"ICH? Ich bin an allem schuld? Was hab ich denn damit zu tun? Weil ich dich etwa zum Duccier mitgenommen habe? Du solltest eine gute Gesellschaft sein und dich nicht gleich jedem x-beliebigen an den Hals werfen! Ich konnte ja nicht ahnen, dass man dich nicht einmal vor die Tür lassen kann, ohne dass du gleich mit einem Verlobten zurückkommst!" Für Lepidus war das alles in höchstem Maße lächerlich. Nein, den Schuh brauchte er sich sicherlich nicht anziehen. Lucia wusste wie man sich zu verhalten hatte. Ihre Erziehung sollte es sie gelehrt haben. Und Lepidus hatte sicherlich alles andere getan, als sie irgendjemandem direkt in die Arme zu führen. In dem Maße, wie sie sich ihm näherte, legte er wieder Abstand zwischen sie, auf dass er von ihren furienartigen Ausfällen hoffentlich verschont blieb.
Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus
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Etwas angespannt wartete der Tiberier auf den Beginn der Verhandlung. Trotz seiner Ausbildung als Advocatus hatte er bisher noch nie an einem Prozess teilgenommen. Nun war er aber sogar in eigener Sache hier. Viel konnte er bei seinen Ermittlungen nicht in Erfahrung bringen, aber man musste wohl darauf vertrauen, dass die Gerechtigkeit siegen würde und dass die bisherigen Erkenntnisse ausreichten, um alles in seine richtigen Bahnen zu führen.
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Es hatte lange gedauert Lepidus klar zu machen, was ihm seine Schwester hier tatsächlich erzählen wollte. Doch nach dieser erneuten Bestätigung und der nach wie vor vorhandenen Ernsthaftigkeit seiner Schwester, schien er es nun endgültig begriffen zu haben, zumindest so ungefähr: Denn auch wenn er die Wahrheit ihrer Worte nicht bezweifelte, so glaubte er doch nun gleichsam, dass seine Schwester völlig durchgeknallt war. Lepidus erhob sich sofort wieder, seine Augen weit aufgerissen, lief er durch das Zimmer, wie er das eben so tat. Dass Lucia offensichtlich durch ihre festen Worte hierauch noch die Fassung behielt, machte ihn nur noch wütender. Nein, der Tiberier verlor wahrlich selten die Contenance, doch dass Schwester begriff ganz klar ihre eigenen Worte nicht. So etwas Frevelhaftes konnte er nicht dulden. "Hast du denn völlig den Verstand verloren?! Funktioniert in deinem Kopf überhaupt noch irgendetwas richtig?" Nun war es vorbei mit der lieben geschwisterlichen Rhetorik. Es war schon viel zu spät, als dass er sich so einen Blödsinn geben konnte. Nein, hier musste eindeutig eine Linie gezogen werden. "Duccius Vala heiraten?! Du musst komplett wahnsinnig geworden sein! Weißt du überhaupt wer Duccius Vala ist? Er ist ein gemeiner Homo Novus! Dieser Mann ist doch quasi gerade erst aus einem germanischen Wald entlaufen!!! Von allem, was man hier in Rom finden kann, kommt dieser einem widerlichen Barbaren am nächsten! Und sowas möchtest du heiraten? Oh, Lucia, ich nehme sämtliche Komplimente zurück, die ich dir für dein tadelloses Verhalten in der Gesellschaft gegeben habe, denn eine Frau aus gutem Hause kann es sich nicht leisten in der Art und Weise zu denken!" Nicht, dass er gegen Vala auch nur irgendetwas persönlich gehabt hätte, aber hier ging es um klare Standesgrenzen, um Prinzipien, die sich nicht einfach aufweichen ließen. Er jeder hatte seinen Platz in der Gesellschaft und selbstverständlich sollte sich jeder Tiberier weit über jeden Duccier fühlen. Kopfschüttelnd blickte er auf seine Schwester. Wider erhob er seine Stimme "Schlag dir das sofort aus dem Kopf! Egal, was für romantische Hirngespinste du hegst oder wie nett dir dieser Duccier auch vorkam! Du heiratest auf keinen Fall!"
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Während die Sänfte langsam einbog und schließlich zum Stehen kam, hätte der Tiberier eigentlich noch darüber nachdenken können, wie er diese ganze Sache wohl anging, aber eine besondere Vorgehensweise schien im Grunde gar nicht notwendig. Es wird sich bekanntlich schon alles so fügen, wie es soll. Abwartend beobachtete er, wie die Flavia aus ihrer Sänfte geholfen wurde und sie sich dann auf ihn zuschritt, wobei es sich Lepidus natürlich nicht nehmen ließ, selbst ein oder zwei Schritte auf sie zuzugehen. "Salve Flavia, an Zeit soll es uns nicht mangeln", sprach er etwas unaufrichtig. "Wie ist es dir ergangen, seit wir uns das letzte Mal sahen?" Der Tiberier blickte an der Regia vorbei und schlug gleich anschließend vor: "Wollen wir nicht ein paar kleine Schritte gehen, während wir uns unterhalten?" Ein kleiner Spaziergang schadete sicher. Nicht, dass dem Tiberier in irgendeiner Weise aufgefallen wäre, dass sich die Flavia etwas unsicherer bewegte, aber wenn er eine solche Auffassungsgabe gehabt hätte, wäre wohl ein Spaziergang genau das richtige, um die Anspannung ein wenig zu lösen. In diesem Fall hätte das blinde Huhn Lepidus wohl tatsächlich ein Korn gefunden.
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"Findest du, ich habe unseren Consular gut getroffen?", fragte Lepidus seine Schwester nachdem er wieder Platz genommen hatte. Was für eine 'niedliche' Einlage mit den Schmetterlingen. Das ließ sich nett ansehen und Lepidus quittierte das Zwinkern seines Patrons mit einem Lächeln und einem Nicken. Bisher lief alles hervorragend und der Tiberier konnte sich die über diese Ehrenloge wahrlich nicht beklagen. Auf die Anmerkung von Lupus das das schöne Gazellenfleisch in der Subura zu verteilen, antwortete er etwas gespielt wehklagend: "Mir kommen die Tränen, so gutes Fleisch dem Pöbel vor die Füße zu werfen. Ich kann mir gut vorstellen, wie gierig und würdelos er seine kaputten Zähne in diese für ihn so seltene Schmackhaftigkei hineinjagen wird. Aber was tut man nicht alles für die Etikette."
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Mit viel Witz hätte dieser Abend wohl zu Ende gehen können. Da saß Lepidus nun da und lachte immer noch, erfreut über diese ganze Situation, die doch urkomisch schien, doch so ein Lachen hält sich nicht ewig durch, ganz besonder dann, wenn überhaupt niemand mitlachte. Je länger seine Schwester schwieg, desto leiser wurde die Freude, die Lepidus ausstrahlte, bis auch sein Gesicht sich in der völligen Regungslosigkeit Lucias wieder verfinsterte. "Du hast doch einen Scherz gemacht, richtig?", sprach er dann so ungläubig wie eh und je. "Alles nur ein kleiner Streich, hab ich recht?"
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Nicht geplant, nicht geplant... wie meinte sie denn das nun wieder. Man verlobte sich doch nicht aus heiterem Himmel oder irgendwie "aus versehen". Nun würde sie endlich mit der Sprach rausrücken - dabei fing sie nun sogar anzufangen zu weinen. Aus dem Gemurmel heraus, meinte Lepidus den Namen Duccius Vala gehört zu haben. Für einen Augenblick erstarrte der gute Bruder völlig zur Salzsäule. Mehre Sekunden vergingen und Lepidus sagte nichts, kein Wort, keine Regung, er war völlig still, fast unheimlich still. Bis dann plötzlich und mit einem Mal sich seine ganze Körperspannung aufhob und eine völlige Gelöstheit einsetzte. Sein Brustkorb hob sich auf und ab; erst nach und nach wurde erst ein leiser, dann ein immer lauter werdender Ton hörbar. Lepidus... lachte! Es war erst ein zaghaftes Lachen, dann ein stärkeres. Er versuchte sich die Hand vor den Mund zu halten, konnte sich aber kaum zurückhalten. Aus dem innigsten Gefühl heraus lachte er herzhaft und freudig und ging auf seine Schwester zu. Er hockte sich neben sie und sprach nur mit breitem Grinsen. "Also ich hätte es dir fast abgenommen! Man hast du mir einen Schrecken eingejagd!" Die Amüsiertheit des Tiberiers nahm überhaupt kein Ende. "Einen solch gemeinen Streich hast du mir ja schon seit frühester Kindheit nicht mehr gespielt! Und wie ernsthaft du bleiben kannst. Du hast Glück, dass du aus edlem Hause bist, sonst hättest du wahrlich Schauspielerin werden müssen!" Der Tiberier musst sich fast schon den Bauch halten "Haha, großartig! Duccius Vala... Haha, also nein, ich werd nicht mehr, Haha."
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Nun, die Worte waren nun doch so deutlich, dass selbst einer vom Schlage Lepidus sie endlich verstehen musste. Dennoch machte sich erst einmal nur Ungläubigkeit in seinem Gesicht breit. So richtig einordnen konnte er das ganze gerade überhaupt nicht und sein Gehirn war wohl eher damit beschäftigt eine Deutung zu finden, die nun überhaupt nicht das bessagte, was eigentlich gesagt wurde. "Wie? Was? Verlobt? Du HAST jemanden? Das ist doch völlig unmöglich!" Lepidus sprang aus seiner vormals bereits liegenden Position auf, ging ein wenig durch den Raum, wandte sich der Wand zu und dann wieder seiner Schwester: "Du willst mir doch jetzt nicht im Ernst erklären, du wärst verlobt. Wie konnte das denn passieren?" Wieder wandte sich der Tiberier ab, nur um sich kurz darauf erneut umzudrehen. "Wer? Wem hast du dich törrichterweise versprochen? Ist es Dives? Ach, blödsinn, der hat doch gerade geheiratet! Ist es dieser Silanus, den wir gerade erst zu Gast hatten? Oder doch nicht jemand aus der Veneta? Ach Lucia, du solltest einigen Männern hier und dort eine gute Gesellschaft sein, aber dich doch nicht gleich verloben!" Die Stimme von Lepidus hob sich merklich - für einen Moment schien er tatsächlich seine Gelassenheit ein wenig zu verlieren, auch wenn er von einem Wutausbruch wohl noch weit entfernt zu sein schien.
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Lepidus verzog etwas unverständlich das Gesicht. Voller Unverständnis entgegnete er völlig ohne nachzudenken. "Ja, selbstverständlich wirst du heiraten! Was ist denn das für eine Aussage? Macht dir das etwa Angst?" Für Lepidus drückte dieses 'Ich werde heiraten' irgendeine Art von Verzweiflung aus, die das ganze Wesen von Lucia schließlich auch derzeit ausstrahlte. Es war für ihn mehr ein: 'Ich werde heiraten - und das finde ich furchtbar', aber dass es sich dabei tatsächlich um den realen Vollzug des Heiratens ging und nicht um die grundsätzlich Aussicht mal zu heiraten, daran konnte Lepidus doch nun wirklich nicht denken, wo er doch schließlich selbst sich darum kümmerte, was er sogleich auch nachschob. "Ich hab derzeit sehr aussichtsreiche Kandidaten für dich im Angebot - wahrscheinlich sogar einen Flavier. Glaub mir, das wird alles nicht so schwierig. Ich dreh dir sicherlich keinen an, mit dem du nicht zurechtkommen würdest. Also Kopf hoch." Gesagt und Ruhe könnte man denken.
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"Oh, unser Petronius hier ist meiner Ansicht nach der geborene Ritter. Er scheint mir die besten Voraussetzungen dafür mitzubringen - sieht man gar von den ehrenwerten Leistungen ab, die er selbst in Germania vollbrachte, so hat sich doch seine Familie in der Vergangenheit so hervorgetan, dass sie sich in jüngster Generation wohl wahrlich einen Ritterring verdient hat" Selbstverständlich würde Lepidus alles für seinen Klienten tun. Einen Ruf als guter und sorgsamer Patron musste er sich ja immerhin noch aufbauen - einen Ruf den er wohl brauchte, wobei ihm tatsächlich dann doch weniger an dem Wohl der Einzelnen Menschen lag, als am Nutzen, den er daraus ziehen konnte. Bei Crispus war dies kein bisschen anders. "Rom braucht fähige Männer und leider hat auch innerhalb des Ritterstandes der Krieg seinen Tribut gefordert, wobei ich annehmen möchte, dass wahrscheinlich immer noch nicht sämtliche Lücken vollends gefüllt wurden. Nun bin ich mir aber sicher, dass auch das ein oder andere gute Wort aus dem Palatium selbst dem guten Petronius ebenso weiterhelfen wird, wie jedes Wort, welches von außen herangetragen wird." Mit dieser indirekten Anspielung auf die Möglichkeiten des kaiserlichen Beamten selbst, die durch ein verschmitztes Grinsen unterstützt wurden, ersah der Tiberier gleichsam, dass der Becher seinen Gastes Silanus zur Neige ging. Mit einem Schnippsen rief er den Sklaven herbei und sprach nur "Nachfüllen!"
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"Ausgezeichnet", sprach Lepidus nur und nickte das Vorgehen im Bezug auf Tiberia Arvinia ab. "Ich erinnere mich an das, was mir der Iulier über den Prozess aus erster Hand mitteilte, aber wenn dies ein ähnliches Verfahren wird, dann bin ich damit völlig zufrieden. Von daher kann ich nur sagen: Ja, ich strebe hiermit eine solche Klage an."
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Die Sitzung des Collegiums war gerade beendet, als Lepidus noch ein paar Nachbesprechungen mit seinen Kollegen führt. Als dann der Zeitpunkt gekommen war, begab er sich hinaus aus der Regia zum vereinbarten Treffpunkt. Mit der Flavia würde er heute das erste Mal aufeinandertreffen, seit ihre Verbindung (natürlich ohne sie) beschlossen wurde. Er konnte wohl vor allem gespannt sein, wie sich diese Entscheidung in ihrer Stimmung niederschlagen würde. Es sollte ja tatsächlich Frauen geben, die sich gegen die Entscheidungen auflehnten, die ihnen gegenüber getroffen wurden, doch der Tiberier zweifelte nicht an der Vernunft der Flavia. Zumindest hatte diese bisher nicht unbedingt den exzentrischsten Eindruck auf ihn gemacht.
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Eigentlich dachte der Tiberier ja, dass diese Art von Diskussion erst nach seiner Wahl so richtig aufbrechen würde, wenn es eigentlich an der Zeit war, einen Kandidaten einem bestimmten Posten zuzuteilen oder nicht. Ob man dabei seinen Wunsch berücksichtigte oder nicht, war in der Vergangenheit schließlich auch nicht allzu wichtig gewesen. Wenn man dann noch die Möglichkeit der Nicht-Wahl des Tiberiers bedachte, dann wurde hier sehr überflüssig geredet. Nichtsdestotrotz fühlte er sich natürlich geschmeichelt in Anbetracht des vielseitigen Interesses, welches er in Anbetracht seiner kaum beachteten Res Gestae fast schon bemerkenswert fand.
Am meisten schmeichelte dem Tiberier natürlich die Tatsache, dass der gewesen Consul ihn bereits auf der Position eines Statthalters sah, wobei die Aussicht Kaiser zu werden für einen kurzen Moment ein breites Lächeln in das Gesicht des Tiberiers zauberte. Sowas durfte man einem Patrizier doch nicht sagen! Sich jedoch gleichsam wieder auf das Geschehen konzentrierend hätte er nicht gedacht, dass sich Duccius Vala hier ebenfalls noch einmischte, wo Lepidus nach seiner großzügigen Spende während seines Aedilats eher daran dachte, dass ihm dieser in Zukunft nur noch nach dem Mund reden würde. Aber vielleicht dachte er ja tatsächlich daran, dem Tiberier damit wirklich weiterzuhelfen, was ihm natürlich besonders zu denken geben sollte. Als dann auch noch sein Amt als Pontifex ins Spiel gebracht wurde, war der Gegenstand der Diskussion wohl völlig ins Unklare geraten. Hier musste zweifellos wieder einiges Gerade gerückt werden.
"Patres Conscripti, mich ehrt das Interesse, welches offenbar mit meiner Kandidatur verbunden wird. Nun wollen wir aber die nötige Klarheit im Sachverhalt wahren. Zu meiner Tätigkeit als Pontifex: Es handelt sich hierbei nicht um einen Sonderwunsch oder ein Detail. Selbstverständlich möchte ich meinen, dass ich zurecht mit keinem Wort die Fortführung meiner Tätigkeit als Pontifex erwähnte. Alles andere wäre wohl eine Überraschung gewesen. Und dies gerade deshalb weil die Fortführung eben selbst eine völlige Selbstverständlichkeit sein müsste." Das Amt eines Pontifex bestand ja nicht zuletzt sogar auf Lebenszeit, sollte man es nicht selbst niederlegen wollen. Hier musste wohl tatsächlich eine gewisse Erläuterung folgen, da wohl nicht jeder die Feinheiten des Cultus Deorum kannte, der nicht selbst ein priesterliches Amt innehatte. "Die Magistratur ist mit einem Amt im Dienste der Götter jederzeit vereinbar. Beide Tätigkeiten werden nach wie vor ausgeführt und dies ist in der absolute Regelfall, welcher seit Jahrhunderten praktiziert wird. Von daher gibt es da keine Sonderwünsche zu beachten oder irgendetwas, was euch in der Entscheidungsfindung beeinträchtigen sollte. Es versteht sich als Diener der Götter von selbst, dass ich ein Diener der Götter bleiben werde." Man durfte sich das alles ja auch nicht wie Berufe vorstellen, die eine bestimmte feste Arbeitszeitregelung hatten. Zwar kam es immer mal wieder zu kleineren Problemen in Bezug auf öffentliches und religiöses Amt. Man denke nur allein an diejenigen Magistrate, die während des ganzen Monats März ihre Tätigkeit als Salier ausüben mussten, weil sich Festtag an Festtag reihte. Männer in öffentlichen Ämtern, die in der Provinz weilten mussten dafür extra wieder nach Rom reisen. Ihre Magistratur ruhte in jener Zeit fast völlig und nicht zuletzt traf sogar dies ja auf Lepidus als Salier zu. Aber zurecht hinterfragte man diese Praxis wohl nur selten und wer es tat, musste sich wohl dem Vorwurf aussetzen, die religiösen Traditionen nicht zu achten. "Allerdings, so muss ich zur Erläuterung beifügen, ist ein Pontifex nicht strikt an Rom gebunden. Die Wahl zum Quaestor Provincialis ist somit aufgrund meiner Tätigkeit als Pontifex nicht ausgeschlossen. Natürlich würde es mich schmerzen, nicht an den Sitzungen des Collegiums teilnehmen zu können. Faktisch könnte ich nur sehr eingeschränkt als Pontifex wirken. Dies wären natürlich die Folgen einer Provinzentsendung, die man bei der Wahl einkalkulieren muss, obwohl es, wie gesagt, kein Ausschlussgrund ist."
"Zum Schluss möchte ich folgendes zusammenfassend sagen: Meine Präferenz besteht in der Ausübung meiner Magistratur als Quaestor Principis, weil ich dafür gute Gründe sehe, die ich nannte und die ich für gewichtiger halte, als diejenigen mich zum Quaestor Provincialis zu ernennen. Deshalb bleibt meine Präferenz natürlich bestehen. Da ich jedoch niemand bin, der die Weisheit des Senats in Frage stellen würde, wenn es hier eine Mehrheit gibt, die mich gern als Quaestor Provincialis sehen würden, habe ich erklärt, dass ich auch diese Quaestur für möglich halte und den Willen des Senats in jedem Fall achte. Deshalb schlage ich vor - für den Fall, dass ich überhaupt gewählt werde - beides zur Abstimmung zu stellen. Die Option Quaestor Principis, wobei erwähnt werden sollte, dass dies meiner Präferenz entspricht, als auch die Option Quaestor Provincialis. Das Votum des Senats ist dann nicht in Frage zu stellen und ich werde pflichtbewusst die Aufgabe erfüllen, die ihr mir zugedenkt. Dies jedoch nur mein bescheidener Verfahrensvorschlag als ein einfacher Kandidat und Nicht-Senator." Lepidus hielt es für wichtig, dass die Senatoren vor allem zwischen den beiden Optionen wählen konnten. Wenn einfach nur Quaestor Provincialis oder Quaestor Principis mit Ja oder Nein beantwortet werden muss, so ist es wahrscheinlich sicher, dass ersteres oder letzteres einfach akklamiert wird.
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"Man merkt, dass meine Schwester mit nicht weniger politischem Talent gesegnet ist, als so mancher bedeutender Mann in unserer Familie." Und das war schon ein hohes Kompliment für eine Frau. "Wie eine Meisterin des Konsenses führt sie alles zusammen und schafft es, dass jeder zufrieden sein kann. Wahrlich ein Meisterstück. Und ja, ich kann dir da durchaus zustimmen. Mit weniger Pathos würde ich sagen: Natürlich hat jeder seinen Platz und jeder sollte daran arbeiten, ihn bestmöglich auszufüllen. Nur: Jeder sollte seinen Platz auch kennen oder um es in deinen Worten zu formulieren: Wissen, in was für Schuhen man wandert." Denn dieser Anklang von Egalitarismus musste natürlich immer und stets der unterschiedlichen Wertigkeit von Ordo und Stand weichen. Und Lepidus mochte bezweifeln, ob das Ziel immer das gleiche war.
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Es war doch immer wieder amüsant, seine Schweser so nervös zu sehen. Zitternde Hände und unsichere Worte ließen so manchen Menschen recht albern aussehen, wie Lepidus fand. Und wie sie da so sprach - so überhaupt nicht auf den Punkt kommend und sich immer wieder hin und her windend. Ein herrliches Schauspiel. Jeder Theaterbesuch wäre heute völlige überflüssig gewesen. So lächelte Lepidus immer noch, obwohl ihn doch ein wenig die Ahnung beschlich, dass es sich nicht um etwas scheinbar belangloses handelte. Man wusste ja, dass Frauen immer reagierten, als würde die Welt untergehen, selbst wenn es sich nur um zerbrochenes Geschirr oder einen toten Sklaven handelte. Doch irgendetwas schien tatsächlich anders zu sein. Etwas weniger lächelnd und dafür nun einen etwas skeptischeren Ton annehmend, fragte er einfach nur: "Was genau hast du angestellt?"
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Zielstrebig hatte der Aurelier diese großen Feierlichkeiten zu Ehren von Durus organisiert und bewies damit, dass er auch noch lange nach dem Tod seines Patrons ein treuer und ergebener Klient war. An jenen Tagen zeigte sich, dass es sicher auch in Durus' Sinne gewesen wäre, dass Lepidus nun zum Klienten von Lupus geworden war. Obwohl die Spiele vor allem dazu da waren, gute Laune zu verbreiten, so zeitigte sich dennoch eine etwas bedrückte Stimmung im Gesichte des Lepidus. Umgeben von den Totenmasken der Tiberii, welche einst so große und stolze Männer hervorgebracht hatten, so hoffte er immer noch, dass er ein würdiger Nachfolger ihrer großen Taten war. Während ihr Name aus dem Dunstkreis der großen Männer des Reiches verschwunden und während der Tyrannenherrschaft am Boden lag, so war dies nun der Anlass, der die endgültige Wende markieren sollte. Umso größer war wohl der Druck in Gegenwart einer so großen Menschenmenge zu sprechen. Seine letzten Reden waren für ein paar ältere Herren vor dem Senat und nun gleich dieses Schauspiel. Lepidus hatte natürlich ein wenig geprobt und insbesondere auf seine Lautstärke geachtet. Zudem war ihm auch der Beistand seiner Schwester eine große Hilfe.
Nachdem das Opfer vollendet war und dieser Tag auch im Angesicht der Götter gute Zeichen brachte, konnte sich Lepidus endlich hervortun und die Totenrede halten. Ein paar Ausrufer kündigten dies nun an, riefen, dass nun Lucius Tiberius Lepidus eine Rede auf Manius Tiberius Durus halten würde. Eine Vorstellung war damit zum Glück nicht mehr notwendig und er konnte sich direkt dem Anlass des Tages widmen. "Bürger Roms! Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um einen ganz besonderen Menschen zu ehren, der sich um das Reich in einer Weise verdient gemacht hat, wie es auch noch jedem zukünftig geborenen Römer zum Vorbild gereichen kann."
"Wer war Manius Tiberius Durus? Die politischen Umstände haben dazu geführt, dass diese großen Feierlichkeiten zu seinen Ehren so lange auf sich warten mussten. Sein Tod liegt inzwischen einige Zeit zurück und so will ich euch allen in Erinnerung rufen, wer dieser Mann war, der nicht zuletzt selbst ein Opfer des furchtbaren Krieges wurde, der nun hinter uns liegt. Mehr noch als mit seinem Leben, musste er mit seinem Namen bezahlen für Gerechtigkeit eingestanden zu sein, auf dass sich die wahren Verhältnisse in Rom offenbarten. Damit nichts zurück bleibt von all den Schmähungen, Verleumdungen und Niederträchtigkeiten, die über ihn verbreitet wurden, so will ich euch nun den wahren Tiberius Durus präsentieren. Denn anders als die verleumderischen Worte über ihn, so lassen sich all seine großen Taten für Rom nachvollziehen. Sei dies in den Gebäuden, die er stiftete, sei es in den Senatsprotokollen, die seine Worte verzeichneten, sei es im Tabularium, welches die wichtigsten Stationen seines Lebens verzeichnete, seien es die Zeugen, die ihn wahrhaft kannten und schätzten. Sehen wir all dies, so bleibt uns viel Grund diesen Mann hier und heute zu ehren." Lepidus konnte nicht anders, als auf diese Weise in die Totenrede einsteigen. Wenn man bedachte, was er alles über Durus zu hören bekam, als er nach Rom zurückkehrte. Alles, was in der Acta geschrieben stand und durch diesen fettleibigen Tyrannen verbreitet wurde. All dies musste für immer ausgemerzt werden. Nichts sollte von den Lügen übrig bleiben. Die Spiele sollten auch noch den letzten Menschen davon überzeugen, dass sie durch Durus nur gutes wiederfahren hatten und dass sie selbst nach seinem Tod immer noch von seinem Antlitz profitierten.
"Bedeutsam wird für die Geschichte wohl seine eindrucksvolle politische Laufbahn bleiben. Manius Tiberius Durus erreichte, was nur wenigen in ihrer politischen Laufbahn beschieden ist. Er erklomm die Spitze des Cursus Honorum und ward zum Consul gewählt. Doch nicht nur dieses Amt wird man mit ihm verbinden, sondern auch seine Tatkraft, die er darin entfaltete und nicht weniger als eine umfangreiche Reform des Strafrechts vorantrieb, die für unser Reich noch lange von Bedeutung bleiben wird. Innerhalb des Senats verfolgte er zielstrebig das Wohl Roms und seiner Bürger und sorgte dafür, dass der Senat in seiner Zeit als produktives und geschäftiges Gremium wahrgenommen wurde. Nie vermied er eine Diskussion, stets stellte er sich der Kraft des besseren Arguments, ehrgeizig verfolgte er Reformvorhaben zum Wohle des römischen Reiches. Zweifellos, er war ein Politiker durch und durch. Ein erfolgreicher noch dazu."
"Doch wären die Taten des Manius Tiberius Durus sicher zu verkürzt dargestellt, wenn sie ausschließlich seinen consularische und senatorischen Höhepunkte beinhalten würden. Daneben galt er als clever Jurist, der sich Stück für Stück in kleineren Fällen einen Namen vor Gericht machte, später dann jedoch an einigen aufsehenerregenden Prozessen sowohl als Advocatus als auch als Iudex beteiligt war. Dass es ihm auch stets darum ging etwas Bleibendes zum Wohle der Menschen zu hinterlassen, kann unter anderem in Misenum beobachtet werden, wo man heute in einer von Tiberius Durus während seines Aedilats gestifteten Bibliothek wandeln und sich bilden kann. Sein Leben als aufrechter Römer ist nicht zuletzt durch seine ausgeprägte pietas gekennzeichnet. Neben all dem Irdischen, lebte er vor allem auch für die für die Götter. Es ist ein weiteres Beispiel, welches uns Manius Tiberius Durus gab und was er uns gemahnte nie zu vergessen: Wir müssen die Götter achten und sie niemals vernachlässigen. Selbst ein geschäftiger Mann wie er, ließ sich nicht davon abbringen, ausreichend zu opfern und die Riten ordnungsgemäß im Sinne der Götter zu vollziehen. Manius Tiberius Durus war ein angesehener Augur, bewahrte später in seiner Funktion als Pontifex die religiösen Traditionen und stand dem ehrwürdigen Collegium Pontificum häufig sogar selbst in seiner Funktion als Pontifex pro magistro vor. Er zeigte uns, dass es eine Einheit von politischen und religiösen Schaffen geben muss. Nur wer sich um das Reich und die Götter gleichermaßen sorgt, der kann ein wahrhaft vollkommener Römer sein. Eine Lehre, die wir uns stets aufs neue ins Bewusstsein rufen sollten!"
Noch einmal erhob Lepidus kräftig seine Stimme, ansetzend zu einem Abschluss der Totenrede, die noch einmal auch aus Lepidus persönlicher Sicht zusammenfasste, wie die Konturen des Verstorbenen zu zeichnen waren. "Wer war nun also Manius Tiberius Durus, dessen Zeugnisse seines Schaffens so zahlreich sind? Mit Bestimmtheit und voller Überzeugung kann ich sagen: Sein Leben ist ein großartiges Beispiel für kommende Generationen. Tiberius war ein verlässlicher Freund, Verwandter und Patron, ein intelligenter Politiker und ein großartiger Diener der Götter - als solchen wollen wir ihn heute Ehren und für immer in Erinnerung behalten!"
Lepidus beendete seine Rede und bemühte sich, nicht allzu erschöpft auszusehen, doch die Rede hatte ihn viel Kraft gekostet. Jedoch tatsächlich mehr aufgrund der physischen Anstrengung, als aus einer inneren Rührung, denn eines musste man zweifellos auch konstatieren: Er kannte diesen Mann kein bisschen. Wer auch immer Durus war, er hatte heute nur noch eine Funktion: Den Namen Tiberius glänzen zu lassen, auf dass auch auf Lepidus selbst ein wenig Licht fallen würde. Zum Glück profitierten fast alle davon. Die einen bekamen ein wenig Aufmerksamkeit und das Volk hatte seine Spiele. Es würde Lepidus auch nicht wundern, wenn es den meisten ohnehin egal war, wer dieser Durus war, wenn er nur dafür verantwortlich war, dass endlich wieder Menschen in der Arena starben und Wagen um die Wette fuhren. So sei es dann auch.
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Lepidus gab der Sklavin ein Zeichen, auf dass sie sich fortbewegen sollte, obwohl es ihm eigentlich egal war, wenn seine Sklaven irgendetwas mitbekamen. Die waren schließlich alle viel zu loyal und unterwürfig, als dass sie von ihrem Wissen irgendetwas haben konnten. "Nun denn, was gibt es denn so 'geheimes' zu besprechend?"
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Auch Lepidus war schon so gut wie Schalffertig. Allerdings beliebte er auch an diesem Abend sich noch von einer Sklavin ein wenig vorzulesen. Ovids Metamorphosen waren es heute. Ein fabelhaftes Werk, um langsam wegzudösen. Als es dann realtiv zart an seine Tür klopfte, wurde die Vorlesung unterbrochen und Lepidus schickte die Sklavin, um die Tür zu öffnen. "Ah, Schwester. Wir haben uns den ganzen Tag gar nicht gesehen - schön, dass du wenigstens noch gute Nacht sagen möchtest." Zumindest ging der Tiberier einfach mal davon aus, dass ihr Erscheinen einen solch trivialen Grund haben mochte.
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Wenn es einen schnelleren Weg gab, dann war dies natürlich wie Musik in den Tiberiers Ohren. "Ich werde weder in diesem, noch in dem anderen Fall in irgendeiner Weise davon profitieren. Es geht also lediglich darum, dass Iustitia genüg getan wird. Und immerhin können vielleicht noch einige meiner verschollenen Verwandten etwas davon haben, so sie denn hofffentlich eines Tages wieder zurückkehren" So jedenfalls seine vielleicht immerhin zu ein paar Prozent aufrichtige Antwort.
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Es erben sich Gesetz' und Rechte - Wie eine ew'ge Krankheit fort; - Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte - Und rücken sacht von Ort zu Ort. So ging es dem Tiberier in schillernder Poetik durch den Kopf. Welch kreative Anfälle er doch manchmal hatte. Zum Glück musste die Außenwelt davon ja nichts mitbekommen. "So ist das also...", kommentierte er die nicht unbedingt erbaulichen Ausführungen des Ducciers. "Nun denn, Prozesse kann man doch nie genug führen, nicht wahr? Wäre dann hier nach wie vor eine Feststellungsklage anzustreben oder ließe sich im Falle von Tiberia Arvinia sogleich der fehlerhaft handelnde Decimvir anklagen und im Falle von Tiberius Durus der 'Palatin' respektive die Kaiserliche Kanzlei?"