An
Marcus Vinicius Lucianus
Regia Legati Augusti pro Praetore
Mogontiacum
Germanien
Lucianus, werter Freund!
Sehr habe ich mich über deinen Brief gefreut, den ich heute erhalten habe. Hätte ich eher Zeit gehabt, so hätte ich dir bestimmt schon früher einen Brief geschrieben. Doch du kennst es ja, wenn man sich für alles die nötige Zeit nehmen würde, so käme man nie mehr in das Bett.
Zu allererst möchte ich dir für deine Glückwünsche zu meinem Sieg in Spanien danken. Die Götter waren mir hold, sonst hätte ich die Situation bestimmt auch nicht so gut lösen können.
Darüber hinaus kann man so einen Sieg nur eringen, wenn man mit sich selber in reinen ist und weiß, dass man zur Not immer Freunde hat, die einem helfen werden. Den kleinen Zwist den wir hatten, habe ich natürlich schon längst vergessen. War ja kaum mehr als eine Meinungsverschiedenheit.
Sorgen musst du dir dort im Norden über die Bedrohung im Osten sicher nicht machen. Der Kaiser hat sich ja selbst der Lage angenommen und damit haben wir wohl den bestmöglichen Vertreter dort an der Front. Doch sollte es trotzdem mal zu einer möglichen Bedrohung kommen, so werde ich dich und die anderen Statthalter rechtzeitig informieren.
Zu der Lage in Parthia kann ich dir eine Abschrift der Rede des Kaisers vor dem Senat anbieten:
Seit geraumer Zeit hat der parthische König Oroes der Erste unsere syrischen Grenzen bestürmt, geplündert und gemordet. Die Friedensliebe und Friedfertigkeit der Römer hat dessen Entschuldigungen nur zu lange entsprochen und auf eine scharfe Antwort verzichtet. Doch diese Milde und Nachsicht hat man uns nun schlecht vergolten. Ich wurde von König Exedares von Armenia, den wir Amicus Romanorum nennen, davon unterrichtet, dass sein Land von parthischen Truppen angegriffen wurde. Die in seinem Schreiben enthaltene Ernstlichkeit der Lage lässt keinen Zweifel daran, dass das Königreich mittlerweile wohl sicher gefallen und der König wahrscheinlich nicht mehr am Leben ist. Ein Freunde Roms ist schändlich attackiert worden, trotz Zusicherung der Freundschaft Roms, trotz eines Vertrages mit dem Herrscher von Cetesiphon!
Darüber hinaus sind kaum neue Informationen vorhanden. Wobei Berichte von dem Kaiser, der bald gelandet sein dürfte, schon sehnsüchtig erwartet werden.
Mir selbst geht es dabei - abseits von den ganzen Sorgen das Reich betreffend - ganz gut. Mein Privatleben ist derzeit zwar von den Problemen dominiert, doch letztlich wollte ich es ja nicht anders, als ich das Angebot des Kaisers annahm. Meiner Familie geht es soweit auch gut. Sind ja auch alle mit irgendwelchen Aufgaben fleißig beschäftigt und noch bemüht den Weg zu finden, der ihnen bestimmt ist.
Doch wie hat sich dein Leben in Germanien entwickelt? Wie geht es deiner Frau? Darf man schon guter Hoffnung sein? Und wie gestaltet sich deine Arbeit, macht sie Spaß?
Das Angebot mit dem Ortswechsel werde ich nur allzugern annehmen, sobald es meine Zeit zlässt.
Doch leider muss ich mit diesen Zeilen den Brief auch schon wieder abschließen. Die Pflicht ruft und wartet leider nicht.
Mögen die Götter ihre Hände schützend über dich halten
dein dich liebender Freund
Gaius