Beiträge von Aulus Iunius Avianus


    Puuuhh ... liegt für mich alles eher ungünstig. Ist aber auch schwierig mit uns Österreichern. ;)
    Viel mehr andere Ösis gibts hier nicht? :)

    Hier passierte ja fast schon sowas wie Arbeitsteilung. Axilla sprach mit dem Mädchen übers Spinnen und Weben und er mit Crassus über sein Können als Reiter, im Prinzip wie es sich gehörte. Sollte Avianus recht sein. Das Herumgezicke der beiden ignorierte er wiederum gekonnt, darum kümmerte sich ja schon die Amme.
    "Auf einen Hund setzt du dich eh nur noch einmal drauf", scherzte er. Der Junge mochte erst zehn sein, aber für einen Hund war er allemal zu groß. Die armen Viecher. Oder er setzte sich nur einmal drauf, weil ihm danach ein paar Finger fehlten oder ein Stück seiner Wade. Beides war möglich, dachte er schmunzelnd. Ohnehin leuchteten Crassus' Augen aber eher, wenn von Pferden gesprochen wurde, um die Hunde machte sich Avianus also keine großen Sorgen. Und er ließ sich sogar davon hinreißen, ein wenig von seinem eigenen Reittier zu erzählen.
    "Also mein Pferd … ein junger Apfelschimmel, Argus heißt er, etwa sechs Jahre alt, hin und wieder etwas bockig", beschrieb er knapp, "Aber wenn ich schon ein Pferd brauche, will ich kein altes, das ich in ein paar Jahren wieder ersetzen muss, weil es auf allen Beinen lahmt. Da nehme ich lieber einen bekloppten jungen Hengst und seine Launen hin." Er war ja ohnehin kein großer Pferdeliebhaber. Wenn er also reiten sollte, dann zumindest möglichst lange auf demselben Pferd. Dann gab es wenigstens keine Überraschungen und außerdem war auch seine Hoffnung gewesen, dass ihm der Gaul über die Jahre hinweg ein wenig ans Herz wachsen würde.
    "Also … versprochen habe ich noch nichts", sagte Avianus schmunzelnd, "Aber wenn Nysa dich einmal gegen Dienstschluss zur Castra bringt, können wir ja mal sehen." Mal sehen deshalb, weil er eigentlich darauf, den Jungen vor den Toren der Stadt ausreiten zu lassen und nebenherzulaufen, noch weniger Lust hatte, als selbst auf ein Pferd zu sitzen. Aber vielleicht würde sich ein zweites Tier auftreiben lassen ... Vielleicht? Bei den Göttern, er war Tribunus. Zur Not steckte er einem der Stallburschen einen Aureus zu, damit er zusätzlich zu seinem Pferd noch einen alten Gaul sattelte.

    Nachdem Avianus es sich auf dem Stuhl so bequem gemacht hatte wie es eben ging, hörte weiter zu und saß dabei sehr viel ruhiger als der wesentlich jüngere Iunius auf der anderen Seite des Tisches. Lag es an ihm, dass der Junge so hibbelig war, oder war das einfach das Alter? Eine Mischung von beidem? Er versuchte einfach, das Herumgezucke zu ignorieren. Zwar blieb er vorerst stumm, ließ sich Agricolas Worte dennoch durch den Kopf gehen. Das Zimmer war schön, da konnte Avianus nur zustimmen, und hoffentlich wäre es irgendwann weder fast wie zu Hause noch ganz wie zu Hause, sondern einfach nur zu Hause, was es ja jetzt eigentlich schon sein sollte. Rein theoretisch eben. Aber wenn soweit alles in Ordnung war und Agricola hatte, was er brauchte, war das vermutlich nur eine Frage der Zeit.
    Was die Bibliothek anging, da musste er ohnehin gar nicht lange nachdenken, wenn sein Neffe allerdings zum ersten Mal das Grabmal der Iunii besuchte und seine Ahnen ehren wollte, wäre vielleicht etwas mehr als nur ein paar Blümchen nicht schlecht. Avianus schenkte seinem Neffen skeptische Blicke und verkniff sich dabei sein Lächeln. Wenn der Junge den Iuniern vor ihm Respekt zollen wollte, sollte er definitiv noch etwas anderes mitbringen. Eine Amphore guten Weines vielleicht, Kuchen oder Kekse. Jedenfalls würden sich die Ahnen bei seinem eigenen Neffen nicht mit einem halbherzigen abgestatteten Besuch zufriedengeben müssen. Der Bursche mochte nicht viel aus Cales mitgebracht haben, aber um alles was fehlte, würden sich jetzt ja die Iunii kümmern, und die Speisekammer war zweifellos voll genug. Und bei den Göttern, endlich saß der Bursche dann mal still. Im Prinzip konnte der ja zappeln, wie er lustig war und Avianus wollte es dem Junge nicht übel nehmen, er musste aber zugeben, es lenkte ein wenig ab, wenn am Rande des Blickfelds ständig irgendetwas herumzuckelte. So konnte er sich endlich ungestört dem Beantworten der Fragen widmen.
    "Nein", sagte er also knapp zum Vorschlag seines Neffen und hatte es bis gerade eben geschafft, seine aufgesetzte nüchterne Miene zu wahren. Ganz langsam bröckelte sie, während er die Reaktion des ohnehin schon nervös wirkenden Agricola beobachtete, und gab schließlich ein leichtes Lächeln preis. Er wollte seinen Neffen ja nur ein wenig auf den Arm nehmen. "Dass du unsere Ahnen ehren willst, freut mich sehr. Und die Blumen sind eine gute Idee, aber du wirst noch Gaben aus der Speisekammer mitnehmen. Etwas Wein und Essen. Wir wollen schließlich, dass alles seine Ordnung hat, wenn du das erste Mal unser Familiengrab besuchst", erklärte er, "Was hältst du davon?" Soviel also dazu. Was die Bücher anging, hätte er ja gedacht, dass es logisch war, dass ein Iunius, der pfleglich mit den Schriften umging, sie in der Bibliothek der Domus Iunia lesen durfte. Erstens war das hier ja sein Zuhause und zweitens bräuchten sie ja sonst wohl kaum eine Bibliothek, denn Agricola war ja längst kein kleines, sabberndes Kind mehr. Ganz im Gegenteil, er war exakt in dem Alter, in dem er sich in der Bibliothek umsehen, lesen und lernen sollte.
    "Und die Bibliothek darfst du selbstverständlich gerne nutzen, solange du mit den Büchern sorgsam umgehst. Wenn du was lernen willst, wird dich hier sicher niemand daran hindern. Wenn du aber was kaputt machst …" Avianus grinste amüsiert. Was dann? Zog er es ihm vom Sold ab? Das hatte damals bei seiner Centuria funktioniert. Nur blöd das Agricola keinen Sold bekam – apropos, wie sah es eigentlich mit Geld aus? Sollte der Junge sein eigenes Taschengeld kriegen? Dann könnte Agricola sich um seinen Kram zudem selber kümmern. Avianus wurde immer mehr bewusst, dass er noch verdammt viel zu lernen hatte, aber das hier war vielleicht eine gute Übung für später, wenn er einmal Kinder im selben Alter hatte. Ja, äh … wo war er eigentlich stehen geblieben?
    "… naja, das werde dann vorerst ich bezahlen müssen", scherzte er und lachte leise. Dass Agricola erst fragte, zeugte für ihn aber schon davon, dass sein Neffe ein anständiger Kerl war und keinen Mist bauen würde – oder zumindest nicht mit Absicht.
    "Falls du sonst mal irgendwelche Fragen hast, bin ich Abends für gewöhnlich hier in der Domus. Aber du kannst dich natürlich jederzeit an die Sklaven oder andere Bewohner wenden. Jedenfalls brauchst du nicht zu warten, bis ich hierher komme", meinte er freundlich. Darüber, dass der Junge ihn beim Abarbeiten seiner Geschäfte unterbrechen würde, machte er sich keine großen Sorgen, das taten auch jetzt schon Kindergeschrei und die ständigen Besuche irgendwelcher Leute. Auf absolute Ruhe bei der Arbeit könnte er lange warten.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    Der ersten und letzten Korrektur stimme ich zu. Der mittleren hingegen widerspreche ich einfach mal mit einem Verweis auf den Duden: Link. ;)


    Ah ja, Denkfehler. Sorry. :D


    Zitat

    Stattdessen aber würde ich noch in den Ring werfen wollen, dass der Praefectus Praetorio groß-, die cohortes praetoriae klein- und die Castra Praetoria wieder großgeschrieben sind. Das wirkt auf mich etwas sprunghaft und unentschieden. => Da ich persönlich diese Variante präferiere, würde ich mich dafür aussprechen, dass einfach alle drei Begriffe großgeschrieben werden. Alternativ könnten aber natürlich auch alle drei Begriffe einheitlich kleingeschrieben werden, falls der Korrigierende (ich kanns mit meinen Rechten nicht) das besser findet.


    Ich würde zur Großschreibung tendieren, schlicht und ergreifend aus dem Grund, weil der Begriff auch im restlichen Forum praktisch überall groß geschrieben wird. ;)

    Soldaten wie auch Publikum jubelten, wie nicht anders zu erwarten, dem nicht ganz neuen Praefectus Praetorio zu, und natürlich stimmten auch die Urbaner mit ein - wie hätte das auch ausgesehen, wäre der Block an fast 2000 Soldaten nur still dagestanden? Aber reden konnte der Decimus definitiv, das musste man ihm lassen. Einen reichlich gelungenen Auftritt legte er vor versammelter Menge hin und Avianus war gespannt, ihn später als Offizier in seiner Höchstform und nicht nur auf einer Tribüne zu sehen. Die Zeiten in denen er ihn als Praefectus Praetorio erlebt hatte, waren lange her, reichlich kurz gewesen und zudem hatte er vom Blickwinkel des kleinen Soldaten aus keine allzu gute Sicht auf die damaligen Geschehnisse gehabt. Und was die jüngere Vergangenheit anging, hatte er von Decimus Serapios Tätigkeit als Tribunus nur recht wenig, wenn auch in erster Linie positives mitbekommen. Die Entscheidung des Kaisers würde Avianus natürlich nicht infrage stellen, ganz im Gegenteil, er glaubte oder hoffte zumindest, sie war ein Schritt in die richtige Richtung, um mit der Vergangenheit abzuschließen.
    Während er den leicht tänzelnden Hengst unter sich wieder zum still stehen brachte, versuchte er sein leichtes Lächeln im Gesicht zu behalten und richtete seinen Blick zur Tribüne hoch, wie der erneut frisch gebackene Praefectus seine Rede wohl fortsetzen würde.

    Wie konnte das hier so lange unbemerkt im Tabularium stehen? Der Text zum Praefectus Praetorio sollte ausgebessert werden. Verbesserungen sind fett markiert. ;)


    Zitat

    Der Praefectus Praetorio ist der Prätorianerpräfekt und befiehlt die cohortes praetoriae, die Prätorianerkohorten. Er ist unter den Reichspräfekten der Ranghöchste und befiehlt die anderen Reichspräfekten im Kriegsfall. Weiters ist er verantwortlich für alle geheimdienstlichen Tätigkeiten im gesamten Reich. Er residiert dienstlich in den Castra Praetoria.

    Avianus mochte mehr oder weniger der Hausherr sein als derzeit ältester Mann und einziger Eques in der Domus, trotzdem wartete er natürlich höflich vor der Zimmertür. Wer wusste schon, wobei er den Jungen sonst unterbrach. Es dauerte auch nur ein paar Sekunden bis die Tür aufschwang und er von einem überraschend vergnügten Agricola begrüßt wurde. Da musste er natürlich wieder grinsen, als sich die Stimme seines Neffen überschlug, und trat ein, sobald ihm Platz gemacht wurde.
    "Beflissenes Wesen?", wiederholte er leicht verwundert, nach wie vor lächelnd und würde die merkwürdige Anrede ansonsten wohl einfach unkommentiert lassen. "Salve, Agricola." Oder besser Caius? Keine Ahnung. Später dann vielleicht. Er hätte nur zu gerne einen flüchtigen Blick in besagte Notizen geworfen, die vermutlich in dem verschlossenen Codex auf dem Tisch zu finden waren. Vermutlich war es sowieso besser, nicht in den privaten Sachen eines pubertären Jungen herumzuschnüffeln. Hätte ihm in dem Alter auch nicht gefallen. "Schön, dass du Kontakt zu ihnen halten willst", kommentierte er knapp. Avianus mochte nicht übermäßig viele gute Erfahrungen mit den Ituriern gemacht haben, doch auf den alten Streitereien herumzureiten, an denen Getas Söhne gar nicht beteiligt waren, half auch keinem weiter. Solange Agricola wusste, welches Blut in seinen Adern floss, konnte er Kontakt zu seinen Vettern pflegen wie er wollte.
    "Ich dachte, ich schau vorbei, um mich zu erkundigen, wie es dir geht. Hast du dich schon etwas eingerichtet? Fehlt dir etwas?", fragte er und bekam von seinen eigenen Fragen schon während er sie aussprach einen unangenehmen Geschmack im Mund. Agricolas Mutter war erst seit kurzem tot, der Ort an dem er sein bisheriges Leben verbracht hatte ebenso in der Ferne wie seine Freunde, und der Onkel fragte, ob etwas fehlte. Bravo, Avianus. Etwas genervt von seiner eigenen Einfältigkeit nahm er endlich das Angebot an, sich auf einen der Stühle zu setzen.
    "Ich meine, gibt es etwas das du noch brauchen könntest …?", wollte er seine vorherige Frage ausbessern. Ach, was solls. Anstatt sich weiter in irgendwelchen Formulierungen zu verrennen, sah er sich im Zimmer um und stellte fest, dass die Sklaven wie immer innerhalb kürzester Zeit ein ganz passables Cubiculum aus dem Ärmel geschüttelt hatten. Ja klar, eingerichtet war es vorher schon gewesen, aber er erinnerte sich noch gut genug daran, wie er in seiner alten Unterkunft als Miles eine gefühlte Ewigkeit gefegt und dennoch wieder irgendwo unter dem ausgefransten Teppich oder einem Möbelstück Staub oder Sand gefunden hatte. Hier es war sauber und gepflegt, sein Neffe hatte alles, was er brauchte, wenn auch von eingerichtet sein noch nicht wirklich die Rede sein konnte. Aber wie auch, nach gerade mal einem Tag und bei den paar Sachen, die sein Neffe aus Cales mitgebracht hatte. Da stellte sich die Frage, ob Agricola mit den wenigen Habseligkeiten eigentlich alles hatte, was er brauchte. Kleider? Zusätzliche Möbel? Bücher? Irgendwelchen Kleinkram? Dafür würden von jetzt an selbstverständlich er und die restlichen Iunii aufkommen. Aber eines nach dem anderen.

    Seit sein Neffe am Vortag in die Domus eingezogen war, hatte der Junge in regelmäßigen Abständen seine Gedanken gekreuzt. Weniges hätte Avianus wohl so sehr überrascht, wie das plötzliche Wiederauftauchen Agricolas und im Grunde war er immer noch nicht sicher, wie er damit umgehen sollte, dass der ehemals verloren geglaubte Iunius jetzt im selben Haus wohnte. Von jetzt an war er zuständig für den Jungen, so dachte er, und natürlich würde er tun, was er konnte, damit es seinem Neffen nichts fehlte. Doch so nah er mit ihm auch verwandt war, der Sohn seines eigenen Bruders war Avianus im Grunde ein Fremder. Innerhalb eines Tages hatte er sich inzwischen mehr mit seinem Neffen beschäftigt, als vermutlich in all den Jahren zuvor, in denen Agricola entweder ein schreiender Säugling oder irgendein Kind irgendwo in Cales gewesen war, und dennoch war er sich nicht einmal sicher, wie alt er war, wusste nicht, was er gerne machte, ob er Rom zum ersten mal sah oder ob er sich in der Domus überhaupt wohl fühlte.
    Dass sich vom Nichtstun nichts ändern würde, soviel war auch Avianus klar, sodass er sich fest vornahm, in nächster Zeit einen Teil seiner Freizeit für den Neffen zu opfern, obwohl er das Gefühl hatte, dass seine Zeit nicht einmal für die restlichen Dinge reichte, die ihm wichtig waren. So wie heute, als er nach Feierabend an der Tür des Cubiculums klopfte, welches nun Agricola gehörte, und auf eine Antwort von der anderen Seite wartete.

    Avianus ging davon aus, dass die Kinder mehr als nur einen Brief nach Baiae an ihre Mutter schicken würden, während sie sich an Roma gewöhnten. Wegen seines Vorschlags an Nysa und die Zwillinge dachte er sich also nicht mehr besonderns viel und dass Axilla ihm irritierte Blicke schenkte, entging ihm völlig. Stattdessen blickte er erst auf seine Finger, dann wieder mit einem leichten Lächeln in die Runde … aber Halt … sprach die Amme da von einer Insula? Natürlich brauchte sie nicht in einer Insula unterzukommen, im Prinzip war sie ja Gast. Und eng würde es sowieso werden, eine Bewohnerin mehr oder weniger machte da keinen Unterschied mehr, doch zumindest wäre es wesentlich unkomplizierter, als wenn die Amme täglich von einer Insula in die Domus stapfte und wieder zurück.
    "Irgendein Zimmer ist immer frei", pflichtete er deshalb seiner Cousine bei, nur um sich wenig später bei den Erzählungen der Kinder wieder auszuklinken. Axilla hatte das Plaudern mit den beiden wesentlich besser drauf. Mit einem Ohr hörte er dennoch zu. Das mit den Dummköpfen konnte man auch anders sehen, hatte man doch Seneca damals seiner "Dummheit" wegen mehr oder weniger aus dem Haus geschmissen, und wie klug er selbst war, darüber ließ sich auch streiten. Aber sie alle konnten lesen, schreiben und rechnen. Wenigstens etwas. Avianus lächelte amüsiert vor sich hin und behielt seine Gedanken für sich.
    Erst als Axilla ihn erwähnte sah er wieder auf. Wenn der Junge unbedingt reiten wollte, dann gab es da durchaus Möglichkeiten, aber ja, da musste Crassus schon ganz lieb fragen. Avianus war nämlich jedes Mal froh, wenn er seinen Gaul in den Stall stellen und sich mit etwas anderem beschäftigen konnte, selbst wenn er sich langsam mit dem Tier anfreundete – aber das würde er sich natürlich nicht einfach so eingestehen, nachdem er sich jahrelang eingeredet hatte, dass die Viecher bloß stinkten, Dreck machten und bei jedem, der nicht ständig im Sattel saß, für einen wunden Hintern sorgten.
    "Von der Castra aus ist man ja gleich aus Rom draußen. Da lässt es sich eigentlich problemlos einen kleinen Ausritt machen. Nach Feierabend oder so", kommentierte er und ließ alles andere vorerst offen. "Wie gut reitest du denn?"

    ~ Hier befindet sich das Cubiculum des Marcus Iunius Crassus und seiner Zwillingsschwester Iunia Marsa ~


    Langsam wurde es eng in der Domus Iunia, zumindest verglichen mit der Lage von vor ein paar Monaten, als gerade mal Axilla mit ihren Söhnen das Haus bewohnt hatte. Erstaunlich viele Bewohner waren seitdem hinzugekommen, sodass Dicon, seit neuestem das Mädchen für alles unter den Haussklaven, froh war, die eben erst aus Baiae angekommenen Zwillinge in ein gemeinsames Zimmer stecken zu können, denn wer wusste schon, wann der rege Zulauf wieder ein Ende finden würde. Folglich erhielten die beiden ein Zimmer, das groß genug war für zwei bequeme Betten, dazu zwei Truhen für die Habseligkeiten der beiden, Sitzgelegenheiten, Beistelltischchen und einen dekorativen Teppich mit einem Muster aus Ranken und geometrischen Formen - den die Kinder besser nicht vollkleckerten und versauten, dachte sich der Sklave noch, als er mit dem Finger über das Kopfende eines der Betten fuhr. Kein Staub, alles hergerichtet, perfekt. Dann passte ja alles und die Kinder konnten sich in ihrem neuen Zuhause ausbreiten.

    Avianus nickte knapp. Ein paar Wochen oder Monate, in denen man sich Zeit nehmen konnte, gutes, neues Personal für die Zwillinge aufzutreiben, waren nicht schlecht und mit der Lösung konnte sich sicher jeder arrangieren. Auch die Kinder, die anscheinend viel lieber keine Aufpasser mehr um sich hätten. Dabei waren sie noch nicht einmal groß genug, um allein das Haus zu verlassen, fand Avianus zumindest, und er war überzeugt, die Stadt gut genug zu kennen.
    "Naja …", wollte er deshalb eigentlich wiedersprechen, da aber Axilla den Geschwistern zustimmte, brach er ab. Nicht mehr klein? War wohl Ansichtssache. Seine Meinung war sowieso nicht gefragt, also beschloss er einfach den Rand zu halten und weiterhin freundlich zu lächeln, und solange Axillas Art mit den beiden zu reden zum Ziel führte, spielte es ohnehin keine Rolle.
    "Ja, vielleicht solltet ihr zusammen mit Nysa einen Brief an eure Mutter schreiben", kommentierte er nur noch und überließ es Marsa und Crassus, Axilla von sich zu erzählen.

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    Narseh


    Arash konnte ihm keine genaue, nicht einmal eine ungefähre Zahl nennen. Über Narsehs bisher so stoische Züge glitt für einen Augenblick ein sorgenvoller Ausdruck. Ob zehn, fünfzehn oder noch mehr Urbaner, sie wären in der Unterzahl. Geschicktes Vorgehen war gefragt, doch ihre Optionen waren begrenzt. Sie durften jedenfalls nicht zulassen, dass die herannahende Truppe sich hier im Raum aufstellte. Während er grübelte trat ganz unverhofft Elias zu ihnen und sprach ihn und seine Freunde überraschend zornig an, wie er es von dem jungen Mann gar nicht gewohnt war. Arash wiederum verhielt sich alles andere als unauffällig, sodass Narseh gar erst nicht versuchen würde, Elias eine Lüge aufzutischen, damit sie alle wieder ihrer Wege gingen. Arash mochte ein treuer Freund sein, mutig und mit dem Herz am rechten Fleck, manchmal schien der Mund aber dem Verstand vorauszueilen.
    "Was willst du? Du bist nicht unser Feind und doch stellst du dich gegen uns", sprach Narseh betont ruhig zu Elias, erwartete aber keine Antwort. "Geh zurück zu unseren Brüdern und Schwestern, rede ihnen gut zu, mach was du am besten kannst", schlug er vor und wollte sich eigentlich nicht länger mit Elias aufhalten. Er nahm Arash bei der Schulter und zog ihn ein Stück zur Seite. "In dem Tunnel sind nicht nur sie diejenigen, die einzeln gestellt werden, sondern auch wir. Das hilft uns nicht weiter. Wir stellen sie hier an der Tür. Wenn wir Glück haben, können wir sie so auch überraschen." Und es konnten auch zwei oder drei von ihnen angreifen. Solange nicht eine halbe Centurie auf sie zumarschierte, hatten sie vielleicht eine Chance. Das war es jedenfalls, was er glauben wollte und sich einzureden versuchte. Fragend sah er dennoch Arash an, um herauszufinden, was sein Freund von dem Plan hielt, gleichzeitig die durch den Kanal hallenden Schritte verdrängend. Der Gang war es, der sie so laut werden ließ, sie waren noch fern genug, sagte Narseh sich in Gedanken. Fern genug wofür? Für dieses Gespräch? Um Elias loszuwerden? Um seinen anderen Begleitern den Plan zu erklären? Und gleichzeitig begann es jetzt leise von einem ganz anderen Winkel seines Verstandes zu flüstern: Sie waren nicht bereit, ganz und gar nicht.



    Nein, ganz und gar nicht hatte er etwas dagegen wenn der Neffe sich wusch. Mal abgesehen davon, dass Agricola seine Reise anzusehen war, wurde sich Avianus außerdem dessen bewusst, dass er heute zu gar nichts mehr käme, wenn er nicht endlich seine Arbeit hier im Officium zu Ende brachte. Wenigstens ein bisschen wollte er den Abend noch genießen können. Nicht dass er sein Gespräch mit dem Agricola nicht als angenehm empfunden hätte, bei den Göttern, ganz und gar nicht, er fand sogar, dass es verglichen mit seinen anfänglichen Erwartungen grandios verlaufen war. Aber sein Neffe war weder seine Frau noch der Säugling im Nebenzimmer seines Cubiculums. Aber er hatte nun einmal am besten überall gleichzeitig zu sein, so kam es ihm in letzter Zeit vor. Er jammerte auf hohem Niveau, soviel war auch ihm klar. Andere besaßen weder Familie noch Arbeit und er beschwerte sich, von beidem zu viel zu haben.
    "Natürlich. Wir können gerne später weiterreden. Nach einer Reise von Cales nach Rom darf es aber auch ein richtiges Bad sein, meinst du nicht?" Avianus musste schief lächeln. Wollte ihn sein Neffe mit aller Kraft davon überzeugen, wie genügsam er war? Während der Reise waren Gerstenbrei, Fußmarsch und Ställe genug gewesen, hier tat's eine Schüssel Wasser und nachher vermutlich etwas trockenes Brot mit Moretum. Schön und gut, aber in der Domus musste man sich wirklich nicht zurücknehmen. Der Junge war immer noch Iunius und man hatte ja nicht umsonst ein großes Baleum, gutes Essen und warme Betten.
    "Lass meinem Neffen Agricola ein Bad ein", sagte Avianus deshalb zu der Sklavin, ohne überhaupt Agricolas Antwort abzuwarten.
    "Wenn du im Balneum fertig bist, sollte auch dein Zimmer vorbereitet sein. Wir haben hier in der Domus einen gewissen Lebenstandard und mein Neffe braucht sich nicht mit weniger zu begnügen. Die Cena hatten wir bereits, wenn du also noch etwas essen möchtest sagst du ihr Bescheid", erklärte Avianus dem Jungen, bevor er der Sklavin zunickte, damit sie ihn ins Balneum führte.
    "Natürlich Dominus. Dann folge mir, Iunius Agricola", sagte diese und öffnete ihm die Tür des Officiums.

    ~ Hier befindet sich das Cubiculum des Caius Iunius Agricola ~


    Den eben erst in der Domus Iunia angekommenen Agricola führte man ins Balneum, während sich Agnodice darum kümmerte, ein freies Cubiculum auf Vordermann zu bringen. Sie brachte frische Decken, schüttelte die Polster aus, wischte den Staub von allen Oberflächen, rückte die Stühle perfekt an den Tisch, oder anders ausgedrückt, werkelte so lange an dem Zimmer, bis es auch für den Hausherren selbst sauber und gemütlich genug gewesen wäre.
    Noch fanden sich nur zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein Bett, eine Truhe - allesamt aus edlem Holz und schön gearbeitet - und ein Teppich in dem Zimmer, den die Sklavin gerade noch zurecht schob, wenn aber der junge Herr so lange bleiben würde, wie sie den Eindruck hatte, nachdem sie kurz mit ihrer Kollegin gesprochen hatte, würde er sein Cubiculum sicherlich selbst nach seinem Geschmack nachrüsten.

    Dass da eine gewaltige Wissenslücke bestand, darauf wäre Avianus auch von allein gekommen, wo doch praktisch jeder von Marcus Iunius Brutus wusste, der gemeinsam mit Cassius Longinus die Verschwörung angeführt hatte, und den meisten war der Name des Mannes verhasst. Avianus, selbst Vollblutiunius, hatte schon oft versucht, die damalige Situation aus der Sicht der Verschwörer zu sehen. Iulius Caesar hatte sich zum Alleinherrscher aufgeschwungen, einem König gleich, und sein Verwandter hatte getan, was er für das beste gehalten hatte. Zumindest wollte Avianus das glauben. Das machte den Mord an Caesar nicht viel besser, doch es war zumindest eine Erklärung, für die er Verständnis aufbringen konnte. Das schien ihm aber ein Thema für einen anderen Tag, denn Agricola sollte erst einmal die Hintergründe verstehen, bevor er mit seinem Onkel über Absichten der Mörder philosophierte. Und der Zeitpunkt, über solche Dinge zu reden, schien ihm zudem gerade ein denkbar schlechter. Sein Neffe sah sich als Hohlkopf und dumm, lächelnd zwar, aber dennoch, sprach davon etwas Anständiges machen zu wollen und hing im Anschluss am Weinbecher wie ein müdes Rennpferd am Wassertrog. Avianus lächelte milde zurück. Der Junge mochte bei Ituriern aufgewachsen sein, war aber nicht zu einem von denen geworden. Es bestand also noch Hoffnung, dass aus ihm ein passabler Iunius zu machen war, und zu irgendwas musste der Junge ja mal werden, warum dann nicht gleich das, wozu er ohnehin geboren war.
    "Das ist natürlich schade. Unsere Gens hat eine sehr bewegte Vergangenheit, über die jeder Iunius Bescheid wissen sollte. Andererseits dürfte es nicht allzu schwer sein, diese Lücke zu füllen solange du Interesse daran hast, und keine Sorge, das wirst du nicht allein tun müssen", meinte er zuversichtlich. Agricola würde von jetzt an in einem Haus voller Iunier leben und sich dadurch wohl den Großteil des nötigen Wissens ganz von allein aneignen. "Und es wird bestimmt nicht schaden, dich auch in anderen Bereichen weiterbildest, je nachdem welche Karriere du später einschlägst. Der Gang ins Militär hat bei uns Tradition. Dein Großvater hat bei der Legio I gedient, ein paar deiner Großonkel waren ebenfalls beim Militär und ich bin wie dein Vater bei den Cohortes Urbanae beigetreten und habe mich ex caligae zum Tribunus hochgearbeitet. Ein etwas entfernterer Onkel von dir, der seine Karriere auch als einfacher Soldat begonnen hat, Iunius Seneca, dient derzeit in Germania als Praefectus Alae …", zählte er seinem Neffen auf, um ihm die Familientradition schmackhaft zu machen, und kam zu dem Schluss, dass es wohl einfacher wäre, diejenigen Iunii aufzuzählen, die nicht im Exercitus gedient hatten. Irgendein Beamter, der den lieben langen Tag in einer kleinen Kammer hinter seinem Schreibtisch saß, brauchte aus Agricola jedenfalls ganz bestimmt nicht zu werden, wenn er nicht wollte, und Avianus konnte seinen Neffen da gut verstehen. Er hatte sich mit seiner neuen Arbeit ja auch nur deswegen angefreundet, weil damit ein höherer Stand einherging und es für Sibel und das Kind um einiges besser war, nicht weil es ihm besondere Freude bereitete. "Naja, das Militär wäre auf jeden Fall etwas Anständiges. Es gibt natürlich auch noch andere Möglichkeiten. Ein anderer Verwandter, Iunius Silanus, hat als Procurator a libellis am Kaiserhof gearbeitet. Schade, dass er aus gesundheitlichen Gründen zurzeit nicht in Rom lebt, sonst könnte er dir sicher ein paar Dinge darüber erzählen."
    Andererseits hatte Agricola noch ein paar Jahre Zeit und brauchte sich weder heute noch morgen zu entscheiden. Bis zu dem Tag, an dem er einen Karriereweg einschlagen sollte, hatte er bestimmt genug Gelegenheiten sich mit seinen Möglichkeiten vertraut zu machen. Dass er einen anständigen Weg wählte, darauf würde sein Onkel ein Auge haben. Der hob zum Schluss seinen Becher und prostete dem Neffen zu. "Dann also auf deine Zukunft." Der Rest des Weines floss die Kehle hinab, der Becher wurde auf dem Schreibtisch abgestellt und ein Stück weit weggeschoben und Avianus atmete tief durch. Er sah davon ab, erneut nachzuschenken, Agricola war noch jung – wie jung eigentlich? Dreizehn? Vierzehn? Er müsste mal danach fragen, was allerdings wenig peinlich war. Und er selbst trank von allen Bewohnern der Domus sowieso am meisten Wein.
    Es klopfte an der Tür des Officiums und die junge Sklavin, die den Vilicus zur Porta begleitet hatte, trat wieder in den Raum. "Braucht ihr noch etwas, Dominus?", fragte sie und hoffte, damit niemanden zu unterbrechen.
    "Danke, wir haben alles. Es sei denn mein Neffe hat irgendwelche Wünsche. Ah richtig, und ein Zimmer sollte für ihn hergerichtet werden", anwortete Avianus, bevor er sich an Agricola richtete: "Benötigst du sonst noch etwas?"