Beiträge von APPIUS CORNELIUS PALMA

    So unsicher wie Cornelius Palma bei der Frage selber geantwortet hatte, so sehr schien auch Flavius Gracchus bei seiner Erwiderung zu zögern, bis er ihm schließlich seine Unterstützung zusicherte. Cornelius Palma hörte dies dankbar an, denn auch wenn er keinen großen Zweifel daran gehegt hatte, so war eine explizite Zusicherung allemal besser. Und ein Anlass, in die Zukunft zu schauen.


    "Ich danke dir für diese klaren Worte. Ich werde gerne darauf zurückkommen. Wie sind deine Pläne für die Zukunft? Du nimmst deinen Platz in Rom wieder ein, nehme ich an? Im Senat, im Collegium Pontificium, und an allen anderen Orten, die du verlassen hast?"


    Gerade bezüglich des Collegiums gab es vielleicht das eine oder andere zu besprechen, was man gleich hier ledigen konnte, denn als Pontifex Maximus musste sich Cornelius Palma ja auch um dessen Besetzung kümmern.

    Die Erwiderung trug nicht dazu bei, dass Cornelius Palma dieses Gespräch nun besser schätzte, hatte Flavius Furianus seinen Wink wohl offenbar nicht verstanden. Also musste Cornelius Palma wohl etwas deutlicher werden.


    "Plato war zweifellos ein weiser Mann und da ich mich kaum in derselben Weisheit sonnen kann werde ich sicher nicht so vermessen sein, die Taten eines Einzelnen auf Wunsch eines anderen Einzelnen und als einzeln handelnder zu negieren. Sollte die Maßnahme ein Unrecht nach dem Worte des Gesetzes darstellen, so ist sie vor einem richterlichen Kollegium genau richtig aufgehoben, und die Dauer, die dies in Abspruch nimmt, wird die Entschädigung nicht schmälern. Ist die Maßnahme jedoch anders geartet und ein Unrecht im Geiste, steht es dem Senat frei, mit frischem Geist nun andere Regeln zu beschließen, völlig ungehemmt von der möglichen Langsamkeit eines Gerichtes. Ich bin kein Alleinherrscher, der dir das eine oder das andere abnehmen könnte. Hast du weitere Anliegen zu besprechen?"

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    In der Tat ließ es sich ganz gut warten mit belegten Broten und Wein - und gerade diejenigen, die das Aurum Coronarium hatten den Palatin hinauf schleppen müssen, nahmen selbstverständlich besonders gerne eine kleine Erfrischung entgegen. Doch Speis und Trank allein vermochten die Nervosität zumindest beim Iulier nicht unbedingt unter eins (faktisch also auf Null, wenn es eine Null denn gäbe) zu senken. Immerhin hatte er sich bereits am Einlass als Anführer der Gruppe - ob nun berechtigt oder unberechtigt, mag jeder für sich selbst entscheiden - aufgespielt. Folglich lag auf seinen Schultern hier auch irgendwo die Verantwortung... und die ließ sich nicht wie ein Stück Brot einfach herunterschlucken.


    Irgendwann musste aber auch die erquickendste Pause mit den vergnüglichsten Gesprächen einmal vorbei sein, zumindest wenn man in der Audienzhalle des Palatin stand und auf einen Augenblick zum Gespräch mit dem Imperator wartete. Dann nämlich, wenn dieser Augenblick zum Greifen nahe war, forderte ein Beamter der Kanzlei die Gesandtschaft auf, vorzutreten und stellte sie Cornelius Palma mit knappen Worten vor. Dieser ließ seinen Blick über die Gruppe schweifen.


    "Salvete, meine Herren. Es ist mir eine Freude, Gesandte aus jener Stadt zu empfangen, die für uns das Tor zum Mare Nostrum und damit zu vielen der Provinzen unseres Reiches ist."


    Damit war es nun an der Gesandtschaft, die Begrüßung zu erwidern und ihre Wünsche, Bitten, Botschaften oder sonstigen Besuchsinhalte vorzutragen.

    Zitat

    Original von Lucius Tiberius Lepidus
    Das war in der Tat keine schlechte Frage, über die sich Lepidus in der Tat noch keine Gedanken gemacht hatte. Wenn er sich an den Inschriften orientierte, die in dieser Zeit allgemein üblich waren, so musste es ein relativ prägnanter Einzeiler sein. Allerdings konnte man Durus nicht einfach eine beliebige Tat zuschreiben, sei es eine Arbeit für das Eherecht oder eine Leistung im Namen der Kartografie. Bei seinem Verwandten war die Gesamtheit seiner Taten hervorzuheben, weshalb es ein relativ allgemeiner Satz werden musste: "Ich selbst würde etwas vorschlagen, was ihn sowohl als besonderen Politiker, als auch als sehr religiösen Römer in Erinnerung behält. So würde ich schreiben lassen: 'für seine glanzvollen politischen Leistungen für das Volk von Rom und die herausragenden Dienste innerhalb des Cultus Deorum'." Ämter wurden in Inschriften ja ohnehin allgemein üblich noch einmal extra aufgezählt, so dass sie nicht im Haupttext Erwähnung finden mussten, der die Begründung der Inschrift lieferte. "Würdest du diese Worte als angemessen empfinden, mein Imperator?"


    Cornelius Palma wusste nicht, wie viel Tiberius Lepidus über Tiberius Durus wusste, aber mit dem Wissen von Cornelius Palma erschien die Würdigung der Verdienste für das Volk von Rom mehr als angemessen, auch wenn idealerweise niemand in diesem Volk genau wusste, an welchen Dienst er dabei gerade im Speziellen dachte. Aber die gleich folgende Erwähnung der Dienste im Cultus Deorum, die nur allzu offensichtlich waren, lenkte den geneigten Leser vermutlich ohnehin gut genug davon ab, weiter darüber nachzudenken. Von daher sah sich Cornelius Palma in der Lage, relativ bedenkenlos zuzustimmen.


    "Ja, das klingt nach einem angemessenen Text. Lege die endgültige Formulierung bitte noch einmal der Kanzlei vor, bevor die Inschrift angebracht wird, aber ich denke, wir werden eine allseits tragbare Lösung auf Basis deines Vorschlags finden."


    Mehr gab es von seiner Seite dazu nicht zu sagen, denn um die Details der Anbringung würde er sich wohl kaum selber kümmern können, selbst wenn er es gewollt hätte.

    Da sich Wachen und Kanzleibeamten gleichermaßen um die Tür zum kaiserlichen Arbeitszimmer kümmerten, dauerte es nur wenige Augenblicke, bis der Senator empfangen und hineingeführt wurde. Am Schreibtisch wartete tatsächlich auch schon Cornelius Palma, der den Raum wohl durch eine andere Tür betreten hatte.


    "Salve, Senator Octavius. Nimm Platz. Du kannst dir denken, dass deine Anfrage bezüglich deiner weiteren Zukunft der Anlass für meinen Wunsch nach einem persönlichen Gespräch ist. Deine Stellung und vor allem deine bisherigen Ämter ließen es mir ratsam erscheinen, mich persönlich mit deinem Fall zu befassen."


    Er beließ es erst einmal bei dieser Einleitung in der Erwartung, dass der Senator darauf etwas erwidern wollte, bevor das Gespräch dann zum Kern der Sache kommen sollte.

    Nicht unbedingt täglich, aber immerhin in regelmäßigen Abständen schaffte es Cornelius Palma inzwischen, sich über die Lage einer Provinz berichten zu lassen, wobei bei kleinen und unbedeutenden Provinzen wie den Tres Alpes auch mal mehrere an einem Tag geschafft werden konnten, vor allem dann, wenn dort keine Entscheidungen anlagen. Heute lag aber ein größerer Brocken auf dem Tisch: Germania Superior.


    Die dortige Armee hatte sich direkt am Bürgerkrieg beteiligt, geführt von ihrem damaligen Statthalter Annaeus Modestus. Während die Legionen inzwischen auf dem Rückweg waren oder sogar wieder in ihren Standorten eingerückt waren und somit zumindest die Stabilität der Grenze wieder gewährleistet war, gab es politisch noch einiges zu ordnen. Und dafür wollte Cornelius Palma einen erfahrenen Mann, der politisch nicht brisant werden konnte und ließ sich ein paar Namen vorlesen.


    "Carnulius Trachalus? Zu unerfahren. Cesellius Bala? Der passt nicht in die Region, fürchte ich. Purgitius Macer? War der in den letzten Jahren politisch überhaupt noch aktiv? Antonius Rufo? Das wäre seine wievielte Statthalterschaft in einer anderen Provinz? Das bringt mir nicht die Stabilität, die ich brauche! Vinicius Hungaricus? Der war dort schon einmal, oder? Lade ihn mal vor, ich wollte ihn wegen seines Bruders ohnehin sprechen. Wer noch? Matinius Agrippa? Dem fehlt die militärische Erfahrung für eine Grenzprovinz. Flavius Furianus? Das war doch der mit der Steuerfreiheit, oder? Das ist politisch zu heikel. Sonst noch wen?"


    Die Erörterungen setzten sich noch eine Weile fort, kamen am Ende aber zu mehr offenen Fragen als guten Antworten, so dass Cornelius Palma die Sache schließlich vertagte, bis er einige Gespräche geführt hatte.

    Das Thema kam nicht völlig überraschend für Cornelius Palma, denn auch von Decima Seiana hatte er schon im Groben davon gehört. Aber ebenso wie bei ihr, konnte er auch jetzt nocxh nicht viel mehr dazu sagen.


    "Ich hörte bereits von Decima Seiana davon und ich stehe solchen Veränderungen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Ich denke, solche Pläne könnten erst einmal im Senat verhandelt werden, dient ein nicht unerheblicher Teil der Bildung doch auch der Ausbildung des politischen Nachwuchses."


    Mit einem leicht fragenden Blick schaute Cornelius Palma seinen Gegenüber an, ob dieser nicht ohnehin die Vertretung des Themas im Senat geplant hatte und ihn nur in Kenntnis setzen wollte, oder ob er eine weitergehende Vertiefung erwartete.

    Die Frage, die Flavius Gracchus am Ende stellte, war vom philosophischen Standpunkt her mehr als berechtigt. Am Ende war man zwar ohnehin immer klüger und da sich Geschichte selten wiederholte, erst Recht nicht in kurzen Zeitabständen, würde man auch wohl kaum in die Verlegenheit kommen, in einer identischen Situation wieder vor der identischen Wahl zu stehen, aber trotzdem lohnte sich vom philosophischen Standpunkt her eine Reflexion. Leider hatte Cornelius Palma für solcherlei Betrachtungen bisher wenig Zeit gefunden, so dass er nicht allzu sicher in seiner Antwort war.


    "Nun, auch mit Blick auf das, was hinter uns liegt, sehe ich keinen Punkt, an dem wir mit einer anderen Entscheidung all dies zwingend hätten verhindern können und trotzdem dasselbe Ziel erreicht hätten. Von daher denke ich, dass die Entscheidung noch einmal meine Zustimmung finden würde."

    Die Bekräftigungen der Empfehlung nahm Cornelius Palma kommentarlos entgegen, denn was hätten die beiden denn auch sonst antworten sollen, als die Empfehlung noch einmal zu bekräftigen? Die weitere Bitte, die im Anschluss daran vorgetragen wurde, erforderte jedoch sehr wohl einen Kommentar oder eine Rückfrage.


    "Ein lobenswerter Vorschlag, dem die Munera zweifellos einen passenden Rahmen setzen wird. Was soll die Inschrift denn dem werten Leser mitteilen?"


    Davon hing wohl vor allem ab, ob Cornelius Palma sie bedenkenlos genehmigen konnte, oder ob weitere Verhandlungen darüber nötig waren. Immerhin konnte er schlecht eine Blankogenehmigung für das Aufhängen beliebiger Inschriften erteilen, erst Recht nicht an einem Tempel.

    Nachdem alle Punkte auf seiner Agenda angesprochen worden waren und es von den Beamten offensichtlich keine Rückfragen mehr gab, beendete Cornelius Palma die Audienz ebenso unspektakulär, wie er sie begonnen hatte.


    "Meine Herren, damit ist die heutige Generalaudienz beendet. Ich denke, wir werden uns zu gegebenen Zeitpunkt wieder in diesem Rahmen hier treffen."


    Da er das eine oder andere informelle Gespräch schon vor dem offiziellen Beginn der Audienz erledigt hatte, mischte er sich am Ende nicht noch einmal unter die Beamten, sondern gab nur kurze Anweisungen, wen er als nächstes zu sprechen gedachte und verließ dann die Aula Regia als Zeichen, dass sich auch die Beamten wieder in ihre Büros begeben konnten.

    Zitat

    Original von Lucius Tiberius Lepidus
    "Ich will in der Tat auch eine politische Laufbahn einschlagen", beantwortete er die Frage des Kaisers, dessen Worte dem Tiberier sehr geschmeichelt hatten "Ich sehe mich selbst der Tradition verpflichtet, die beispielsweise mein Onkel und Senator Publius Tiberius Maximus und natürlich mein Vetter, der Consular Manius Tiberius Durus, mitbegründeten. Den großen Dienst, den sie Rom erwiesen haben, möchte ich fortführen. Ihre verantwortungsvolle und staatstragende Haltung soll mir Vorbild sein. Zum Wohle des Reiches und dabei deiner Person stets treu und bedingungslos ergeben, würde ich mich freuen, wenn du zukünftige Kandidaturen meinerseits innerhalb des Cursus Honorum wohlwollenden Auges begrüßen würdest." Ob ein Tiberier jedoch grundsätzlich einem Kaiser immer so treu und bedingungslos ergeben war, war eine andere Frage. Lepidus kannte die Verwicklungen von Durus nicht und hielt, wie wohl zunehmend viele in Rom seit dem Sturz des Salinator, das über ihn gesagte für nichts als Propaganda. Ein großer Witz, dass ein Tiberier auch nur annähernd dazu fähig wäre, einen Kaiser zu morden.


    Anders als Tiberius Lepidus wusste Cornelius Palma umso genauer um die Taten des Tiberius Durus, so dass er die genannte verantwortungsvolle und staatstragende Haltung ziemlich sicher noch ein wenig anders interpretierte als der Tiberier es gedacht hatte. Was ihm aber keineswegs zum Nachteil gereichte, denn die Ankündigung gefiel Cornelius Palma, auch wenn sie ein wenig pathetisch klang. Aber daran musste er sich als Kaiser wohl nun gewöhnen,d ass die Leute ihm gegenüber immer besonders wohlgewählte Worte verwenden wollten. Solange sie ihn damit nicht völlig einzunebeln versuchten, war ihm dies Recht.


    "Nun, dann möchte ich deinem Eifer in der Nachfolge deiner großen Vorbilder nicht im Wege stehen und erhebe dich hiermit in den Ordo Senatorius. Mach uns keine Schande, das würde Aurelius Lupus sicher auch sehr traurig machen, wenn er mir einen Mann empfohlen hätte, der nicht hält was er verspricht."


    Mit einem feierlichen Lächeln blickte er zwischen den beiden Männern hin und her und hatte sie so gleich beide in die Pflicht genommen, dass der Tiberier ihn nicht enttäuschte.

    Nun war es an Cornelius Palma, perplex zu sein. Dieser Decimus Serapio schien ein noch wunderlicherer Mensch zu sein, als Cornelius Palma aus der Begegnung mit ihm erfahren hatte. Dass er einem von Vescularius Salinator proskribierten Senator Zuflucht gewährt hatte, hätte er nun wirklich nicht erwartet und konnte sich auch nicht so recht erklären, wie es dazu wohl kommen konnte.


    "Das ist eine mehr als überraschende Begründung. Mir gegenüber behauptete er, sehr genau über unsere damalige Unternehmung Bescheid zu wissen und zeigte sich sehr hasserfüllt über unsere Pläne. Dass er dir Zuflucht bot, zeigt mir dann wohl, dass es ihm doch an detaillierter Kenntnis mangelte oder aber dass sein Hass wesentlich differenzierter gerichtet war als er es auszudrücken vermochte."


    Zumindest hatte Cornelius Palma bisher angenommen, dass Decimus Serapio ihn und seine Mitwisser gleichermaßen verabscheute aufgrund ihrer Vergangenheit und nicht ihrer Person wegen, und nicht einzelne Personen unterschied.

    Mit einer Notiz für die zuständige Stelle der Kanzlei, dass eine Einladung ausgestellt werden sollte, da man auch einen Consular nur in den allerwenigsten Fällen einfach so vorlassen würde, war die Sache dann auch für Cornelius Palma vorerst erledigt. Also konnte er versuchen zu ergründen, worum es sich bei dem zweiten Anliegen handelte, das ihm angekündigt worden war.


    "Du hast noch ein zweites Anliegen?"

    Wie es Cornelius Palma hatte erwarten können, erwiderte zunächst sein Klient die Begrüßung und leitete dann zu seinem Begleiter über, damit dieser sich ebenfalls vorstellen und das angekündigte Anliegen vorbringen konnte. Wenn alle vergleichbaren Angelegenheiten in dieser oder künftigen Audienzen so vorgetragen wurden, konnte Cornelius Palma zufrieden sein. Der Eindruck, denn nicht nur das Vorgehen, sondern auch der Kandidat selber hinterließ, war ebenfalls positiv, so dass Cornelius Palma nun mehr denn je geneigt war, dem Ansuchen stattzugeben. Tatsächlich erinnerte er sich noch gut an das angesprochene Opfer, war es doch sein erstes großes Opfer in Rom gewesen, bei dem die vorzügliche Organisation ihm einiges leichter gemacht hatte.


    "Ja, ich erinnere mich an dieses Opfer, an dessen Ablauf es nichts auszusetzen gab. Solltest du mit derselben Gewissenhaft höhere Aufgaben ausfüllen, ist dies zweifellos ein Gewinn für Rom. Ich hege keinen Zweifel, dass du die inhaltlichen Anforderungen erfüllst. Planst du neben der Betätigung im Collegium Pontificium auch eine politische Betätigung?"


    Je nachdem, wie die Antwort ausfiel, galt es dem Kandidaten dann wohl auch noch politisch auf den Zahn zu fühlen. Über die Tiberier hatte Cornelius Palma allerdings bisher nichts politisch nachteiliges erfahren - eher im Gegenteil.

    CONFIRMATIO IMPERATORIS


    Hiermit bestätige ich das Ergebnis der am PRIDIE NON SEP DCCCLXIII A.U.C. (4.9.2013/110 n.Chr.) durchgeführten Wahl des Collegium Haruspicium LX und bestätige damit ebenso die Ernennung von


    SEXTUS AURELIUS LUPUS


    zum


    HARUSPEX PRIMUS


    - DCCCLXIII AB URBE CONDITA -



    Manchmal gab es Dinge, die wurden von der Zeit einfach überholt oder geradezu überrollt, auch wenn die Zeit freilich immer im selben Tempo fortschritt. So war wohl weniger der Zeit, sondern den Menschen ein Vorwurf zu machen, wenn das eine oder andere eben nicht so schnell vonstatten ging, dass es nicht von der Zeit überholt wurde. Was in diesem konkreten Fall wohl bedeutete, dass es die kaiserliche Kanzlei oder Cornelius Palma gewesen waren, die mit der Antwort auf die Bitte des Flavius Gracchus so langsam gewesen waren, dass sich die zum Gesprächseinstieg genannten Fakten inzwischen wieder überholt hatten.


    "Decimus Serapio? Nun, dann bist du über die neuesten Entwicklungen wohl noch nicht im Bilde, was insofern nicht verwundert, als dass sie nicht öffentlich verkündet wurden. Jedenfalls wird es dich freuen zu hören, dass jener nicht länger im Kerker sitzt."


    Soweit die Fakten, die Cornelius Palma freigiebig mitteilen konnte. Doch die Frage selber warf viele Fragen auf, die nun auf Beantwortung warteten, so dass dem Gespräch nun keineswegs der Boden entzogen worden war.


    "Welches besondere Interesse bringt dich dazu, dich für seine Freilassung einzusetzen? Ich darf wohl ausschließen, dass ihr in persönlichem Kontakt steht, denn sonst wäre dir seine Freilassung ja schon bekannt gewesen?"

    Da Cornelius Palma wusste, wie lang die Liste derer war, die zu dieser Generalaudienz geladen worden waren, ließ er seine Gäste nicht allzu lange warten und erschien recht zügig in der Aula Regia. Er verzichtete auf große eröffnende Worte zu Beginn, mit denen er sich an alle Anwesenden wandte, denn erstens würde das nur Zeit kosten und zweitens hatte er diesmal ohnehin keine Botschaft, die die sehr verschiedenen Anwesenden gleichermaßen betraf. Stattdessen nahm er also gleich auf seinem Platz am oberen Ende der Aula Regia Platz und ließ die ersten Gäste zu sich kommen. Zügig, aber ohne Eile, wurden die Anliegen besprochen, bis schließlich auch Aurelius Lupus mit seinem Begleiter vorgelassen und vom kaiserlichen Nomenclator vorgestellt wurde.


    "Salve, mein Klient Aurelius Lupus. Es freut mich, dass du es so zügig einrichten konntest, wieder vorstellig zu werden. Salve, Tiberius Lepidus. Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Aurelius Lupus wusste Gutes über dich zu berichten."


    Nach dieser kurzen Begrüßung war es nun an den beiden, den Gesprächsfaden aufzunehmen und weiterzuspinnen, um ihr Anliegen zu bekräftigen und die kaiserliche Antwort entgegenzunehmen.

    Die Regung im Gesicht von Cornelius Palma wurde stärker, denn mit der Nennung dieses Namens hatte er nicht gerechnet. Aber tatsächlich war es mehr als naheliegend, dass sich der alte Aelier an ihn wenden wollte und sich dafür einen Unterhändler aussuchte, um dieses Anliegen vorzutragen. Auch wenn Cornelius Palma von der Wahl eben jenes ehemaligen Tribunen eher überrascht war.


    "Es freut mich zu hören, dass auch Aelius Quarto dem Staat nicht verloren gegangen ist und wenn es die Wahrung des Erbes des Valerianus getrifft, ist er zweifellos eine Stimme, die gehört werden muss. Falls du ihn schon sehr bald wieder siehst, richte ihm aus, dass ich mich über die Nachricht sehr gefreut habe. Ich werde ihm aber unabhängig davon baldmöglichst die Gelegenheit geben, mit mir zu sprechen."


    Die gewünschte Form war Cornelius Palma allerdings noch nicht ganz klar, denn eine Audienz und eine öffentliche Treueerklärung verbanden sich nicht zwangsläufig nahtlos miteinander. Wobei letztere sicher auch im Senat möglich war, was er dem Consular vielleicht einfach vorschlagen sollte.

    Cornelius Palma hätte nicht erwartet gehabt, dass seine Maßnahme in der Kanzlei große Freude auslöste, so dass ihn die Gesichtsausdrücke und ein vages unwilliges Gemurmel aus den Reihen der Kanzleibeamten nicht überraschten. Er würde wohl noch einige Maßnahmen dieser Art an anderen Stellen durchführen müssen und mit ähnlichen Reaktionen leben müssen. Um nun hier keine Zeit für ausschweifendere Reaktionen zulassen, ging er gleich zum nächsten Punkt über, den er für diese Audienz vorgesehen hatte.


    "Nach diesen Formalia, die euch als Beamte der Kanzlei betreffen, möchte ich euch nun mit einigen Ansichten meinerseits zum Umgang mit Besuchern vertraut machen. Erstens: Es gibt eine Reihen von Personen, die zu meinen Klienten oder Vertrauten gehören und denen es möglichst unbürokratisch möglich sein soll, mich hier im Palast anzutreffen. Welche Personen dies betrifft, werde ich zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben. Bei allen anderen Personen erwarte ich, dass man mich vorab mit ihrem Anliegen vertraut macht, bevor man sie zu mir vorlädt. Zweitens: Alle Termine, die nach der Mittagsstunde stattfinden sollen, sind persönlich mit mir abzusprechen und nach Möglichkeit gesellschaftlichen Anlässen vorzubehalten. Drittens: Die Palastwache soll Anweisung erhalten, dass Senatoren nicht mehr länger beim Betreten des Palastes auf Waffen durchsucht werden. Eine solche Durchsuchung ist angesichts ihres Standes unwürdig."


    Eine schriftliche Anweisung zu diesen Regelungen hätte ihren Zweck sicher auch erfüllt, aber Cornelius Palma war es durchaus wichtig, sie seinen Beamten persönlich mitzuteilen, weil es immerhin auch um seine persönlichen Ansichten zum Besuchsverkehr ging.

    Ganz langsam fand es Cornelius Palma durchaus frustrierend, dass Decimus Serapio so offenbar wirklich kein Interesse an einem offenen Gespräch hatte oder dazu nicht in der Lage war. Auch sein letzter Hinweis und seine Worte wurden wieder nur mit Bezichtigungen und Parolen beantwortet, sofern man überhaupt von einer Antwort sprechen konnte. Dementsprechend schüttelte Cornelius Palma leicht den Kopf, während er sich kurz einmischte.


    "Ich spreche ja auch gar nicht davon, über dich zu urteilen. Das müssen sowieso die Gerichte tun. Meine Entscheidung wäre es wohl bestenfalls, ob ich eine Anklage zulasse."


    Aber er sah bald ein, dass der bisherige Praefectus Praetorio für solcherlei juristische Erörtungen zumindest in seiner momentanen Verfassung ganz offenbar nicht zu gebrauchen war. Was stattdessen folgte, war immerhin wieder etwas handfestes und Cornelius Palma konnte nicht bestreiten, dass Decimus Serapio offenbar tatsächlich eine ganze Menge wusste. Mehr, als ihm lieb sein konnte aber offenbar immerhin wenig genug, um ihm damit nicht früher gefährlich geworden zu sein. Trotzdem musste er eine Lösung finden, wie er mit diesem gefährlichen Wissen in der Hand eines Mannes umgehen sollte, der ganz offenbar derzeit nicht kooperationsfähig war.


    Die Miene von Cornelius Palma verfinsterte sich weiter, während er zuhörte, aber dann wurde sie wieder etwas heller, als ihm Decimus Serapio die Lösung vermutlich unabsichtlich wie auf einem Tablett präsentierte. Noch dazu verbunden mit einer Forderung, die Cornelius Palma ihm ohnehin erfüllt hätte, denn im Kerker wollte er ihn sowieso nicht endlos belassen. Aber das, was ihm hier nun offenbar als Erpressungsversuch entgegengeschleudert wurde, war tatsächlich die beste denkbare Lösung. Dementsprechend erhob sich Cornelius Palma mit einem feinen Lächeln.


    "Bitte. Geh. Die Tür steht dir offen. Mögen die Götter deine Schritte und deine Zunge leiten, denn in Rom soll es Ecken geben, in denen man sicher nicht freundlich auf dich schauen wird, wenn du solche Worte wiederholst. Wenn du Glück hast, lacht man lediglich über dich. Eine Schande, dass aus einem ehemaligen Praefectus Praetorio so eine Gestalt geworden ist, aber die vergangenen Wochen scheinen deinem Geist nicht gut getan zu haben. Nun geh. Ich benötige deine Anwesenheit nicht länger."


    Selbst wenn Decimus Serapio nun sofort zum Senat gehen würde, um seine angeblichen Beweise vorzulegen, würde es wohl noch lange genug dauern, dass Cornelius Palma geeignet reagieren konnte. Aber wer glaubte schon einem Mann, den der Kaiser persönlich nach einem Gespräch als freien Mann nach Hause geschickt hatte, wenn er den Kaiser des Mordes bezichtigte?