Der Octavier hatte eine ausgeprägte Phantasie, auch wenn seine Assoziationen zu Aegyptus nicht besonders originell waren. Sie fehlte dem Tribun dagegen eher. Die Rückfrage zu Aegyptus beseelte daher keine schmutzigen Phantasien, sondern sehr konkrete, nicht unbedingt begeisternde Erinnerungen:
"Die Frauen sind meiner Erfahrung nach überall gleich: Es gibt hübsche Aegypterinnen, hübsche Römerinnen, hübsche Germaninnen - deine Sklavin zum Beispiel - und hübsche Griechinnen. Aber viele sind auch so hässlich wie ein Pferd. Was mir mehr in Erinnerung geblieben ist, sind die verschlagenen Aegypter und die arroganten Griechen, die dort leben. Das Volk von Alexandria ist recht aufmüpfig und wir mussten öfter für Ordnung sorgen. Außerdem ist es wirklich verdammt heiß dort, besonders im Sommer unerträglich mit der Feuchtigkeit des Nil-Deltas.
Was man aber positiv schätzen kann, ist das Museion - ein wunderbarer Ort der Wissenschaft, an dem gerade die Naturphilosophie hoch geschätzt wird. Und selbst die Aegypter waren große Mathematiker und Astrologen, wenn man sich ihre Bauwerke im Landesinneren anschaut. Die Pyramiden zum Beispiel sind doch recht eindrucksvoll und können es mit den meisten Bauten hier in Roma aufnehmen!"
Das war seine durchwachsene Zusammenschau der Zeit in Aegyptus. Die regelmäßige Seekrankheit auf Patrouillen ersparte er dem Octavier (und sich ihr Eingeständnis), ebenso den teilweise ziemlich öden Dienst bei der Flotte. Im Grunde war man als Subpraefectus ja doch nicht viel mehr als ein Hilfsoffizier, der erst gegen Ende seiner Karrierestufte etwas mehr Verantwortung bekam!
Wieder schweifte sein Blick zu Synnove und er fragte sich, wie es wohl aussehen würde - wobei er doch zumindest ein paar gute Nährungswerte hatte, denn ihre Kleidung war nicht so zugeknöpft wie die der römischen Matronen...
Die Bemerkung Gracchus' riss ihn aber wieder aus den Gedanken. Frauen und Schwerter? Ein wirklich schiefer Vergleich! Aus seiner Sicht waren Schwerter etwas Wunderbares, denn sie waren effizient, verliehen Macht und vor allem hielten sie die Klappe. Frauen dagegen... die waren quasi der Inbegriff von Geschwafel, unlogischem Denken und Verhalten und dazu hatten sie wie diese verdammte Sklavin einen Einfluss auf ihn, dem er sich kaum entziehen konnte... obwohl er genau wusste, wie irrational es war!
"Naja, man könnte sagen, dass man sich auch verletzt, wenn man ungeschickt damit umgeht."
bemerkte er schließlich die einzige Gemeinsamkeit, die ihm dazu einfiel. Frauen brauchten jemanden, der ihnen sagte, wo es lang ging - alles andere ging schief, da war er sich sicher!
Der Lebenslauf des Senatorensprösslings klang ebenfalls langweilig. Die Städte Italias hatten ihn beeindruckt, als er damals aus Germania nach Italia gekommen war, aber gegenüber Rom waren sie alle - wie der Octavier treffend bemerkte - bedeutungslose Dörfer, billige Kopien.
"Wie schon gesagt, andere Völker haben teilweise auch eine interessante Baukultur, die Ägypter, die Griechen..."
hakte er ein, als der Senatorensprössling aufhörte zu reden.
Dann sah er auch zu der Sklavin, die zu tanzen begann. Er schaute ein bisschen überrascht drein, denn Synnove tanzte ja ganz ohne Musik! Aber dafür, dass weder Trommeln, noch Flöten oder Orgeln zu hören waren, wirkten ihre Bewegungen recht flüssig und ansehnlich. So als würde sie in einer ganz anderen Welt wandeln... das Mädel hatte scheinbar Phantasie!
Den Witz des Octaviers kommentierte er nicht - zum einen, weil er ihn nicht verstand, denn Kampf war etwas völlig anderes als das hier, obwohl er zugeben musste, dass die kleine Schlampe ihn ganz schön in ihren Bann zog, auch wenn sie keine Waffengewalt anwendete. Zum anderen, weil er von ihrem Anblick gebannt war, dass er fast einen trockenen Mund bekam. Und jetzt befahl ihr Herr auch noch, dass sie näher zu ihm herantrat!
In einem hinteren Eck seines Gehirns rief das die Warnung hervor, was das Senatorenbürschchen im Schilde führte - aber das Kleinhirn mit seinen tierischen Instinkten verdrängte diesen Gedanken zunächst angesichts dieses hübschen Dings, das sich ihm näherte!