Die Abstimmung war vorüber und jener Mann, der als Senator Appius Cornelius Palma die Curia betreten hatte, führte nun den Titel eines Imperator Caesar Augustus. Einige Reden hatte er heute schon gehalten, zunächst auf dem Forum und eben ein paar Sätze zumindest hier auch schon im Senat. Aber trotzdem wollte und musste er die Gelegenheit ergreifen, jetzt noch einmal das Wort an die Senatoren zu richten. Dass den Worten später Taten würden folgen müssen, war ihm klar. Dass mancher ohnehin lieber Taten sah als Worte hörte ebenfalls. Doch der Senat war für ihn der Ort, an dem Männer über die Taten und Pläne reden sollten, an dem sie die Geschicke Roms mit Worten lenkten, und genau diese Aufgabe wollte er nun wahrnehmen. Er hatte sich nach der Abstimmung einen Augenblick gesammelt, einige Glückwünsche seiner engsten Vertrauten entgegen nehmen können und trat nun in die Mitte des Raumes.
"Patres conscripti! Mit dem eben erfolgten Votum habt ihr euren Willen ausgedrückt, mir Pflichten in der Führung unseres Staates aufzuerlegen und mich mit Rechten auszustatten, die mich aus eurer Menge herausheben, zu der ich bis eben gehörte. Ich betrachte es daher als meine Pflicht, nun zu euch zu sprechen um euch darzulegen, wie ich diese Pflichten zu erfüllen und diese Rechte zu nutzen gedenken. Dies tue ich umso mehr gerne und mit voller Absicht, da mir nicht entgangen ist, dass einige von euch noch zögerlich waren, was von mir zu erwarten wäre und ob sie ihr Vertrauen tatsächlich in mich setzen können.
Und ich sage euch, diese Männer erfüllen ihre Aufgabe als Senatoren gut, wenn sie zweifeln und Bedenken äußern. Schaut euch um und schaut vor allem auf jene Plätze, die leer geblieben sind. Welche Männer fehlen dort? Da fehlen solche, die sich nicht scheuten, ihre Zweifel und Ansichten laut zu äußern, und die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator dafür verurteilt und vertrieben, wenn nicht gar getötet wurden. Solche Lücken gilt es zu schließen, indem wir die zurück holen, die verbannt wurden und andere in die Fußstapfen derer treten, die nicht mehr in die Curia zurück kehren können. Aber es gibt auch leere Plätze von jenen, die erst kürzlich aus dem Senat vertrieben wurden oder die vom Volk in den Wirren der letzten Tage daran gehindert wurden, sich zum Senat zu begeben. Männer, die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator in den Senat berufen wurden weil sie eben keine Zweifel hegten, weil sie ihre Stimmen eben nicht erhoben außer zur Abstimmung, um ihrem Gönner blinden Gehorsam zu bezeugen. Solche Lücken gilt es zu schließen mit besseren Männern. Mit Männern, die vielfältige Ansichten vertreten, die verschiedenes erlebt habe, die Bildung und Ausbildung erfahren haben, die wertvolle Meinungen hier in die Curia bringen können. Aber es gibt auch die Plätze derjenigen, die freiwillig geflohen sind unter der Herrschaft des Vescularius Salinator, um der Verfolgung zu entgehen. Die sich versteckt haben und ihren Mund geschlossen hielten, um nicht gesehen und nicht gehört zu werden. Solche Lücken gilt es zu schließen, indem wir ihnen Mut machen sich wieder zu zeigen, wieder zu sprechen, ihre alten Plätze wieder einzunehmen, zum Wohle Roms. Erinnert euch an die Zeiten unserer Vorfahren, als hier in Rom nicht ein einzelner Mann in Willkür und gestützt auf einige Freunde über die Geschicke unseres Reiches entschieden hat, sondern einem Mann die Rechte und Pflichten eines Imperator Caesar Augustus übertragen wurden, damit er gemeinsam mit dem Senat, den Magistraten, überhaupt den Bürgern Roms und auch im Vertrauen auf die Götter über die Geschicke unseres Reiches weise entscheide und die Entscheidungen umsetze. Erinnert euch an diese Zeiten, die glückliche waren und helft mit, dass wir sie wiedergewinnen können!
Doch ich weiß, dass euch dies als Ankündigung, als Versprechen, als Ausblick auf eine bessere Zukunft nicht reichen wird. Ich weiß, dass man ein Haus nicht renoviert, indem man nur ankündigt, die Lücken in seinem Fundament zu schließen. Es muss tatsächlich Hand angelegt werden, es braucht viele Arbeiter und es reicht nicht, nach dem Fundament aufzuhören. Und ich werde Hand anlegen und nicht zu früh aufhören. Die Proskriptionen und Verbannungen, die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator ausgesprochen wurden, werden aufgehoben und zurückgenommen werden, um dem Senat wieder die Ehre zurück zu geben, die ihm gebührt. Ich werde meine Rolle als Beisitzer des Senates erfüllen, wie es das Gesetz vorschreibt und nicht mit bewaffneten Leibwächtern die Sitzungen an mich reißen. Ich werde neue Senatoren ernennen, die sich vor aller Augen durch Verdienste ausgezeichnet haben und ich werde mir dabei von vielen Seiten Rat einholen. Ich werde die Wahl der Magistrate wieder dem Senat überlassen wie es geschrieben steht und nicht durch lange Listen von Kandidaten des Augustus die Wahlen zu einem tumben Schauspiel werden lassen, das nur die Herzen der Sponsoren und unbedarften Zuschauer erfreut. Und weil in einem neuen Haus auf einem renovierten Fundament die alte Hausordnung nicht mehr stimmen muss, beabsichtige ich, überhaupt alle Rechte des Imperator Caesar Augustus auf den Prüfstand stellen zu lassen und den Codex Universalis daraufhin untersuchen zu lassen, ob nicht die Übertragung der notwendigen Rechte und Pflichten auf meine Person durch eine vom Senat verabschiedete Lex Imperio geregelt werden sollte, statt in der heutigen pauschalen Form.
Doch nicht nur meine Rechte und Pflichten gehören geprüft, besätigt oder verändert, sondern auch andere Rechte, die in der Vergangenheit vernachlässigt oder gar vorsätzlich missachtet wurden, denn sonst stürzt das renovierte Haus gleich wieder ein wie ein Gebäude, bei dem der Baumeister die Regeln der Baukunst nicht eingehalten hat. Der Notstand, der unsere Stadt noch in seinem Griff hält und der es notwendig macht, dass bewaffnete Heere vor den Mauern lagern und bewaffnete Männer in den Straßen patroillieren muss baldmöglichst beendet werden. Das Gesetz, welches das Tragen von Waffen innerhalb des Pomeriums verbietet ist ein göttliches und als solches duldet es keine Ausnahmen. Sobald es die Situation zulässt, werden die Cohortes Urbanae und Cohortes Praetoriae in ihre Lager zurückkehren und die Legionen wieder ihren Dienst in den Provinzen unseres Reiches versehen. Bewaffnete Banden, die auf Unsicherheit spekulieren um ihre Habgier zu befriedigen oder Rache zu üben, sollen keinen Platz haben innerhalb der Mauern Roms und werden nach unseren geltenden Gesetzen bestraft werden. Rom soll wieder ein sicherer Ort werden, in dem alle Bürger hinaus aufs Forum gehen können und nicht Angst haben müssen, von einem diebischen Dolch oder einem skythischen Säbel verletzt zu werden. Und ich spreche hier bewusst von allen Bürgern, auch von jenen, die sich durch ihre Taten unter der Herrschaft des Vescularius Salinator den Zorn ihrer Nachbarn und Freunde zugezogen haben, denn die Renovierung kann nur gelingen, wenn alle Arbeiter zusammen arbeiten und nicht einer den anderen argwöhnisch beäugt und niederreißt, was jener begonnen hat. Überlasst die Rache Mars Ultor, dem göttlichen Rächer, dem auf dem Forum des ersten Augustus ein Tempel geweiht ist und überlasst die Strafe den Gerichten, denen der Augustus Ulpius auf seinem Forum des Traianus eine Halle gebaut hat. Unrecht muss beseitigt werden, Schäden müssen begleichen werden, aber wer sich vor den Göttern verpflichtet, in der Zukunft zum Wohle Roms zu dienen und nicht zum Wohle eines einzelnen, der muss auch vor blutiger Strafe verschont bleiben.
Denn die Götter Roms und nicht die Gönner und Günstlinge einzelner sollen unsere Zeugen dafür sein, dass jeder hier in dieser großen Halle und ich als derjenige, der von euch als Erster bestimmt wurde, zum Wohle Roms handeln und gemeinsam auf einem stabilen Fundament ein neues, strahlendes Haus bauen. Und als Zeichen dafür schlage ich vor, dass wir im Anschluss an diese Sitzung alle gemeinsam hinauf zum Capitol ziehen, um dort den Göttern ein Opfer darzubringen, auf dass sie die Pläne gutheißen und stützen und mir die Kraft geben, die Aufgabe zu meistern, die ihr mir eben übertragen habt."
Schweißperlen standen auf der Stirn von Cornelius Palma und auf dem Capitol würde er sicher nicht noch einmal so viel und kräftig sprechen können, wie er es gerade getan hatte. Aber er blickte wie während der gesamten Rede mit festem Blick in die Reihen der Senatoren und wartete ab, wie sie reagieren würden oder ob sich tatsächlich gleich welche erhoben, um ihm zum Capitol zu folgen.