Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

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    Evax hatte jetzt schon wieder länger nichts zu tun bekommen. Das hing sicherlich auch mit dem derzeitigen Machtwechsel in Rom zusammen. So mussten einige Mitglieder kleinere Besuche in Kerkern abhalten, während andere sich über ihre Position in der neuen Ordnung gedanken machen mussten. Da blieb kaum Zeit für die Societas. Umso mehr freute sich der Ianitor, dass es mal wieder an der Tür klopfte und er selbige wieder öffnen durfte.


    "Sei gegrüßt! Willkommen bei der Societas Claudiana et Iuliana. Was kann ich für dich tun?", begrüßte er sogleich den unbekannten Mann an der Tür. Was er wohl wollte? Eine Nachricht da lassen oder vielleicht sogar Mitglied werden?

    Eine wilde Biene? Wie amüsant. Lucia schien das alles aber irgendwie weniger lustig zu finden. Der abwertende Blick war ihm als ihr Bruder nicht entgangen. Viel Gedanken machte er sich darum jedenfalls nicht, auch nicht um das sich in den Vordergrund drängende Verhalten der Flaminia. Nicht, dass er von Frauen nicht einen gewissen Anstand erwartet hätte, aber ein wenig Temperament und Aufmüpfigkeit fand der Tiberier eigentlich ganz witzig und abwechslungsreich. Des Weiteren wusste er ja, dass er es hier mit einfachen Plebejern zu tun hatte und schraubte wohl schon im Voraus seinen Anspruch an das Verhalten der Gäste ein wenig herunter.


    Aber gut, endlich setzen. Wurde ja auch Zeit. "Ja, kommt und genießt unsere Gastfreundschaft. Euch soll es heute a nichts mangeln", schob er noch einmal in Anschluss an Lucias Worte nach. Er deutete noch einmal auf die Sitzplätze und suchte sich gleichsam selbst einen angenehmen Platz. "Ah, ihr müsst unbedingt diese Eier mit den Kräutern probieren", sprach er mit Blick auf den Sklaven und deute ihm gleich den Gästen etwas von den Häppchen zu servieren. "Die sind wahrhaft wohlschmeckend, glaubt mir."

    Dass Dives ein Schöngeist war, ist dem Tiberier nie verborgen geblieben. Kein Wunder, dass er also gleich Feuer und Flamme war für das neu entdeckte Hobby seiner Schwester. Innerlich konnte Lepidus über diese musischen Vorlieben nur lachen: Wahrscheinlich schrieb der Iulier auch heimlich Gedichte. "Das wäre wirklich einfach hervorragend!", sprach er auf den netten Vorschlag von Dives, dass Lucia doch etwas vorspielen könne. Er setzte dabei ein breit übertriebenes Lächeln auf und seine überzogene Wortwahl ließ einen gewissen Sarkasmus vermuten, aber er bemühte sich immerhin noch den Ton einigermaßen abzumildern. Lustig fand er das ganze ja irgendwie trotzdem, erst recht, als er meinte, dass er seine Schwester mit seinen Worten wieder ein wenig angestachelt zu haben. In der Tat, die Tatsache, dass sie sich getrennt hatten, als sie beide noch halbe Kinder waren, sorgte sicher dafür, dass sie im Grunde gar kein erwachsenes Verhältnis zueinander entwickeln konnten. Stattdessen fiel - zumindest Lepidus - einfach nahtlos in diese alte Zeit zurück. Er sah halt immer noch "nur" die kleine Schwester und keine erwachsene Frau vor sich. Auch das musste sich wohl erst einmal mit der Zeit einbürgern.


    Nach diesem kleinen Kommentar schwenkte Dives auch gleich auf das nächste Thema über. Ohweh, in Sachen Factio hatte sich seit ihrem letzten Gespräch rein gar nichts getan. Irgendwie hatte er daran überhaupt nicht mehr gedacht, obwohl es da ja immerhin mal einen kleinen Plausch mit Lucia und dieser Diademata gab. Mehr aber auch nicht. "Ja, ich muss dir unguterweise gestehen, dass ich da noch nicht viel weiter bin, auch wenn meine Mitgliedschaft in der Veneta natürlich naheliegend ist." Das hat er wahrscheinlich auch schon einmal so ähnlich von sich gegeben. "Interessanterweise hatte ein anderer Verwandter von mir namens Tiberius Dolabella eine nicht unwichtige Funktion in der Purpurea", versuchte er dann gleich das Thema ein bisschen zu streuen. Nicht, dass ihn der Iulier hier festnageln wollte. "Offensichtlich war man in meiner Verwandtschaft nie so ganz einheitlich mit der Zugehörigkeit." Er hatte dafür zwar nur ein schwaches Indiz, aber immerhin ein Indiz. "Sagt, habt ihr beide schon zufällig irgendetwas davon gehört, ob der neue Kaiser Spiele plant? Anzunehmen wäre es ja durchaus. In dem Fall müsste ich meinen Entscheidungsprozess vielleicht beschleunigen, um vielleicht selbst noch an den Vorbereitungen innerhalb einer Factio mitzuwirken, was ich mir zweifellos sehr interessant vorstelle."

    Vorerst waren sie mit der guten Politik schon durch, wie Lepidus erst einmal konstatierte. Es wäre ja auch Verschwendung den ganzen Tag damit zu verbringen und Lucia als stille Beisitzerin dazulassen. Dennoch hoffte der Tiberier vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt etwas ernstere Themen einzuschlagen, als über Kräuter-Creme und Villenleben. Achja, beim Gedanken an Kräuer-Creme musste Lepidus natürlich gleich selbst von den Eiern probieren. Lepidus aß weitgehend weniger genüsslich, seinen Gaumen konnten ohnehin nur wenige Dinge wirklich zufriedenstellen. Für das meiste befand er jedoch: Immerhin akzeptabel.


    Ruhig hörte er sich das Gerede seiner Schwester an, die etwas von ihrem Landleben preisgab. Vieles davon wusste er immerhin selbst noch nicht. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil er nie so richtig zuhörte. Er spitzte die Ohren, als er von den Lyra-Künsten seiner Schwester hörte: "Wie bitte, du hast gelernt auf der Lyra zu spielen?" Irgendwie amüsierte den Tiberier das. Vielleicht weil er seiner Schwester so etwas überhaupt nicht zugetraut hätte. "Dann hast du wohl wirklich viel zu lang auf dem Landsitz verbracht. Ein Glück für dich, dass der Bürgerkrieg vorbeigegangen ist."Lepidus konnte sich nicht erinnern, dass in seiner Verwandtschaft überhaupt jemand musische Fähigkeiten entwickelt hatte. Bei den Männern wohl ohnehin nicht, denn das schickte sich seiner Ansicht nach nicht. Da war er noch ganz Traditionalist und wollte der Musik besser den Berufsmusikern überlassen. Aber wenn seine Schwester das machte, dann war es sicherlich nicht verkehrt. "Ich muss doch wohl jetzt hoffentlich nicht damit rechnen, dass die ganze Villa von deinem - nunja... sicherlich hervorragenden - Spiel beschallt wird, oder?", fragte er scherzhaft und stichelte damit wieder ein wenig gegenüber seiner Schwester.

    Lepidus nahm eines der Gläser, die vor ihm ausgewickelt wurden in die Hand, hielt eines davon nah an sein Auge und versuchte hindurchzublicken, noch etwas auffälliger als das seine Schwester tat. So ein Geschenk musste schließlich gründlich geprüft werden. "Blaues Glas, wie schön", sprach er schließlich und gab dann das Glas ebenfalls an den Sklaven, den Lucia bereits damit beauftragt hatte, sie fortzunehmen. In der Tat, eine gute Idee sie vielleicht sogar noch heute zu benutzen, schließlich war dies ja auch so etwas wie ein besonderer Anlass. "Vielen Dank dafür, eine wirklich ehrbare Geste", sprach er gleichermaßen zu Verus und seiner Frau, die er noch einmal extra begrüßte. "Es ist mir eine Freude auch dich hier begrüßen zu können. Nachdem mir Verus von dir erzählt hat, war ich schon sehr gespannt, dich kennenzulernen." Worauf diese Spannung beruhte blieb erst einmal im Verborgenen, aber der Tiberier wollte vor allem erfahren, ob sie wirklich aus gutem Hause war und Verus nicht einfach die nächstbeste an sich gerissen hatte.


    Lucia tat unterdessen ihren Dienst und wandte sich ebenso an die Frau von Verus. Sie war zweifellos auch sehr hübsch anzusehen, da konnte Lepidus ja vielleicht doch irgendwie verstehen, dass Verus auf Standesdünkel nicht allzu viel Rücksicht nahm. Sie schien sogar einen guten Humor aufzuweisen, der vor ihrem eigenen Ehemann nicht zurückschreckte. Unweigerlich musste Lepidus herzlich über die Tollpatschigkeit lachen, die sie ihrem Mann attestierte, der wohl prädestiniert dafür war, diese Gläser fallenzulassen: "Diese Befürchtung war wohl berechtigt", sprach er in Erwiderung auf den Kommentar Calenas und wandte sich postwendend an Verus: "Ich meine, wenn dir schon Gemüse so leicht aus den Händen gleitet, wie soll es dann erst bei Gläsern sein?" Der Tiberier amüsierte sich jetzt schon köstlich und ihm wurde gleich auch noch Gelegenheit gegeben, eine Anspielung auf die Szenerie auf dem Forum zu machen, wo der gute Verus mit selbigem Gemüse wild um sich warf.


    Da drängte sich auch schon der nächste Gast in Front. Verus hatte bisher nur seine Frau vorgeschoben, da musste der Tiberier natürlich gleich fragen, wer ihn hier noch beehrte. Immerhin hatte sie schon ein paar gute Komplimente auf Lager, so wie es sich gehörte: "Und wer ist diese junge Dame an eurer Seite?" Lepidus ging irgendwie auch davon aus, dass sie durch Verus oder Calena vorgestellt wird und dieses Los nicht allein tragen musste. Junge Dame war darüber hinaus aber ein sehr komischer Zusammenhang aus Lepidus Mund. So sprachen doch eher ältere Leute, dabei war der Tiberier selbst noch nicht allzu reich an Jahren. Manchmal fühlte er sich aber durchaus so und hätte auch gern das Prestige eines erfahrenen älteren Mannes gehabt, doch für diese Anerkennung musste er wohl noch um einiges älter werden. Bis dahin konnte er sich ja weiterhin so pseudo-weise geben.

    "Nein, den Sitten mag es wahrlich nicht entsprochen haben. Verwundert waren wohl alle Anwesenden über diese Testaments-Verlesung dieser Frau. Einige waren so außer sich, dass sie letztlich sogar mit faulem Gemüse nach ihr warfen." Dass ein gewisser Verwandter von Lepdius daran maßgeblichen Anteil hatte, verschwieg er ganz bewusst. "Doch das hatte weniger etwas mit einer Anprangerung der Sitten, als mit der Person selbst zu tun wie mir scheint. Denn eine Vestalin war es nicht. Sie stellte sich sogar recht genau vor: Ihr Name war Iunia Axilla und sie war die Frau eines gewissen..." da musste der Tiberier wieder einmal grübeln. Sein Namensgedächtnis war wirklich manchmal furchtbar. Lucia selbst konnte das ja schon einmal feststellen, als es sogar um ihre Verwandten ging. Aber nach kurzer Zeit des Nachdenkens kam es ihm dann noch, obwohl er das Praenomen verschluckte "...Pompeius Imperiosus, der ein Klient des Vesculariers war. Da kannst du dir ja sicherlich vorstellen, dass die Menge etwas verwundert war, die Frau eines treuen Günstlings des Dicken da vorne Sprechen zu sehen. Sie gab an, das echte Testament gerettet zu haben, welches eigentlich auf Befehl Salinators von ihrem Mann vernichtet werden sollte." Alles eine sehr heikle Geschicht, wie Lepidus schon während der Rede feststellte. Es drängten sich einfach sehr viele Fragen auf. "Trotz des Umstandes, dass es sich wohl um eine ehemalige Anhängern des Vescualariers und eine Frau handelt, will ich die Entscheidung des Corneliers nicht hinterfragen. Soll er doch sprechen lassen, wen er will, solange er nur endlich ein bisschen Frieden und Ruhe ins Reich bringt." Diese unkritische Haltung konnte man natürlich beanstanden, aber Lepidus hatte wirklich besseres zu tun, als jetzt auch noch den nächsten Herrscher in Rom zu bekämpfen, vor allem, weil es jetzt auch keine Alternative mehr gab.


    "Inwieweit sich das Testament im Übrigen in jeglichem Detail vom alten Testament unterscheidet kann nicht genau sagen. Das frühere Testament habe ich ja nie gesehen oder genau vernommen, da kenne ich ja nur die wenigen Infos, die ich einst von dir bekommen habe. Ich glaube, der einzige Unterschied besteht darin, dass anstatt der Name des Vesculariers der Name des Corneliers im Original-Testament steht. Priorität hatten der Sohn des Valerian und anschließend der nächste agnatische Verwandte der Gens Ulpia. Im Falle des Erlöschens... du weißt ja. Doch ich hörte keinerlei Zweifler bezüglich des Erlöschens der Gens Ulpia, die damit dann wohl doch ein Fakt ist." An sich war es nach wie vor ein sehr kurzes Testament. Bei einem Kaiser dachte Lepidus immer, dass es deutlich länger sein müsste. Es gab doch sicherlich so viel, was für die Nachfolge geregelt werden musste. Hier beschränkte es sich aber auf eine einfache Erbfolge-Regelung.


    Schönen Verwandten? Dives ließ wohl kaum ein Kompliment aus und dann auch noch dieses Lächeln ihr gegenüber. Das brachte den Tiberier natürlich gleich selbst zum Lächeln. "Ohja, endlich wieder Ruhe und Frieden in Rom, nicht wahr Lucia?", sprach er und erzählte Dives gleich selbst über ihre 'Leiden'. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie langweilig ihr auf unserem Landsitz gewesen ist. Was hab ich mir nicht alles anhören müssen", scherzte der Tiberier, als er an ihr erstes Wiedersehen dachte. "Aber besser gelangweilt in einer schönen Villa auf dem Land als tot in Rom, wie ich gern zu sagen pflege." Naja, oder eher zum ersten Mal zu sagen pflege.

    Lepidus ließ nur einen kurzen Blick auf das sklavische Personal fallen und schon wurde ihm ein Becher unverdünnten Weines gereicht - so wie er es mochte und wie es bereits in der Villa bekannt war. Die Komplimente zu seiner Schwester nahm der Tiberier wohlwollend zur Kenntnis? Ob der Iulier tatsächlich gefallen an ihr gefunden hatte? Naja, das wäre noch herauszufinden. In jedem Fall würde er das Verhalten ihr gegenüber sehr genau im Blick haben.


    So standen sie sich nun mit ihren Trinkbehältnissen gegenüber, der Iulier überragte den Tiberier um einige Zentimeter, aber das war ja bekanntlich nicht alles. Sie tranken als auf Palma und die generöse Gastfreundschaft. Was konnte man denn da noch ergänzen? "Und auf unsere Freundschaft, die in schlechten und guten Tagen bestand hat und die wir nun mit in eine neue Ära nehmen werden!" Das sollte patrizischer Pathos genug sein. Genüsslich konnten sie nun darauf trinken. Der Wein tat der Kehle des Tiberiers äußerst gut. Er sollte ausreichend sein, um die nötige Energie zum Sprechen zu erhalten. Fürs erste deute er seinem Gast sich wieder hinzusetzen, während Lepidus selbst sich bei den beiden nun niedersetzte. Er war schon gespannt, was Lucia noch so alles für den Besuch des Iuliers geplant hatte. Lepidus selbst hatte sich ja da vollkommen herausgehalten und konnte sich demzufolge entspannt zurücklehnen und mit er Plauderei beginnen. "Hattest du eigentlich schon Gelegenheit den Cornelier zu Gesicht zu bekommen?" Vielleicht machte er ja auf dem Weg einen Zwischenstopp in Ostia. Welchen Weg der neue Kaiser nun tatsächlich nahm, war ihm nicht wirklich bekannt. Er wollte Dives erst einmal auf den neuesten Stand bringen. Daran war er sicherlich interessiert, wie der Tiberier instinktiv annahm. In der Tat war Lepidus auch sehr daran interessiert, wie sein iulischer Freund die ganze Sache bewerten würde.


    "Ich habe jedenfalls viele neue Eindrücke gewinnen können. Davon muss ich dir erzählen: Nach dem Einzug des Corneliers in Rom sprach er auf dem Forum und machte wirklich eine hervorragende Figur. Zwar ist er äußerlich auch nur ein grauer älterer Mann. Aber verglichen mit dem Dicken wirkt er geradezu athletisch und elegant." Dass er den Vescularier vorhin als Kaiser betitelt hatte, war dem Tiberier eigentlich egal, sonst hätte ja sein Spruch auch gar nicht mehr funktioniert. Ein alter Usurpator, ein neuer bald im Amt? Nein, dann hätte er extra noch sagen müssen ein alter Usurpator weg und ein neuer 'Kaiser' da? Nein, dann hätte er wohl einen ganzen Spruch bringen müssen und es wäre nur noch halb so unverkrampft herübergekommen. "Und dann ließ er von einer Frau das Testament des Valerianus vorlesen. Das war vielleicht eine Überraschung! Das Testament, welches der Vescularier einst präsentierte erwies sich als eine Fälschung! Eigentlich hätte man es sich ja denken können. Im wahren Testament nun steht geschrieben, dass Cornelius Palma rechtmäßiger Erbe des Valerianus ist. Es scheint als, als könne er seine legalen Ansprüche auf den Kaisertitel geltend machen." Nicht, dass das noch eine große Rolle spielte, wo der Cornelier mit seiner Armee ohnehin alles haben konnte, was er nur wollte. Aber die rechtliche Legitimität wird seine Herrschaft wohl wenigstens etwas stabilisieren. "Von einem gewissen Probus war im Übrigen keine Rede", fügte er dann noch scherzhaft an. Zweifellos ein Insider zwischen ihm und Dives.

    Ein ganz wenig Plauderei, ein bisschen Musik. Mit seiner Schwester hatte Lepidus hier endlich wieder etwas unterhaltsame Gesellschaft. Auch so stille Momente, wie diejenigen vor dem Besuch der entfernten Verwandten, konnten sie ohne Probleme zusammen verbringen. Die beiden kannten sich einfach sehr gut, wie es vielleicht üblich ist bei Brüdern und Schwestern üblich war, auch wenn eine lange Phase dazwischentrat, wo sie sich kein einziges Mal zu Gesicht kamen, wie zur Ausbildung von Lepidus in Griechenland und nachfolgend während des Salinator-Regimes. Doch jetzt war es doch fast wieder so wie damals, als sie noch Kinder waren.


    Auch Lepidus erhob sich als er hörte, dass die Verwandtschaft eingetroffen ist. Als sie in das Atrium geführt wurden begrüßte er sie mit einem lockeren: "Herzlich willkommen in der bescheidenen Villa Tiberia." 'Bescheidene Villa' war ja schon fast so etwas wie ein Oxymoron, wahrscheinlich lag darin auch der ganze Witz, den Lepidus zum Ausdruck bringen wollte. Er betrachtete zuerst Verus, wollte aber sogleich seine Frau und die Nichte in Augenschein nehmen, denen er bisher noch nicht begegnet war.

    "Wohl dem, der in Ostia solche Leute an seiner Seite weiß", betrat nun auch Lepidus die Szene und sprach noch im Gehen die Worte, die sich eng an den letzten Satz anlehnten, den er gerade noch aufgeschnappt hatte. Auch wenn er damit Ostia sicherlich nicht zu viel Bedeutung beimessen wollte, zumindest keine, die einen Vergleich zu Rom gestatten würde. Aber als nette Floskel für den Duumvir aus Ostia war die Anlehnung doch ganz nett und Lepidus war doch immerhin wirklich froh, Dives an seiner Seite zu wissen. Schlecht war es dem Tiberier jedenfalls bisher nicht bekommen.


    Lepidus lächelte und trat an die beiden heran. Seine strahlende Heiterkeit war wohl mehr als augenscheinlich. Hatte es mit dem Besuch des Iuliers zu tun oder war das immer noch die Freude, die Lepidus durchzog seit der Vescularier endgültig das Zeitliche gesegnet hatte? "Wie ich sehe, hat dich meine Schwester bereits in Empfang genommen." Es folgte ein dankbarer Blick auf Lucia und dann wieder auf Dives. "Salve mein Freund, wie schön, dass du es einrichten konntest hierherzukommen. Hattest du eine angenehme Reise aus Ostia? Du ehrst unsere Villa mit deiner Anwesenheit und ich hoffe, du wirst mit unserer Gastfreundschaft zufrieden sein." Da war der Tiberier wieder als Schmeichler par excelence unterwegs. Ob Lucia und Dives bereits Zeit gefunden hatten sich ein wenig anzufreunden? Wenn sie sich mögen wäre es sicherlich nicht schlecht, obwohl der Tiberier nicht gerade ein weitergehendes Arrangement im Auge hatte. Es konnte aber wohl nicht schaden, wenn seine Schwester ihn ein wenig in den Bann zog. Dass der Iulier so gänzlich uninteressiert war, konnte Lepidus naürlich kaum ahnen und so blieb er wohl auch deshalb noch für einige Momente in seinem Arbeitszimmer zurück, damit die beiden sich erst einmal allein unter die Augen schauen konnten. "Nehmt mir meine Verspätung nicht übel. Ich wurde leider noch von dringenden Geschäften aufgehalten. Ihr wisst ja wie undurchsichtig es derzeit zugeht. Ein alter Kaiser weg, ein neuer wohl bald auch offiziell in Würden. Da erfordert vieles meine Aufmerksamkeit." Zu diesem Zeitpunkt hatte er zumindest schon gehört, dass er noch ein Staatsopfer im Iuppiter-Tempel zu organisieren hatte. Aber darunter gehörte wohl nichts, was dem Tiberier die Laune verderben konnte.

    Der Einzug des Kaisers wurde natürlich auch von den Tempeldienern mit großem Interesse verfolgt. Nicht, dass sie sich jetzt schon ein Bild davon machen konnten, ob er den Göttern sehr wohlgesonnen sein mussten, aber betrachtete man alle Umstände, die zu Palmas Sieg und zum fürchterlichen Ende des Vesculariers führten, da drängte sich natürlich auf, dass dies der Cornelier nur mit göttlicher Unterstützung schaffen konnte. Doch die Götter würden ihren Tribut erst noch verlangen.


    Zum Glück war es vom Forum Romanum bis zum Capitol immer nicht allzu weit zu gehen. Die Aeditui hatten verabredet, sich direkt nachdem der Cornelier mit seiner Rede geendigt hatte, im Tempel zu treffen und die letzten Vorbereitungen abzuschließen. Selbstverständlich waren viele hier sehr aufgeregt. Einige, so wie Lepidus, waren noch nie an einem großen Staatsopfer beteiligt. Im Moment gab es auch nur wenige Führungspersonen im Cultus Deorum, die ihnen Anweisungen geben konnten. Dennoch musste es natürlich irgendwie gehen. Großen Einfluss auf den Ablauf hatten die Aeditui natürlich dennoch nicht. Lediglich an der Basis dessen, was man für das Opfer benötigte, konnten sie vielleicht hier oder da ein Detail verändern. Wichtig war aber, dass vom Weihrauch bis zum Opfertier alles bereitstand. Und dann waren da ja noch die ganzen anderen Diener, die durch die Aeditui organisiert werden mussten.


    Da waren beispielsweise die Musiker, um die sich Lepidus kümmern musste. Bereits vorab hatte er mit dem Kollegium der fidicines gesprochen, auf das sie ihre besten Saitenspieler schicken würden. Wenn nicht für den neuen Kaiser, für wen dann? Ebenso sendete das Kollegium der tibicines ihre besten Leute. Lepidus mochte ja die Saiteninstrumente irgendwie mehr. Vielleicht weil sie eher aus einem griechischen Einfluss resultierten, als dass sich diese Art von Musik in Italien selbst herausgebildet hatte. Auch wenn das schon viele hundert Jahre her war, so wirkte dies immer noch etwas frischer als diese alten schon bei den Etruskern zur Genüge erklingenden Blasinstrumente, die jedoch nach wie vor im Vordergrund standen, während die fidicines weit weniger die Gehörgänge beschallten und nur am Rande zum Einsatz kamen.


    Auch popae und victimarii musste Lepidus noch einschwören und erklären, wie wichtig dieser Tag heute wahrscheinlich werden würde und dass so etwas nicht alle Tage vorkam. Noch war es ein kleines Gewusel, welches einer so ruhigen Stätte, wie einem Tempel recht fremd war. Aber das umherlaufen von Opferdienern und Aeditui resultierte natürlich auch aus der knappen Zeit und den besonderen Umständen. Lepidus war jedenfalls schon sehr gespannt auf das Opfer. Sein Puls schlug heute mit erhöhter Geschwindigkeit. Wahrlich, hier würde nun im Zeichen der Götter eine neue Zeit anbrechen... wirklich und tatsächlich. Man musste sich fast schon kneifen, um es zu glauben.

    "Nun, der Name der Decima ist unweigerlich mit Salinator verbunden. Der Praefectus Praetorio war ein Decimer und seiner Stellung nach war er sowas die rechte Hand des Tyrannen." Lepidus erinnerte sich noch gut an diese pompöse Veranstaltung, auf der dieser Serapio vom Vescularier eingesetzt wurde. So viel Prunk und dann auch noch dieses weiße Ross, auf dem er saß. Tja, aber jeder fällt mal vom Pferd. Im Falle des Decimers war dies wohl besonders schmerzhaft. "Verus machte in seinem Gespräch mit mir gleich deutlich, dass seine Frau unbedingt mit ihrer Familie brechen müsste. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie eng sie nun wirklich mit den römischen Decimern verbunden ist. Ich übe ja keine Sippenhaft und manchmal ziehen doch unsere Verwandtschaftsgrade so weite Linien, dass man kaum noch dafür zur Verantwortung gezogen werden kann. Ich bin ja niemand, der jemanden in Sippenhaft nimmt", ließ der Tiberier ganz gönnerisch verlauten, als wenn er über soetwas überhaupt bestimmten könnte. "Naja, wir werden das am besten im Auge behalten."


    Wenn man natürlich die Decimer nahm und dann auch den iulischen Freund des Tiberiers, so konnte man tatsächlich annehmen, dass sie mehr vescularische Verbindungen hatten, als ihnen lieb war. Naja, manchmal kann man sich seine Freunde eben auch nicht aussuchen... manchmal wohl nicht einmal die Ehefrauen. "Sein Name lautet Marcus Iulius Dives. Er ist derzeit Duumvir in Ostia und ein recht wortgewandter und weitdenkender Mann. Sein Potenzial ist augenscheinlich, nicht umsonst halte ich ihn deshalb für einen nützlichen Freund und Verbündeten, trotz seiner Verbindungen, die ihn ebenso mit Salinator verbanden." Wenn man dessen kaisertreue Verwandte Iulius Proximus und Iulius Centho nahm, dann musste der Iulier sicher schon ein wenig Angst um seine zukünftige Rolle in der neuen Ordnung haben. Er war schon gespannt, wie er das angehen würde. "Nun, wie hab ich ihn kennengelernt? Ich glaube, es war als ich der Societas Claudiana et Iuliana beigetreten bin - ein Kultverein. Über diese Art von Engagement versuchte ich in Rom wieder Fuß zu fassen. Dives hat mich dabei im Grunde sehr gut unterstützt. Wer weiß? Ohne ihn hätte ich diese Zeit womöglich nicht so gut überstanden." Ob er dem Iulier damit mehr Bedeutung beimaß, als er eigentlich hatte? Ihm kam auch immer mehr sein erstes Aufeinandertreffen mit ihm in den Sinn, welches schon in gewisser Hinsicht mit Misstrauen behaftet war. Doch dieses Misstrauen schien sich schon bald aufzulösen. Schon bald organisierten sie Kultveranstaltungen zusammen und luden sich zu Feierlichkeiten ein. Ja, zumindest konnte man sagen, dass die Zeit unter Salinator wesentlich trostloser und langweiliger gewesen wäre, wenn der Iulier ihn nicht gestützt hätte. "Jedenfalls wird es wohl auch ein Teil meiner Schuld sein, die ich zurückzahlen kann, sollte der Iulier in der Nachkriegszeit zu leiden haben. Das gehört sich wohl einfach in einer solchen Situation, wenn das Pendel einmal umschlägt."

    "Aber natürlich gefällt‘s mir", sprach er einfach ohne Ahnung zu haben. Lucia schien sich über seine Worte wirklich gefreut zu haben, dabei hatte er technisch gesehen ja eher Sekunda ein Kompliment gemacht, da sie das ganze ja herrichtete und Lucia natürlich nicht viel dazu beitrug. Nagut, diese modische Art in den Thermen wiederentdeckt zu haben, ist natürlich auch eine Leistung.


    Dann wurde er nach dem Namen von Verus Frau gefragt und Lepidus stand erstmal recht überrascht da. "Ja, ähm, wie hieß sie doch gleich? Hat er das überhaupt erwähnt? Ich weiß nicht so recht..." Nach einigem Zögern und Grübeln, fiel ihm der Name immerhin noch zur Hälfte ein: "Ah, also sie ist eine Decima, soweit kann ich das sagen. Naja, wir hatten nicht viel Zeit über dieses und jenes zu plaudern." Oder Lepidus hatte nur mal wieder nicht richtig zugehört. "Die andere Person ist wohl eine Nichte oder dergleichen, keine Ahnung, ob sie auch erscheinen wird." Dem Tiberier war immer mehr bewusst, wie gut er das wieder alles durchdacht und geplant hatte... nicht.


    "Ich werde dir aber gern ausreichend Kritik und Anregung geben. Weißt du, dieser Iulier, der uns besuchen wird, ist nicht nur ein Freund, sondern soetwas wie ein politischer Verbündeter." Manchmal wusste Lepdidus nicht, was von beiden Dives für ihn mehr war. Aber eines konnte er wohl sagen: Letzteres erschien ihm einfach wesentlich nützlicher. "Ich setze also auch ganz auf deine gesellschaftlichen Fähigkeiten, auf das er sich hier so wohl wie möglich fühlen wird. Wenn du für ein entsprechendes Unterhaltungsprogramm noch Skaven brauchst, dann kauf welche. Es wäre aber gut, wenn sie auch noch was anderes können." Was sollte er schon mit irgend so einem sklavischen Trottel, der die ganze Zeit nur herumtanzte. Da war der Tiberier dann doch noch etwas pragmatisch orientiert.

    Lepidus zeigte sich erfreut und trat nun umgehend ins Cubiculum. "Na, wenn das kein Meisterwerk wird", kommentierte er die Arbeit von Sekunda, die irgendwas mit den Haaren machte, was Lepidus nicht verstand und wovon er keine Ahnung hatte. "Wie ich sehe machst du dich bereits fertig. Ausgezeichnet. Ich bin schon sehr gespannt wie die Familie von diesem Verus wohl so sein wird." Wahrscheinlich war seine Schwester das nicht weniger. Schließlich kam es ja nicht so oft vor, dass sie entfernte Verwandte in Empfang nahmen. "Aber wo wir gerade dabei sind. Ich muss dich gleich noch um einen weiteren Gefallen bitten: Ein guter Freund von mir wird uns am dritten Tag der Vestalia beehren und du sollst wieder die Vorbereitungen übernehmen. Du scheinst die Sklaven ja schon ganz gut im Griff zu haben. Er ist ein sehr wichtiger Freund, deshalb wäre es auch sehr wichtig, dass alles perfekt hergerichtet ist und er sich an der Großartigkeit unserer Gastfreundschaft weiden kann." Damit hatte Lepidus wohl genug deutlich gemacht, dass das Treffen für ihn eine hohe Priorität hatte.

    Etwas überrascht war Lepidus dann doch, dass er seinen neu kennengelernten Verwandten nun schon das zweite Mal rein zufällig traf. Und dann auch noch in so einer Menschenmenge. Da dachte man doch Rom wäre eine große Stadt und dann passierte sowas. Aber Lepidus freute sich sogar für einen Augenblick Verus wiederzusehen. Sie mussten sich ja auch irgendwie kennenlernen und da war es vielleicht gar kein großer Zufall, dass sie das Schicksal des Öfteren zusammenführte.


    Doch vom Temperament des Verus hatte Lepidus in diesem Augenblick noch überhaupt nichts mitbekommen. Nun gut, es gab Anzeichen, aber die konnten sich noch zu keinem vollständigen Bild seiner Persönlichkeit zusammenfügen. Aber nun war es wohl recht eindeutig. Lepidus schaute etwas befremdet, als Verus neben ihm etwas sagte: Hat er tatsächlich "Hure" gerufen? Lepidus selbst hat seine Meinung über den Salinator-Klienten zum Glück nur halblaut vor sich hingesprochen, aber Verus war offensichtlich kein Mann der leisen Töne. Offensichtlich brodelte es in ihm mehr, als das Lepidus für notwendig gehalten hätte. Gegen die Iunia konnte er nicht viel sagen, auch wenn sie offensichtlich mit einem Salinator-Günstling verheiratet war. Die Tatsache, dass Palma sie dort vorne stehen und reden ließ, schien eigentlich Zeichen genug, dass sie offenbar nicht nur geduldet, sondern auch irgendwie in seiner Gunst zu stehen schien. Ja, und Lepidus hatte wahrlich nicht vor die Autorität Palmas in Frage zu stellen, wie er es sogar Verus schon einmal mitgeteilt hatte.


    Soweit hätte sich Lepidus vielleicht noch nichts gedacht, aber als der gute Verus dann auch noch gänzlich stürmisch wurde und sogar mit faulem Gemüse warf, da fühlte er sich wirklich unbehaglich und schaute nervös umher. Gerade wo sein neues Weltbild der Harmonie geschaffen wurde, wo alles so einfach war und man nur blind diesem neuen Kaiser folgen musste, da störte der Verwandte diesen Zustand des inneren Friedens. Mit großen Augen blickte der Tiberier um sich. Die Feigheit stieg ihm sofort bis zum Kopf. Nicht, dass er hier noch für einen Salinator-Anhänger gehalten wurde, der das vom Cornelier beherrschte Territorium der Rostra mit faulem Gemüse angriff. Zweifellos, Lepidus musste hier weg. Verwandtschaft hin oder her, da war sich Lepidus schon immer selbst der Nächste. Kurz sprach er noch zu Verus mit diesem Schuss gespielter Würde, wie sie Bedrängten manchmal noch eigen ist: "Guter Verus, ein Patrizier legt seine Hände für gewöhnlich nicht an faules Gemüse." Er hatte es fast schon im Scherz gesagt. Im Scherz, der jedoch das Ernsthafte in sich trug. Dann wandte er sich langsam um und schlich sich elegant davon, ab durch die Menge, pfiff dabei am besten noch Normalität heuchelnd vor sich hin und ging am besten auf die andere Seite des Platzes, hoffentlich ungesehen, damit er noch in Ruhe verfolgen konnte, was der Cornelier zu sagen hatte.

    Ganz Rom muss auf den Beinen gewesen sein. Zumindest war dies der Eindruck von Lepidus. Wer wollte sich schon dieses Ereignis entgehen lassen? Die Nachricht von der Ankunft Palmas verbreitete sich rasend und die Neugier war unbezwingbar, den Mann in Empfang zu nehmen, von dem man bisher so viel gehört, aber so wenig gesehen hatte. Es schien als würde er nur als Geist existieren, eine Legende, die sich an den Häuserwänden schriftlich verewigte, in Mundpropaganda, in vielen Nachrichten von der Front. Den dicken Vescularier, ja, den hatten hier alle gesehen, der hielt seine Reden, der rief zum Kampf auf und er dachte nicht daran diese Stadt zu verlassen band sie an sie wie eine Klette. Doch nun erschien das Gesicht, welches Frieden versprach.


    Lepidus hatte eher weiter hinten einen Platz in der Menge erhalten. Dort, wo es sich noch nicht so dicht drängte, er aber trotzdem noch die Stimme des Corneliers hören konnte und es sich nicht weitersagen lassen musste. Immerhin, sein Auftritt war selbstbewusst, so wie man es wohl von einem erwarten musste, der in der Vergangenheit von Sieg zu Sieg eilte und nun den Titel eines Kaisers beanspruchte. Des Rätsels Lösung sprach er aus, indem er das Testament des Valerianus als Fälschung titulierte. Doch wo war der Beweis? Der Mann verstand es die Spannung hochzuhalten und für die große Masse war die folgende Szene wohl höchst unerwartet.


    Eine Frau stieg auf die Rostra hinauf. Ein schlankes Geschöpf und noch recht jung. Wie konnte sie eine Zeugin sein? Doch ihren Namen gab sie schon bald kund. Iunia Axialla also. Da dämmerte es dem Tiberier irgendwie. Ob sie näher verwandt mit jener Iunia Diademata war, die er vor kurzem noch kennengelernt hatte? Wenn, dann wäre diese Welt wahrlich klein. Nachdem sie meinte, dass ihr Mann ein Klient des Salinator war, stieß Lepidus spontan und halblaut aus: "Verräter!" Der übermäßige Teil in seiner Umgebung ließ sich davon nicht ablenken, denn es war wohl zu spannend, warum gerade die Frau eines Klienten von Salinator nun die Erlösung bringen sollte. Die Erklärung indes, die fand der Tiberier irgendwie nicht ganz schlüssig. Dieser Imperiosus hatte das Testament also nicht vernichtet? Er hatte es aufbewahrt und seiner Frau übergeben? Aber wieso? Warum haben sie es nicht gleich den Senatoren gezeigt? Wenigstens denen, die nicht im Verdacht standen, treue Anhänger Salinators zu sein. Lepidus dachte da an beispielsweise an Purgitius Macer. Viel blutvergießen hätte sich doch verhindern lassen, wenn nur die Wahrheit früher ans Licht gekommen wäre. Oder hielten sowohl die Axilla, als auch ihr Mann es für richtig erst einmal zu warten, für wen das Pendel ausschlagen würde? Verwunderlich wär das natürlich nicht, auch wenn dem Conrelier dann nicht zu raten wäre, jenen Personen recht zu trauen. Zumindest die Virgo Maxima hätte doch damals schon stutzig werden müssen, als sie das Testament nicht traditionsgemäß in den Senat bringen konnte. Da stellte sich natürlich die Frage, warum den Senatoren dieses unredliche Verfahren nicht auffiel - zumindest jenen, die keine vollständigen Anhänger des Vesculariers waren, denn davon gab es ja immerhin noch einige, wie sich auch noch zu späterer Zeit herausstellte.


    Fragen über Frage mit denen Lepidus erst einmal zurückblieb. Aber musste ihn das auch noch wirkich interessieren? Der Krieg war wohl vorbei und der richtige Mann würde wohl Kaiser werden - auch wenn dies wohl alles mit deutlicher Verzögerung geschah. Gern hätte er auch noch ehrende Worte für diejenigen gehört, die durch die Schreckensherrschaft Salinators ihr Leben lassen mussten. Ein bisschen Würdigung dieser armen Männer, die Palma die Treue hielten und dafür den Tod fanden, wäre sicher absolut angebracht. In erster Linie dachte er natürlich an seinen Cousin Tiberius Durus, der als ehemaliger Consul auch einen nicht unbekannten Namen hatte und an dessen offizieller Reinwaschung Lepidus sehr interessiert war.


    Tja, und da war auch noch die schöne Passage im Testament bezüglich des Erlöschens der Gens Ulpia. Das rief natürlich gleich wieder die Erinnerungen an eine Diskussion mit Dives über den Verbleib eines gewissen Ulpius Probus in Erinnerung. Vielleicht würde Palma ja heute gar nicht selbst die Kaiserschaft beanspruchen? Aber nachdem selbst Nachforschungen keinen Hinweis auf das Überleben dieses Mannes ergeben hatten, machte sich der Tiberier auf keine allzu große Überraschung gefasst.

    Es war der Morgen des Tages als sie den Besuch ihres Verwandten Verus erwarteten. Lepidus hatte bereits einen Sklaven vorausgeschickt, um sich anzukündigen. Schließlich wollte der Tiberier nicht einfach so in Lucias Angelegenheiten platzen, die doch derzeit sicherlich schon genug mit den Vorbereitungen für den heutigen Tag zu tun hatte. Wie würde sie es wohl finden, wenn sie gleich die nächste Aufgabe erhalten würde?


    Er trat ausnahmsweise mal recht vorsichtig ein und fragte noch am Türrahmen: "Lucia? Hättest du einen Moment Zeit für mich?"

    Die Antwort des Iuliers ließ nicht lange auf sich warten. Großartig, dachte er sich nur, bald würde er hier auftauchen und das wäre dann schon eine ganz andere Situation, als damals, als sie ihr letztes Gespräch in Dives Anwesen in Ostia hatten. So ziemlich alles hatte sich seitdem geändert.


    Er wundert sich auch, warum er das "ruhigen" auf der Tabula auch noch einmal extra deutlich geschrieben hatte. Das machte den Tiberier natürlich gleich noch neugieriger, obwohl er es andernfalls sicher schnell wieder vergessen hätte. Aber mal sehen, offensichtlich schwang da sehr viel Unbehagen mit. Er würde wohl noch abwarten und dann spontan entscheiden, was er seinem Freund zumutete. Allerdings musste er sich wirklich darum kümmern, dass Dives ein angenehmer Aufenthalt geboten wurde. Zweifellos waren dafür Lucias Qualitäten gefragt. Für dieses Treffen würde er in Vorbereitung doch noch einmal gesondert mit ihr sprechen müssen. Er schickte bereits einen Sklaven voraus um sich anzukündigen, räumte dann noch irgendetwas auf seinem Schreibtisch weg und begab sich dann zum Cubiculum von Lucia.