Beiträge von Lucius Petronius Crispus

    Silanus schien gerade abgelenkt zu sein, sodass die Frage seines Sitznachbarn ungehört verhallte. Lucius kombinierte aus dem Schweigen der anderen, dass sie recht hungrig waren und auf das Essen warteten - zumindest wäre das wohl ein rationaler Grund, sich nicht mit weiterem Geplauder aufzuhalten.


    Deshalb sah er erwartungsvoll zu seinem Nachbarn und Patron, da dieser als Hausherr wohl das Essen eröffnen würde.

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    Original von Marcus Decimus Livianus
    Im Gegensatz zu unseren IR-Charakteren leben wir im Jahr 2014 und ich kenne gute Bücher mit tollen und glaubwürdigen männlichen Hauptcharakteren die von Frauen geschrieben wurden und wiederum auch welche, wo ich mir über eine weibliche Protagonistin gedacht habe "wirklich eine tolle Frau", die von Männern geschrieben wurden.


    Ich will auch gar nicht behaupten, dass das nicht möglich ist - aber ich kann mir eben doch vorstellen, dass so ein "Perspektivenwechsel" nicht jedermanns Sache ist. Und wer sich damit nicht anfreunden kann, der geht dann vermutlich eher und sucht sich ein anderes historisches RPG...


    Zitat

    Original von Aurelia Prisca
    Intrigenspiele und indirekte Einflußnahme der Frauen, über ihre Männer, auf die Politik (wie oben angedeutet) fände ich wiederum sehr reizvoll, nur wird dies wohl an der fehlenden Bereitschaft der Mitspieler scheitern. Wer will schon seine eigene männliche ID (deren Status man sich hart erarbeitet hat) zur Marionette umgestalten (Was ich allerdings nur zu gut verstehen kann, von daher bitte nicht als Kritik auffassen!).


    Auch hier sagte ich ja schon, dass ich das gut fände. Aber wenn ich die Lage momentan betrachte, dann schreiben die meisten politisch aktiven Spieler nicht einmal im Senat viel - das ganze dann noch einmal zusätzlich mit der werten Gattin zu diskutieren, ist eben nochmal ein größerer Aufwand. Abgesehen natürlich davon, dass viele Spieler vielleicht eher selbstbewusste Charaktere spielen wollen, die ihre Entscheidungen autonom treffen.
    Fazit: Wäre nett, ich sehe aber momentan keine Perspektive, dass das Realität wird ;)


    Und zuletzt: Es wird ja niemand gezwungen, eine "Karriere-Frau" zu spielen - die Frage wäre eher, ob man hier bereit wäre, eine solche zu akzeptieren bzw. z.B. eine Frau zur Aedilin von Ostia o.ä. zu wählen.

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    Original von Aulus Tiberius Verus
    Gerade die römische Frau ist doch die Strippenzieherin im Hintergrund, die ihren Mann gezielt steuert. :D
    ...
    Ich finde, dass man weibliche IDs in ihrem Umfeld durchaus reizvoll sind. Es gibt ebenso genug Karrieren, die Frauen eröffnet sind: Vestalinnen, "politische" Ehefrauen (Verheiratete), Privatwirtschaft (eigene Sklavenhaltungen) und auch schlicht verrufene Tätigkeiten, wie Klageweiber oder Lupae.


    Das war auch immer unsere Argumentation, allerdings habe ich zunehmend den Eindruck, dass diese Modelle im IR nur bedingt funktionieren: Ich glaube, dass das IR nämlich noch immer bis zu einem gewissen Punkt eine Mikronation geblieben ist, in der die meisten Spieler eben ein starkes Interesse an einer Karriere im Staatsdienst haben. Das erkennt man schon an der "Staatsquote" bei der Stellenbesetzung (fast 100%), aber auch daran, dass vor allem dort ausführlich gesimmt wird, wo es karriererelevant ist (z.B. die Organisation von Spielen für Magistrate, im Militär, Gastmähler v.a., wenn man politisch irgendetwas erreichen will, ...). Das kann man gut oder schlecht finden - faktisch ist es aber nunmal so bei den meisten Spielern (wenn auch nicht bei allen - aber ich kann mich da selbst nicht ausnehmen).
    Und in diesem Bereich sehe ich für Frauen-IDs eben nur geringe Partizipationsmöglichkeiten. Denn auch wenn es historisch durchaus denkbar ist und sicherlich sogar einen gewissen Reiz hätte, verzichten die meisten Spieler etwa auf das Simmen eines "Privatlebens", in dem die Ehefrau ihren Gatten beeinflussen könnte o.ä. Oder das Aussimmen der eigenen Betriebe, des Wirtschaftslebens, etc. Es kommt schon vor - verglichen mit der Sim-Intensität in Amtsstuben und Legionslagern erscheint es mir aber doch gering. Ebenso wie die Nachfrage nach dem CD - viele Feiertage werden allein von dem zuständigen Priester bespielt, sodass auch dort nur begrenzt Interaktionsmöglichkeiten vorhanden sind.


    Und weil ich eben annehme, dass weibliche Spieler auch gern weibliche IDs spielen (genauso wie ich mir kaum vorstellen kann, eine weibliche ID zu spielen), bin ich dafür, Frauen hier weniger aus den Bereichen auszuschließen, die für das IR zentral sind.


    Ich will auch gar nicht eine völlige SimOn-Gleichberechtigung, sondern einen Kompromiss mit der Historie, wie wir ihn hier ständig und überall machen, damit a) auch historische Laien hier noch mitkommen und b) die Spieler, die eben nicht im Alten Rom, sondern im 20./21. Jahrhundert leben, hier möglichst viel Spaß haben.


    Wenn natürlich alle Spieler (v.a. die weiblichen) der Meinung sind, dass eine solche Aufweichung unnötig oder sogar störend ist, ist mir das auch recht...

    Als Lucia ins Straucheln kam, wunderte das Lucius kein bisschen - genau so war sein Frauenbild: ständig schnatternd, aber am Ende des Tages doch nur dummes Zeug redend. Als sie ihn dann kurz anlächelte, war er wieder etwas irritiert und erwiderte ihren Blick eher ertappt als freundlich. Wenn er sie so ansah, dann fühlte er doch wieder so ein Unbehagen wie damals bei Nicaea...


    Glücklicherweise musste er nicht länger darüber nachdenken, denn endlich ergriff Lepidus die Initiative und bugsierte sie ins Triclinium, wo der junge Petronier einen Platz erhielt, der ihm nur allzu bekannt war - auf der Kline des Gastgebers lag er nämlich auch immer bei seinem Alten in Mogontiacum! Neben ihm nahm dafür noch ein weiterer Klient Platz, was Lucius auch wieder unangenehm war - er mochte es nicht, wenn Fremde ihm so nahe kamen!


    Auch das zeigte er aber nur durch einen sehr kurzen, irritierten Blick, ehe sein Patron ihn endlich vorstellte - und das nicht schlecht! Mit sichtlicher Zufriedenheit nickte er Silanus zu, um dann seinerseits die Vorstellung des anderen entgegenzunehmen - obwohl diese genaugenommen ja gar nicht mehr nötig war, denn diese Informationen hatte der junge Petronier ja schon aus dem Gespräch mit Lucia entnommen. Interessanter war da schon die Frage, die sein Nachbar an den hohen Gast stellte, wobei ihn die Einleitung aber daran erinnerte, auch mal etwas zu sagen:
    "Mich - äh - auch!"
    Der Alte hatte ihn ja nicht nur einmal ermahnt, nicht immer so schweigsam zu sein - wenigstens etwas wollte er deshalb auch gesagt haben.

    Liebe Spieler,


    wir sind momentan dabei, verschiedene Dinge im IR auf den Prüfstand zu stellen. Wie bereits anderswo deutlich geworden ist, gehört dazu auch die Frage, wie genau wir es mit der Historie nehmen bzw. was sich die (potentielle) Spielerschaft diesbezüglich wünscht.


    Dabei sind wir auf eine Sache gestoßen, die wir schon oft diskutiert haben, die wir nun aber wieder einmal zur Diskussion stellen wollen: Frauen und ihre Karriere-Möglichkeiten. Diese sind - orientiert an der Historie - im IR zunehmend eingeschränkt. Auch wenn es nirgends eine offizielle Verlautbarung gab, finden wir Frauen seit geraumer Zeit oft nur noch in Ämtern, die es historisch (so) nicht gab (Schola, Acta) bzw. im CD und in der Privatwirtschaft. Da das IR allerdings doch noch - vermutlich als Erbe seiner Zeit als klassische Micronation - einen starken Fokus auf den Staatsdienst hat (wie dies schon bemerkt wurde) und Aufstiegsmöglichkeiten trotz aller RPG-Orientierung ein wichtiger Motivator ist (die in den bisherigen Frauenbereichen relativ begrenzt sind), stellt sich uns die Frage, ob wir weiblichen Spielern, die oftmals eben lieber weibliche IDs spielen, nicht dort mehr Möglichkeiten bieten sollten.


    Momentan ist bei uns in der Diskussion, ob man weiblichen IDs nicht auch einen Teil der ritterlichen Karriere freigeben sollte - nämlich Verwaltungsposten ohne militärische Aufgaben. Ein weiterer Karrierebereich sind kommunalpolitische Laufbahnen wie Aedil, Duumvir etc.
    Bevor wir uns hier allerdings entscheiden, hätten wir gern ein Stimmungsbild, was die Spielerschaft inzwischen von solchen Fragen hält: Wärt ihr für eine derartige Lockerung der Historie? Oder sollten wir vielleicht sogar noch weiter gehen? Oder lieber an andere Bereiche denken? Oder sollte man lieber alles so belassen wie bisher?


    Wir würden uns auch hier freuen, wenn möglichst viele von euch ihre Meinung kundtun, damit wir ein möglichst repräsentatives Stimmungsbild erhalten :)

    Auch wenn Lucius sich die Tiberierin schon ganz gern ansah und nach einigem Begutachten zu dem Schluss kam, dass ihr Beckenumfang zum Bauchumfang wohl etwa in einem Verhältnis von zwei zu drei stand, fühlte er sich hier doch zunehmend unwohl. Das Mädchen plauderte mit diesem scheinbar recht wichtigen Mann, wobei sich nicht nur der Name des Mannes aufschnappen ließ - Iunius Silanus - sondern auch dessen Beruf - Procurator a libellis! Jetzt fehlte dem jungen Petronier nur noch eine Erklärung, was genau ein Procurator a libellis tat! Offensichtlich hatte er etwas mit Briefen zu tun und war im ritterlichen Rang - was auch zu seiner Aufmachung passte. Aber was genau tat er wohl?


    Wenn er bedachte, was Lepidus ihm geschrieben hatte, musste er wohl der Schlüssel zum Zugang zum Ritteramt sein - vielleicht nahm er die Bittschriften um Standeserhebungen in Empfang! Aber wie konnte man sich ihm nun günstig präsentieren?

    Unwillkürlich richtete sich auch der junge Petronier ein wenig auf, als sein Nachbar dies tat - ob als Zeichen einer gewissen Aufmerksamkeit bzw. potentiellen Verteidigungsbereitschaft oder aus Höflichkeit wurde nicht so ganz klar. Wahrscheinlich wusste Lucius es selbst nicht. Dass sein Gegenüber aber wiederum nicht wusste, was er meinte, verwirrte ihn doch wieder:
    "Naja, du sagtest doch - äh - du wurdest von irgendwelchen Wesen überfallen, oder nicht?"
    Dass nicht Varus, sondern er selbst nicht richtig aufgepasst hatten, entging dem jungen Mann offensichtlich...

    Ein Lupanar? Das war des Rätsels Lösung? Naja, man konnte Prostituierte natürlich durchaus als Wesen bezeichnen, aber eine ganze Horde war sicherlich ziemlich teuer. Nur was waren ihre Früchte? Der zweite Teil des Satzes erklärte dann aber, dass der Helvetier ihn offensichtlich missverstanden hatte:
    "Klaro, aber was für Wesen haben dich da überfallen?"
    präzisierte er seine Frage deshalb noch einmal.

    Eines riesige Horde Wesen? Natürlich verstand Lucius die Anspielung in der Aussage nicht und versuchte sofort, eines rationale Erklärung für sie zu finden: Welches Tier hatte Krallen, dass es solche Kratzer verursachte? Vielleicht eine Ratte? Aber die hatte ja immer fünf Krallen, sodass es parallele Kratzer in kleinen, regelmäßigen Abständen ergeben hätte? Außerdem verteidigten sie keine Früchte. Aber welches Tier hatte das schon? Eichhörnchen sammelten Nüsse - aber nur im Winter und jetzt war Sommer... Vielleicht war die Aufmerksamkeit der Schlüssel - ein Hund vielleicht?


    Er kam einfach zu keinem stichhaltigen Ergebnis, sodass er zuerst einmal die zweite Frage beantwortete.
    "Lucius - äh - Petronius Crispus..."
    Noch einmal überlegte er - aber er kam zu keinem vernünftigen Ergebnis, sodass er passen musste:
    "Äh - wie meinst du das?"

    Tatsächlich kannte Lucius die Taverna Apicia, dort hatte er mit Armin eine recht gute Cervisia getrunken. Also nickte er - selbst wenn er gar nicht gewusst hatte, dass diese Gaststätte so nahe lag.
    "Akzeptiert."
    sagte er und erhob sich. Womöglich lernte er auch gleich den kürzesten Weg dorthin kennen, weshalb er dem Helvetier den Vortritt ließ.

    Als er so angesprochen wurde, fühlte Lucius sich sofort ertappt und bekam rote Ohren. Er selbst hätte so einen Gaffer vermutlich etwas aggressiver angesprochen, während der hier geradezu freundlich war. Seine Frage war allerdings auch ziemlich unlogisch - immerhin war nicht der Petronier der mit den zahlreichen Kratzern am ganzen Körper!
    "Du - äh - bist verletzt!"
    stellte er deshalb ein wenig unbeholfen fest.

    Nachdem der Alte weg war, hatte Lucius seine fixe Idee rund um den Tod seiner Mutter rasch wieder vergessen - zu sehr hatte ihn diese spannende neue Welt, die Rom darstellte, abgelenkt. Nach ein paar Wochen wurde ihm dann allerdings doch langweilig: Die Tavernen in Transtiberim waren oft voller Ausländer, die man überhaupt nicht verstand (selbst die Stadtrömer sprachen einen hässlichen Dialekt!), Euklids Elemente hatte er zum x-ten Male durchgearbeitet und die Bibliothek der Schola Atheniensis war so weit weg, dass er meist zu faul war, dort etwas zu lesen (mitnehmen durfte man ja sowieso nichts).


    Nach einigen Tagen kam er deshalb wieder auf diese Idee und begann, sich zu überlegen, ob und wie man nachweisen konnte, dass der Alte seine Frau und Lucius' Mutter im Streit erschlagen hatte. Natürlich war er dabei systematisch vorgegangen und hatte - selbst wenn er die Juristerei hasste - mit dem Naheliegendsten begonnen: § 74 CodIur, dazu den Kommentar des Vinicius. Dort hatte er gelesen:
    Erste Voraussetzung der Privilegierung ist, daß er Täter in einer hochgradigen Gefühlserregung gehandelt hat. Alle Affekte kommen in Betracht, sowohl asthenische (Angst, Verzweiflung) also auch sthenische (Zorn, Wut, Rachsucht). ob ein solcher heftiger Affekt beim Täter vorgelegen hat, ist eine empirisch zu ermittelnde Tatsache, die erst in den folgenden Merkmalen normativ bewertet wird.
    Das war zwar für Juristen nett, half dem jungen Petronier allerdngs wenig: die Frage war, wie er eine "empirisch zu ermittelnde Tatsache" nachwies, denn wie erfasste man bitte im Nachhinein etwas empirisch? Gab es irgendwo im Körper ein Organ, das Emotionen abspeicherte wie das Archiv der Duumvirn, das die Protokolle des Ordo Decurionum sicherte? Vermutlich nicht, sonst hätte er sicherlich schon einmal von Sektionen im Rahmen von Gerichtsverhandlungen gehört. Wovon man dort hörte, waren aber fast nur Zeugen und Verhörnotizen.


    Deshalb hatte er sich schließlich eine Amphore Wein gekauft, hatte Armin herangeholt und gemeinsam mit ihm versucht zu rekonstruieren, was an dem Tag, als seine Mutter gestorben war, geschehen war. Zuerst hatte der Sklave versucht, seinen Verdacht zu zerstreuen - der Alte war zwar ein Choleriker, gegen Heila hätte er aber fast nie die Hand erhoben, er wäre doch ebenfalls todtraurig gewesen und so weiter und so weiter. Aber Lucius hatte nicht abgelassen - immerhin wussten sie beide, wie oft der alte Crispus ausgerastet war, um seine Gewaltausbrüche im Nachhinein zu bereuen, selbst wenn er zu stolz war, es zu zeigen!
    Und schließlich hatte Armin nachgegeben, dass man dem ganzen ja zumindest nachgehen konnte. Dann hatten sie begonnen. Die allgemeinen Rahmenbedingungen waren trotz der vielen Jahre, die das Erlebnis zurücklag, erstaunlich schnell zu rekonstruieren: Es war mitten im Sommer gewesen, die Sonne hatte geschienen - den Monat wussten sie allerdings nicht mehr. Nach einigem Überlegen war ihnen auch gekommen, dass sie im Innehof des Hauses um die Wette gelaufen waren - nackt wie die Sportler in der Palaestra und immer im Kreis des Porticus. Zuletzt hatte Armin gewonnen, woraufhin Lucius beleidigt gewesen war und sie beschlossen hatten, dass beide einen Siegeskranz bekamen. Den Efeu hatten sie im Garten abgerupft - zum Glück war Morag außer Haus gewesen, sonst hätte es sicher Ärger gegeben. Der Schrei, den sie dann gehört hatten, war eindeutig aus der Küche gekommen - aber wie der alte Crispus dorthin gekommen war, wussten sie tatsächlich nicht mehr. Sie wussten nur noch, wie sie die Köpfe zur Tür hereingestreckt hatten und dort Heila in ihrem Blut gesehen hatten, in den Armen des alten Petroniers. Gunda hatte sie dann herausgescheucht und gesagt, Mama wäre verletzt und bräuchte Ruhe. Daraus war zu schließen, dass sie noch nicht tot war, als der Medicus gekommen war. Auf der Bank waren sie gesessen und erst nach einiger Zeit war sein Vater dazugekommen. Dann, nachdem der Medicus wieder aus der Küche gekommen war, hatte der Alte die Hiobsbotschaft verkündet. Aber wie lange die Untersuchung gedauert hatte? Keine Ahnung...

    Mit unverholener Neugier betrachtete Lucius seinen Ex-Nachbarn. Aus der Aussage ließ sich ableiten, dass er es hier mit einem Offizier zu tun hatte, die Caligae an seinen Füßen dagegen deuteten auf einen Mannschaftsdienstgrad hin (die feinen Herrn Offiziere trugen ja in der Regel wie im zivilen Leben den Calceus) - daraus war abzuleiten, dass er entweder ein Unteroffizier oder ein Centurio war. Das passte auch dazu, dass er einer bedeutenden Familie angehörte!


    Dann ging er zum nächsten, einem blonden jungen Mann, den Lepidus nicht vorgestellt hatte. Bevor er dann allerdings zu Manlius Acidinus übergehen konnte, zog die erscheinende Blondine die Aufmerksamkeit auf sich. Der junge Petronier war immer etwas befangen in Anwesenheit junger Frauen - so auch heute. Sie wirkte - ähnlich wie die Schnepfe auf dem Forum damals - recht reich und gehörte wahrscheinlich zur Familie. Vor allem aber hatte sie überaus interessante Kurven - ob diese vielleicht in einem mathematischen Verhältnis standen?


    Leider interessierte sie sich überhaupt nicht für ihn, sondern nur für die anderen Gäste, sodass er sie ein wenig enttäuscht anstarrte, um sofort auszuweichen, falls sich ihre Blicke trafen.

    Mechanisch erwiderte Lucius den Gruß, wie der Alte es ihm eingetrichtert hatte:
    "Salve!"
    Dann lehnte er sich selbst an den Beckenrand und kam erstmal wieder zu Atem. Schließlich tauchte er noch einmal unter, um den Schweiß, der sich beim Ausschnaufen im Gesicht gebildet hatte, wieder abzuwaschen. Als er sich dann wieder anlehnte, bemerkte er erst, dass sein Nachbar über und über mit Kratzern bedeckt war - was hatte der denn gemacht? Im Vergleich zu den oft geradezu weibisch manikürten Körpern der anderen Thermenbesucher - anders als in Mogontiacum waren die Stadtrömer ja durchaus eitel und enthaarten, salbten und pflegten ihre Körper - war dieses Exemplar hier doch ganz schön auffällig. Und weil der junge Petronier viel zu ausgepowert war, um daran zu denken, dass andere Leute es nicht mochten, wenn man sie anstarrte, tat er genau das - und starrte Varus mit unverhüllter Verwunderung an.

    Etwas erschrocken fuhr Lucius herum, als er die klackenden Geräusche hörte - und war einigermaßen erstaunt, einen normalen Soldaten zu sehen. Generell war das kein ungewohnter Anblick für den jungen Petronier - bei seinem Vater gingen ja Veteranen ein und aus und Mogontiacum war ein Legionsstandort - aber so mitten in einem Patrizierhaus war es doch selten. Ehe er Zeit hatte, den Soldaten einzuordnen, begrüßte ihn allerdings sein Patron, sodass er erneut herumfuhr und die Hand des Mannes ergriff. Wie üblich wirkte er dabei eher konzentriert als fröhlich. Dann wurde das Geheimnis des ungebetenen Gastes aber auch schon gelöst - richtig, sein Nachbar! Oder wahrscheinlich eher sein Ex-Nachbar... denn ein Soldat wohnte ja bekanntlich in seiner Kaserne, zumal wenn er in Mantua stationiert war. Auch wenn die Erinnerung an ihre letzte Begegnung eher durchwachsen war - immerhin war Verus von einer Ohrfeige und dem Gebrüll des Alten angezogen worden, was sich beides gegen Lucius gerichtet hatte - musste er doch zugeben, dass ihn eine alternative Perspektive auf das Leben bei den Adlern doch interessierte - denn selbst wenn der Alte ihn fast jeden Tag mit irgendwelchen Geschichten gelangweilt hatte, war die Perspektive eines jüngeren Mannes vielleicht doch etwas zugänglicher und weniger dick aufgetragen. Noch mehr interessierte ihn allerdings, wer der Gast vor ihm war, sodass er dem Soldaten-Tiberier zwar ein knappes
    "Have!"
    schenkte, dann aber neugierig auf den Iunier sah - der ihm ja offensichtlich ursprünglich einmal zuerst hätte vorgestellt werden sollen, woraus sich schließen ließ, dass er ein wichtiger Gast war - womöglich derjenige, der laut Einladung besonders einflussreich war. Es galt also, ihn zu beeindrucken und kompetent zu wirken!

    Die Wegbeschreibung prägte der junge Petronier sich sofort ein - Gebäude waren glücklicherweise meist schön rechtwinklig aufgebaut, sodass es in diesen selten zu Orientierungsproblemen kam.


    Etwas unlogisch war dagegen die zweite Äußerung, denn wer wusste wohl etwas über Architektur-Kurse, wenn nicht ein Praeceptor für Architektur? Oder hatte der Helvetier bei seiner Vorstellung doch etwas übertrieben und war eigentlich ein Schüler?


    Aber egal, offensichtlich ergab sich die Gelegenheit, der Sache noch etwas genauer nachzugehen, denn natürlich hatte auch Lucius jede Menge Zeit - er würde noch Wochen und vielleicht Monate haben, die Bibliothek der Schola zu durchwühlen...
    "Ja. Ich nehme an, es gibt hier in der Nähe eine?"
    Wie er sehr schnell festgestellt hatte, gab es hier in Rom an fast jeder Straßenecke eine Garküche oder eine Weinschänke - analog konnte er daraus also auch schließen, dass es hier, wo er sich noch nicht weiter umgesehen hatte, so etwas gab...

    Kurz hinter dem Iunier schlich sich auch Lucius ins Atrium, das diesmal bedeutend leerer war als bei seinem letzten Besuch zur Salutatio. Allerdings glaubte er neben dem Hausherrn noch einen der Gäste von dort zu erkennen - auch wenn er natürlich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wie dieser hieß oder was er machte. Aber immerhin besuchte er das allmorgendliche Ritual ja auch nicht wegen der anderen Klienten, sondern wegen seinem Patron, weshalb es natürlich irrational war, Zeit mit wertlosem Smalltalk mit den anderen zu verschwenden.


    Davor wurde allerdings ein Gast begrüßt, der offensichtlich recht wichtig war. Und so ließ Lucius seine Hände unter der dunkelblauen Lacerna verschwinden, die er heute trug. Sein Patron würde ihn schon bitten näherzutreten, wenn es so weit war... zumindest war es in Mogontiacum immer so abgelaufen...

    Der Türhüter hatte scheinbar seine letzten Worte gehört, was dem jungen Petronier gleich etwas peinlich war - immerhin outete ihn dieses Unwissen als Fremden. Armin dagegen nickte zufrieden und lächelte seinen Herrn an, ehe er sich an ihm vorbeischob, um sich den Weg in den Sklaventrakt zeigen zu lassen. Lucius dagegen folgte ins Atrium, wo die Feier scheinbar startete.