Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

    "Meinen besten Dank für diese Hinweise. Ich bin nun sehr zuversichtlich, dass wir in dieser Frage weiterkommen" Lepidus zeigte sich in der Tat reichlich zufrieden mit der fundierten Antwort des Ducciers und hatte demzufolge auch kein Problem damit eine verschmerzbare Wartezeit in Kauf zu nehmen. "Ich habe in der Schlange der Leute, die dich noch sprechen wollen, einen alten Bekannten endeckt, mit dem ich noch ein paar Worte wechseln werde. Ich bleibe also in der Nähe bis du die notwendigen Informationen erhalten hast."

    "Ach, meine liebe Tiberia. Du bist zu gütig und deine Worte sollen mir wegweisend sein, um mich tatsächlich einmal selbst z überraschen", sprach der Manlius zu Lucia sichtlich gerührt von ihren Worten. Es war doch immer schön, wenn es Menschen gab, die die Talente in einem erkannten.


    Lepidus selbst dachte auch im Petronier ein Talent zu entdecken. Wie wohl alle anderen zeigte er sich sehr überrascht von der Frage nach der Mathematik an den Iunier. Doch er wollte dem Petronier in dieser Hinsicht weniger Unbeholfenheit, als vielmehr eine gewisse Cleverness unterstellen. Denn es konnte auch als rhetorischer Kniff verstanden werden, eine Frage zu stellen, die auf den ersten Blick Kontextfremd wirkt, aber genau durch diese Eigenschaft die Aufmerksamkeit erlangt wird. Tja, und zumindest diese konnte er sich gegenüber dem kaiserlichen Kanzleiarbeiter wohl sichern. Mit zufriedenem Lächeln verfolgte er den Wortwechsel. "Da scheinen sich ja ein paar echte Germania-Kenner unter meinem Dach eingefunden zu haben", bemerkte er eher beiläufig und amüsiert. "Ob die Verlegung der Ala nach Mogontiacum nur verwaltungstechnische Gründe hat oder steckt dahinter auch ein echtes strategisches Kalkül?", fragte er dann relativ spekulativ in die Runde, zumal er von soldatischen Angelegenheiten ohnehin nicht viel Ahnung hatte, ganz anders als seine momentanen Gesprächspartner "Petronius Crispus ist übrigens sehr bewandert in militärischen Fragen. Er selbst hat in seinen jungen Jahren bereits das Examen Primum an der Akademie abgeschlossen. Im Übrigen war auch sein Vater - ebenfalls ein Klient von mir - mehrfach ausgezeichneter Primus Pilus der Legio II", sprach er vor allem in Richtung Silanus, um sowohl seinen Klienten in seinen Fähigkeiten noch etwas hervorzuheben, als auch dessen Blutlinie als eine recht erfolgreiche darzustellen. Das sollte doch dem Jungen noch etwas mehr Auftrieb geben.

    Einen gestandenen Ritter den Vorzug zu geben, war zum Glück noch zu verschmerzen. Die Tatsache, dass er dann doch recht schnell voranschritt, ließ seinen übermäßig ausgeprägten Standesstolz auch nicht weiter hervortraten. "Salve Praetor Duccius", sprach er ihn recht förmlich an, wie es sich in diesem Kontext wohl gehörte, dennoch konnte der Tiberier sich natürlich etwas lockerer geben, als wenn er es hier mit einem ihm gänzlich unbekannten Praetor zu tun hatte. "Ich komme in einer etwas diffizilen Angelegenheit zu dir. Ich werde dir dam besten gleich ohne Umschweife das Problem beschreiben. Es geht um die Erbschaft des ehrenwerten Consulars Manius Tiberius Durus und Tiberia Arvinia. Nachdem ich leider nie erfahren hatte, was mit ihrem Vermögen passierte, da ich zum Zeitpunkt ihres Todes - wahrscheinlich zu meinem Glück - nicht in Rom weilte, wandte ich mich an einen der letztjährig amtierenden Decemviri, um festzustellen, ob überhaupt jemals ein Erbschaftsfall für diese beiden Personen bearbeitet wurde. Der Fall lag wohl als bearbeitet gekennzeichnet vor, ohne dass eine Testamentsvollstreckung stattgefunden hätte. Der entsprechende Decemvir wandte sich an deinen Vorgänger, Fundanius Fenestella. Dieser verwies auf den Klageweg. Nun stellt sich für mich jedoch die Frage, wie genau und gegenüber wen die Klage denn tatsächlich angemessen. Ich verfüge lediglich über folgende Informationen: Meine beiden Verwandten sind gestorben und ihre Erbschaft wurde nicht vollstreckt. Selbstverständlich ist es naheliegend, dass die Besitztümer meiner Verwandten damals schlicht vom Vescularier vereinnahmt wurden. Genauso gut könnte sich jedoch auch der damalige Praefectus Praetorio, der mit großem Unrecht die Villa Tiberia stürmte, alles einverleibt haben. Vielleicht handelte es sich auch einfach um die Willkür eines damaligen Decemviri oder dieser bekam Anweisung vom Usurpator das Erbe nicht zu vollstrecken. Ich habe da keinerlei Anhaltspunkte, wer welche Anweisung gab oder welche Vorgänge damals tatsächlich stattfanden. Dies legt nicht unbedingt Nahe, mit einer Klage zu beginnen, wie es dein Vorgänger wohl vorschlug, sondern womöglich erst mit Ermittlungen zu beginnen, wer überhaupt der Schuldige in diesem Falle ist. In Anbetracht dieses langwierigen Verfahrens, frage ich mich nun zu welchem Vorgehen zu mir Raten würdest. Reicht es auf der bisherigen Grundlage aus, eine Klage gegen eine Amtshandlung des Usurpators einzureichen, obwohl ich mir nicht einmal sicher bin, ob eine solche überhaupt stattgefunden hat?"

    Lepidus lag zu jenem Zeitpunkt mit dem Kopf auf dem Tisch. Die Kandidatur erschöpfte ihn derzeit doch reichlich, so dass ihm selbst der harte Tisch eine gute Erholungsgrundlage zu sein schien. Als es klopfte, richtete er sich mühsahm auf, gähnte noch einmal recht lange und rief dann das obligatorische 'Herein'. Ah, also ein Bote der Flavia. Das war wohl nur eine Frage der Zeit. Als der Sklave seine Botschaft überbrachte. "Sehr schön, du kannst dir schon einmal merken, ihr wärmste Grüße zurückzusenden." Anschließend stand der Tiberier von seinem Platz auf und ging ein wenig durch sein Officium. "Termin... Termin... wann hab ich denn Zeit für 'sowas'? Morgen bereite ich meine Rede vor... dann muss ich auch noch einige Klinken putzen... Brot verteilen... ah, Wahlkampf ist lästig und dann auch noch die Munera", sprach er so vor sich hin, während er sich das Kinn strich. "Sag ihr, wir können uns zur 12 Stunde an den Iden des Maius vor der Regia treffen." Das bot sich an, denn zuvor wäre Lepidus noch in seiner Funktion als Pontifex dort beschäftigt, also konnte er das ganz pragmatisch miteinander verbinden und Zeit sparen.

    "Wohl gesprochen, Flavius. Unsere Privilegien lassen sich nur gemeinsam verteidigen. Nur zusammen können wir verhindern, dass sich das vescularische Unglück noch einmal wiederholt." Doch wahrscheinlich war es nicht nur die Verteidigung, die derzeit eine Rolle spielte, auch die grundlegende Einforderung alter Privilegien, wie dasjenige der Steuerfreiheit, musste angegangen werden. Sollten sich diejenigen edlen Blutes hier einig sein, könnte sicher noch vieles bewirkt werden. "Ich schenke deinen Worten selbstverständlich glauben und hoffe, dass auch die restlichen Flavier ihr wohlwollen Ausdrücken werden. Insbesondere müsste ich noch wissen, ob sie einen lebenden Vater hat, dem ich noch meine Aufwartung machen müsste." Die Zustimmung seitens der anderen einflussreichen Flavus Gracchus und Flavius Furianus wären hier wohl ebenfalls noch an vorderster Stelle zu nennen, obwohl dies Lepidus erst einmal dahingestellt ließ. Die Tatsache, dass Domitilla 'entzückt' von ihm war (was hatte er nur getan, um dies zu bewirken), war zwar direkt keine Antwort auf seine Frage, aber auch damit begnügte er sich vorerst in dem Glauben, Scato hätte sich schon etwas dabei gedacht und würde ihm dieses Angebot sicher nicht unterbreiten, wenn er nicht ganz genau wusste, dass er es einhalten konnte. So erhob Lepidus seinen Becher, auf dass sich der Flavier nicht allein in den Wein vergraben muss. "Stoßen wir noch einmal auf diese guten Zukunftsaussichten an. Nun hast du mir deine Idee für meine Person mitgeteilt, wie steht es nun um deine eigenen Pläne?" , hakte er dann noch einmal nach. Selbst wenn sich die Möglichkeit einer Heirat mit seiner Schwester nicht ergeben würde, war es dennoch gut bereits wohlinformiert zu sein, wohin sich der Flavier denn sonst noch so orientieren würde.

    "Ich bekleidete keinerlei Funktion außerhalb Roms - wie es überhaupt kaum vorkam, dass ich Rom in Richtung der Provinzen verließ. Von daher wäre dies in der Tat eine völlig neue Erfahrung für mich." Das konnte er recht frei zugeben, ohne jedoch gleichsam seine tiefe Abscheu vor langen Reisen mitteilen zu müssen. Der Tiberier war doch eher ein Nesthocker und Rom zu verlassen, war für ihn jedes Mal wieder ein Gräuel, selbst wenn es sich nur um das Ziel eines italischen Landsitzes handelte. "Ich hätte somit leider auch wenige Argumente vorzubringen, weshalb ich ganz besonders zum Quaestor Provincialis geeignet wäre. Allerdings scheue ich mich auch keiner Herausforderung. Würde der Senat dies für sinnvoll erachten, dann wäre es für mich natürlich denkbar." Etwas anderes zu sagen, blieb dem Tiberier ja auch gar nicht übrig. Obwohl sich Lepidus wahrscheinlich sehr quälen würde und in Gedanken die größten Hoffnungen hegte, Rom nicht verlassen zu müssen, so würde dem von Rom verwöhnte Patrizierkind ein Wurf ins kalte Wasser der Provinz sicherlich gut tun und ein wenig mehr mit der wirklichen Welt konfrontieren. Letztlich müssten wohl vor allem seine Schwester oder gar seine potenzielle Ehefrau darunter leiden, die er wohl mit wehleidigen Klagebriefen überhäufen würde.

    "Werter Consular Decimus, ich danke für deine Frage. Es gibt keine Verlautbarung des Kaisers diesbezüglich. Ich weiß, dass es durchaus einmal so gewesen ist, dass Candidati Principis für die Aufgaben eines Quaestor Principis vorgesehen wurden. Meine bescheidenen Nachforschungen in Vorbereitung auf meine Kandidatur ergaben jedoch eine Reihe von Namen, welche vom Senat in der Vergangenheit gewählt wurden, ohne dass sie den Status eines Candidati Principis inne gehabt hätten und der Kaiser die Entscheidung somit wohl gänzlich dem Senat überließ. Sollte wider Erwarten unser Augustus für die jetzige Wahl einige Candidati Principis benennen, dann werde ich gern von meinem Wunsch Abstand nehmen. Ansonsten kann, so denke ich, davon ausgegangen werden, dass er die Wahl erneut einzig den weisen Überlegungen des Senates anvertraut, der ihm - wie auch bereits in der Vergangenheit praktiziert - zuverlässige Männer an die Seite stellt und von daher dienen meine zuvor gesprochenen Worte als gute Argumente, dass ich ein solch zuverlässiger Mann sein kann."

    Die Tatsache mit Duccius Vala einen mehr oder weniger Vertrauten auf dem Posten eines Praetors zu sehen, machte es für Lepidus wesentlich leichter, die entsprechenden Angelegenheiten aufzunehmen, die schon seit einer ganzen Weile anstanden, aber denen er sich bisher immer noch entzogen hatte - vielleicht auch, weil sie nicht primär seine Angelegenheiten waren. Aber gut, irgendwer musste ja die Arbeit machen - mit Motivation oder ohne Motivation. So kündigte er sich bei einem Scriba an mit dem Wunsch den Praetor Duccius Vala zu sprechen und dies in einer rechtlichen Angelegenheit. Wer hätte das gedacht?

    Nachdem das Echo auf seine Res Gestae, gelinde gesagt, eher 'bescheiden' ausfiel, musste sich der Tiberier in der Vorbereitung auf seine erneute Kandidatur innerhalb des Cursus Honorum doch so seine Gedanken machen. 'Was tun?', war die beliebte Frage. Wie denn nun die ehrwürdigen Männer des Senats überzeugen? Von solch eher demotivierenden Gedanken musste sich erst einmal befreit werden. Retrospektiv ließ sich nun auch nicht mehr viel richten, also hieß es wohl Augen zu und durch sowie Hoffen auf die Götter.


    "Patres Conscripti", begann er wie gewohnt. "Es freut mich sehr heute erneut vor euch zu stehen. Nachdem ihr es mir durch eure Wahl ermöglicht habt, das Vigintivirat erfolgreich bei den Quatuorviri viis in urbe purgandis zu absolvieren, so stehe ich heute erneut vor euch, um für das Amt eines Quaestor zu kandidieren. In der festen Überzeugung, dass ich während meiner ersten Magistratur gute Arbeit leistete, um die Straßen Roms ein wenig sauberer zu machen, hoffe ich, dass ich euch von meinen Fähigkeiten überzeugen konnte und den Beweis erbrachte, dass ich mich für den Cursus Honorum als tauglich erwies und ich damit in euren Augen würdig bin, diesen weiter zu beschreiten." Lepidus musste dafür sorgen, dass seine erneute Rede nun nicht wieder ein allzu großes Ausmaß annehmen würde. Wahrscheinlich waren die mangelnden Reaktionen auf ihn auch der Tatsache geschuldet, dass er es nur allzu gut verstand seine Mitmenschen einzuschläfern. Auch jetzt machte sich wieder die Tendenz sichtbar allzu viel zu schwafeln.


    "In dem Jahr nach meiner Amtszeit, habe ich mich insbesondere wieder meinen religiösen Verpflichtungen gewidmet. Nach meinem langjährigen Dienst als Aedituus im Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, wählte mich das Collegium Pontificum in seine Reihen unter Zustimmung des Kaisers persönlich. Die Tatsache, dass mir dieses Vertrauen ausgesprochen wurde und die Tatsache, dass der große Cornelius Palma bereits meine Standeserhebung in den Ordo Senatorius bewirkte, zeigt, so hoffe ich, meine Kaisertreue und dass ich für unseren ehrwürdigen Imperator kein unbekannter Name bin. Aus diesem Grunde möchte ich inbesondere darum bitten, mich als Quaestor Principis zu wählen und einzusetzen. Als persönlicher Sekretär des Augustus wäre ich sicherlich von großem Nutzen. Meine Fähigkeit zur Organisation und die Bewältigung von bürokratischen Maßnahmen, konnte ich bereits während meines Vigintivirats unter Beweis stellen. Und ich bin mir sicher, dass der Kaiser auf mich als eine zuverlässige Hilfe zählen kann."


    "Patres Conscripti, auch diesmal bitte ich um euer Vertrauen. Gebt mir erneut die Chance zu zeigen, dass ich ein Magistrat zum Wohle Roms sein kann. Auch diesmal werde ich euch nicht enttäuschen und meine gesamte Kraft in meine Amtszeit als Quaestor stecken. Pflichtbewusst werde ich meine Aufgaben im Sinne des Kaisers, des Senates und der Götter ausführen! Ich danke für eure Aufmerksamkeit!"

    Sein Gegenüber hielt sich erstaunlich bedeckt im Angesicht der Frage, stattdessen kam es ihm überaus leicht über die Lippen, Flavia Domitilla ins Spiel zu bringen. Langsam ging auch dem Tiberier ein Licht auf. Das hatte der Flavier wohl im Sinne gehabt, als er ihm von einem "interessanten Vorschlag" schrieb. Welch interessante Konstellation. Sich sein Kinn streichend, dachte er einen Augenblick über diese Offerte nach, bevor er zu einer angemessenen Antwort kam: "Flavia Domitilla ist zweifellos eine ehrbare Frau. Ich konnte mich auf deiner Feier bereits von ihren gesellschaftlichen Fähigkeiten sowie ihrer ausgesprochen ausgeprägten Gottesfürchtigkeit überzeugen - was ich aber natürlich von einer Frau aus diesem guten Hause nicht anders erwartet habe." Der Tiberier blickte ein wenig in die Luft, hoch nach oben und gebar sich, als würde er geradewegs in die Zukunft blicken. Er suchte auch lange nach Gründen, was gegen diese Verbindung sprechen könnte, doch im Prinzip brachte die Flavia alles mit, was man brauchte, worunter Lepidus insbesondere den angesehenen Status ihrer Familie verstand. Naja, und gut aussehen tat sie auch, obwohl das nun wirklich sekundär war. Alles in allem, versprach dies ein großartiger politischer Gewinn zu werden und würde ihm gleichsam die Unterstützung ihrer einflussreichen Verwandten auf unbestimmte Zeit sichern. "So bleibt mir wohl nichts anderes zu sagen, als dass ich die Möglichkeit dieser Heirat von dir angeboten zu bekommen, für mich eine große Ehre ist. Ich willige gern ein, Flavia zu ehelichen und damit das Bündnis zwischen uns auf eine stabile Grundlage zu stellen." Formaler hätte sich der Tiberier wohl kaum ausdrücken können, aber schließlich war er ja auch gänzlich überrascht und er hatte sich unverständlicherweise um eine mögliche Heirat bisher erschreckend wenig Gedanken gemacht. "Hast du ihr denn bereits erzählt, dass du damit an mich herantreten wirst?" Was die gute wohl zu ihrem Glück sagen würde bzw. gesagt hatte?

    Ihres Gottesfürchtigkeit ehrte sie und bei Lepidus stieß dieses Verhältnis, welches Domitilla zu den besagten Unsterblichen hielt, auf Wohlgefallen. Viel zu oft beklagte er sich darüber, dass es den meisten Römern heutzutage deutlich an der notwendigen pietas fehlte - nicht zuletzt hielt er dies auch für den vorwiegenden Grund für all die politischen Wirren der vergangenen Zeit. Die Strafe der Götter ist unerbittlich. Mangelnde Opferbereitschaft oder die Deklassierung der Rituale zu reinen Zweckmechanismen, sei es um Aufmerksamkeit zu erlangen oder das Volk zu beruhigen, waren ihm ein Dorn im Auge. Welch Erleichterung, dass es noch anständige patrizische Frauen gab, welche die lobende Ausnahme waren. Lepidus nickte, als sie sein Angebot annahm. Er fragte sich bereits, wann das nächste Treffen mit dieser Flavia wohl anstehen würde, doch darüber konnte man sich in der Tat auch noch später Gedanken machen.


    Nun war er erst einmal zufrieden, tatsächlich ein bisschen mehr über den Senator zu erfahren. "Ein Lungenleiden also... das ist sehr bedauerlich. Ich hoffe, es wird sich wieder geben", zeigte er sich betont Anteilsnehmend, auch wenn in ihm keine großen Gefühlsregungen auftauchten. Es gehörte ja dennoch zur Etikette. "Oh, wenn du mich vorstellen würdest, wäre ich dir überaus dankbar. Es gebietet ja allein schon die Höflichkeit einem so verdienten Manne Aufwartung zu machen und ihm bei Gelegenheit auch gute Besserung zu wünschen." Lepidus beendete so auch gleich das Verspeisen einer Dattel und war sichtlich bereit mit der Flavia hinüberzuschreiten.

    "Das bestätigt mein bisheriges Bild von unserem Princesps und so viele gute Meinungen über selbigen können unmöglich irren", gab er dann seine ganz eigene Logik zum besten und wurde dadurch nur noch bestärkt für das Amt des Quaestor zu kandidieren und seine Präferenz für den Dienst an der Seite des Kaisers zu äußern. "Vielen Dank, Flavius. Deine Unterstützung ehrt mich. Ich könnte mir keine besseren Verbündeten wünschen, als jene, die dem Hause der Flavia Felix entstammten." Gleichsam machte sich der Tiberier natürlich ebenso seine Gedanken, wie man denn das Verhältnis auch öffentlichkeitswirksam stärken konnte. Zweifellos gab es da mehrere Möglichkeiten, wobei Lepidus den Köder wohl nur halb schluckte. "Mir wäre bisher nicht bekannt, dass es bereits eine Frau an deiner Seite gäbe. Wie sehen deine Pläne in dieser Hinsicht aus?" Lepidus dachte in diesem Moment natürlich an seine Schwester Lucia, deren Heirat mit einem Flavius wohl nicht zu verachten wäre. Natürlich wusste er bis dahin noch nichts von ihren Umtrieben, so dass er hier schon relativ blauäugig an die Sache heranging.

    Na selbstverständlich würde seine Schwester zustimmen, dachte sich Lepidus sicher, alles andere wäre doch wohl unstattlich und Lucia würde es sicher nicht wagen, seine Planungen durcheinanderzubringen. Zufrieden stellte Lepidus fest, dass Manlius sich wieder sehr umgänglich zeigte und den Gast sogleich in ein Gespräch verwickelte, während von seinem petronischen Klienten wieder nur ein halber Satz herausspang - noch dazu mit diesen Äh-Lauten, die er durchaus verabscheute. Jede geringfügige Rhetorikausbildung sollte sowas doch heutzutage abstellen. Aber seine Erwartungshaltung sollte hierbei wohl nicht allzu hoch angelegt werden. "Welch beeindruckender Werdegang", sprach schließlich wieder Manlius nicht ohne etwas zu dick aufgetragendes Pathos. "Ich selbst bin nur ein einfacher Scriba im Stabe des Curator operum publicorum - nichts besonders, aber ich hoffe mich, durch einen anständigen Dienst in der Gunst weiter nach oben zu arbeiten." Lepidus nickte, während er gleichsam die militärische Vergangenheit des Iuniers aufgriff, um die Vorstellung zu komplettieren. "Als ehemaliger Tribun und Kommandeur wirst du dich sicherlich gut mit Aulus Tiberius Verus verstehen. Er hat seine militärische Laufbahn gerade erst in der Legio I begonnen. Vielleicht kannst du uns ja noch die ein oder andere Geschichte aus dem derzeitigen Soldatenleben erzählen, Verus?" Zumindest stellte er dies erst einmal in Aussicht. "Und zuguterletzt möchte ich dir noch meinen engen Freund Gaius Mucius Scaevola vorstellen. Er ist derzeit noch Aedituus im Quirinus-Tempel und..." "Die Betonung liegt selbstverständlich auf 'noch'", unterbrach ihn gleich der immer mal wieder etwas stark von sich selbst überzeugte Scaevola. Wahrscheinlich verstand sich Lepidus gerade deshalb so gut mit ihm. "Ja, Ja, ganz Recht. Denn wie der gute Mucius sich erhofft, werde ich mich für seine Ernennung zum Pontifex Minor einsetzen. Etwas wofür er mir noch große Dankbarkeit zollen muss", beim letzten Satz blickte er höchst verschmitzt zu Scaevola, der mit einem Lächeln entgegnete. "Mein ganzes Leben besteht doch sozusagen nur aus Dankesbekundungen dir gegenüber." "Ich bin mir nicht sicher, ob ich das exakt so wahrnehme." "Nach meiner Aufnahme ins Collegium wirst du es zweifellos. Es gibt wohl kaum einen besseren für diese Aufgabe, Quirinus wird es dir bestätigen" Erstaunlicherweise blickte der Mucier während dieser Worte zu Lucia, als wenn er in irgendeiner Weise Eindruck schinden wollte, um sich als großen Aufsteiger zu profilieren. Auch im Laufe des Abends sollte er ihr stets wieder Blicke zu werfen, was Lepidus im Grund aber völlig entging. Dieser wank unterdessen scherzhaft ab. "Als hätte er die Götter problemlos hinter sich. Na, wir werden sehen, wie du dich schlägst."


    Nach dieser kleinen Plänkelei dauerte es dann auch gar nicht mehr allzu lange, bis der nächste Gang aufgetischt werden konnte, welcher aus einigen Hülsenfrüchten bestand, insbesondere aus Ägypten importierte Linsen sowie Kichererbsen. Dazu auch in Salpeter gekochter Grünkohl sowie einige Schalen Oliven, geschnittene Gurken und Zwiebeln standen zur freien Verfügung.

    "Da haben wir wohl beide derzeit kaum Grund unzufrieden zu sein. Es freut mich auch sehr, dass dir deine Arbeit bei der Münzprägung offensichtlich ganz gut gefällt." Lepidus hatte ja selbst einmal darüber nachgedacht, sich für dieses Amt zu empfehlen, aber letztlich kam alles ganz anders, wie er aber im Rückblick durchaus positiv feststellen musste. Was wohl seine Nachfolger bei der Straßenreinigung derzeit taten? "Sehr nett von ihr, dass sie mir ihre Grüße ausrichten lässt. Bestell ihr doch meinen besten Gruß zurück" In Anbetracht der lockeren Atmosphäre fiel dem Tiberier allerdings nicht wirklich auf, dass das Bestellen der Grüße seitens der Flavia eine höhere Bewandtnis hatte. Sich über die nette Plauderei sehr amüsierend, ging er einfach darüber hinweg, als gehörte dies zu den Floskeln, die sie ohnehin die ganze Zeit austauschten und ging tatsächlich gleich zum nächsten Thema über. "War es dir im Rahmen deiner MAgistatur eigentlich schon vergönnt, unserem Kaiser persönlich zu begegnen? Ich spiele derzeit mit dem Gedanken zum Quaestor Principis zu kandidieren - von daher freue ich mich über jeden Eindruck, der mir für die Vorbereitung nützlich sein kann" Lepidus selbst hatte ja ebenfalls nur ein kurzes Gespräch an der Seite seines Patrons mit Palma vorzuweisen und wohl nicht genug, um sich ein abschließendes Bild zu machen.

    Noch war der Tiberier bestens gelaunt und ließ seinen Blick in das schon sehr vertraute Atrium schweifen, während er die angedachte Sitzgelegenheit wahrnahm. Noch kaum richtig Platz gemacht, tauchte dann auch schon der flavische Lockenkopf auf, mit dem er sich bisher ausgezeichnet verstand. "Vielen Dank für deine Einladung. Selbstverständlich nehme ich gern einen edlen flavischen Tropfen zu mir - bitte völlig unverdünnt", wie er noch dem entsprechenden Sklaven, der sich wohl darum kümmern würde, mit auf dem Weg gab. "Mir geht es ausgezeichnet. Man gibt mir derzeit keinen Anlass zur Klage. Ich hoffe doch, dass du dich dieses Umstandes ebenso erfreuen kannst. Hast du dich in deinem neuen Amt bereits gut eingelebt?", fragte er und erwiderte damit die höfliche Erkundung nach dem Wohlbefinden des Gegenüber.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca


    Das hat mich ehrlich gesagt auch ziemlich überrascht :D


    Naja, wenn man bedenkt, dass die derzeitige Spielpraxis schon eine ganze Zeit lang in dieser Form besteht, dann ist es vielleicht weniger verwunderlich. Diejenigen, die heute unter diesen Bedingungen spielen, können mit diesen Bedingungen auch am ehesten leben. Diejenigen, die nicht mit den starken Einschränkungen zurechtgekommen sind, spielen längst keine Frauen-ID's mehr und sind aus dem IR längst verschwunden, können somit ihre Stimme auch nicht mehr geltend machen (was sie früher durchaus taten). Ein schönes Beispiel, dass auf rein empirische Daten leider nicht immer viel Verlass ist und die Art und Weise sowie der Zeitpunkt der Erhebung ebenso berücksichtigt werden müssen.


    Ich finde, dass auf jeden Fall mehr Raum zur Entfaltung für Frauen-ID's geschaffen werden sollte. Eine Stufe wäre für mich nur die kommunalpolitischen Laufbahnen zu ermöglichen oder grundsätzlich alle Posten für Frauen zu öffnen, die keine ritterlichen und senatorischen Voraussetzungen benötigen. Vielleicht wäre dies ein kleiner Kompromiss denen gegenüber, die Frauen auf Ritterposten doch eine Stufe zu absurd finden. Überhaupt wäre es für mich interessant zu wissen, was im IR eigentlich überhaupt derzeit toleriert wird, was mir auch nicht immer ganz klar ist, denn einen höheren Posten, wie den einer Postpräfektin kann man ja auch derzeit schon erreichen, ohne dass dies wohl grundsätzlich bei jemandem aufstößt.


    Die nächsthöhere Stufe wäre wohl auch die zivilen ritterlichen Posten zu öffnen, was ich ebenfalls befürworte. Wie Vala bereits sagte: Ich sehe jetzt keine Invasion von Frauen, die auf die Ritterposten losgehen, aber es wäre eben eine zusätzliche Alternative. Dies bedeutet nicht, dass jemand daran gehindert wäre, eine Frauen-ID auch einfach nach aktuellem Stand zu spielen. Und nach wie vor gibt es immer noch eine ganze Reihe von Positionen, die Frauen niemals erreichen würden.

    Der Einladung folgend, erschien Lepidus nicht allzu viele Tage nach den Feierlichkeiten, die er in sehr guter Erinnerung behalten würde. Etwas neugierig und gespannt war er ja schon, was der Flavier wohl im Sinn hatte.


    Ein Sklave kündigte seinen Herrn an der Porta an: "Lucius Tiberius Lepidus ist angekommen und wird von Caius Flavius Scato erwartet"

    Lepidus schien gar nicht so unbeeindruckt von dieser Geschichte, zumal selbst ihm die Schwere nicht verborgen bleiben konnte, mit der Domitilla von diesem Ereignis sprach. Am liebsten hätte er es durchanalysiert und versucht den Willen der Götter durch jedes Detail der Vorkommnisse zu ergründen, doch in Anbetracht der wohl nicht allzu schönen Erinnerungen, beließ er es dabei lediglich sein Erstaunen kundzutun. "Selbst mit meiner inzwischen langjährigen Erfahrung im Dienste der Götter ist mir eine solche Geschichte noch nicht begegnet. Einmal mehr zeigt sich, auf welch vielfältige Weise die göttlichen Kräfte in unser Leben eingreifen." Und das war noch sehr harmlos formuliert. "Doch eines ist sicher gewiss: Du scheinst den Göttern sehr präsent zu sein. Alles um dich herum ließen sie sterben und zeigten wie vergänglich alles ist, was neben dir existiert. Nur du stehst hier vor mir, scheinbar völlig genesen von diesem schweren Schlag. Ich bin überzeugt, die Götter haben noch großes mit dir vor und mit diesem Eingriff in dein Leben, führten sich dich auf einen neuen Pfad, auf dem dir womöglich noch bemerkenswertes bevorsteht" Nun hatte er es sich doch nicht nehmen lassen, die wenigen Informationen, die er bekam, ein wenig zu deuten. "Bei Gelegenheit sollten wir wirklich ausführlicher darüber sprechen." Derweil ließ sich Lepidus nicht zweimal bitten, ebenso ein paar Snacks zu sich zu nehmen. So wie auch die Flavia, so griff er ebenfalls nach einer Dattel - nicht, dass er sie spiegeln wollte, aber allgemein griff man ja auch gern nach dem, was schon alle anderen anrührten. Das war schließlich immer ein Zeichen, dass die Ware begehrt und damit auch qualitativ hochwertig war. Inzwischen war auch ein hustender alter Mann aufgetaucht, an den sich Lepidus noch aus dem Senat erinnern konnte. Bei seiner Kandidatur zum Viginitiviri war dieser Flavier einer der wenigen, der ihm seine Fürsprache erteilte und da sich Lepidius nicht erinnern konnte, zuvor auch seine Klinke geputzt zu haben, war dieses Lob sogar halbwegs ehrlich und nicht durch Schmeicheleien erkauft. Eher rhetorisch fragte er dann auch in Richtung Domitilla "Sag, ist dies etwa Senator Flavius Furianus?" Und während dieser sich schwächlich wirkend auf eine Kline niedersinken ließ, fragte er auch gleich noch deutlich weniger rhetorisch. "Ich hoffe, sein gesundheitlicher Zustand ist einigermaßen in Ordnung?" Natürlich hatte Lepidus auch begrenztes Mitleid für seinen Standesgenossen, doch hätte er wohl nicht leugnen können, dass er eher an einem Informationsvorsprung interessiert war. Wenn irgendwo in Rom ein wichtiger Mann zu sterben drohte, konnte man sich gleich als erster Aasgeier betätigen, und um die Lücken kreisen, die dieser im Kreise der höheren Gesellschaft zweifellos lassen würde.


    Ad
    Consul
    Roma, Italia


    Werter Consul,


    ich, Lucius Tiberius Lepidus, wünsche für die kommenden Wahlen zum Cursus Honorum auf die Kandidatenliste für das Amt des Quaestor Principis gesetzt zu werden.


    Vale bene.
    Lucius Tiberius Lepidus
    Villa Tiberia
    Italia, Roma

    Lepidus musste noch einmal ganz genau hinhören. Waren das nicht die sanften Geräusche der Köpfe einiger Senatoren, die an die Schultern ihrer Sitznachbarn klatschten, weil sie ermüdet und schwach in Schlaf gefallen waren? Der Tiberier suchte mit seinen Augen die Reihen der Senatoren ab, um festzustellen, wer wohl die Augen geschlossen hatte. Etwas komisch kam er sich ja schon vor. Da stand er nun, alles ausgebreitet, was er hatte, nein, eigentlich hatte er sogar noch einiges mehr, was er erzählen könnte, aber jetzt auch nur noch ein Wort anzubringen wäre für die alten Männer wohl nur noch ein stärkeres Schlafmittel. In dieser Stille und sich hilflos sich umblickend, suchten seine Augen den Consul, der diesen Punkt beenden würde oder ja vielleicht sogar selbst einen Kommentar oder eine Frage hatte. Ansonsten würde sich Lepidus wohl kleinlaut und ungehört verabschieden müssen. Naja, immerhin brachte dieser Ausflug in den Senat etwas Abwechslung in den tristen Alltag, auch wenn ihm nicht allzu viel Sinn anhaftete.