Beiträge von Aulus Iunius Avianus

    Die Tirones taten wie befohlen, fast jedenfalls. Wie der Octavius seinen Kameraden zur Seite stieß entging ihm nicht. Das war ihm erstmal egal, ein wenig Gerangel kam eben mal vor. Aber Kämpfe konnte er definitiv nicht gebrauchen. Sie hatten hier schließlich zu tun. Und wo kämen sie denn hin, wenn sich die Rekruten nach Lust und Laune verprügelten, ganz ohne Befehl.
    Leicht gereizt, weil sich seine Leute ganz ungeniert vor seinen Augen aufführten als stünden sie zum ersten Mal auf dem Übungsplatz, ging er auf die beiden zu. Den Hühnen packte er sich als erstes, denn der saß im Gegensatz zum Octavius nicht schlaff am Boden.
    "Nennt ihr so etwas Disziplin? Wenn ich sowas noch einmal sehe, nehme ich euch beide auseinander, klar?", fuhr er den Tiro laut genug an, dass es auch sein octavischer Kamerad hören musste, bevor er ihn reichlich grob von sich stieß. Er hatte seine Leute noch nie unnötig verprügelt, aber wenn es so weiterging, denn anscheinend fiel der Octavius nicht zum ersten mal auf, könnte sich daran ganz schnell was ändern. "An den Pfahl mit dir. Sofort."
    Dann würde er sich um den Octavier kümmern. Den nahm er am Kragen seiner Lorica und zerrte ihn auf die Beine, wo er dann je nach Verfassung hoffentlich stehen bleiben würde oder auch nicht. "Und du ... dich will ich heute nach Dienstschluss in meiner Habitatio sehen. Zum Pfahl Tiro, weitermachen." Und wenn er dazu nicht in der Lage war, weil er doch mehr abgekriegt hatte, als der Centurio dachte, würde er sich wohl melden. Davon ging Avianus jedenfalls aus.
    Nach ein wenig Aufwärmen mit dem Gladius, was für die Tirones nichts neues mehr war, erhielten sie dann auch den Befehl zur Hasta zu wechseln.



    Sim-Off:

    Boah, sorry. Hätte eigentlich heißen sollen "beim Üben wie mit dem Gladius". Ich krieg einfach nix gebacken letztens. :patsch:

    Zu Beginn nickte er noch knapp, dann sah Avianus schweigend dabei zu, wie Axilla begriff. Und ihn gleich im nächsten Augenblick anherrschte, als wäre sie seine Mutter. Da blickte auch er etwas überrumpelt aus der Wäsche, selbst wenn er innerlich froh darüber war, dass seine Cousine sich derart um das Wohlergehen und die Freiheit des Nachwuchses sorgte.
    "Ja, gut … morgen", stimmte er auch gleich zu – zugegebenermaßen hatte seine Cousine recht, teilweise jedenfalls – und versenkte zudem ein wenig verlegen seinen Blick im Becher, sowie Axilla sich Sibel gegenüber zu einem kleinen Exkurs über die Männer seiner Familie hinreißen ließ.
    "Allerdings habe ich mich noch einmal informiert. Selbst wenn sie während der Schwangerschaft nur vorübergehend frei war, wird das Kind frei sein. Es gilt die favor libertatis. Da gibt es keine Frist. Es gibt also keinen Grund zur Sorge." Wie sich das wieder anhörte … selbst in seinen Ohren. Besser früher als zu spät, hieß es doch immer. Dann hätte Sibel aber schon sehr viel früher ausziehen müssen. So sehr er es auch vor sich her geschoben hatte, es war eben notwendig, hatte er sich längst eingestehen müssen. Und wenn er morgen früh ihre Freilassung veranlassen sollte, würde er wohl oder übel schon heute ohne sie zu den Castra Praetoriae zurückkehren müssen.
    Nur mit einer Frage erwischte Axilla ihn dann noch eiskalt. Fragend und mindestens so verlegen wie zuvor, blickte er zu Sibel. Und er sollte dazu taugen, für eine Frau und ein gemeinsames Kind zu sorgen. Dabei war es nicht einmal so, dass er die Wochen und Tage nicht richtig mitgezählt hätte. Er wusste schlicht und ergreifend nicht einmal genau, wann Sibel das Kind empfangen hatte. "So … äh … drei? Vier? Monate?" Ein Versäumnis, das er gleich wieder wettzumachen versuchen würde, dadurch, zumindest einmal etwas verantwortungsvoller zu wirken: Wo es deshalb eilt: Bei der Entscheidung, wie die Zukunft dieses Kindes aussehen soll. Was ich meine ist … wir beide haben uns für dieses Kind entschieden, und da wäre es eigentlich nur richtig, wenn es auch als unser Kind aufwächst", schnitt er vorsichtig das Thema an, das ihm schon seit Senecas Hochzeit nicht mehr aus dem Kopf ging. Es ging um diese Entscheidung, die er eigentlich schon einmal gefällt hatte, bei ihrem letzten Besuch hier. Nur hatten dieses Kind und Senecas und Seianas Eheschließung ihn ins Grübeln, vor allem aber zum Zweifeln gebracht. Nicht nur, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte, sondern auch, ob er damit leben könnte, dass sein Kind nicht sein Kind sein würde, erst recht nicht wenn er jemals eine andere Frau heiratete.

    "Der bin ich, Miles. Steh bequem", antwortete Avianus dem anderen Avianus, der mit steif durchgestrecktem Rücken vor ihm stand. Das konnte sich sehen lassen, aber für die Besprechung, die auf sie beide zukam, war es wahrscheinlich angenehmer, sich etwas zu entspannen. Oder den Soldaten gleich in die Baracke zu lassen.
    "Tritt ein." Der Centurio trat ein wenig zur Seite, um den Matinier durchzulassen. "Unterkommen wirst du im Contubernium V, die brauchen dringend etwas Verstärkung. Ich lasse dir bis morgen Zeit, dich dort einzurichten und mit allem bekannt zu machen. Aber den Rest solltest du ja kennen: Was du an neuer Ausrüstung benötigst erhältst du im Armamentarium und deine Rationen in der Horrea. Beim morgendlichen Appell, wenn die Tagesbefehle ausgegeben werden, will ich meine Leute ausgeschlafen und mit gepflegter Ausrüstung sehen." So weit, so gut.
    "Legio I also? Der Dienst dort soll ja recht ... angenehm sein." Keine wilden Barbaren oder organisierte Kriminalität in dem Ausmaß, wie man sie in Rom vorfand, keine großen Paraden ... hoffentlich zeigte der Miles im Dienst, dass er trotzdem was drauf hatte.

    Klar hatte er keinen Fehler gemacht, darauf wäre Avianus auch von allein gekommen. Er hatte nur getan, worum ihn die Frau des damaligen Konsuls und Patrons seines Verwandten gebeten hatte, und was nötig war, um bei der Hinrichtung anwesende zu schützen. Und darum veranstaltete der Herr Konsular jetzt ein Drama. Naja, zum Glück beschränkten sich die Drohungen auf dessen Frau und betrafen nicht ihn, sonst wär's ja noch schöner gewesen. Er machte schließlich nur seine Arbeit.
    "Ja? Gratuliere. Germania ist ja anscheinend der letzte Schrei heutzutage", kommentierte Avianus wenig begeistert. Der Consular schleppte wohl oder übel halb Rom mit in die Provinz. Traurigerweise waren da einerseits dessen Frau mit dabei, die ihm in der Vergangenheit häufig lästig, in letzter Zeit aber mehr und mehr unterhaltsame Gesellschaft gewesen war, und eben sein Bruder im Geiste mit seiner Familie.
    "Mein Leben ist absolut nicht langweilig. Glaub' mir, das toppst du nicht." Nie im Leben. Aber was wusste Lucia schon von schwangeren Sklavinnen, unvorbereiteten zukünftigen Vätern und den Zankereien seiner Verwandtschaft. Und genau deswegen sollte er eigentlich gar nicht hier draußen sein. Weil da drinnen im Haus seine das gemeinsame Kind erwartende Geliebte lag. Er sollte gar nicht sich den Kopf zerbrechend durch den Garten laufen oder mit irgendwelchen Patrizierinnen über Briefe tratschen. Viel eher sollte er tief durchatmen, nach drinnen gehen und sich wieder zu Sibel legen. Bevor er allerdings das tun würde, wollte er Lucia noch diese eine Frage stellen:
    "Wie gut habe ich eigentlich bei deinem kleinen Rätsel abgeschnitten?"

    Dass er neue Milites in seiner Centuria würde begrüßen dürfen, hatte Avianus längst erfahren. Sogar deren Namen hatte er teilweise bereits auf seinem Schreibtisch liegen. Nur wann genau diese Milites eintreffen würden, konnte er nicht wissen. Der an der Tür klopfende Besucher kam also unerwartet, wenn auch zu einem günstigen Zeitpunkt - der Optio war noch wegen einer Patrouille unterwegs und der Centurio erst vom Exerzierplatz zurückgekehrt -, weshalb der Centurio nicht wie sonst so oft, etwa wenn er einen seiner Männer zu sich schicken ließ, ein einfaches "Herein" durch die geschlossene Tür rief, sondern sich persönlich erhob und dem ihm unbekannten Gesicht, wie er anschließend feststellte, öffnete. Den jungen Mann sah er zwar zum ersten Mal, aber dass er weder kein Vorgesetzter war, sagte ihm ein kurzer, musternder Blick.
    "Salve, was kann ich für dich tun?", fragte er deshalb, in der nun geöffneten Tür stehend, ganz formlos.

    Und wie sie für sich selbst reden konnte. Nein, dazu brauchte sie ihn wirklich nicht mehr.
    "Nichts Schlechtes jedenfalls", meinte er zu Axilla mit einem kleinen Zwinkern, nun da sie endlich saßen. Avianus hatte gegenüber Sibel kein Wort darüber verloren, dass seine Cousine mit Seneca, wegen einer Liebschaft, die ihr nicht gefiel, praktisch kein normales Wort mehr wechselte. Sibel war auch ohne solche Geschichten schon nervös genug gewesen. Und damit sie verstand, woher Axillas Wut genau kam, hätte er ihr das ganze Drama, mit dem er eigentlich nichts zu tun hatte, erklären müssen. Nein, da schwieg er lieber.
    Beide Frauen griffen zu Posca, er ließ sich den verdünnten Wein einschenken, allerdings nicht, ohne einen kurzen, entschuldigenden Blick zu Sibel zu werfen, nicht etwa weil er glaubte, dass sie es ihm übel nahm, sondern eher weil sie im Gegensatz zu ihm darauf verzichten musste. Er trank einen Schluck.
    "Äh … ja", sagte Avianus anschließend knapp, um die Stille zu überbrücken, die nun herrschte. Frauen redeten doch sonst so gerne. Gewöhnliche Frauen, in gewöhnlichen Situationen. Hier traf keines von beidem zu, es blieb also wieder mal an ihm hängen. "Also … ich möchte Sibel in den nächsten Tagen freilassen. Ich denke, das macht die Situation um einiges leichter. Eine Frau in der Castra sorgt eben immer für schiefe Blicke. Und dann hätte sie endlich ihre Freiheit …" Bei Seneca war es ihm weitaus leichter gefallen, die Katze aus dem Sack zu lassen. Was hätte der auch groß sagen sollen, mit seinem unehelichen Kind, das er und Seiana in die Welt gesetzt hatten. Avianus warf einen Blick in seinen Becher. Ja, da waren zum Glück noch ein paar Schlucke drin. Aber was hielt ihn eigentlich zurück? Axilla hatte bei ihrem letzten Gespräch selbst von Kindern geredet, die nicht unfrei zur Welt kommen sollten. Er gab sich also einen Ruck, räusperte sich kurz, legte Sibel eine Hand auf den Arm, für den Fall, dass sie nicht damit rechnete, was er Axilla gleich erzählen würde, und setzte fort: "Und dann kommt das Kind frei zur Welt … so viel zu der dringenden Neuigkeit." Gut, das nahm den Fokus vorerst etwas weg von Sibel und verteilte die Aufmerksamkeit seiner Verwandten auf sie beide. Wenigstens ein Vorteil. Wenn das Gespräch dann nur nicht wieder in Richtung gemeinsame Zukunft lief. Wobei der Auslöser für ihren Streit während ihres Treffens mit Seneca eher dessen "Heirate sie doch einfach"-Mentalität gewesen war. Und was ihre Zukunft betraf, darüber hatte er mit Sibel ohnehin noch reden wollen, nur eben nicht ausgerechnet hier.

    "Hmhmhm ... hehe", gluckste Tullus belustigt. Also dass der Matinier ausgerechnet die Frage stellte. Das hatte wohl einfach so kommen müssen.
    "Ich denke den merkst du dir leicht ... man nannte mir den Namen Iunius Avianus", erklärte der Miles, nicht nur, um dessen Frage zu beantworten, sondern auch, damit der neue Urbaner verstand, weshalb er sich so amüsierte. Avianus war ja auch nicht gerade ein Allerweltsname, und dann waren da gleich zwei davon auf einem Haufen. Zufälle gab's ...
    "Dem haben erst neulich die Prätorianer ein paar Männer abgenommen, wurde mir gesagt, und jetzt wird nachgefüllt, wie's aussieht."

    Sibel war ihre Nervosität deutlich anzumerken, aber wie oft sollte er ihr denn noch sagen, dass Axilla nicht abweisend reagiert hatte, als er von ihrer Beziehung erzählt hatte? Andererseits: Wie könnte Avianus es seiner Liebsten verdenken, nach allem, was bei ihrem letzten Besuch geschehen war, damals als er sie Seneca vorgestellt hatte. Und er selbst war schließlich genauso ein wenig angespannt, wenn auch weitaus weniger als Sibel. Er kannte seine Cousine ja und wusste in etwa, was auf sie beide zukam. Das einzige, wovor er sich im Grunde fürchtete, war, dass ihr Gespräch wieder auf irgendeine Weise unangenehm enden könnte. Darauf hatte er sich allerdings vorbereitet, mental jedenfalls, denn er wusste genau, dass beim letzten Mal auch er die Schuld trug … nein, vor allem er, war seine Überzeugung. Er war derjenige, der zwischen Sibel und Axilla stand, wenn etwas schief lief, das Gespräch in eine Richtung lief, von der er wusste, dass sie einer der beiden Frauen nicht gefallen könnte, war es seine Aufgabe einzulenken. Und wenn seine Geliebte einmal mehr mit den Nerven am Ende wäre, hatte er abzubrechen, statt weiter Öl ins Feuer zu gießen. Wenigstens lerne man bekanntlich aus Fehlern.
    Und dann kam seine Cousine auch schon, sichtlich gut gelaunt, was auf alle Fälle ein gutes Zeichen war. "Salve, Axilla", grüßte er mindestens so freundlich zurück, "Es freut mich, dass du so kurzfristig Zeit hast."
    Auf Axillas Bemerkung hin lächelte er nur weiterhin. Ein wenig hatte er erzählt, so war das also. Nicht etwa einen (fast) kompletten Lebenslauf. Na wenn sie meinte. Da Axilla ohnehin Sibel direkt angesprochen hatte, überließ er es seiner Liebsten, sich vorzustellen. Sonst nahm er ihr ja ständig jede noch so kleine Aufgabe ab, die ihr unangenehm sein könnte und dass er damit endlich aufhören musste, dessen war er sich eigentlich schon länger bewusst. Er konnte ihr nicht das Selbstbewusstsein verleihen, das sie so dringend nötig hatte, aber er konnte zumindest versuchen, sie nicht mehr ihn Watte zu packen und vor allem auch nur ansatzweise unbehaglichen in der bösen Welt da draußen zu beschützen. Also ließ er die beiden erst einmal reden.
    "Setzen wir uns doch. Möchte jemand Wein … oder Posca?", fragte er lediglich.

    Avianus lächelte zurück, nicht ganz sicher, ob er tatsächlich das Richtige gesagt hatte oder nicht. Selbstverständlich stellte sich nur die Frage ob Sibel mit seiner Antwort zufrieden war, denn er selbst war immer noch der Meinung, dass er Recht hatte. Sibel hatte sich die Entscheidung unnötig schwer gemacht, und er hatte schlichtweg die logische Wahl getroffen. Bei ihren restlichen Einkäufen zog sie ihn trotzdem nicht mehr zu Rate. Was auch immer der Grund war, ob er etwa ein grottenschlechter Berater war oder sie plötzlich entschlossen hatte, ihre Entscheidungen selbst zu treffen, Avianus war nicht beleidigt deswegen. Ganz im Gegenteil, was auch immer passiert war, hatte im Grunde die gewünschte Wirkung erzielt: Sie kaufte, was sie wollte. Und er trottete eben halb anwesend halb in irgendwelche Gedanken versunken neben oder auch hinter ihr her. Hier und da schenkte er ihr ein Lächeln, einerseits weil sie nicht glauben sollte, dass sie ihm auf die Nerven ging – obwohl er sich sehr wohl schöneres vorstellen konnte, als von seiner ganz plötzlich dem Kaufrausch verfallenen Geliebten von einem Stand zum nächsten geschleift zu werden –, gleichzeitig hatte er natürlich auch Freude daran, sie glücklich zu sehen, sodass er zwar hier und da mal seufzte, sein Lächeln aber nicht aufgezwungen war. Zumindest nicht immer.


    Da marschierten sie also, mit gefühlt mehr Einkäufen, als er in den letzten paar Jahren zusammen getätigt hatte. Sibel hatte trotz ihrer anfänglichen Zweifel an der Aktion ganze Arbeit geleistet, das musste man ihr lassen. Und dabei ihn vergessen. Ihm selbst war das gar nicht einmal aufgefallen. Vermutlich weil er nicht erst daran gedacht hatte, etwas Neues zu brauchen zu können. Und nein, er brauchte doch auch gar nichts.
    "Ich? Klar … ich hab' alles", antwortete er nur knapp. Eine einfarbige Toga und ein paar Schuhe, genauer genommen. Mehr brauchte er doch bestimmt nicht. Und beides sah aus wie neu, verglichen mit seinen Caligae und den Tuniken, die er täglich bei der Arbeit trug. "Was meinst du … sind wir dann fertig?", fragte er stattdessen zurück und hoffte einfach darauf, damit nicht in ein Fettnäpfchen getreten zu sein, weil er irgendetwas Wichtiges vergessen hatte.

    Zitat

    Original von Publius Matinius Avianus


    "Soso?", fragte der Urbaner am Tor zurück, "Da steht aber nicht viel drauf, auf dem Wisch." Dabei sprach er seine Feststellung nicht einmal provokant aus, ganz im Gegenteil, er blickte den Matinier erst fragend an und kratzte sich dann unschlüssig das Kinn. Aber der Befehl kam eindeutig von oben, da gab es keine Zweifel, und der neue Soldat musste irgendwo untergebracht werden.
    "Hmhmhm ... Komm ma' rüber, Tullus!", rief der Miles dann einen Kollegen zu sich. "Geh' mal zur Principia und frag' was wir mit dem Matinius hier machen sollen. Wurde versetzt, von der I. zu uns, und hat nur das dabei." Seufzend deutete der Miles auf den Versetzungsbefehl, den der Matinier mitgebracht hatte.
    "Matinius wer?"
    "Matinius Avianus."
    "Jaja, ich seh was sich machen lässt." Gelangweilt stapfte der Miles Tullus von dannen. Ob hier am Tor herumstehen, oder die Lagerstraße hinunterstapfen ... was machte das schon für einen Unterschied. Unterhaltsam war beides nicht und heiß war es in der Blechdose von Rüstung überall. Und während irgendein Scriba in der Principia Informationen darüber suchte, wohin der neue genau zu verfrachten war, bot sich vielleicht sogar die Gelegenheit, eine kleine Pause einzulegen.
    "Und? Wie is' Mantua denn so?", fragte der erste Miles, der nicht recht wusste, was er solange mit Avianus anfangen sollte.


    ~~~


    Etwas später, nach einer kleinen Odyssee durch die Principia, kehrte Tullus zurück, rückte ein klein wenig stolz auf sich selbst seinen Gürtel zurecht, obwohl er im Grunde nicht besonders viel geleistet hatte, und wandte sich an den Matinius. "Tjaja ... also ich war beim Scriba unseres Tribunus, und der Scriba hat irgendwelchen Papierkram durchforstet, und war dann beim Scriba eines anderen Tribunus ... ja, also jedenfalls geht's für dich zur Cohors XII, genauer genommen in die III. Centuria. Melde dich in deren Unterkünften beim Centurio."

    Die gemeinsame Zeit in den Albaner Bergen hatte ihnen gut getan. Avianus war noch immer anzusehen, dass er die paar Tage Urlaub in vollen Zügen genossen hatte. Das Leben außerhalb der Stadt war ihm nicht neu, hatte er doch selbst lange Zeit mit seiner Mutter und seinem Bruder auf dem kleinen Landgut seines Onkels gelebt, und definitiv wären die Albaner Berge kein Ort, an dem er für immer würde verweilen wollen, aber es war eine angenehme Abwechslung gewesen. Und die Ruhe und Abgeschiedenheit vom ständigen Treiben Roms hatten ihm endlich Gelegenheit gegeben ungestört nachzudenken über all die Dinge, die ihn schon so wahnsinnig lange beschäftigten, und seine Gedanken zu ordnen. In erster Linie ging es dabei darum, wie Sibels Zukunft aussehen würde, und was heute dran war, gehörte da gewissermaßen auch dazu: Sibels und Axillas Kennenlernen, das er schon vor einer gefühlten Ewigkeit geplant hatte. Dabei war es so lange gar nicht her, nur war seitdem wieder so furchtbar vieles geschehen.
    "Und? Bist du bereit?", fragte er Sibel, als er mit ihr ins Atrium trat, und hauchte ihr noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange, solange sich Axilla noch nicht blicken ließ. Dabei lächelte er breit. Nur ein kleiner Spaß eben, denn seine Cousine biss ja nicht. Jedenfalls nicht ihn oder seine Geliebte. Bei anderen Familienmitgliedern und deren Weibern sah es wieder ganz anders aus. Avianus war zwar sehr wohl ein wenig nervös, aber guter Dinge, dass Axilla sich so unkompliziert verhalten würde, wie bei ihrer letzten Begegnung, während derer sie die Beichte seiner unkonventionellen Beziehung sehr viel lockerer aufgenommen hatte, als er es sich je erträumt hätte. Und dass sie heute dasselbe tat, war dringend nötig, denn ihm und Sibel lief die Zeit davon. Noch war der Bauch unter lockerer Kleidung zu verstecken, doch früher oder später würde sich das ändern und spätestens dann würde es in der Castra unangenehm werden. Eine schwangere Frau hatte dort absolut nichts zu suchen und alleine in einer kleinen Insula genauso wenig. Hier war der einzige Ort, wo er sie in guten Händen wüsste.
    Ein Sklave sollte Axilla von ihrer Ankunft berichten, ein anderer sollte schon einmal Posca und Wein bereitstellen, dann wartete der Iunius vorerst ab.


    Aulus Axillae suae s.p.d.


    Das letzte Mal, als wir uns trafen, meintest du, ich solle dir Bescheid geben, bevor ich gemeinsam mit Sibel das Haus unserer Gens besuche, um euch beide miteinander bekannt zu machen. Morgen Abend also werden wir vorbeischauen, es sei denn natürlich, du lässt mir eine Nachricht zukommen, dass unser Besuch ungelegen käme. Ich hoffe aber, du kannst die Zeit erübrigen, denn Sibels Auszug aus der Castra ist inzwischen sehr viel dringender, als ich bei unserem Gespräch damals angenommen hatte und es gibt Neuigkeiten, von denen ich dir berichten möchte. Ansonsten freue ich mich auf ein baldiges Treffen.
    Vale bene.


    Avianus


    [Blockierte Grafik: http://oi57.tinypic.com/2qx22i8.jpg]
    Manius Triarius Seianus


    Milites wurden zu Optiones, irgendwelche Decuriones wurden von den Praetorianern rekrutiert und er blieb der ewige kleine Miles. Ja, das hätte er sich eigentlich denken können. Die Welt war eben nicht immer gerecht. Und ihm gegenüber fast nie. Da konnte der Decurio, der wartete und in die Stadt wollte, aber herzlich wenig dafür.
    "Ahaa ... gratuliere", antwortete der Triarius gedehnt und mit nachdenklichem Blick, "Na, dann halte ich dich nicht länger auf."
    Damit wurde der Decurio auch schon durchgelassen und die nächsten Reisenden zum Tor gewunken.



    [Blockierte Grafik: http://oi57.tinypic.com/2qx22i8.jpg]
    Manius Triarius Seianus


    Das war doch Mist. Ausgerechnet er, der Triarius Seianus, der stets so gewissenhaft Wache hielt, ob Tag oder Nacht, dessen Ausrüstung sauber poliert stets perfekt saß, der so engagiert den Totentransport ihres letzten Optios angeführt hatte, ja er ... er war noch immer Miles. Und der Miles Rubrius, das nächste Schätzchen des Centurios, nachdem der Germanicus ins Gras gebissen hatte, der stand nun ganz plötzlich über ihm, während er selbst sich weiterhin am Tor die Beine in den Bauch stand.
    Entsprechend motiviert beobachtete der Triarius deshalb den Decurio, der sich dem Tor näherte. "Salve, Decurio", grüßte er knapp, machte etwas Platz und musterte den Mann doch noch einmal genauer. "Trägst du Waffen?", fragte er gleich im Anschluss genauer nach. Innerhalb des Pomeriums war das schließlich nicht jedem erlaubt.



    Avianus zuckte kurz mit den Schultern. So ganz verstand er nicht, was Sibel davon abhielt einfach das eine oder das andere zu nehmen. Es war ja nicht einmal so, als gäbe es eine falsche Wahl, und das wichtigste war einfach nur, während der Hochzeitsfeier nicht aufzufallen. Denn wirklich auf sie achten würde ja ohnehin kaum jemand, solange sie halbwegs ins Bild passten.
    "Es ist nur ein Kleid, Sibel", erinnerte Avianus seine Liebste deshalb. Und so schwer konnte das doch nicht sein. Dann sollte sie doch das türkisfarbene nehmen, wenn es zum Schmuck am besten passte. Und er wollte ebendas gerade sagen, als er bemerkte, wie sie selbst diese kleine Entscheidung in seine Hände legen wollte. Dabei war ja logischerweise nicht einmal er derjenige, der es tragen würde, und sie war alt genug, endlich einmal damit anzufangen, ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Gut, es war nur ein Kleid. Oder nein … eben war es nur ein Kleid, oder? Seufzend wog er kurz seine Möglichkeiten ab. Zumindest das rote fiel schon mal weg. Blieben also noch zwei übrig.
    "Wenn dir beide gefallen, beide passen und du in beiden hübsch aussiehst, welche Rolle spielt es dann? Wir werden uns auf dem Fest so oder so amüsieren, ganz egal, welches du trägst." Er wollte ja eigentlich, dass sie nahm, was sie selbst am liebsten hätte, aber dann stünden sie vermutlich noch Stunden herum, so wie er Sibel kannte. Und das Hauptproblem schien zu sein, dass sie alle Kleider gleich gerne hätte. Er bedachte sie mit einem milden Lächeln. "Wenn das türkisene am besten zum Schmuck passt, wie du sagtest, dann nimm es doch."
    Jetzt hatte er wenigstens einmal am eigenen Leib erfahren, weshalb Frauen für gewöhnlich mit Frauen einkaufen gingen.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    Herzlichen Glückwunsch auch von mir, hoffentlich lässt dich schön feiern! 8)


    Und nebenbei natürlich auch danke für eure Glückwünsche. :)


    Boah echt, da schreib ich schnell was, bevor ich weg muss, und mitten am Nachmittag bei der Arbeit fällt mir aus heiterem Himmel ein, dass ich die Hälfte der Geburtstagskinder vergessen habe ... :patsch:
    Selbstverständlich auch alles Gute an die eine Hälfte meiner quintilischen Lieblingsshoppingbegleitung und Aculeo, den meine ID bisher noch gar nicht direkt kennenlernen durfte (soweit ich weiß jedenfalls).


    Und ganz nebenbei: Hat wer ein Hirn übrig? :D


    Edit: Whaat? Antias? Na sowas ... ich glaub ich seh Gespenster. :P