Der junge Petronier hatte gar nicht gemerkt, wie rot er angelaufen war, als er zuerst sein Versagen eingestanden hatte und dann auch noch von diesem Griechen abgekanzelt worden war. Er, ein römischer Eques von irgend so einem dahergelaufenen Philosophen, der seinen Lebensunterhalt mit Dampfgeplauder verdiente! Was glaubte er eigentlich, wer das hier alles ermöglichte?
Wieder einmal stieg Zorn in ihm auf - aber er war auch stolz genug, dass er sich jetzt nicht die Blöße geben wollte, diese läppische Frage nicht beantworten zu können. Zum Glück hatte er zumindest zugehört und konnte zumindest - selbst wenn der Satz natürlich wieder geschraubt und unnötig kompliziert war, wie es die Griechen scheinbar liebten - seinen logischen Gehalt analysieren:
"Der Satz ist ganz logisch: Wenn wir unseren Wahrnehmungen nicht trauen, können sie kein Maßstab für irgendeine Beurteilung sein - auch nicht für sich selbst. Im Umkehrschluss bräuchte man eine andere sichere Quelle zur Beurteilung der Wahrheit, an der wir unsere Wahrnehmungen messen können. Gibt es aber nicht. Weil woher sollten wir ihn sonst bekommen?"
Tatsächlich fand Lucius diese Sichtweise ziemlich rational - zumindest viel rationaler als die Hirngespinste, dass es eine innere Stimme gab, die einem sagte, was gut und richtig war. Oder irgendeine fixe Idee - wieso sollten ausgerechnet sie die Wahrheit sein? Am Ende war der Mensch doch ein Wesen, das von irgendwoher eingetrichtert bekam, was richtig oder falsch war - sei es Erziehung, sei es Erfahrung - Wahrnehmungen also!
Beiträge von Lucius Petronius Crispus
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Erschrocken blickte Lucius auf, als Aristobulos auf ihn zeigte - sein Plan, unbemerkt nichts zu lernen, war offensichtlich gescheitert. Er errötete:
"Äh - ich meine - äh..."
Fieberhaft versuchte er, sich an irgendetwas zu erinnern - aber bis zum 23. Lehrsatz war er selbst beim Mitschreiben nicht gekommen! Was sollte er also herummachen?
"Ich weiß es nicht, Magister."
Er zuckte mit den Schultern - das musste der alte Mann jetzt so akzeptieren! -
Woher weiß ich, was ich weiß? - eine ziemlich komische Frage, wie Lucius fand. Aber andererseits musste er zugeben, dass die Frage auch nicht ganz so abwegig war - es war ja eigentlich ganz logisch, dass man von irgendetwas ausgehen musste, wenn man wahre Aussagen treffen wollte. Wobei das eigentlich auch seine Antwort auf die Frage war: Er glaubte Dinge, wenn sie logisch und rational waren - ganz einfach!
Aber was würde wohl dieser alte Philosoph dazu sagen? Irgendwas sagte dem jungen Petronier, dass seine Antwort nicht ganz so simpel sein würde...
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Zwar fand es Lucius ein bisschen herablassend, wie der Präfekt ihn anredete, aber andererseits war er das auch nicht anders gewohnt - außerdem war das eben das Privileg der Vorgesetzten, von dem er ja auch selbst ständig Gebrauch machte. Also antwortete er brav:
"Also - äh - ich wurde informiert, dass es einen Aufruhr auf den Fremdenmärkten gibt. Da kein anderer Stabsoffizier greifbar war, habe ich das Heft in die Hand genommen und - äh - eine Eingreiftruppe aufgestellt. Mir wurde gemeldet, dass es ungefähr 200 Aufrührer sind, was sich - äh - später auch bestätigt hat. Deshalb habe ich alle greifbaren Marineinfanteristen mitgenommen, was 147 Mann waren. Ich - äh - dachte, dass unsere Männer den randalierenden Zivilisten weit überlegen sind."
Er stockte - der Alte hatte ihm beigebracht, dass man nach Möglichkeit so überlegen wie möglich gegenüber dem Feind auftrat, um ihn einzuschüchtern - faire Verhältnisse waren ein Luxus, der höchstens im Geschwätz von Aristokraten gut ankamen. Aber in diesem Fall war es ja auch so gut gegangen...
"Was dann auch so war. Ich habe die Schlägerei - es war ein Streit zwischen zwei verfeindeten Banden - eingekesselt und bin dann mit meinen Männern vorgerückt. Die Schlägerei hat sich dann aber - äh - ziemlich schnell aufgelöst und wir haben einige Gefangene gemacht. Also 35, um genau zu sein. Davon waren vier schwer verletzt und drei sind ihren Verletzungen erlegen. Die anderen hatten alle mittlere bis leichte Verletzungen, die sie von der Flucht abgehalten haben."
Um genau zu sein war ein leichtverletzter Gefangener im Verhör auch draufgegangen, aber der junge Petronier hatte sich entschieden, die Sache so vage zu formulieren, dass das nicht auffiel.
"Die Befragung hat dann ergeben, dass - äh - die sogenannten Söhne des Schu gezielt die ihre Feinde, die Leute des sogenannten Akkadiers, - äh - provozieren wollten, um sie - naja - quasi in die Schranken zu weisen. Dann ist es zu der Schlägerei gekommen, die wir aufgelöst haben."
So weit, so gut - blieb nur noch eines zu sagen:
"In der Befragung haben wir auch Hinweise gefunden, wie wir diesen beiden Banden auf die Schliche kommen können. Bisher sind wir aber noch nicht dazu gekommen, ihnen nachzugehen." -
Als der Archiprytanes an ihm vorbeilief und ihn böse ansah, schöpfte Lucius immer noch keinen Verdacht - ihn wunderte es nicht, wenn Provinziale vom römischen Statthalter etwas hörten, was ihnen nicht gefiel. Deshalb waren sie ja die Untergebenen und die Römer die Herren!
Aly er dann eintrat, wirkte auch alles ganz ruhig und entspannt - fast ein bisschen zu entspannt! Denn so eine Frage war eigentlich ziemlich irrational, denn der Präfekt hatte sicher genug Helfer, die ihn vor jeder Audienz noch einmal genau brieften, damit nichts von seiner wertvollen Zeit mit Belanglosigkeiten abging. Wenn er also so etwas fragte, musste er eine andere Absicht haben - möglicherweise eine, die der Subpraefectus von seinem Alten kannte... Aber was hatte er falsch gemacht?
"Wegen dem Aufruhr bei den Fremdenmärkten?"
gab er deshalb etwas unsicher zurück. Eigentlich gab es ja wirklich keinen Grund sich Sorgen zu machen - er war gut vorbereitet und hatte einiges aus den Gefangenen herausbekommen! Er hatte sogar eine Idee, wie man diese Informationen nutzen konnte, um die Stadt etwas ordentlicher zu machen!
Trotzdem... - sein Instinkt sagte ihm, dass etwas nicht stimmte. Nur was? -
Die Nachrichten über die Massenschlägerei hatten auch den Praefectus Alexandriae et Aegypti erreicht - und natürlich war dabei nicht unerwähnt geblieben, dass der junge Subpraefectus darin verwickelt gewesen war und nicht zuletzt die Verantwortung dafür trug, dass das ganze relativ gewaltsam geendet hatte: Neben den 35 Gefangenen, von denen drei ihren Verletzungen erlegen waren, waren noch vier Tote in den Trümmern der Marktstände gefunden worden. Ganz zu schweigen von den Schäden, den die Demonstrationsabwehr der Flottensoldaten bei den Händlern angerichtet hatten.
Von all dem ahnte der junge Petronier allerdings nichts, als er zu seinem Termin ins noble Basileia kam - für ihn waren Ägypterleben ziemlich wertlos und Schäden, die anderen entstanden, nicht sein Problem. Warum sollte er sich also schämen? Die Ordnung hatte er auf jeden Fall wieder hergestellt...
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Es dauerte nicht sehr lange, bis das erste Blut floss - aus dem Mund, d. h. eigentlich von einer aufgeplatzten Lippe. Immer, wenn der Gefangene keine Antwort gab, gab Lucius genaue Anweisungen, wo seine Schergen zuschlagen sollten. Dann beobachtete er die Reaktion - auch wenn der Ägypter sich Mühe gab, das ganze tapfer zu ertragen, gab es doch eindeutige Indizien, dass manche Bereiche mehr schmerzten als andere. Im Grunde war das hier also ein Experiment aus der Praxis...
Am Ende schwitzte der Miles, der die Rolle des Folterknechts übernommen hatte, Blut aus dem Gesicht des Ägypters war auf den Boden getropft und er redete - wie ein Wasserfall, aber ein wenig lallend, da sich immer wieder Blut in seinem Mund sammelte. Aber insofern war der Petronier ein guter Zuhörer, sodass er immer weiter gehen konnte. Schließlich fasste er zusammen:
"Dein Name ist also wirklich Imhotep und du gehörst du einer kriminellen Bande namens Söhne des Schu, wobei Schu kein Mann ist, sondern eine Gottheit der Luft. Euer Name rührt daher, dass ihr allgegenwärtig und so schwer zu greifen seid wie dieser Schu."
Der Petronier zeigte ein freudloses Lächeln - was für ein Aberglaube, seine kriminelle Organisation ausgerechnet nach dem Gott der Luft zu benennen. Was für ein Aberglaube, sie überhaupt nach einer Gottheit zu benennen!
"Du übernimmst also gelegentlich Aufgaben für diese Organisation, wobei dir eine gewisse Amunet diese Aufträge erteilt. Beispielsweise das Einschüchtern eines Händlers, den Transport von Waren oder ähnliches."
Wie unlogisch, dass man sich "Söhne des Schu" nannte und dann Frauen aufnahm! Zumal Frauen ja sowieso nicht unbedingt die vertrauenserweckendsten Wesen waren!
"Gestern hat sie dich also angewiesen, zur Mittagszeit am Poseidonium zu sein, wobei du auf ein paar Bekannte gestoßen bist. Von ihnen kennst du zwar Namen, aber weißt nicht, wo sie wohnen oder so."
Zu schade - scheinbar war diese Amunet der Schlüssel zu dieser Bande...
"Worum genau es ging, willst du also nicht wissen - es scheint aber darum gegangen zu sein, Einflussgebiete abzustecken, wobei euer Gegner, der sogenannte Akkadier, in eure Interessensphären eindringt und deshalb in seinem Heimatgebiet - den Fremdenmärkten - getroffen werden sollte. Es kam also dort zur Provokation, die Freunde des Akkadier haben sich gewehrt und es kam zu der benannten Massenschlägerei mit etwa zweihundert Beteiligten."
Lucius hatte nie darüber nachgedacht, dass Kriminelle auch quasi-militärische Organisationen waren, die Strategien verfolgen und Söldner werben mussten - eigentlich auch kein uninteressantes Geschäft, wenn man darüber nachdachte. Aber natürlich der Feind, solange er die Uniform des Kaisers trug! Also weiter:
"So viel zum heutigen Tag. Du hast außerdem zugegeben, vor etwa einem Jahr einen wehrlosen Griechen hinterrücks ermordet zu haben, außerdem mehrfach unbescholtene Bürger terrorisiert zu haben, Körperverletzung in mehreren Fällen und dein Geld in schlechten Zeiten mit Raubüberfällen in Rhakotis zu verdienen. Ist das alles korrekt?"
Imhoteps Gesicht begann schon anzuschwellen, was ihm mit seinem massigen Körper ein monsterhaftes Aussehen verlieh. Er nickte schweigend.
"Wunderbar! Dann muss ich dir leider mitteilen, dass du diesen Carcer wohl niemals wieder als freier Mann verlassen wirst. Aber für heute haben wir genug."
Er sah zu den beiden Soldaten, die Imhotep jetzt permanent stützen mussten und sie verstanden. Der Gefangene wurde hinausgeschleift und es war Zeit für den Nächsten... -
Nachdem sie ins Lager zurückgekehrt waren, musste der Subpräfekt genau wie die verwundeten Gefangenen zuerst einmal ins Valetudinarium, wo ein Miles Medicus ihm schmerzhaft aus der Rüstung half und dann feststellte, dass er nur am Arm geprellt war. Zwar biss Lucius tapfer die Zähne zusammen, um nicht auch noch hier Schwäche zu zeigen, der Schmerz besserte seine Laune allerdings nicht unbedingt. Deshalb war es natürlich auch klar, dass er keine Schlinge nahm, um seinen Arm ruhigzustellen.
Danach machte er sich zum Carcer auf, wo man die un- und leichtverletzten Randalierer bereits eingesperrt hatte - bevor er seinen Bericht schreiben konnte, musste er mehr über die Hintergründe dieser Massenschlägerei erfahren! Als ersten nahm er sich einen breiten Ägypter mit einem ziemlich quadratischen Schädel vor, der nicht sehr intelligent aussah - vielleicht hatte er mit ihm leichteres Spiel.
So saß er schließlich, den Arm vorsichtig auf die Armlehne gelegt, auf einem Scherenstuhl, flankiert von seinem Scriba und zwei Soldaten, vor sich den Gefangenen mit gefesselten Händen und zwei Wachen.
"Wie ist dein Name, Ägypter?"
fragte der Petronier barsch. Der Ägypter würdigte ihn allerdings keines Blickes und machte den Mund nicht auf - was Lucius natürlich wahnsinnig machte! Das würde wohl auch dem Gefangenen nicht entgehen, als er ihn anfuhr:
"Sperr' die Ohren auf und schau mich an, wenn ich mit dir rede!"
Aber natürlich ließ der Ägypter sich nicht beeindrucken - ein ziemlich irrationales Verhalten, wie der Subpraefectus befand. Immerhin war er hoffnungslos unterlegen und würde irgendwann brechen... - das kannte Lucius aus eigener Erfahrung, wenn sein Vater ihn wegen irgendetwas verhört hatte. Er musste nur so vorgehen wie der Alte damals: Mit der linken Hand deutete der Subpraefectus auf das Gesicht des Ägypters und wandte sich an den Wächter neben ihm.
"Gibt ihm eine Ohrfeige!"
Der Soldat zögerte nur kurz, dann setzte er eine schallende Ohrfeige, die den Ägypter scheinbar überraschte, ihn aber immerhin motivierte, seinen Verhörenden trotzig anzusehen.
"Wie heißt du, Ägypter?"
wiederholte Lucius deshalb und bekam diesmal wirklich eine Antwort.
"Imhotep."
"Imhotep, du und deine Kumpanen haben sich des Landfriedensbruchs schuldig gemacht."
Das wusste er noch von Eumenius' Belehrungen.
"Was war der Hintergrund dieses Aufruhrs auf den Fremdenmärkten?"
Wieder schwieg Imhotep. Lucius hob die Hand und schlug in die Luft und der Soldat verstand den Wink. Wieder setzte es eine Ohrfeige.
"Es war kein Aufruhr."
So viel Trotz machte Lucius nun wirklich wütend. Kurz setzte er zum Aufstehen an, um den Ägypter selbst zu maßregeln - schon das Vorbeugen jagte ihm aber einen Schmerz in seinen Arm, dass er wieder zurücksank und wieder zu dem Soldaten neben dem Gefangenen sah.
"Schlag ihm in den Magen!"
Der Soldat gehorchte so, wie Lucius es sich gewünscht hatte - der Ägypter ächzte unter dem Schlag und sank stöhnend in sich zusammen.
"Bringt ihn auf die Füße!"
Es war gar nicht so einfach, den massigen Körper des Ägypters wieder hochzukriegen, aber sie waren auch keine Hänflinge, sodass es schließlich gelang.
"Was war der Hintergrund dieses Aufruhrs auf den Fremdenmärkten?"
Diesmal war der Ägypter scheinbar nicht bereit zu kooperieren - wahrscheinlich hatte er die irrationale Hoffnung, wenn er nichts zu seinem Verbrechen zugab, auch nicht verurteilt werden zu können. Was für ein Trottel!
"Haltet ihn fest und du-"
Er sah zu dem Soldaten an seiner Seite.
"-schlag' ihm in die Nieren."
Die Befehle wurden umgesetzt und der Schlag ließ den Ägypter wieder ächzen - Lucius' Augen leuchteten. Eigentlich war er sogar ein bisschen dankbar, dass er einen Grund geliefert bekam, diesen Kerl schon einmal im Vorfeld zu bestrafen! -
Als die Soldaten sich wieder sammelten - der Optio hatte sich an eine Stelle des Marktes begeben, der nicht so stark mit zerstörten Verkaufsständen zugepflastert war - entdeckte Lucius endlich sein Pferd, das einer der Milites scheinbar eingefangen hatte. Vorerst kümmerte er sich allerdings nicht darum - er musste überlegen, wo er sein Schwert hin verloren hatte.
Er musste logisch denken: Am besten, er begann beim letzten verifizierbaren Referenzpunkt - also dort, wo er sich aufgerappelt hatte. Von dort aus musste er nur noch die Richtung bestimmen, aus der er gekommen war, die ungefähre Strecke bestimmen, die er gefallen war, und dann... musste eigentlich genau dort der Tote liegen, dem er Pythagoras zwischen die Schulterblätter gejagt hatte. Denn umgefallen war er, dass wusste der junge Petronier noch - logischerweise war also dort auch sein Schwert!
Jetzt musste er nur seinen Referenzpunkt finden...
Nachdenklich schlenderte der Subpräfekt den Weg zurück, auf dem er gerade in Richtung der Soldaten gegangen war. Er erinnerte sich, dass um den Ladentisch, auf den er sich gehockt hatte, Scherben gelegen hatten - zu dumm, dass die Fremdenmärkte ganze Gassen voller Töpfer hatten! Er brauchte also ein anderes Indiz - vielleicht war es einfacher, nach dem Leichnam direkt Ausschau zu halten! Er sah sich um: Nachdem die Soldaten sich zurückgezogen hatten, kamen die Händler langsam wieder, um wie Waschweiber ihre Schäden zu bejammern. Aber noch waren die Gassen relativ leer und allzu viele hatte es scheinbar doch nicht so heftig erwischt, dass sie liegen geblieben waren - warum hatte er nicht gleich diesen viel rationaleren Weg gewählt? Es musste an den verdammten Schmerzen im Arm liegen - da konnte man nicht klar denken irgendwie!Wegen des überschaubaren Suchradius fand er die Leiche aber doch noch. Mit der Linken (der rechte Arm war der, auf den er gefallen war) zog er das Schwert aus der Schulter, wobei er zur Unterstützung den Fuß in den Nacken setzte. Ein gehauchtes Stöhnen verriet, dass der Kerl doch noch nicht den Löffel abgegeben hatte - trotz der respektablen Blutlache, in der er lag. Dieser verdammte Idiot - wegen dem war er vom Pferd gefallen und hatte sich zum Gespött seiner Männer gemacht!
In einem spontanen Anflug von Zorn brachte er sein Opfer zum Schweigen, indem er mit dem Fuß ausholte und ihm seine Caliga gezielt ins Gesicht trat. Ein hässliches Knacken und ein stechender Schmerz in den Zehen war die Folge.
"Verdammt!"
fluchte der Petronier mit zusammengebissenen Zähnen. Aber immerhin hielt der Typ jetzt die Klappe. Er ging in die Hocke - er wollte sich ja noch sein Souvenir mitnehmen. Ächzend versuchte er, die erschlaffte Hand mit seiner Rechten zu fixieren, während er mit der Linken sein Schwert an das oberste Fingerglied des kleinen Fingers setzte. Wenn sein verdammter Arm nur nicht so wehtun würde!
Zum Glück war Pythagoras aber scharf geschliffen und so ließ sich das Fleisch zumindest ohne großen Druck wegsäbeln. Um dann das Gelenk zu lösen, legte er sein Gladius kurz ab und versuchte auch das mit der Linken. Warum war es eigentlich so unendlich viel umständlicher, solche Dinge mit Links zu machen? Gut, er machte sonst alles mit Rechts - aber warum eigentlich? Warum spezialisierte sich der Körper so?Eine Frage, über die er ein andermal nachdenken musste. Denn endlich gab der Knochen mit einem Knacken nach und er hatte die Fingerkuppe in der Hand. Gerade rechtzeitig, denn plötzlich hörte Lucius hinter sich Schritte. Als er sich umdrehte, stand ein bärtiger Syrer vor ihm und begann unvermittelt zu lamentieren:
"Bei Baal und allen Unsterblichen! Ich bin ruiniert!"
Mit wenigen Schritten war er bei einem der verwüsteten Stände und hob vorsichtig ein paar Scherben auf.
"Ihr Götter, warum tut ihr mir das an? Die ganze Ladung!"
Erst jetzt schien er Lucius zu bemerken und wandte sich ihm zu.
"Was hast du getan, Rhomäer? Mein Laden, mein kleiner schöner Laden! Alles kaputt! Sieh nur, was du angerichtet hast!"
Anklagend hielt er ihm die Scherben entgegen. Der Subpräfekt richtete sich rasch auf und betrachtete sie abschätzig. Was wollte jetzt dieser Kerl von ihm?
"Was willst du? Ich machen hier nur meinen Job!"
Erst jetzt bemerkte er, dass er Pythagoras intuitiv wieder aufgehoben hatte und noch immer in der Linken hielt. Er konnte diesen Idioten einfach abstechen - keiner würde es sehen, er würde es den Randalierern in die Schuhe schieben können! Absurderweise kam ihm der Gedanke, dass er mit Links gar nicht ordentlich zustoßen konnte - und dann waren da auch schon andere Leute, die ebenfalls in die Gasse kamen, um ihre Läden zu suchen oder zu plündern oder sonstwas - war ja auch egal. Aus der Traum.
Der Syrer hatte inzwischen begonnen, ihn wüst zu beschimpfen - zumindest vermutete Lucius das, denn er hatte in eine Sprache gewechselt, die der junge Petronier nicht verstand. Aus der Art und Weise, wie er schimpfte, war aber auch ohne Sprachkenntnisse abzuleiten, dass die Worte nicht freundlich waren.
"Halt deine Mund! Sonst lassen ich dich festnehmen!"
fuhr der Subpräfekt ihn bedrohlich an und hob sein Gladius ein wenig. Das wirkte - der Syrer hielt zuerst inne, dann wechselte er auf die Mitleidstour:
"Oh nein, neineinein! Aber ich bin ein armer Mann! Meine liebe Frau! Meine armen Kinder! Meine Gläubiger! Wovon sollen wir leben?"
Zu dumm, dass diese Tour bei Lucius nicht verfing:
"Nicht mein Problem!"
Er hatte genug. Umständlich schob er Pythagoras in die Scheide zurück - auch das ging mit Links gar nicht so einfach - dann drehte er sich einfach um und ging dahin, wo die Soldaten zum Sammeln geblasen hatten.Tatsächlich waren alle 147 Mann schon versammelt, als der Subpräfekt mit seinem Schwert ankam. Der Centurio hatte inzwischen wieder das Kommando übernommen und erstattete ordentlich Bericht:
"Subpraefectus, nuntio: Alle Mann angetreten! 23 Mann leicht verletzt, einer schwer verletzt, keine weiteren Ausfälle!"
Der Petronier verifizierte diese Aussagen mit einem raschen Blick: Dort lag der Schwerverletzte, der scheinbar irgendwie allein in einen Trupp Aufrührer geraten war - anders war seine Verletzung nicht zu erklären. Die anderen Verwundeten hatten scheinbar mehr oder weniger schlimme Schnittverletzungen. Und dann war da noch ein Häufchen missmutig dreinblickender Männer, die von seinen Leuten bewacht wurden.
"Gefangene?"
"35 Gefangene, noch nicht identifiziert, die meisten mittel bis leicht verletzt. Vier Schwerverletzte."
Ein Mann, ganz nach Lucius Geschmack: Lakonisch, kurz und präzise!
"Ausgezeichnet! Abführen! Wir kehren ins Lager zurück!"
entschied er daher und ließ sich sein Pferd übergeben. Nach einem vergeblichen Versuch, wie gewohnt aufzuspringen, musste sich schließlich noch einer der Soldaten bücken, um ihm als Schemel beim Aufsteigen zu dienen. Aber schließlich saß er im Sattel und führte den Marsch zurück nach Hause an... -
Mit einem großen Knall landete Lucius auf seiner Schulter und schrie auf. Der Lederpanzer, den er trug, schützte ihn nicht - vielmehr konzentrierte die Kante der Armöffnung die Wucht noch auf eine einzige Stelle und bereitete dem Petronier einen Schmerz am Oberarm, als hätte das gehärtete Leder seinen Oberarm durchstoßen. Wie er mit einem Kontrollblick nach dem ersten Schock feststellte, hatte es das aber nicht. Trotzdem pochte sein Arm, als er sich aufrappelte und feststellte, dass er Pythagoras doch noch verloren hatte. Suchend blickte er um sich - um ihn herum flohen Händler, Passanten und Aufrührer, dazu rückten die Soldaten vor. Da er ja eben einem ihrer Widersacher in den Rücken gefallen war, bevor er selbst so unelegant vom Pferd gestiegen war, stand der Schildwall, der die Gasse versperrte, bereits direkt vor ihm.
"Subpraefectus, der Auflauf hat sich aufgelöst! Ich glaube nicht, dass wir hier noch viel erreichen!"
erklärte der in zweiter Reihe stehende Optio mit flehender Stimme. Lucius hielt sich den Arm und überlegte: Tatsächlich kämpfte in seinem Sichtfeld kein Zivilist mehr gegen Zivilisten, sondern alles rannte nur hin und her. Es war unlogisch, in diesem Kuddelmuddel überhaupt noch unterscheiden zu können, wer krimineller Aufrührer und wer unbeteiligter Zivilist war. Wenn er auf den Boden sah, konnte er außerdem sehen, dass genug Blut geflossen war, um diese Ganoven einzuschüchtern. Und vor allem war sein Schwert verschollen und sein Schwertarm tat verdammt weh - er konnte sich an diesem Gefecht sowieso nicht mehr vernünftig beteiligen! Folglich gab es keinen rationalen Grund mehr, diese Sache weiterzuführen!
"Ja, sammel' die Männer wieder! Wir ziehen ab!"
bestätigte er schließlich und setzte sich auf die Kante eines umgestürzten Markttisches. Solange machte der Optio sich zügig daran, seine Befehle auszuführen, bevor noch mehr Blut floss.
"Milites convenite!"
brüllte er. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis das Geschrei von Kämpfenden, Fliehenden und Getroffenen langsam verstummte. Am Ende blieb nur Wimmern und Wehklagen übrig - einige Händlerbuden waren verwüstet worden, viele hatten einen Stich oder einen Hieb abbekommen. Lucius sah einen kleinen Jungen mit einer heftig blutenden Schnittwunde im Arm, der heulend in der Ecke kauerte. Pech gehabt - zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen!Dann wandte er sich ab und konzentrierte sich auf sein Pferd - und vor allem musste er Pythagoras wiederfinden! Weniger, weil der Alte es ihm geschenkt hatte, sondern weil es sein Eigentum war! Er hatte es nicht ans andere Ende des Imperiums geschleift, um es dann hier im Kampf gegen irgendwelche schlecht bewaffneten Untermenschen zu verlieren!
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Zitat
Original von Aulus Iunius Seneca
Es gibt doch eine Facebook-Seite
Da ICQ ja tot ist bzw. von Facebook geschluckt wurde, erschiene mir eine FB-Gruppe insofern praktischer, weil man dort Raum hat, sich in geschützterem Raum zu "outen" bzw. über IR oder auch andere Themen mit Gleichgesinnten zu diskutieren. Zumal z.B. eine ID-Nennung den Vorteil bäte, dass man seine Mitspieler mal "stalken" kann um rauszufinden, was die sonst so treiben und vielleicht andere gemeinsame Interessen zu finden, Absprachen zu treffen etc. Dass es einfach etwas weniger anonym ist als hier im Forum. Wer lieber anonym bleiben will, muss ja nicht...Hätte einfach mal eine Gruppe aufgemacht, aber ich bin auf FB leider mit keinem IRler befreundet, den ich hätte einladen können
Man kann's ja mal probieren - wenn keiner die Möglichkeit nutzt, ist ja auch nix verloren...
Man bräuchte natürlich schon einen Admin (z.B. das Marketing-Team?
), die darauf achten, dass sich spielrelevante Gespräche nicht komplett auf FB verlagern, sodass die Nicht-Facebook-Nutzer von wichtigen Prozessen abgeschnitten sind. Aber ein besseres Medium des ungezwungenen, aber persönlicheren Austauschs fällt mir grade nicht ein...
ZitatAber Thema Community: Bestünde denn seitens der Spielerschaft Interesse dass man sich mal zu einem gegebenen Anlass (Römertage etc.) trifft, oder sich zumindest ein wenig koordiniert sofern mehrere User an der gleichen Veranstaltung teilnehmen? Finde das eine schöne Idee und große Hürden gibt es da ja wirklich nicht. smile
Auf dem Drachenfest, einer LARP-Veranstaltung, gibt es ja fast traditionell am Aufbautag ein Treffen für IRler (mal besser, mal schlechter besucht...). Ich wäre dieses Jahr wieder dabei und daran interessiert (an die üblichen Verdächtigen - aber das kann man ja kurzfristig absprechen).ZitatZuerst das Thema Marketing und Facebook:
Es ist gut das in diese richtung gegangen wird, aber das bisherige reicht so in dieser form nicht aus um Mitglieder anzuwerben. Und ich wollte es eig. nicht öffentlich schreiben aber vorallem im Bereich Facebook müsst ihr nachbessern. Ich kenne die reichweite nicht aber die Likeanzahl und die dinge die ich beruflich über Facbook weis, naja hier ist dringend nachbesserungs bedarf anzumelden.
Das sehe ich auch so, allerdings besteht das Problem, dass Facebook Relevanz eben anhand von hervorgerufener Interaktion bemisst. Wenn aber niemand mit Likes, Kommentaren oder Teilen auf Beiträge reagiert, dann ist da unser Marketing-Team ziemlich allein auf weiter Flur (in diesem Sinne: Liken, Kommentieren, Teilen)
ZitatThema Technik und aktueller Rpg trend:
hier wurde im laufe der Diskussion über die Aktuellen Trends gesprochen. Das Forenrpg ist aktuell natürlich nicht mehr so der Renner und wenn dann sollte es Düster und exklusiv sein. Natürlich haben über die Jahre die PC-Spiele mega zugelegt aber das ist jedem klar. Und aktuell (so wie alle internet trends) geht das RPG mobil. Die zahl der RPG gruppen im Whatsapp und chatbereich ist enorm gewachsen.
Und unter diesen Trend gesichtspunkten muss man sagen das IR ist eingestaupt. Es gibt kein Mobiles Template, keine App, kein Schnickschnack. Es ist eben doch nicht nur schickes rot was die leute auf die seiten lockt.
Eine App fände ich zunehmend auch praktisch. Allerdings muss das natürlich auch wieder jemand programmieren und da wir das hier ja alle als Hobby betreiben, kann man das von niemandem erwarten, dass er das macht. Wenn aber jemand Zeit & Muse dazu hat, wäre es natürlich superAlles andere ist auch wahr, hängt aber wohl am einzelnen Spieler.
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Obwohl die meisten Gegner unbewaffnet waren, kam in Lucius ziemlich schnell Schlachtenfieber auf, als er hoch zu Ross zwischen die Stände des Marktes stürmte und sein Schwert in eine schokobraune Schulter rammte. Schreie, Panik, überall passierte wahnsinnig viel gleichzeitig! Zwischen zwei Tischen sah er, wie ein großer Ägypter einen Dolch gezogen hatte und sich den Marineinfanteristen entgegen stellte. Sofort trieb er sein Pferd an und war mit wenigen Sätzen bei ihm.
"Stirb!"
brüllte er voller Erregung und setzte seinen Befehl direkt in die Tat um. Es fühlte sich an, als würde man in alt gewordenes Brot stechen, als er mit dem Schwert durch die Haut und in das Rückenfleisch rammte. Der Ägypter schrie und sank zu Boden - erst da bemerkte Lucius, dass er den Kampf zu Pferd niemals geübt hatte und das Pferd sich einfach weiterbewegte, noch bevor er Pythagoras wieder aus seinem Opfer ziehen konnte. Der Leichnam zerrte überraschend fest an ihm, während sein Reittier einfach weiterlief - so fest, dass er ihn vom Pferd riss, als der Petronier verzweifelt versuchte, seine Waffe nicht zu verlieren. Mit einem Ruck stürzte er (ein Römersattel hatte ja keine Steigbügel) einfach an der Seite herunter und überschlug sich dank der Wucht, die das trabende Pferd ihm mitgab, auf dem Boden. -
Also sehe ich als Fazit hier vorerst, dass Serapio, Vala und wer sonst noch Kontakt zu alten Spielern hat, mal das Potential einer solchen "Amnestie-Regelung" (oder wie immer man das nennen möchte) auslotet, bevor wir hier hypothetische Dinge diskutieren?
Und für das Marketing-Team die Anregung, etwas mehr Community anzuschieben?
Gäbe es z.B. Interesse an einer Facebook-Gruppe oder so?
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Lucius hatte eine Weile überlegt, wie er diese seltsamen Sätze auswendig lernen sollte - dann war ihm aber kein rationaler Weg eingefallen und hatte beschlossen, dass es unlogisch wäre, sich über diese Sache allzu viele Gedanken zu machen. Er war immerhin hauptberuflich Soldat und musste sich um wichtigere Dinge kümmern als die Biographie irgendwelcher Griechen! Außerdem war er ja nicht zu diesem Kurs gegangen, weil er sich für Biographien interessierte - da hatte Eumenius ihn schon genug damit getriezt!
Völlig unvorbereitet kam er also am nächsten Tag zur Sitzung und nahm ein bisschen irritiert wahr, dass der Philosophos ihn als "Freund" bezeichnete. Wenn er so darüber nachdachte, hatte ihn noch niemand als Freund bezeichnet - außer Gunda, die manchmal "Mein liebes Freundchen" zu ihm gesagt hatte - aber das war ihm auch ganz recht gewesen. Er hatte nie Freunde gebraucht und außerdem war die Pflege einer Freundschaft ja sowieso nur ein Aufwand mit ziemlich hohem Risiko, dass er irgendwann einmal Gewinn abwerfen würde. Und vor allem war dieser alte Mann, der bis auf ein paar vollmundige Ankündigungen nichts Substantielles zum Beweis der Nicht-Existenz der Götter oder anderen interessanten Themen gesagt hatte - ein Freund war er also sicher nicht!
Mit diesen Überlegungen setzte der junge Petronier sich wieder zwischen die anderen Studenten auf den Boden und wartete, dass es endlich losging. Als es dann so weit war, war er ziemlich erschreckt - dass diese ellenlange Liste von Sätzen direkt abgefragt werden würde, hatte er nicht erwartet! Aber zum Glück traf es nicht ihn, sondern diesen fetten Großkotz, der seinen eigenen Sekretär mitgebracht hatte. Obwohl er sich auch fragte, ob es nicht geschickt wäre, Armin zum Mitschreiben mitzunehmen...
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Zuerst einmal: Als langjähriger Spieler bedauere ich wie alle anderen auch, dass das IR seit Jahren an aktiven IDs abnimmt. Mehr noch als absolute Zahlen finde ich schade, dass die Postingfrequenz der "aktiven" Spieler ebenfalls deutlich nachgelassen hat - es scheint mir inzwischen relativ verbreitet zu sein, dass man eine Woche auf seinen Postingpartner warten muss. Das soll jetzt keine Kritik sein - ich fasse mich da an die eigene Nase.
Beides hängt aber auch mit der gewandelten "Spielkultur" des IR zusammen: Vor 10 Jahren war das IR noch deutlich stärker an der Idee der "Micronation" orientiert bzw. auch eine Art Community:
[*]Die ganze Karriere-Struktur, die für Micronations (meines Wissens nach) zentral ist, war stärker an modernen Vorstellungen orientiert und damit für den modernen Spieler auch leichter zu erfassen: Die Karriere beginnt bei Null und steigt dann bis zum obersten Posten - beim Soldaten von Probatus zum Legaten, beim Priester von Discipulus zum Pontifex, in Politik/Verwaltung vom Scriba zum Senator.
[*]Der Fokus lag auch im "Spiel" (bzw. der "Simulation" in der damaligen Diktion) stärker auf der Kommunikation, weniger auf dem Rollenspiel. Als ich anfing, waren 1-Satz-Postings noch weitgehend verbreitet - heutzutage findet man das kaum noch.
[*]Historische Inhalte waren - z.B. in der Politik - weniger bedeutend. Man musste sich nicht fragen, ob ein Gesetzesantrag jetzt so 1:1 historisch realistisch ist oder nicht. Man konnte (da die Struktur ja auch "moderner" war) auch unbefangener das Wort ergreifen.
[*]Die "tragende Generation", d.h. das damalige SL-Team, aber auch ein Großteil der "tragenden" Spieler, war damals noch weitgehend in Ausbildung (glaube ich). D.h. sie hatten viel Zeit für ihr Hobby und auch noch etwas unbefangener, was historische Ansprüche etc. anging (bzw. vielfach auch unwissender, vermute ich).
Ich würde vor allem den letzten Punkt nicht unterschätzen - das IR ist letztlich mit uns (denn ich würde mal behaupten, dass ich inzwischen auch zur "tragenden" Generation zähle) mitgewachsen. Bedingt durch das jahrelange Spiel sind einerseits unsere historischen Ansprüche gestiegen (ich z.B. möchte gar nicht zum Stand von 2005, als ich anfing, zurück), andererseits hat man vieles schon x-mal erlebt (wenn man 100x ein Opfer oder eine Ausbildung gesimmt hat, ist es eben nicht mehr so spannend wie beim ersten Mal) und die Zeit ist knapper geworden (wer arbeiten muss, wird das bestätigen können). Natürlich sind auch Spieler nachgekommen, aber ich denke, jeder "Neue" orientiert sich primär an den erfahrenen Spielern und deren Vorstellungen, wie das Spiel zu sein hat, prägen das Spiel maßgeblich.Für uns ist das gut und natürlich, für Neueinsteiger aber vermutlich wenig attraktiv. Wenn ich mich an meinen Einstieg zurückerinnere, dann saß ich Abende lang da und habe teils minütlich gepostet. Die Postings waren dann nicht unbedingt literarisch anspruchsvoll, eher ein Chat - aber das Erlebnis, diesen Chat in einem quasi-historischen Rahmen zu führen, war begeisternd genug. Ich bin wegen des historischen Rahmens dazu gekommen - entscheind war aber rückblickend wohl die Community, in der einerseits SimOn gespielt, andererseits auch SimOff Kontakt gehalten und über Dinge gechattet wurde, die Teenager eben so interessieren. Ich hatte nie sehr viele Kontakte in diese Community (und die sind alle weg), daher weiß ich nicht, ob's das immer noch gibt. Ich persönlich kann und will das auch nicht mehr bieten.
Was soll diese Schwelgerei in längst vergangenen, unwiederbringlichen Tagen?
Zum einen will ich feststellen, dass der Mitgliederschwund des IR teils in seiner Natur liegen (man könnte darüber streiten, ob es klug gewesen wäre, vor vielleicht 5 Jahren mehr jüngere Spieler in die SL zu nehmen o.ä. - aber das ist müßig). Was man daraus für Handlungsperspektiven entwickeln kann, weiß ich grade auch nicht - höchstens vielleicht, dass es dynamischer wäre, wenn wir wieder mehr Schüler/Studenten in der Spielerschaft hätten (wie man die allerdings bekommen soll, weiß ich auch nicht).Zum anderen schließe ich mich Avianus' Zweifel an: Wenn altgediente Spieler einsteigen, werden sie ein völlig anderes IR erleben als das, das sie kennen. Die Spielkultur ist einfach komplett anders, sodass die Frage ist, ob sie leichter Einstieg finden als komplett "unbeleckte" Spieler. Zumal in einer höheren Position auch eine höhere Erwartungshaltung an den Spieler besteht, sich regelkonform zu verhalten.
Wie schon bei Valas Vorstoß bemerkt bin ich nicht kategorisch dagegen. Ich würde mich sogar freuen, ein paar vertraute Gesichter - oder Handschriften - wiederzusehen. Aber ich fürchte, dass der Effekt mindestens langfristig eher beschränkt sein dürfte. Zum einen, weil diese Spieler ein ganz anderes IR kennen, zum andern, weil sie vom Lebenszyklus her ähnlich wie ich oder die anderen "Alten", die noch dabei sind, kaum sehr viel Zeit für das IR übrig haben werden, sodass für jugendliche Faszination womöglich nur noch wenig Raum ist. Nichtsdestotrotz - das schlimmste, was passieren kann, ist vermutlich, dass sie feststellen, dass das IR bzw. ihr Einstieg in höchster Position doch nichts für sie ist und sie eben wieder verschwinden oder freiwillig erneut die "Ochsentour" starten. Wenn so eine Regelung also ein reeller Anreiz für konkrete Ex-Spieler wäre, wieder einzusteigen, dann stünde ich einer irgend gearteten Möglichkeit des erleichterten Einstiegs nicht entgegen.
Es wäre also tatsächlich interessant zu wissen, wer von Interessenten am Wiedereinstieg weiß. Helvetius Falco ist bekannt - aber auch sein Posting klingt nicht so, als wäre die Einstiegsposition das entscheidende Problem.
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Der Lärm der Schlägerei war schon von weitem zu hören, als die Vexillatio auf den Basar beim Hafen zumarschierte. Allen voran ritt Lucius auf einem Pferd, was ihm einen gewissen Überblick verschaffte. Einige Stände waren schon verwüstet und die Stadtwache stand hilflos daneben und sah einfach zu - typisch! Aus der Ferne versuchte der junge Petronier die Größe der Schlägerei einzuschätzen - es sah wirklich ziemlich groß aus und die 200 Mann waren eine sehr optimistische Schätzung gewesen. Aber egal - jetzt waren sie hier und sie würden die Ordnung wieder herstellen - koste es was es wolle!
"Die Männer sollen die Schilde vornehmen und die Gladii ziehen! Wir gehen durch die Gassen der Stände und kesseln sie ein!"
Der Centurio neben ihm blickte verdutzt drein.
"Blank ziehen?"
"Natürlich! Wir sind zahlenmäßig weit unterlegen und müssen sie sofort einschüchtern, bevor sie sich gegen uns wenden!"
"Aber-"
"Nichts aber! Gib die Befehle weiter!"
Wenn Lucius etwas von der Miliz, die er während des Bürgerkrieges in Mogontiacum geleitet hatte, gelernt hatte, dann, dass es meistens völlig ausreichte, einen Gegner einzuschüchtern - hatte sogar der Alte bei der Grundausbildung an die "Rekruten" weitergegeben! Jetzt konnte er das Konzept endlich mal im "Großen" ausprobieren.Direkt hinter der vordersten Front an Milites trieb Lucius kurz darauf sein Pferd in die nächstbeste Gasse des Basars und spornte seine Männer an:
"Los, schiebt die Passanten einfach weg! Wer nicht spurt, kriegt die flache Seite des Gladius zu spüren!"
Die Soldaten gehorchten - und schon ging es ein wenig zügiger durch die engen Gassen zwischen den unzähligen Verkaufsständen der Xenai Agorai. Ein ganzer Haufen Schaulustige hatte sich auch gebildet, der mit der zunehmenden Brutalität der Soldaten aber auch etwas schneller das Weite suchte.Schließlich kamen sie an den ersten Rangeleien an. Der junge Petronier konnte nicht sehen, wer zu welcher Partei gehörte, aber wahrscheinlich waren es einige dieser Banden, die die Armenviertel Alexandrias fest im Griff hatten - höchste Zeit durchzugreifen!
"Alexandriner! Im Namen des Praefectus Aegypti und des Kaisers von Rom-"
setzte Lucius mit einer Warnrede an, ehe ihn ein Optio an der Tunica zupfte und rief
"Die meisten hier verstehen kein Latein, Subpraefectus!"
Lucius hielt inne - verdammt! Seit er hier in Alexandria war, hatte sich sein holpriges Griechisch im Vergleich zur Xanthippus-Schule zwar signifikant verbessert - aber er hatte immer noch hier und da Schwierigkeiten. Und eine öffentliche Rede war nicht unbedingt das, was er aus dem Stegreif beherrschte! Andererseits konnte er sich unmöglich die Blöße geben, vor seiner Mannschaft zuzugeben, dass sein Griechisch zu schlecht war - er musste es also wagen:
"Alexandrinoi!"
begann er also noch einmal.
"Im Namen des Eparchos und des Basileus - äh - Aegypti - äh- verlange ich - äh - dass ihr die Xenai Agorai sofort verlasst! Sonst - äh - wir setzen Gewalt ein!"
Etwas furchtsam blickte er hinüber zu den Randalierern, von denen tatsächlich einige Notiz vom Eintreffen der Infanterie genommen hatten. Die meisten machten ein dummes Gesicht, doch andere lösten sich aus den Prügeleien und manche begannen sogar zu fliehen. Ein Soldat in vorderster Reihe sah dagegen zu seinem "Kommandeur" und grinste dämlich. Lucius' Griechisch war noch immer nicht gerade perfekt - Eumenius hätte ihn ausgelacht. Caius wahrscheinlich auch, obwohl er es keinen Deut besser gemacht hätte. Aber der konnte nur noch im Grab lachen - so wie dieser Soldat auch, wenn er nicht bald sein blödes Grinsen abstellte!
Lucius spürte den Zorn in ihm hochkochen - er musste raus! Und er wusste auch schon, wer ihn abbekam:
"Treibt diesen Auflauf auseinander! Einsatz des Gladius erlaubt!"
brüllte er den Soldaten zu, die den Befehl wiederholten und an ihre Nebenmänner weitergaben. Dann setzte sich die Schildkette in Bewegung und stieß endlich auf die ersten Prügler. Keine Sekunde verging und das erste Blut spritzte. Diese Nachricht verstanden alle - und schon begannen die ersten größeren Gruppen Reißus zu nehmen. Andere glaubten, Widerstand leisten zu können, sodass ein riesiges Handgemenge entstand. Und Lucius mittendrin. Er zückte Pythagoras, trieb sein Pferd nach vorn und begann an vorderster Front, wahllos auf alles einzuschlagen, was nicht nach römischem Soldat aussah... -
Als die Lehrsätze auf Lucius einprasselten, versuchte er anfangs noch, mitzuschreiben - schon beim siebten Satz war er allerdings so weit hinterher, dass er beschloss, es einfach bleiben zu lassen. Er war ein eher langsamer Schreiber und dieser Philosoph ein eher schneller Redner - es war unlogisch, es auch nur zu versuchen. Stattdessen bemühte sich der junge Petronier, zumindest hier und da einen Lehrsatz zumindest zu verstehen.
Für Satz 10 war das auf Anhieb unmöglich, aber der nächste Satz klang wieder nicht ganz dumm.
Satz 15 war ebenfalls fast witzig - wertlose Meinungen gab es wirklich ziemlich viele und als Subpräfekt wurde Lucius täglich mit tausenden von ihnen konfrontiert!
Satz 34 war eine Perspektive, die er so noch gar nicht gehört hatte - aber wenn er so darüber nachdachte, gab es wirklich keinen logischen Grund, Ungerechtigkeit an sich zu verurteilen.
Bis er diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, war Aristobulos mit seinen Weisheiten durch - und gab dann doch den Auftrag, sie auswendig zu lernen. Lucius bekam das kalte Grausen - er hasste Auswendiglernen und war unglaublich schlecht darin. Schon sein alter Rhetoriklehrer Eumenius hatte ihn regelmäßig ausgelacht, weil der junge Petronier seine Gliederungen und Reden nicht aus dem FF aufsagen konnte. Er hatte irgendwie gehofft, das hinter sich gelassen zu haben - aber scheinbar blieb man für immer damit konfrontiert.Stellte sich nur die Frage, wie er mit seinen dürftigen Notizen überhaupt irgendetwas lernen sollte. Er las:
[FONT=freestyle script, amaze]
[*]Epikur: geb. 20. Gamelion(?)
- geb. in Samos
- Ephebie inSamAthen
-StudLehre inMytilene, Lampsaverschiedenen Orten
- Garten in Athen: Freunde, (Schüler), keine Hierarchie
-UnerschüTod nach Krankheit
[*]4-faches Heilmittel
I. Glück ohne Schwierigkeiten und Emotionen (= Schwäche)
II. Tod unwichtig, weil danach tot
III. Lust und Schmerz schließen sich aus.
IV. langer Schmerz ist nicht so stark (oder so)
[*]Lehrsätze
V. Lust = Vernunft, Anstand, Gerechtigkeit (und umgekehrt, sonst keine Lust)
VI. Königtumnützl= Sicherheit
VII. Berühmtheit --> Sicherheit ?? ???[/FONT]
Was sollte er damit bitte anfangen? Und überhaupt hatte er doch gar keine Zeit, diese Sätze zu lernen - er hatte immerhin ein Amt, das er neben diesem Kurs ausfüllen musste!Unschlüssig, ob er nicht einfach nicht mehr kommen sollte, verließ der junge Petronier mit seiner Tabula die Stoa...
-
Während die Milites frei bekamen, begann auch das Offizierskorps auf der Tribüne sich langsam aufzulösen. Der Sacerdos Militaris kam mit finsterer Miene zu Lucius.
"Ein bisschen mehr Pietät wäre bei der Geschichte Saturns durchaus angebracht gewesen, Subpraefectus!"
erklärte er sichtlich verärgert. Der junge Petronier grinste nur dümmlich - wie sollte man bei so einer unlogischen Geschichte ernst bleiben? Aus Pietät vor dem Spinner, der sie erfunden hatte?
"Mir liegen religiöse Rituale einfach nicht!"
antwortete er mit hörbar gespieltem entschuldigenden Tonfall - er wusste, dass er nicht sagen durfte, was er wirklich dachte, aber vor einem Untergebenen brquchte er sich zumindest keine Mühe zu geben.
"Es geht hier um nicht weniger als die Pax Deorum, junger Mann! Also gib dir in Zukunft ein wenig mehr Mühe!"
Im Prinzip war es Lucius egal, was dieser aufgeblasene Priester von ihm dachte oder herumkrittelte - aber sich von einem Untergebenen als "junger Mann" anreden zu lassen, war dann doch zu viel. Blitzschnell änderte sich seine Haltung von spöttisch auf wütend. Er hob drohen d den Zeigefinger.
"Vergiss nicht, mit wem du hier sprichst! Ich muss hier nur von einem Mann Befehle an, Optio!"
Verärgert drehte Lucius sich um und ließ den Sacerdos im Regen stehen. Es wurde höchste Zeit, diesem Mistwetter zu entkommen - sonst bescherte ihm Saturn noch eine hässliche Erkältung statt Süßigkeiten!Der Sacerdos blieb zurück und sah dem jungen Offizier durch den Regen nach.
"Das wird er auch, Subpraefectus!"
murmelte er und machte sich dann daran, dem übrigen Kultpersonal beim Aufräumen zu helfen. -
Als Lucius aus seiner Unterkunft kam - gehüllt in volle Feldmontur und Pythagoras am Waffengurt - waren die drei Centurionen schon auf der Via Principalis. Auch der Bote stand bei ihnen, sodass er sich direkt informieren konnte:
"Wie viele Männer haben wir?"
"Insgesamt 150 Mann."
gab einer der Centurionen zurück. Das klang dem Petronier aber schon wieder verdächtig rund - er fragte also nochmals
"Genau?"
"Nein, genau sind es 147, aber-"
"Na also, warum nicht gleich! Wie viele Aufständische haben wir?"
Der Blick ging zu dem Boten.
"Etwa 200, Subpraefectus!"
"Etwa? Lässt sich das nicht genauer sagen?"
"Nein, Subpraefectus. Die Zahl kann sich auch schon wieder verändert haben."
Der junge Petronier musste zugeben, dass das einleuchtend war. Einer der Centurionen setzte zum Reden an, doch Lucius gebot ihm mit einer Geste zu schweigen - er musste überlegen. Mehr als drei Centurien konnte die Classis nicht kurzfristig entbehren, aber bei 200 ungehobelten Habenichtsen auf den Fremdenmärkten würden 147 gedrillte Milites vermutlich sowieso genügen - da kamen auf einen Miles nur 1,36 Aufständische, also etwa einer mehr pro drei Milites.
"Wir rücken aus, sobald alle hier sind!"
entschied er daher schließlich und setzte seinen Helm auf. -
Wieder einmal saß Lucius in seinem Officium und befasste sich mit Versorgungslisten. Das war einerseits interessant, weil es seine mathematischen Fähigkeiten ansprach, andererseits aber frustrierend - die Hälfte der Flottenschreiber schien nämlich nicht rechnen zu können oder zu faul zu sein, exakte Ergebnisse zu erarbeiten. Und so fühlte der Subpraefectus sich wie sein alter Xanthippus, wenn der die Tabulae der Schüler eingesammelt und ihre Rechnungen kontrolliert hatte. Wenn er die Verantwortlichen dann darauf ansprach, zuckten sie nur mit den Schultern und sagten 'So genau kann man das sowieso nicht kalkulieren!' - wenn Lucius das schon hörte! Ein Digitus mehr Holz an der Planke mochte egal sein, aber bei den vielen hundert Planken, die ein Schiff bildeten, kam schnell eine beachtliche Zusatzmenge zusammen, die beispielsweise bei einer Bezahlung nach Gewicht auch dem Geldbeutel schmerzte! So korrigierte er fleißig weiter, bis...
...es eines Tages an der Tür klopfte und ein aufgeregter Sekretär hereinkam.
"Subpraefectus, es gibt Probleme auf den Xenai Agorai! Eine Massenschlägerei, der Strategos bittet um Hilfe!"
Lucius horchte auf. Mit so etwas war man bisher noch nie zu ihm gekommen - seit der Patrouille schob man ihm prinzipiell die langweiligen Jobs zu...
"Dann melde das der diensthabenden Wach-Centuria!"
gab Lucius also die Standard-Antwort.
"Wir brauchen mehr Männer - und Du bist gerade der ranghöchste Offizier, Subpraefectus!"
Der Petronier stutzte - der Nauarchus war weg, der Präfekt auch? Dann war wohl tatsächlich er der, der entscheiden musste! Er hatte gelernt, dass eine Einmischung in die Angelegenheiten der Stadt immer heikel waren - andererseits hatte der Strategos ja selbst angefragt... das würde der Präfekt sicherlich als Erklärung akzeptieren! Und außerdem war das ja vielleicht eine Möglichkeit, endlich zu beweisen, dass er auch eigenständig handeln konnte - und auch vom Militär etwas verstand!
"Gut, versammle die Centuriae I, II und III! Ich übernehme das Kommando persönlich!"