Es dauerte tatsächlich nicht allzu lange bis eine gewisse Barbula - Frau des Marcus Turpilius Tappo, der vor kurzem mit einer Geldstrafe für einen Fensterwurf belegt wurde, in Lepidus Officium erschien. Recht selbstbewusst trat sie als erstes seinem Scriba Hamilkar, der sie aufgrund der Aussichtslosigkeit ihres Anliegens schon abwimmeln wollte, entgegen und dieser wusste in der Tat kaum wie ihm geschah. Die Dame wurde laut, appellierte an seine Vernunft und letztlich bat Hamilkar sogar selbst bei Lepidus darum, dass die Frau doch bitte angehört werden möge. Natürlich hatte der Tiberier kaum etwas dagegen, obwohl ihm das Anliegen dieser Frau sehr zuwider war und er sie eigentlich nur mit Standardfloskeln vertrösten wollte.
Als sie nun da so vor seinem Schreibtisch saß, hörte Lepidus auch nur sehr unzureichend zu. Er beschäftigte sich eher mit ein paar Schriftstücken, die es zu zeichnen galt, während diese Barbula unaufhörlich redete. Ihr starkes Auftreten, welches sie gegenüber Hamilkar zeigte, konnte sie dagegen vor Lepidus nicht aufrechterhalten. Die Unterwürfigkeit in Anbetracht dessen, dass der Tiberier, der einzige war, der sie von ihrem Unglück erlösen konnte, tat sein Übriges dazu bei, dass diese Frau recht sentimental wurde. Alles erreichte den wenig aufmerksamen Tiberier nicht, aber was er vernahm war im Grunde: "Wir haben kein Geld..." "Wir sind einfache Leute..." "100 Sesterzen sind zu viel" "Mein Mann ist ein Trottel..." "Hilf uns bitte!" "Gib uns wenigstens mehr Zeit!" "Ich bitte dich inständig! Lepidus blickte durchaus sorgenvoll drein - wie ein liebevoller Vater, doch was er zu sagen hatte, war alles andere als hilfreich. "Ihr habt eigentlich noch sehr viel Glück. Wir haben vor kurzem beschlossen, dass wir die Strafe für das Vergehen des Fensterwurfs noch stärker ahnden wollen. Im Grunde hätte ich sogar eine Strafe von 200 Sesterzen verhängen können." Das brachte der Frau natürlich kaum mehr Ruhe - sie saß unruhig da und versuchte wieder auf Lepidus einzureden: "Schon jetzt sind die 100 Sesterzen unser Untergang..." "Wir haben Schulden!" "Wir können das nicht schaffen!" "Bitte! Wenigstens eine Fristverlängerung! Wir werden zahlen! Ganz sicher!" Lepidus ließ den Kopf hin und herschwanken, als wenn er wirklich über eine Lösung des Problems ernsthaft sinnieren würde. "Nun, du musst dir darüber im Klaren sein, dass dein Mann nicht nur Müll aus dem Fenster warf. Er hätte sogar fast eine Praefecta damit erschlagen! Wie sähe es denn aus, wenn wir in so einem Falle Nachsicht üben würden? Irgendwann kommt dann jeder und denkt, er könne seine Strafzahlungen aufschieben oder gar völlig ignorieren! Nein, die Ordnung muss aufrechterhalten werden." Allerdings schien diese Frau wirklich nicht locker lassen zu wollen und wahrscheinlich würde sie sich noch an seinem Schreibtisch festketten, wenn er ihr nicht wenigstens einen kleinen Knochen hinüberwarf. Eine große Szene wollte er in seinem Officium nun wirklich nicht. "Ich werde den Fall prüfen lassen und sehen, was ich tun kann. Wenn eine Fristverlängerung möglich ist, werde ich dir das mitteilen" Die Absicht irgendetwas prüfen zu lassen zog eigentlich immer. Es bedeutete im Politiker-Sprech: Ich tue eigentlich gar nichts. Aber die Barbula war offenbar so darauf aus mit einem Hoffnungsschimmer hier hinauszugehen, dass sie kaum merkte, wie wenig das aussagte. Plötzlich dankte sie mir und wenn der große Schreibtisch nicht zwischen ihnen gewesen wäre, hätte sie Lepidus womöglich noch ganz unangenehm umarmt. Lepidus lächelte zufrieden und gab den großen Retter. Er geleitete sie sogar persönlich hinaus und wünschte ihr noch einen schönen Tag. Ebenso sollte sie Grüße an ihren Mann ausrichten, der sich glücklich schätzen konnte, eine solch fabelhafte Frau zu haben.
Nachdem sie entschwunden war, wandte er sich umgehend an seinen Scriba Hamilkar. "Wie lange hat dieser Turpilius noch Zeit bis er gezahlt haben muss?" Hamilkar kramte in seinen Unterlagen. "Nun, morgen sind die sieben Tage abgelaufen." "Gut, dann setz schon einmal ein Schreiben an die Stadtwache auf. Der Mann kommt in den Cacer" Hamilkar wunderte sich natürlich kein bisschen mehr. Nach allem, was er bisher über seinen Magistraten nach fast einem Jahr erfahren hatte, war das natürlich irgendwie typisch.