Es wurde langsam hell und obwohl Paulina natürlich kein Auge zugetan hatte seit den gestrigen Vorbereitungen war sie keineswegs müde sondern noch immer hellwach.
In wenigen Stunden würde alles beginnen, und damit ein Teil ihres Lebens, ihre Jugend, enden.
Sie schritt im Zimmer auf und ab, wohl darauf bedacht, ihre Kleidung und ihre Frisur möglichst unbeschadet zu halten. Die Arbeit des gestrigen Abends war sehr ergiebig gewesen. Ihre Haare waren perfekt zu dem traditionellen tutulus wie ihn auch die Vestalinnen trugen nach oben gesteckt, von einem Blumenkranz umgeben und der rote Schleier lag auf einem der Tische bereit . Ihre weiße tunica recta war , wenn auch nicht von ihrer Mutter, die leider nicht mehr lebte, von Vespa sorgfältigst mit dem nodus Herculis gegürtet worden.
So sah sie aus wie der Inbegriff einer jungen Braut. Ihre blonden Haare leicht unter dem Schleier hervorstechend, ihre blauen Augen wach und gespannt auf die Zukunft gerichtet.
Die Zeit verging, wenn auch für Paulina Gefühl nur sehr schleichend, und von Sklavinnen umwuselt wurde sie immer nervöser, bis sie irgendwann mit einem „Lasst mich allein!“ zumindest für eine Weile alle aus ihrem Cubiculum verbannte.
Sie dachte an jemanden an den sie nicht hätte denken sollen. Sie dachte daran, dass sie schon einmal vorgehabt hatte diesen Schritt zu gehen und wie die Götter dieses Vorhaben durchkreuzt hatten. Sie hatte so lange versucht über diese Ereignisse hinweg zu kommen. In Gedanken bat sie ihren ehemals Geliebten um Verzeihung. Um Verzeihung dafür, dass sie ihn ohne ein weiteres Wort verlassen hatte und nun, ohne sein Wissen, einen anderen Mann heiraten würde. Eine einzelne Träne lief ihr über das fein geschminkte Gesicht. Eine Träne mit dem sie ihre Vegangenheit ein für alle Mal hinter sich ließ.
Sie fragte sich, was ihr Verlobter wohl gerade tat und ob das Hochzeitszeremoniell für diesen auch nur halb so anstrengend war wie für sie.
Die Zeit verstrich und sie nahm war, wie die Casa langsam zum Leben erwachte, die Geschehnisse draußen vor ihrer Tür wurden immer geschäftiger und schon kam eine Sklavin die ihr mitteilte, dass die ersten Gäste eintrafen...