Obwohl noch ein klein wenig Blut von dem jetzt pampigen Flaum auf dem Kopf des Lämmchens tropfte, hatte der Alte offensichtlich genug Blut gesehen und holte Morag herbei. Lucius dagegen starrte weiterhin auf seinen ausgestreckten Arm, auf dem das Blut langsam schon etwas fest wurde und die dünne Kruste auf seiner Haut bei jeder Regung leicht an seinen Armhärchen zog. Sein Herz schlug wild und plötzlich keimte wieder die Frage in ihm auf, ob es nicht möglich war, einen perfekten Mord zu begehen. Es gab keinen echten Grund, aber eines Tages wollte er doch noch einmal die Erregung verspüren wie damals bei Caius...
Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Morag mit dem Fleischmesser und dem Wetzstahl kam. Arglos meinte er nur
"Leg's da rüber."
Doch Lucius wollte es selbst machen. Wie ein kleiner Junge hielt er das leblose Schäfchen weg von dem Sklaven und sah ihn feindselig an. Dazu keifte er geradezu:
"Ich mach' das selbst!"
Kaum hatte er dies gesagt, wurde ihm schon klar, dass es sehr seltsam klingen musste, wenn er darauf bestand, das Tier selbst auszunehmen und zu zerlegen. Schnell suchte er nach einer halbwegs logischen Begründung und sagte schließlich hastig
"Mich - äh - interessiert das! Wenn ich 'mal auf die Jagd gehe, muss ich ja wissen, wo ich hinwerfen muss!"
Wie er selbst zugeben musste, war die Begründung nicht hundertprozentig plausibel - zwar ging er schon manchmal auf die Jagd und dieses Verhalten wurde allgemein positiv bewertet, weil reiche Römer so etwas ebenfalls taten, aber die Jagd auf Lämmer gehörte wohl kaum dazu und selbstverständlich wusste er sehr genau, wie die Anatomie von Wildschweinen, Hasen und Rehen aussah - er war ja bereits auf der Pirsch gewesen und hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, das Aufbrechen des Wilds genau zu beobachten. Dabei hatte er sich auch gefragt, ob Tiere auch die vier Säfte in sich hatten oder vielleich nur Blut - eine Antwort hatte er bisher aber nicht gefunden.
Morag dagegen war einfach froh, dass er das schmutzige Geschäft nicht selbst übernehmen musste, nachdem er schon die Schlachtung hatte abgeben können. Er zuckte einfach mit den Schultern und drückte seinem jungen Herrn das Messer in die Hand. Lucius ergriff es und drehte sich dann um, um das Lämmchen auf die Wiese zu legen, um den guten Kies nicht noch weiter einzusauen. Dann tastete er nach dem Ende des Brustkorbs und begann, den Bauch aufzuschlitzen...