Beiträge von Petronia Octavena

    Octavena war gut gelaunt und somit in Plauderstimmung. Während sie nebeneinander her gingen, warf sie kurz einen Blick gen Himmel ehe sie sich wieder Athicus zu wandte. Es war noch immer kalt, aber inzwischen hatte sie das Gefühl, sich zumindest langsam an die Temperaturen hier zu gewöhnen. Wobei die Betonung tatsächlich auf langsam lag.
    "Wir haben bisher noch gar nicht so genau über deine Aufgaben gesprochen", bemerkte sie und griff so auf, worüber sie auch am Abend zuvor mit ihrem Onkel gesprochen hatte, "Hast du einmal etwas gelernt?"
    Nicht, dass das sonderlich von Bedeutung gewesen wäre, inzwischen hatte sie sich auch schon selbst ihre Gedanken gemacht, aber möglichst viel zu wissen konnte nicht schaden.

    Sie lachte leise. Ob der nicht vielleicht da doch noch etwas ernüchtert werden würde. Immerhin schien er optimistisch zu denken und nicht alles schwarz zu sehen. Ein Pluspunkt, wie sie fand.
    "Lob den Tag nicht vor dem Abend. Noch weißt du ja gar nicht, ob du es nicht mit jemand anderem besser erwischt hättest."
    Sie bogen um die Ecke und Octavena schlug den direkten Weg nach Hause ein.

    "Gut. Ich bin mit meinen Besorgungen soweit fertig. Folge mir und präg dir den Weg gut ein", erklärte sie und wandte sich von dem Stand des Schmuckhändlers ab. "Vale, Dagmar!"
    Gelassen führte sie ihren neuen Diener nun durch die Menge an den verschiedenen Ständen vorbei.
    "Du kommst aus Sizilien, sagst du?", fragte sie beiläufig, "Dann war es wirklich mutig zu dieser Zeit über die Alpen zu kommen. Das Wetter hier im Norden hat schon so manchen zu milderen Zeiten erschrocken."

    Octavena lächelte zufrieden. Den Gedanken, dass sie diese spontane Idee zu Hause dann vermutlich auch noch erklären musste, schob sie erst einmal bei Seite.
    "Wunderbar. Dann kannst du, wenn du willst, gleich anfangen." Sie hielt ihm ihren Korb hin froh darüber das ihr so schwer gewordene Ding abzugeben. "Über deinen genauen Lohn und alles weitere verhandeln wir später."

    Wo nun auch der finanzielle Aspekt geklärt war, war Octavena nun wirklich am Überlegen, den Fremden einzustellen. Ein wenig Hilfe oder vor allem Gesellschaft konnte sie ja wirklich gebrauchen.
    "Was würdest du davon halten, für mich zu arbeiten, Gaius Athicus?", fragte sie ihn also spontan. Vor allem hatte er Glück, dass sie gute Laune hatte, denn ansonsten hätte sie vermutlich kaum aus so einem Bauchgefühl und einer Laune heraus gehandelt.

    Octavena lächelte. Er war selbstbewusst. Das gefiel ihr.
    "Und was hattest du für Lohnvorstellungen?"
    Das war eigentlich fast noch wichtiger. Denn irgendeinen überteuerten Fatzken konnte sie garantiert nicht gebrauchen und damit würde er sich selbst gleich wieder ausschließen. Und in jedem Fall wäre das doch nicht ganz unwichtig gewesen, auch wenn sie ihn vielleicht doch noch an jemand anderes verweisen wollte.

    Octavena nickte ein wenig widerstrebend. Da mochte er Recht haben. In Rom hätte sie oder ihre Familie bestimmt auch anderes im Kopf gehabt als sich einen Leibdiener zu zulegen.
    Gleichzeitig wanderten ihre Gedanken ein wenig weiter. Vielleicht fiel ihr ja spontan jemand ein, der die Dienste des Fremden gebrauchen konnte.
    Aber ohne Erfolg. Die wenigen Frauen, die sie in Mogontiacum kennen gelernt hatte, hätten ganz bestimmt keinen Leibdiener gebraucht. Wenn sie ehrlich war, dann war die Einzige, die halbwegs dazu passen würde, ihn einzustellen sie selbst gewesen...
    "Wie definierst du 'sehr qualifiziert'?", hakte sie einen spontanen Impuls nachgebend nach und sah ihn nun etwas aufmerksamer an.
    Tatsächlich hätte sie nun, wo sie so darüber nachdachte, gegen einen Leibdiener, wenn auch weniger, um Arbeiten für sie zu erledigen als mehr als eine Art Gesellschaft, nichts einzuwenden gehabt. Und finanziell hätte sie sich das auch problemlos aus eigener Tasche leisten können, denn vor ihrer Abreise hatte sie in Tarraco noch aus Trotz ihren Vater ein wenig erleichtert und dieses Geld hatte sie bisher nicht angerührt.

    Octavena sah den Fremden zweifelnd an. Er suchte also Arbeit? Am besten als Leibdiener einer "jungen Dame" wie er es nannte? Und dann kam er von Rom nach Mogontiacum? Gut, sie wusste nicht, wie in Rom im Moment die Lage war, aber sie konnte sich kaum vorstellen, dass die Chancen in Mogontiacum besser waren.
    "Da hast du dir ja etwas vorgenommen", kommentierte Octavena also seine Erklärung, "Schließlich ist Mogontiacum nicht Rom. Es könnte sein, dass du da eine ganze Weile wirst suchen müssen ehe du etwas findest."

    Überrascht wandte Octavena den Kopf und musterte den Fremden flüchtig, der sich so unvermittelt in ihr Gespräch eingemischt hatte. Jung, nicht wirklich auffällig, aber so wie es aussah mit einem sehr gesunden Selbstbewusstsein.
    "Salve, Gaius Athicus", erwiderte sie neugierig, "Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Ich bin Petronia Octavena." Sie sah sich nach Dagmar um in der Erwartung, dass die sich auch vorstellen würde, aber die runde Frau wandte sich gerade mit einem halbherzig entschuldigendem Blick einer anderen Kundin zu und so zuckte Octavena nur kurz mit den Achseln.
    "Wie auch immer. Aus Sizilien, sagst du? Was verschlägt jemanden so tief aus dem Süden so weit in den Norden?"

    Es war ein ruhiger Tag. Viel gab es heute nicht zu tun und so widmete Octavena sich wieder einmal einem ihrer Streifzüge durch die Stadt und über das Forum. Dass sie dabei den anstehenden Einkauf gleich mit erledigen konnte, kam ihr dabei nur recht. Das meiste hatte sie schon besorgt und langsam, aber sicher dämmerte es ihr, dass sie das Gewicht des Korbs, den sie trug, unterschätzt hatte. Und ausgerechnet heute war sie auch zur Abwechslung einmal allein, ohne Gunda, gekommen und konnte sich nicht einmal mit ihr abwechseln. Das war ärgerlich, aber sie würde es überleben.
    "Salve, Petronia", ertönte da eine akzentlastige Stimme zu ihrer Rechten und lächelnd wandte Octavena sich um.
    "Salve, Dagmar", grüßte sie zurück und ging auf die runde Frau eines Schmuckhändlers, mit der sie gerne einmal einen Plausch über allerlei Klatsch und Tratsch hielt, zu, "Was gibt's neues?"
    Die ältere Frau grinste breit. "Ich denk mal nix, das dich interessieren würde. Aber sieh dir doch einmal die Kette hier an." Sie deutete mit ihren Wurstfingern auf ein erstaunlich fein gearbeitetes Schmuckstück, doch Octavena sah es sich gar nicht erst genauer an.
    "Lass mal gut sein, im Moment brauche ich nichts", gab sie stattdessen zurück. Die Wahrheit war viel mehr, dass Dagmar - so ruppig sie sich auch gerne gab - eine kluge Händlerin war und Octavena die Erfahrung gemacht hatte, mit ihr nicht zu feilschen, am besten gar nichts bei ihr, sondern wenn dann bei ihrem Mann, der nicht der Hellste war, zu kaufen.
    "Hast du etwas aus Hispania oder Italia gehört?", fragte sie stattdessen beiläufig in der Hoffnung doch noch etwas Neues zu erfahren, aber Dagmar schüttelte den Kopf.
    "Nee, bei dem Wetter überquert doch niemand freiwillig noch die Alpen. Im Moment hör' ich nur den üblichen Klatsch. Aber ich denk mal, das kümmert dich eh nicht."

    "Nein. Tut es nicht", erwiderte Octavena scheinbar völlig unbewegt, auch wenn die Kneipe nun, da sie sie betreten hatten, ihr im ersten Moment doch ein ganzes Stück zu laut, voll und dunkel war. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an das schummrige Licht und sie entspannte sich damit auch wieder ein wenig. So schnell war sie dann eben doch noch nicht aus der Fassung zu bringen. Der Wirt kam und kurz blinzelte Octavena überrascht, als sie, die sie eigentlich noch ein wenig ihre Umgebung in Augenschein nahm, bemerkte, dass Matinius Pacatus sie angesprochen hatte. Stumm nickte sie nur und ließ ihren Blick weg von den anderen Gästen wieder zu ihrem Begleiter gleiten.


    Noch während der Wirt dann wieder verschwand kam ihr dabei ein ganz anderer Gedanke. Nämlich woher er wohl kam, dass er so sehr wie vorhin auf das hiesige Wetter geschimpft hatte, denn sie hatte bisher eher die Erfahrung gemacht, dass die Einheimischen oder Leute, die aus Germania im Allgemeinen kamen die Kälte mit einer gewissen Gleichgültigkeit betrachteten. Er musste also eher aus dem Süden kommen.
    Einen Moment überlegte sie, ob er etwas in der Richtung auf dem Forum auf eine von Lucius' Rückfragen erwidert hatte, aber sie konnte sich nicht erinnern. Damals war sie wohl zu sehr mit ihrem Ärger auf ihren Vetter beschäftigt gewesen, um ihm richtig zu zuhören.
    Und weil sie des Grübelns müde war, fragte sie ihn also einfach direkt: "Woher kommst du eigentlich? Du scheinst das germanische Wetter nicht gewöhnt sein - Oder zumindest nicht zu mögen."

    Interessiert nahm Octavena die Information darüber, dass der Matinius der Magister Vici hier werden wollte, zur Kenntnis. Gut zu wissen. Mit etwas Glück schaffte er das sogar. Und wenn Lucius sich als Magister Vici aufspielen konnte, dann konnte das der Fremde hier bestimmt.
    Sie lächelte. "Dann wünsche ich dir viel Glück dabei."


    Ein weiterer kalter Windstoß streifte Octavena und sie fröstelte kurz. Vielleicht war es ja wirklich eine gute Idee, mit ihm mitzugehen. So bald würde sie zu Hause auch wieder niemand vermissen und so würde sie sich zumindest ein wenig aufwärmen können. "Gerne."

    "Fecenius Chilo?"
    Octavena überlegte kurz und durchforstete ihre Erinnerungen, ob ihr der Name in dem Klatsch und Tratsch, den sie von Zeit zu Zeit auf dem Forum aufschnappte, schon einmal unter gekommen war, doch sie konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, schon einmal von dem Mann gehört zu haben.
    "Nein, tut mir leid. Hab nie von ihm gehört."

    Lucius' Tonfall ließ Octavena gleich wieder etwas ärgerlicher werden. Denn es war nicht misszuverstehen, was er daraufhin von ihr erwartete, andererseits war ihr die Aussicht, zu verschwinden gar nicht mal so unrecht. Sie hatte sich bei dieser Aktion heute vor allem am laufenden Band mit ihrem Vetter gestritten, wahrscheinlich war es wirklich besser wenn sie ging.
    "Pah, wenn du meinst...", erwiderte sie spitz und wandte sich zum Gehen, "Wir sehen uns dann! Vale!"

    Zitat

    Original von Marcus Petronius Crispus
    Dann nutzte er den Moment, in dem die Aufmerksamkeit hinüber zu Clemens gehen würde, um Octavena etwas zuzuraunen:


    "Na, wie findest du den alten Domitius?"


    Kurz zögerte Octavena mit ihrer Antwort. Bisher konnte sie Domitius Massula sogar ganz gut leiden, immerhin schien man sich mit ihm problemlos untehalten zu können, was sie als gute Vorraussetzung für eine brauchbare, respektvolle Basis befand. Andererseits war er auch einfach alt.
    Schließlich entschied sie sich der Kürze halber für eine eher diplomatische, wenn auch möglichst klare Antwort, die sie ihrem Onkel zuraunte, während Lucius sich schon mit dem jungen Domitius zu unterhalten begann: "Es gäbe glaube ich schon schlechtere Kandidaten. Trotzdem ist er doch etwas alt..."

    Octavena blinzelte ein paar Mal überrascht ehe sie den Fremden vom Forum wieder erkannte. Der, zu dem Lucius so unfreundlich gewesen war.
    Sie lächelte flüchtig. Immerhin schien er die Tatsache, dass sie ihn unabsichtlich angerempelt hatte, halbwegs mit Humor zu nehmen. "Wie großzügig", erwiderte sie leicht ironisch, "Und eigentlich lerne ich andere Menschen auch lieber durch ein Gespräch als dadurch, dass ich sie anremple, kennen."
    Nun erwiderte Octavena auch sein freundliches Lächeln."Ich bin Petronia Octavena."

    Octavena lächelte Armin flüchtig an, sagte aber nichts.
    Stattdessen holte sie bis auf ein paar Schritte zu Lucius auf und schwieg weiter. Er brach ihr Gespräch ab? Gut, das konnte er gern haben! Ihre Lust darauf, sich mit ihm zu unterhalten, war ihr eh vergangen.

    Octavena war spät dran. Der Tag war miserabel gewesen, sie hatte seit dem Morgen vor allem schlechte Laune gehabt, was sie im Stillen auf das kalte Wetter schob, an das sie sich nach wie vor nicht gewöhnen wollte, und irgendwann im Laufe des Nachmittags hatte sie einfach den Drang verspürt, sich ein wenig die Beine zu vertreten. Also hatte sie das Haus ihres Onkels verlassen und hatte stattdessen einen Spaziergang gemacht, bei dem sie ohne rechtes Ziel durch die Stadt gestreift war. Als ihr auffiel, wie spät es schon war, war mehr Zeit vergangen, als sie gedacht hätte.
    So eilte sie noch immer etwas in Gedanken und Erinnerungen an Tarraco versunken, das sie in dieser kalten Jahreszeit mal wieder besonders vermisste, durch Mogontiacum auf dem Weg zurück nach Hause. Sie hatte den Blick gesenkt, um ihr Gesicht vor dem kalten Wind zu schützen, und bemerkte den Mann in ihrem Weg nicht ehe es schon zu spät war und sie schmerzhaft gegen ihn prallte. "Autsch", fluchte sie leise, wobei sie eigentlich wütender über ihre eigene Unachtsamkeit als über ihr "Hindernis" war, "Entschuldigung."

    Fassungslos hob Octavena kurz die Arme und sah Lucius ärgerlich nach. Das war ja schon wieder typisch!
    Ließ er sie doch ernsthaft einfach so stehen!
    Es dauerte einen Moment ehe sie sich wieder gefasst hatte und mit einem geknurrten "Bin ich froh, dass ich mit dem nur verwandt und nicht verheiratet bin!" lief sie dann schließlich doch wieder hinter ihm her.