Beiträge von APPIUS CORNELIUS PALMA

    Manchmal nahm sich Cornelius Palma auch für scheinbar weniger dringende Anliegen Zeit und dieser Brief fiel in diese Kategorie. Ohne eile studierte er ihn und seine Mundwinkel verrietens eine Freude über diese Einladung. Dennoch schüttelte er am Ende nach einem Moment des Nachdenkens den Kopf.


    "Nein, sie sind mir nicht persönlich bekannt. Schicke eine Absage, aber versehen mit meinem ausdrücklichen persönlichen Bedauern. Wäre meine Frau oder meine Tochter tatsächlich hier in Rom, wäre ich wohl hingegangen, aber so wäre ich für die Festgesellschaft wohl eher eine Belastung als eine Bereicherung. Aber bringe in Erfahrung, an welchem Tempel sie für ihre Hochzeit opfern werden und hinterlasse dort eine angemessene Beteiligung meinerseits an dem Opfer."


    Immerhin war dies eine wenig aufdringliche Möglichkeit, auch ohne seine persönliche Anwesenheit sein Interesse an dieser Feier zu bekunden und außerdem passt es noch zu seiner Funktion als Pontifex Maximus, der immer ein Auge auf die ordnungsgemäße Ausführung der Kulte haben musste. Denn wer würde es schon wagen, auf ein Opfer zu verzichten, wenn der Kaiser selber danach fragte und seinen Teil dazu beitrug?

    Cornelius Palma zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis der Abstimmung, denn auch wenn er nicht ernsthaft erwogen hatte, dass es zu Schwierigkeiten kommen könnte, so war dies doch ein wichtiger Test gewesen, wie sehr er von einem Rückhalt im Collegium Pontificium ausgehen konnte. Dieser schien offenbar da zu sein und das erleichterte es ihm nun auch, beim nächsten Punkt auf der Agenda wieder das Wort zu ergreifen.


    "Nun, ich möchte sofort mit der naheliegendsten aller Fragen beginnen, die ich gerne an dich richten möchte, Flavius Gracchus. Du leitest diese Sitzung und tust dies mit Umsicht und sicherem Umgang. Wärest du bereit, dies auch zukünftig als Pontifex pro magistro zu tun?"

    Da der Zeitplan für die regelmäßigen Termine mit den verschiedenen Abteilungen zu wiederkehrenden Themen recht straff organisiert war und Cornelius Palma auch darauf achtete, dass dieser eingehalten wurde, dauerte es nicht lange bis die wartende Abteilung eingelassen wurde, um die wartenden Anliegen vorzutragen.

    "Nein, von meiner Seite ist das zunächst alles. Aber ich bin mir sicher, dass weitere Arbeit nicht lange auf uns warten wird."


    Besprechungen wie diese würde es wohl täglich geben, um die vielen Anliegen zu klären, die an die Kanzlei herangetragen wurden und von denen Cornelius Palma selber doch nur einen Bruchteil persönlich in Augenschein nehmen konnte.

    Cornelius Palma konnte und wollte weder abstreiten, dass ihn das Thema nicht sonderlich begeisterte, noch dass Decimus Serapio ein erfahrener Offizier war. Aber so wie ersteres nicht dafür reichte, um das Gespräch einfach abzulehnen reichte letzteres nicht für ein schnelles Ende.


    "Welches Interesse hat er denn daran, diese Qualifikationen in meinem Dienst einzusetzen? Er hat mir im persönlichen Gespräch mehr als deutlich gemacht, dass er mir nicht vertraut, mir nicht traut und dass er kein Interesse daran hat, mich auf diesem Posten zu sehen, den ich derzeit bekleide. Wäre es in diesem Sinne nicht auch ein Fehler, einen Mann in den Dienst Roms zu berufen, der mir das Recht abspricht, für Rom zu sprechen?"

    Hätte Cornelius Palma vorausgesehen, dass seine harmlose Nachfrage, mit der er eigentlich nur seine Offenheit für die Wünsche der Gesandtschaft dokumentieren wollte, eben jene Gesandtschaft so zum Nachdenken brachte, hätte er eine andere Formulierung gewählt. Abendererseits war nun ein Vorschlag im Raum, der ihm akzeptabel erschien.


    "Die Kalenden des Martius. Nun, warum nicht? Halten wir diesen Termin also so fest. Ich werde die Prüfung der Lex zügig durchführen lassen, damit keine unnötigen Verzögerungen entstehen. Mögen die Götter eure Rückreise nach Mogontiacum schützen."


    Die damit eingeleitete Verabschiedung kam nun zwar vielleicht etwas abrupt, aber andererseits waren es nun vor allem die Juristen der Kanzlei, die arbeiten mussten, bevor es überhaupt etwas weiteres zu besprechen gab.

    Cornelius Palma benötigte nur einen einzigen Blick um zu erkennen, dass die Lex viel zu umfangreich war, um sie auch nur zu überfliegen, ohne damt mehr Zeit zu verbrauchen, als im Rahmen einer öffentlichen Audienz möglich war. Deshalb reichte er sie sehr zügig an einen seiner Beamten weiter.


    "Ich werde die Lex studieren und prüfen lassen. Ihr könnt mit eurem Aufbruch warten, bis das Ergebnis jener Prüfung vorliegt oder ihr könnte es in Mogontiacum entgegennehmen. Und auch wenn es mich ehrt, dass ihr den Tag eurer Rückkehr zu einem Feiertag zu meinen Ehren machen wollt, beantwortet dies noch nicht die Frage, an welchem Tag der Statthalter die Erhebung feierlich vollziehen soll. Oder soll dies tatsächlich am Tag eurer Rückkehr geschehen?"


    Zweifellos würde es Vorbereitungen erfordern, die schwieriger zu leisten waren, wenn auf eine reisende Gesandtschaft Rücksicht genommen werden musste, die zudem aus Würdenträgern bestand, die vor Ort für die Vorbereitungen womöglich benötigt wurden.

    "Salve, Consul Decimus. Es ist zweifellos meine Pflicht, mir Zeit für die Consuln Roms zu nehmen. Ich nehme mir die Freiheit, diese Pflicht auch auf Dinge zu beziehen, die nicht mit ihrem Amt zu tun haben."


    Mit einer Geste deutete Cornelius Palma an, dass der Consul Platz nehmen dürfe. Sein Schreibtisch war nicht aufgeräumt, aber auch nicht mit Dingen überhäuft, sondern machte den Eindruck, dass Cornelius Palma hier tatsächlich regelmäßig arbeiten würde. Nun blickte er aber nicht auf seine Arbeit, sondern auf den Consul und wartete darauf, dass dieser das Anliegen des Gesprächs vorbrachte.

    Cornelius Palma kam es sehr gelegen, dass sein neuer a libellis solche Fragen stellte, denn es machte es ihm leicht, seine diesbezüglichen Wünsche zu äußern. Es war wohl eine gute Entscheidung gewesen, diesen Mann einzustellen, soweit sich dies nach so kurzer Zeit schon beurteilen ließ.


    "Audienzen ohne vorherige Rücksprache mit mir erhalten ausschließlich die amtierenden Consuln sowie meine wichtigsten Klienten und Vertrauten. Ich gebe dir eine Liste, wen dies betrifft. Alle anderen Ansuchen sind so zu behandeln, dass sie entweder im Rahmen einer Generalaudienz abgehandelt werden oder aber die Kanzlei eine Einladung zu einer persönlichen Audienz ausspricht. Es soll nicht der Eindruck entstehen, ich würde den ganzen Tag nur im Officium sitzen und auf Besucher warten."


    De facto war es zwar wohl so, dass Cornelius Palma einen guten Teil seiner Arbeit ausschließlich reaktiv zu erledigen hatte, indem er auf Anfragen antwortete und eben auch Bitten entgegennahm, aber man musste ja trotzdem nicht den Eindruck erwecken, der Kaiserpalast böte rund um die Uhr eine Sprechstunde mit dem Chef an.


    "Vorschläge für Einstellungen und Auszeichnungen mitsamt Begründung legst du mir vor, so wie es auch die Statthalter und Kommandeure mit militärischen Auszeichnungen machen sollten."

    Bezüglich der Bauarbeiten war aus Sicht von Cornelius Palma nun alles gesagt, denn mangels familiärer Bande zum Geschelcht der Ulpier war dieses Gebäude für ihn von geringerem Belang. Andererseits konnte seine Fertigstellung kaum seinem eigenen Ansehen schaden, so dass er auch diesbezüglich keine Vorkehrungen treffen musste.


    Der Fall der Reform der Schola war dagegen von deutlich höherem Interesse. Die Ausführungen des a libellis deckten sich dabei mit dem, was ihm bereits früher vorgelegt worden war. An den Plänen hatte sich also bisher nichts geändert, aber Conrelius Palma wollte die Angelegenheit dennoch mit einiger Aufmerksamkeit verfolgen.


    "Mit der Rectrix Decima sprach ich sogar vor einiger Zeit schon darüber, ebenso mit Senator Duccius Vala. Sobald die Diskussion im Senat weiter fortgeschritten ist, werde ich möglicherweise selber an einer Sitzung teilnehmen und mich über den Stand der Pläne informieren wollen. Stelle daher sicher, dass ich darüber informiert bin, wann das Thema auf der Tagesordnung steht."

    Die nun gewählten Worte des nächsten Redners erschienen Cornelius Palma der Sache schon wesentlich angemessener. Immerhin hatte er sich langsam schon daran gewöhnt, dass er als Kaiser zahlreiche Bittgesuche aller Art zu beantworten hatte und es kostete ihn einiges seiner täglichen Arbeitszeit. Da erwartete er, dass sich die Bittsteller zumindest auch etwas Mühe machten und eine gute Rede ausarbeiteten. So wie es die Gesandtschaft wohl offenbar doch getan hatte, auch wenn sie damit nur etwas zögerlich herausgerückt war.


    "Ich sehe, dass ihr euch tatsächlich Ziele gesetzt habt, die ihr zu erreichen strebt. Und dies zum Wohle eurer Stadt und zum Wohle eurer Provinz und damit auch zum Wohle Roms. Ihr habt mir daher nicht nur geschmeichelt, sondern mich auch überzeugt. Ich werde Mogontiacum, dem Sitz des Statthalters der Provinz Germania Superior, daher die vollen Rechte eines Municipiums verleihen. Ich werde die Verleihung vor Ort durch meinen Statthalter Vinicius Hungaricus vollziehen lassen. Gibt es in naher Zukunft ein lokales Fest, in dessen Rahmen dies passend wäre? Oder bevorzugt ihr die Durchführung an einem bestimmten religiösen Feiertag?"

    Mit dieser Antwort war Cornelius Palma nicht ganz zufrieden. Er hatte sich doch etwas tiefergehenderes gewünscht, als nur ein "weil wir gerade dabei waren".


    "Und was erhofft ihr vom Stadtrecht? Wie glaubt ihr wird es die Entwicklung Mogontiacums beeinflussen?"

    Als er seinem Procurator zuhörte, konnte Cornelius Palma nicht umhin zu bemerken, dass die ruhigen, oder besser ereignislosen Zeiten im Senat der Vergangenheit angehörten. Eine Entwicklung, die es sich definitiv zu beobachten lohnte.


    "Der Consul Decimus scheint sehr bemüht, etwas zu schaffen, was vor ihm noch keinem gelungen ist, stimmts? Halte mich auf dem laufenden, was das Ulpianum anbelangt."


    "Auch die anderen Themen klingen sehr interessant. In die senatsinternen Belange möchte ich mich nicht einmischen, daher reichen mir da auch Berichte über den Verlauf der Diskussion. Die Reform der Schola jedoch... wie soll diese aussehen?"

    Cornelius Palma ließ sich vom Palastdiener die von Duccius Vala mitgebrachten Schreiben überreichen und überflog diese kurz. Er würde diese ohnehin später genauer studieren, vorerst reichte ihm die Kenntnisnahme der Absender.


    "Ich muß gestehen, dass ich mich geschmeichelt fühle, wenn die Stadt sich nach mir benennen würde, ebenfalls die Abhaltung von Spielen zu meinen Ehren, doch sollte das nicht der Hauptgrund für mich sein, ein Stadtrecht zu verleihen. Mogontiacum ist schon länger Provinzhauptstadt. Warum erbittet ihr das Stadtrecht erst jetzt?"


    Vielleicht gab es ja einen bestimmten Anlass, weswegen die Gesandten zu eben diesem Zeitpunkt herkamen.

    Cornelius Palma hatte, als er den Thron bestieg, natürlich gewusst, dass seine Pflichten als Kaiser und Imperator mehr sein würden als das bloße Regieren und das Abhalten von Audienzen. Jeder, der irgendwo an der Spitze stand, sei es ein Dorf, eine Stadt oder eine ganze Provinz, war sich dessen bewusst. Und natürlich hatte auch Palma in seinen Tagen als Proconsul oder Legatus Augusti pro Praetore solche öffentlichen Termine wahrgenommen.


    "Hm, du hast recht. Ich sollte mich mehr in der Öffentlichkeit zeigen. Das sind gute Ideen, Iunius. Doch Feste oder Empfänge möchte ich erst dann geben, wenn meine Frau hier ist. Was die anderen Sachen anbelangen, kannst du gerne ein paar Vorschläge machen. Und weil du es gerade auch angesprochen hast: weißt du zufällig, wann das Ulpianum fertig sein wird?"


    Von der Fortsetzung der Bauarbeiten hatte Palma schon gehört, doch bisher keine Gelegenheit gefunden, nähere Informationen einzuholen.

    Jetzt, wo der Procurator das Fernbleiben seiner Frau ansprach, bemerkte Cornelius Palma erst, wie sehr es ihn verwunderte, dass der Iunius der erste war, der dies tat. Ob die Herrschaft des Vescularius Salinator solche Furcht in die Beamten gesät hatte?


    "Meine Frau wird vermutlich nicht vor dem Frühjahr hier eintreffen. Es ist Winter, und bekanntlich sind Seereisen in dieser Jahreszeit sehr gefährlich. Der Maiordomus sollte also genug Zeit haben, die Gemächer ordentlich herzurichten."


    Wobei es jedoch gut sein konnte, dass seine Frau wieder alles umdekorierte.

    Gespräche mit Beamten und Amtsträgern des Cursus Honorum waren etwas selbstverständliches, auch private Audienzen, um die eigene Zukunft oder die der Verwandten zu erörtern. Daher war der Wunsch des Consuls an sich nichts ungewöhnliches. Doch leider erinnerte sich Cornelius Palma nur zu gut an das unerfreuliche Gespräch mit dem besagten Sohn.


    "Ja, aber räume dem Termin nicht mehr als eine Stunde ein."


    Er hoffte es zwar nicht, aber wenn die Audienz unerfreulich werden sollte, gab es zumindest eine zeitliche Beschränkung.

    Mit der Bestätigung war das erste Thema auch zur Zufriedenheit von Cornelius Palma behandelt, so dass er sich dem nächsten widmen konnte. Bei der Bestätigung der Wahltermine handelte es sich jedoch vor allem um eine Formalität, bei der seine Einflussmöglichkeit gering war und bei der es auch wenig Interessen gab, für die er sich einsetzen konnte. Dass die gesetzlichen Fristen der Ankündigung eingehalten werden sollten empfahl sich schließlich von selbst.


    "Ich habe keine Einwände gegen diese Termine. Sie liegen etwas spät im Wahljahr, aber das lässt sich nun einmal nicht mehr ändern. Er kann sie schlecht zurückziehen und früher mit anderen Terminen wiederkommen. Umso wichtiger ist es, dass sie nun zügig veröffentlicht werdern."


    Nachdem er das gesagt hatte, machte sich Cornelius Palma auf seiner persönlichen Notitztafel auf dem Schreibtisch einen Vermerk, dass er in naher Zukunft darüber nachdenken sollte, ob er eigene Favoriten für eine Kandidatur ermuntern sollte.

    Er tauchte seine Hand in eine kleine Schüssel mit Rosenwasser und verrieb danach die Flüssigkeit auf seinen beiden Händen, während er seinem Procurator zuhörte. Cornelius Palma brauchte nicht lange, um sich an eben jenes Gespräch zu erinnern, das er mit dem damals noch designierten Konsul führte.


    "Richtig, wir haben über dieses Opfer gesprochen. So schnell verrinnt also die Zeit."


    Er konnte einen kleinen Blick auf das Pergament mit seinen Terminen werfen. Er hatte natürlich gewusst, dass sein Leben mit Besteigung des Thrones ordentlich umgekrempelt wurde, doch hatte er das Ausmaß ein wenig unterschätzt.


    "In dem Fall bestätige ihm den Tag mit dem Festtag der Concordia. Ich nehme an, dass er uns sicher noch den genauen Ablauf bekanntgeben wird."


    Wovon wohl auszugehen war. Bei solch offiziellen Anlässen wurde so gut wie nichts dem Zufall überlassen.

    Auch wenn Cornelius Palma sehr interessiert in die von seinem Procurator angesprochenen offenen Angelegenheiten war, ein Schreiben eines Consuls war in der Tagesordnung nicht nach hinten zu setzen, erst recht nicht, wenn der Consul drei Schriftstücke gesendet hatte. Das konnte man nur machen, wenn einem der Consul persönlich oder politisch sehr unsympathisch war, doch davon waren beide derzeit amtierenden Consuln weit entfernt. Den Absender musste der Kaiser jedoch trotzdem raten.


    "Consul Decimus meinst du? Drei Schreiben gleich hat der Consul geschrieben? Aber nicht alle handeln vom demselben Thema, oder?"


    Womit er indirekt die Frage beantwortet hatte, mit welcher Agenda die heutige Besprechung beginnen solle.