In diesen Tagen war der Tiberier wieder einmal viel unterwegs. Immer noch war er recht aufgeregt, was die Ankunft des neuen Kaisers betraf und so kam es, dass er in diesen Tagen den Göttern ganz besonders huldigte. Natürlich vor allem den Schutzgöttern der Gens Tiberia, worunter auch Minerva zählte. Schon in seinem 'eigenen' Tempel - dem capiolinischen, wo er seiner Tätigkeit als Aedituus nachging - kümmerte er sich liebevoll um die Stätte der Minerva, freilich ohne die der Iuno und ganz besonders des Iuppiter nicht zu vernachlässigen. Die Götter blickten doch schließlich auch gern mit Neid aufeinander.
So fügte es sich aber, dass Lepidus heute auch einmal in einem anderen Tempel vorbeischaute, der nur Minerva geweiht war. Ein Austausch unter den Aeditui hielt er ohnehin immer für sehr ratsam. Auch sie waren in Anbetracht der Umstände sehr aufgeregt und hatten viel zu tun. Nachdem sich die Unruhen wieder halbwegs gelegt hatten, strömten die Leute natürlich gleich wieder in Scharen in die Tempel, um sich der Gunst der Götter zu vergewissern.
Auch Lepidus wollte an diesem Tage einfach nur ein kleines Opfer darbringen. Nichts Aufregendes. Ein wenig Gebäck da, ein bisschen Wein hier. Minerva sollte sich der stetigen Aufmerksamkeit sicher sein und er hoffte, dass die Göttin diese Kontinuität würdigen würde. Doch ob man es glaubte oder nicht, so war das Highlight an diesem Tage wohl keineswegs die kleine Opferung an Minerva, sondern etwas ganz anderes.
Als der Tiberier aus dem Tempel kam, blieb er für einen Augenblick auf den Stufen stehen und blickte zur Sonne. Es war ein herrlicher Tag. Keine Wolke schien sich am Himmel zu bewegen. Er stand für eine Weile einfach nur so da, während hier und da jemand an ihm vorbeilief. Währenddessen ließ er immer wieder eine Münze in seiner Hand auf und ab fliegen, indem er sie mit dem Daumen schnippte. Er sah nicht einmal hin, was er da tat, sondern machte es rein aus Gefühl. Leider reichte sein Gefühl dann leider nicht aus, um für ähnliche Beständigkeit zu sorgen, wie Lepidus es mit den Opferungen hielt. So glitt ihm mit einem Male die Münze aus der Hand und klirrte auf ein paar Treppenstufen nach unten, wo sie jemandem vor die Füße fiel...