    Mesallas Antwort gefiel Severus. Im Normalfall würden sie also gemeinsam in die Schlacht ziehen. Irgendwie beruhigte ihn die Vorstellung, daß im schlimmsten Fall - einem Kampf Römer gegen Römer - Mesalla wahrscheinlich an seiner Seite oder wenigstens nicht weit weg kämpfen würde. Einen solch erfahrenen Haudegen bei sich zu haben, würde sicher kein Nachteil sein.
    Er hoffte einfach, daß Mesalla im Kampf ein wenig auf ihn aufpassen würde. Das gab Severus ein bißchen Zuversicht. Er hatte keine Kampferfahrung, nicht mal die Grundausbildung zu Ende absolviert und alle Zeichen deuteten schon auf einen sehr baldigen Kriegseinsatz hin, in dem der Gegner darauf sicher keine Rücksicht nehmen würde.
    "Dann ist die Wahrscheinlichkeit aber doch recht hoch, daß wir beide zusammen in den Kampf ziehen werden. Finde die Aussicht besser als mit dem Haufen ungeübter Tirones kämpfen zu müssen. Wir können das nämlich alle noch nicht."

    Nachdem Marcus Aemilius Lepidus von seiner Strafrunde zurück war, hörte er bei seiner Ankunft an der Gruppe der Rekruten die Worte des Optio. Es ärgerte ihn, daß seine Antwort falsch war und er sich selbst diese Zusatzübung eingehandelt hatte. Und so wollte er seinen Fehler wieder gut machen und dem Optio zeigen, daß er sehr wohl über die Legion Bescheid wußte. Die Frage des Optio bot ihm eine Gelegenheit dazu: "Die Immunes sind befreit vom Tagesdienst und von schweren Arbeiten. Dafür sind diese Legionäre mit besonderen Aufgaben betraut, zum Beispiel als Bedienmannschaft bei der Artillerie oder bei der Wartung der Waffen oder als Schreiber im Stab oder in den fabrica oder als Sanitäter." Danach schwieg Lepidus, denn er konnte sich nur vorstellen, daß der Optio den primus pilus als besonderen Centurio meinte. Den hatte aber Severus bereits angesprochen. Das hatte aber offensichtlich der Tiro hinter ihm nicht mitbekommen, der nun ermutigt laut ausrief: "Der spezielle Centurio ist der primus pilus als Führer der ersten Kohorte und höchster Centurio. Er zählte zum Stab und bekommt besonders viel Geld für seine Arbeit. Das will ich auch mal werden." Ob er damit richtig lag oder ob der Optio einen anderen Centurio im Auge hatte, wußte Lepidus nicht. Zumindest trug er zur Belustigung bei. Sie würden bald erfahren, wen der Optio meinte.


    Severus machte die Becher randvoll und reichte einen an Thyrsus weiter. "Ist nicht so feiner Wein wie in Rom, aber wie soll in der Wüste hier auch Wein gedeihen." Mit diesen Worten setzte er sich. "Die ersten Tagen waren... Sehr anstrengend. Bin die Hitze hier nicht gewohnt und weiß nicht, ob ich mich daran gewöhnen werde. Die Ausbildung ist aber auch interessant. Bin ein wenig fasziniert von der fein aufeinander abgestimmten Kampfweise, die man zur Perfektion entwickelt hat. Das finde ich hochinteressant." Danach nahm er einen großen Schluck, er war den ganzen Tag über in der brennenden Hitze über den Campus gescheucht worden und hatte mächtig Durst. "Und Du? Wo kommst Du her? Wie bist Du nach Ägypten gekommen?"


    Ein interessanter Ansatz, wie Severus fand, verwundete Kämpfer könnten natürlich unglaubliche Kräfte entwickeln. Er nahm sich vor, niemals zu zögern, sondern stets mit großer Entschlossenheit zu kämpfen. Ob er das wirklich in einem echten Kampf umsetzen konnte, das stand auf einem anderen Blatt. Severus fehlte noch jede Kampferfahrung. "Sag mal, Mesalla, wenn es so weit ist und wir kämpfen müssen, stehen wir dann gemeinsam in einer Reihe nebeneinander? Ist das vorher festgelegt? Wir sind doch in einem Contubernium, kämpfen wir dann auch gemeinsam?" Innerlich hoffte er es, denn Mesalla war in seinen Augen in Ordnung und wußte, wie man im Kampf bestehen konnte. Severus wäre froh, wenn Mesalla im Kampf neben ihm stehen würde...


    Warum immer Severus? Er hielt sich zurück. Sollten die anderen doch auch mal was dazu sagen. Sein Freund Marcus Aemilius Lepidus wagte sich aus der Deckung, geriet aber bei seinen Ausführungen zum Stab bei den tribuni angusticlavii durcheinander und wurde durch den Optio zu einer Runde um den Campus verdonnert. Jetzt traute sich erst recht keiner mehr vor.
    Der Optio ging die Reihe seiner Rekruten ab. Keiner brachte den Mut zu einer Antwort auf? Der nervöse Tiro, der sie schon über die ganze Ausbildung hinweg immer wieder in Verlegenheit gebracht hatte, wurde durch den Optio prüfend angeschaut und war als nächster dran, bekam aber außer stammelnden und unverständlichen Worten keine Antwort zustande, bemerkte die ungehaltene und zornige Miene seines Ausbilders und war danach völlig verunsichert. Er machte sich dadurch nicht beliebter in den Reihen seiner Kameraden und wohl auch nicht in den Augen des Ausbilders. Auch er wurde unsanft um den Campus geschickt.
    Abermals schaute der Optio ungeduldig in die Runde. Wenn nicht bald etwas geschah, gab es sicher wieder einige Strafrunden um den Exerzierplatz für die ganze Mannschaft. Severus konnte in Strukturen denken und da er aus einer Familie mit langer Militärtradition kam, kannte er ein paar Dinge über die Organisation der Legion. Schließlich faßte sich Severus und entschloß sich zu einer Antwort: "Die Legion wird durch den legatus legioni befehligt. Sein Stellvertreter ist der praefectus castrorum. Das kann jeder Soldat unabhängig vom Stand werden. Mal sehen, ob einer von uns so weit kommen wird. Dann gehören zum Stab noch der tribunus laticlavius aus dem Senatorenstand und mehrere tribuni angusticlavii aus dem Ritterstand, die vom Legionskommandeur Aufgaben zugewiesen bekommen. Zum Stab zählt noch der primus pilus, der ranghöchste Centurio und Chef der ersten Kohorte. Die Kohorten führen die centuriones, jede Kohorte hat mehrere Centurien unter einem Centurio. Der Optio ist sein Stellvertreter und führt im Kampf wie im Lager die unterstellten Soldaten. Und dann gibt es noch den Tross, dem eine ganze Reihe von Leuten außerhalb der Legion angehören können." Severus hoffte, daß der Optio mit dieser Antwort zufrieden war und ihm zusätzliche Runden um den Campus bei der großen Hitze erspart blieben.