Von mir ebenfalls alles Gute. Lass dich schön feiern!
Beiträge von Aulus Iunius Avianus
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Nachdem vorhergehende Versuche, über die Schauspieler des Theaters etwas in Erfahrung zu bringen keine Früchte getragen hatten, machte sich an eben jenem Tag der Premiere der Tarpeia eine kleine Abordnung Urbaniciani auf den Weg, sich erneut im Pegasustheater umzusehen. Und dennoch wäre das Unterfangen, diesen rätselhaften Serapio unter all den Leuten, die im Theater saßen, zu finden, mit Sicherheit kein leichtes, um nicht zu sagen, so gut wie unmöglich. Avianus vertraute dennoch auf seine Soldaten, unter denen sich doch ein paar vielversprechende befanden. Sollte etwas zu finden sein, sie würden es finden, sagte er zu sich selbst.
Selbstverständlich in zivil mischte man sich also paarweise unter die Leute, während eine Handvoll sich möglichst unauffällig vor den Eingängen verteilt postierte, unter ihnen der Optio selbst, abwartend, ob seine Männer, die sich zwischen die Zuschauern gesetzt hatten, etwas brauchbares beobachten oder in Erfahrung bringen konnten. Als nach dem Ende der Vorstellung also die Menge wieder aus dem Theater strömte und seine Soldaten sich unter den Leuten umsahen, die nun wieder ihrer Wege gehen wollten, und hier und da nach dem mysteriösen Serapio fragten, wartete der Iunier stattdessen darauf, dass seine "Zuschauer" bei ihm Meldung machten und hoffentlich gute Nachrichten für ihn bereithielten. -
Alle Tirones marschierten, die einen mit mehr, die anderen mit weniger Begeisterung, allesamt stumm, und wenigstens funktionierte es … irgendwie. Zumindest solange, bis eine kleine Gruppe Praetorianer auftauchte, die Avianus zunächst nur im Augenwinkel wahrnahm, und von denen er, wenn er sich nicht irrte, den voranschreitenden sogar kannte.
Er fühlte sich beinahe so, als stahlen die Schwarzröcke ihm die Show, denn ganz plötzlich waren die Gestalten am Rande des Exerzierplatzes im Zentrum der Aufmerksamkeit der Tirones, nicht mehr er. Und weshalb die jungen Kerle mit einem Mal allesamt über den Platz stolzierten wie aufgeplusterte Gockel konnte er sich lebhaft vorstellen, doch wenn es tatsächlich so war, wie er dachte, dann waren seine neuen Rekruten noch ein ganzes Stück naiver, als er zuvor angenommen hatte.
"Heute ist euer erster Tag… glaubt ihr ernsthaft, die sind hier auf der Suche nach neuen Rekruten? Konzentriert euch lieber aufs Exerzieren!", schallte es über den Exerzierplatz, um den Übereifer der herumstaksenden Tirones zu bremsen und dafür zu sorgen, dass sie sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentierten. Denn darauf, eine weitere Kollektivstrafe auszuteilen, hatte auch der Iunier herzlich wenig Lust.
Ganz davon abgesehen, dass seine Tirones nicht gerade eine Glanzleistung ablieferten, machte es ihn ebenfalls etwas nervös, dass er wahrscheinlich mindestens so sehr beobachtet wurde, wie die Rekruten. Und ebenfalls wusste er, wie das Marschieren bei den Praetorianern aussah: Perfekt synchron, geordnet und jeder Befehl wurde exakt befolgt. Da fehlte seinen Leuten eindeutig noch einiges an Übung ... monatelanges Üben, um genau zu sein. Mindestens.
Da konnte er ja fast von Glück reden, dass er hier und da blutige Fersen entdeckte, ein paar Rekruten bereits die Luft ausging und die Übung schon eine ganze Weile andauerte. Mit anderen Worten: Es gab einige triftige Gründe, das Marschieren für den heutigen Tag abzuhaken und die Rekruten vorerst wieder hübsch in eine Reihe zu bringen, was hoffentlich besser funktionieren würde, als beim ersten Mal. Und wenn nicht, hatte er immer noch seinen Rebstock.
"Gut, das reicht erstmal. In aciem venite. State." -
Erneut ungläubig beobachtend, was sich vor seinen Augen gerade abspielte, registrierte Avianus kaum, wie seine Leute sich noch immer abmühten, die Zuschauer unter Kontrolle zu halten. Wie auch, wenn vor seinen Augen gerade ein Duccianus nach allen Regeln der Kunst zerlegt wurde. Und die Sache mit den Namen war ganz bestimmt der einzige Zufall. Na klar. Er konnte nicht anders, als angesäuert das Gesicht zu verziehen. Die Senatoren waren beschäftigt damit sich gegenseitig die sprichwörtlichen Köpfe einzuschlagen, anstatt sich um einen Nachfolger für den Thron zu kümmern, und die Urbaner durften den ganzen Mist aufräumen, der unterdessen produziert wurde, während sich der Tiberius dabei auch noch amüsierte. Denn was war unterhaltsamer als ein zerrütteter Senat und ein vakanter Thron...
Ein weiteres Mal verfehlte das Schwert den Hals und erneut, traf alles, nur nicht die Stelle, wo es hin sollte. Ob die Tiberia wieder zu sich kam? Ein flüchtiger Blick wanderte zur Schwester des Magistrats. Besser nicht, denn was sie sehen und hören würde, war noch um einiges übler, als der Anblick des halb durchtrennten Halses des Vettianus und was auch immer ihr Bruder währenddessen von sich gegeben hatte. Vermutlich wäre sie noch im selben Moment, in dem sie wieder zu sich kam, bereits wieder in Ohnmacht gefallen, wenn das schmerzerfüllte Schreien zu ihr durchdrang, oder spätestens dann, wenn sie den Ursprung des nur so spritzenden Rots ausmachte.
Zumindest war es dann endlich vorbei, als der vermeintlich blinde und motorisch äußerst unbegabte Carnifex es entgegen aller Erwartungen schaffte vom Körper zu trennen, was in der Vergangenheit vermutlich einmal einen Kopf dargestellt hatte.
Seine Leute würde er vorerst dennoch stehen lassen, zumindest bis der Carnifex seine Sauerei aufgeräumt hatte und Bewusstlosen beiseite geschafft waren, und bis dahin hatte sich die aufgeheizte Menge vielleicht ebenfalls wieder ein Stück weit beruhigt. Diese kurze Zeit wollte er nutzen, um zum Tiberius zu treten.
"Wir sehen uns dann wohl auf dem Marsfeld wieder?", sprach er den Magistrat an. Kurzer Smalltalk war allerdings nicht gerade, worauf er aus war. Der Tiberius ging eindeutig zu weit. Avianus' Mitleid dem Verbrecher gegenüber hielt sich in Grenzen, doch wo würde Rom enden, wenn jeder sich das Recht nahm zu tun, was auch immer ihm gefiel. Definitiv wollte er sich nicht mit dem Patrizier, Senator und Magistrat anlegen, der schlussendlich wohl am längeren Hebel saß. Einfach so stehen lassen konnte er das geschehene jedoch ebenfalls nicht, hatte er das Gefühl.
"Falsche Namen also, Magsitrat Tiberius? Wäre es nicht derart offensichtlich, dass das alles vollkommene Absicht war, würde ich fast schon fragen, ob ich die Wahrheit etwa für mich behalten soll …", kommentierte er wenig begeistert, "Und wenn Konflikte im Senat von jetzt an auf diese Art und Weise geregelt werden, können wir uns sicherlich auf eine rosige Zukunft freuen." -
Der Octavier war der einzige, der sich dieses Mal meldete, zwar nur mit einer halben Antwort, aber besser als nichts.
"Exakt, Tiro Octavius, und deshalb machen die Tirones außen auch größere Schritte! Und diejenigen, die in der Kurve innen marschieren, machen natürlich kleinere!", wiederholte Avianus ausführlicher und laut genug für alle.
"Also: Am Ende des Platzes will ich eine schöne Kurve nach rechts sehen! Pergite!"
Und auch danach kam noch mehrmals die Befehle "Ad dextram*!" oder "Ad sinistram**!", um die Tirones lange genug über den Platz marschieren zu lassen, bis jeder halbwegs den Dreh raus hatte. Bis zur Perfektion brauchte am ersten Tag noch niemand das Marschieren zu beherrschen, aber zumindest soweit, um nicht über die eigenen Füße oder die der Kameraden zu stolpern.Sim-Off: * rechts um / rechts schwenkt
** links um / links schwenkt -
Wohl oder übel hatte er Recht, denn nur ein weiterer Kuss von ihr folgte, dann ließ sie ihn bereits auf dem Bett zurück. Warum ausgerechnet heute, fragte Avianus sich noch immer in Gedanken. An so vielen anderen Tagen hätte der Helvetius mit ihr solange reden können, wie er wollte, und ihn hätte es nicht groß gestört - solange er Sibel damit nicht verletzte eben. Aber ausgerechnet am heutigen Abend musste der Kerl antanzen und in ihr lang ersehntes Treffen platzen. Natürlich war er froh, sie zumindest einmal wieder gesehen, ein paar Worte und Zärtlichkeiten ausgetauscht zu haben ... doch dass es nicht das war, was er sich vorgestellt hatte, ließ sich kaum leugnen, und ein Blick zu Sibel war gar nicht nötig um zu verstehen, dass sie nicht anders dachte.
Mit mäßiger Begeisterung stemmte er sich vom Bett hoch und zog sich an. Als er damit fertig war, trat Sibel ein letztes Mal nah zu ihm.
"Das werde ich. Ganz bestimmt", versicherte er nach ihrer Umarmung, weil nach dem heutigen viel zu kurzen Treffen eine längere Durststrecke auf für ihn nur schwer zu ertragen wäre. Er genoss und erwiderte den vorerst letzten Kuss, machte den schweren ersten Schritt durch die Tür und wenig später die nur unwesentlich leichteren hinaus aus dem Lupanar. Das war doch... Mist. Da stand er schon wieder auf der Straße, trat den Heimweg an, dabei fühlte es sich so an, als hätte er das Lupanar erst vor wenigen Minuten betreten. Mist ... dachte er noch einmal, während er weiterschritt, die Gassen entlang, auf dem Weg zur Castra Praetoria. -
Obwohl er auch zuvor noch gelächelt hatte, war er nun sichtlich erleichtert, als sie sich mit ihm freute, selbst wenn sie nicht sofort in Begeisterungsstürme ausgebrochen war. Avianus hatte ja schon befürchtet, sie könnte ihn jetzt entsetzt anstarren und glauben, er würde sich im nächsten Augenblick aus dem Staub machen.
Nein, stattdessen brachte sie sogar den Vorschlag, ihr nächstes Treffen seiner Beförderung zu widmen. Feiern. Klang gut. Bisher hatte er auf seine Beförderung noch nicht mal mit irgendwem angestoßen. Wie auch, bei dem ganzen Mist mit dem toten Kaiser. Aber gemeinsam mit Sibel würde er das liebend gerne nachholen. Sich mal wieder etwas mehr zu amüsieren als sonst konnte bestimmt nicht schaden.
"Da kann ich nicht nein sagen... und ich freu' mich sowieso jetzt schon", stimmte der Iunius ihr glücklich zu, hatte das Thema für sich bereits wieder abgehakt, und lächelte weiter vor sich hin, noch immer wegen ihrer Bemerkung von vorhin. Und ob sie ihn verrückt machen würde. Tat sie doch schon immer, auch ohne dass er versuchte, ihr etwas beizubringen, und auf eine Art und Weise die ihm gefiel.
Er ertappte sich selbst dabei, wie er sie sanft zurück in die Kissen drücken wollte, um den Abschied erneut hinauszuzögern, hielt dann inne und verzog kaum merklich das Gesicht. Sie hatte es ja gerade eben selbst wieder angedeutet, heute hatten sie nicht mehrere Stunden wie sonst. Und wie viel Zeit verbrachte Sibel eigentlich mit ihren Kunden? Da war er doch sicher schon längst über dem Durchschnitt, selbst für einen Stammkunden.
"Vielleicht solltest du … dann mal wieder nach unten gehen …", sagte er ein wenig widerwillig, denn das würde eben auch bedeuten, dass der heutige Abend erstmal gelaufen war. "Du sollst meinetwegen keinen Ärger bekommen." -
Erneut strahlte sie. Genau so wollte er sie in Erinnerung behalten, wenn er nachher zur Castra zurückkehrte. Glücklich und wunderschön.
"Du wünschst dir ja nicht besonders oft etwas. Wenn ich deine wenigen Wünsche dann auch noch vergessen würde ...", meinte Avianus leise lachend, nahm ihre Hand, die gerade eben noch zärtlich sein Gesicht berührt hatte, und küsste sie.
"Aber noch habe ich es dir nicht beigebracht", witzelte er und drückte ihr einen weiteren Kuss auf die Lippen.
"Es gibt da noch eine andere Sache, von der ich dir erzählen wollte." Obwohl er nicht sicher war, wie sie auf die Neuigkeiten reagieren würde, von denen er ihr gleich berichten würde, wollte der glückliche Ausdruck nicht aus seinem Gesicht weichen. "Dir steht jetzt ein Centurio zur Seite."
Es hatte einmal diese Zeit gegeben, in der er gesagt hatte, er würde sie hinter sich lassen, sollte er einmal Karriere machen. Würde er noch genau dasselbe denken wie damals, hätte sie jetzt allen Grund, unglücklich zu sein. Doch er war noch immer da und sein Geschenk zeigte ihr hoffentlich, dass er auch in Zukunft noch Zeit bei ihr verbringen würde. Weshalb auch nicht. Denn wen interessierte es schon, wenn er hin und wieder ein Lupanar besuchte. Selbst wenn er irgendwann noch höhere Posten erhielt, würde es niemanden kratzen. Nicht einmal Seneca würde was merken. Und der war ohnehin nicht da, um ihn zurechtzuweisen. -
"Consistiiiiite*!", rief Avianus den Männern zu. Die meisten hatten sich ganz gut angestellt, dennoch tanzten ein paar aus der Reihe. Das musste noch besser werden.
"Ihr wisst schon alle, was links ist, oder?", stellte er eine mehr rhetorische Frage in die Runde.
"Der da!" Einem in der ersten Reihe, der es falsch gemacht hatte und ihn jetzt blöd angaffte, stieß er gegen das linke Schienbein. "Wenn ihr euch bei etwas nicht sicher seid, seht eben eurem Nebenmann zu. Es machen ja genug von euch richtig!"
Er trat wieder etwas zur Seite, um den Männern Platz zum Marschieren zu geben.
"Nochmal! Pergite!", rief er und gab wieder den Takt an, in dem die Tirones ihre Schritte machen sollten. Da konnte er sich ja schon richtig auf die Kurven freuen, wenn's jetzt schon so prima lief.
Erstmal ließ er jetzt die Tirones ein Stück weit marschieren, und ließ sie dann mit einem lauten "Consistite" erneut Halt machen.
"Wer von euch weiß, wie das Marschieren um eine Kurve funktioniert?"Sim-Off: * Halt machen
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Horrea
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Hier werden die Lebensmittel der Truppen gelagert. In mehreren aus Stein errichteten Lagerhäusern finden sich Getreide, Brot, frische und getrocknete Früchte und Gemüse, aber auch Speck, Käse und andere Nahrungsmittel. An besonderen Tagen wird an die Soldaten, die hier regelmäßig ihre Rationen abholen, auch Fleisch verteilt.
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Er hatte sie zwar nur kurz auf das Geschenk angesprochen und sie nicht dazu gedrängt, es gleich anzusehen, dennoch machte sein Herz einen kleinen Hüpfer, als sie sich sofort dazu entschloss, es zu öffnen. Avianus setzte sich auf, um ihr erwartungsvoll zuzusehen, während sie aus dem Stück Leder befreite, was er ihr mitgebracht hatte, ihren Gesichtsausdruck beobachtend, bis schlussendlich sogar ihre Augen feucht zu glänzen begannen. Einmal mehr brachte er sie zum weinen. Vor Freude, zum Glück.
Lächelnd erwiderte er ihre Umarmung. Zu wertvoll? Er lachte leise auf. "Red' keinen Unsinn …"
Doch viel zu schnell löste sie sich wieder von ihm und ihm ihre Zweifel und Sorgen mit. Als hätte er heute auch ein Geschenk von ihr erwartet. Oder viel eher: Als hätte sie ihm bisher noch nie etwas geschenkt. Und als wüsste er nicht, dass sie weder lesen noch schreiben konnte. Was Sibel sagte, war für ihn so unsinnig, dass der fröhliche Ausdruck noch immer nicht aus seinem Gesicht wich.
"Nein, warte mal, … warte, … ich weiß", sagte er hastig und strich ihr sanft über die Wange, "Du hast mir das schon mal gesagt, vor einer halben Ewigkeit. Ich wollte es dir damals beibringen. Und dann hatten wir keine Zeit, dann musste ich weg, und danach warst du fort … aber jetzt hast du einen Ort, wo du bleiben kannst. Und ich dachte, wir brauchen nur noch das hier", meinte er lächelnd und tippte auf die Tabula.
"Und du hast mir schon so viel geschenkt … Weißt du, als ich nicht bei dir sein konnte, hatte ich dein Amulett und die Haarsträhne, und du hattest gar nichts." Natürlich hatte sie für ihn kein Geld ausgeben, ihm nur geschenkt, was sie gerade besaß, aber darum ging es doch gar nicht. Er hatte nur einfach nur so furchtbar wenig Dinge herumliegen, von denen er das Gefühl hatte, sie wären passend. Und eine Haarsträhne konnte er sich auch nicht abschneiden. Bei dem Gedanken musste er unwillkürlich grinsen.
"Da dachte ich, ich will dir auch etwas geben, das dir bleibt, wenn … ich weiß nicht. Und ich wollte dir etwas zu den Saturnalien schenken, selbst wenn ich da nicht da war." -
Jemand berührte ihn kaum merklich am Arm, sodass Avianus seinen Blick wieder vom Magistrat abwendete, hin zu Lucia und dann in die Richtung, in welche sie deutete. "Hm?"
Der Germanicus lag am Boden. Er wollte bereits auf den Tiro zugehen, ihn wieder auf die Beine ziehen, doch da kam ihm bereits der Octavius zu Hilfe. Der Cluvier und der Decimus kümmerten sich um die Steinewerfer, der Rest hielt mit Mühe die Leute zurück. Es könnte schlimmer sein, wohl war dem Iunius dennoch nicht.
Er öffnete bereits den Mund um seinen Leuten Befehle zuzubellen, doch genau in jenem Moment entschied der Tiberier, seine Rede fortzusetzen.
Er wandte sich wieder um. Duccianus und Vettianus?! Was … ?! Die falschen Namen … natürlich, dämmerte es ihm und es wurde ihm noch ein ganzes Stück unwohler. Jetzt, wo der Tiberius die Namen genannt hatte, verstand er. Natürlich war die Ähnlichkeit der Namen absoluter Zufall. Nicht im Geringsten wollte er das Volk gegen die Konsuln hetzen, die noch etwas länger an der Macht bleiben wollten. Kein Wort hatte er gehört, redete er sich ein, kein einziges Wort. Das hier ging ihn nichts an. Er war kein Politiker, hatte nichts damit zu tun, wenn irgendein Magistrat eine Hinrichtung für seine Zwecke nutzte. Dass Lucia inzwischen neben ihm stand registrierte er gar nicht, viel zu sehr war er damit beschäftigt sich auszumalen, wozu derartige Einstellungen, wie sie der Tiberius offenbar an den Tag legte, im Senat hinauslaufen könnten. Alles nur kein neuer Bürgerkrieg. Alles, nur nicht noch so eine Scheiße. Nicht schon wieder.
Das Schwert hob sich, flog einen Augenblick später auf den Hals des Vettianus zu, doch kein Kopf rollte. Stattdessen zerriss ein markerschütternder Schrei die Stille, die gerade eben geherrscht hatte, als alle Augen gebannt am Carnifex und dem Verurteilten gehangen hatten. Blut spritzte pulsierend aus durchschlagenen Adern. Der Mann unter dem Fuß des Carnifex zappelte noch immer.
Erneut streifte ihn etwas. "Was denn?!", fragte er barsch, als ihn die Berührung aus seiner Fassungslosigkeit riss, und fuhr herum. Vor seinen Augen knickten der Tiberia die Beine ein und gerade noch schaffte er es, sie an einem Arm zu packen, damit sie nicht auf dem Boden aufschlug. Irritiert blickte er hinunter zu der blonden Frau, hoch zu ihren Begleitern, dann zu seinen Leuten.
Der Germanicus hatte sich wieder auf die Beine gestemmt. Verdammt nochmal, was zur Hölle sollte er nach Meinung des Tiberius tun? Mit einem Contubernium eine Meute aufhalten, die der Magistrat selbst nur noch weiter aufstachelte? Wenigstens leisteten seine Leute gute Arbeit und noch war keiner ernsthaft verletzt. Dem Tiberier warf er dennoch finstere Blicke zu.
Nach einer gefühlten Ewigkeit holte der Henker erneut aus, und endlich rollte der Kopf. Avianus ließ die Tiberia bei ihren Leibwächtern und der Sklavin zurück. Irgendwer musste sich ja um den Rest kümmern. Ein eigener Platz für Lucia war vorerst vermutlich überflüssig, und den Leuten musste gezeigt werden, wo die Grenzen waren.
"Die Tiberia bleibt vorerst hier, verstanden? Konzentriert euch darauf, die Leute im Griff zu behalten. Wer zu nahe kommt oder irgendwas auf euch schmeißt, dem zeigt ihr, verdammt nochmal, was er davon hat!" - Von den Verurteilten abgesehen. "Wenn das hier glatt läuft spendier' ich euch allen heute Abend einen Becher guten Wein!" -
"Zu früheren Zeiten ohne stehendes Heer mögen die Equites, die du erwähnst, zu den Truppen gezählt haben, heute stellen sie allerdings schlicht und ergreifend einen eigenen Stand dar, den Ordo Equester, der als solcher nicht in den Kampf zieht", korrigierte Avianus den Tiro stirnrunzelnd. "Berittene Soldaten stellen zum größten Teil die Auxilia mit den Alae, aber auch bei den Legionen gibt es Reitereien. Daneben gibt es noch die Equites Singulares der Cohortes Praetoriae." Das Thema Reitereien hatte zwar konkret nichts mit den Cohortes Urbanae zu tun, aber wenn er schon einmal eine Wissenslücke entdeckte, wollte er sich später nicht sagen lassen müssen, er hätte sie schlicht ignoriert.
"Die Cohortes Urbanae hingegen stellen keine berittenen Soldaten.", fügte er der Vollständigkeit halber hinzu. Gerade mal Mitglieder des Kommanostabs setzten sich hin und wieder auf ein Pferd. Alles andere würde auch keinen Sinn machen in engen Gassen und Straßen. Dann wandte er sich erneut dem Octavier zu, der sich noch einmal zu Wort gemeldet hatte, zwar ungefragt, aber zumindest korrekt. Aber er war ja froh, keine Selbstgespräche führen zu müssen, und gleichzeitig herauszufinden, wer wie viel wusste.
"Ganz recht. Anderen Truppen ist es nicht erlaubt innerhalb des Pomeriums Waffen zu tragen. Ein weiterer Unterschied zu den gewöhnlichen Legionen wäre etwa noch, dass jede Cohors der Cohortes Urbanae von einem eigenen Tribunus angeführt wird."
Inzwischen hatten einige der Rekruten mit dem Keuchen aufgehört, höchste Zeit also, wieder etwas Bewegung in die Männer zu bringen.
"Gut, das war's mit Pause. In agmen venite*, Tirones!" Kurz wartete er und rückte anschließend mithilfe von Händen, Füßen und Vitis zurecht, wer nicht so recht in der Kolonne stand.
"Wir üben jetzt den Gleichschritt. Beginnt mit dem linken Fuss! Aequatis passibus**! Pergite***! Lae - vum, lae - vum, laev - um, ...!Sim-Off: * In Marschkolonne antreten
** Im Gleichschritt
*** Marsch -
"Sollte irgendwer von euch es entgegen aller Erwartungen bis zu den Praetorianern schaffen, kann ich garantieren, diese Frauenzimmer werden euch den tristen Alltag sogar versüßen ...", entgegnete er dem Tiro, der sich vermutlich für besonders witzig hielt, wenig beeindruckt. Er selbst sprach schließlich aus Erfahrung. Aber gut, zurück zum Decimus und mit ihm zum eigentlichen Thema.
"Naja, du hast im Grunde Recht, ich habe aber nicht nach Unterschieden speziell zu den Praetorianern gefragt, also müsstest du mir da noch einiges mehr erzählen können ..." Fragend sah er den hoch gewachsenen Kerl an.
"Oder sind die Praetorianer die einzigen anderen Truppen, von denen du mir berichten kannst?", gab er dem ersten Tiro eine weitere Chance, noch ein wenig mehr zu erzählen, so er denn noch etwas wusste. Ansonsten würde wieder er übernehmen, doch solange die Rekruten noch etwas beizusteuern hatten, würde er gerne davon absehen, Monologe zu führen. -
Ein Germanicus. Ein schmales, wissendes Grinsen erschien auf dem Gesicht des Iuniers. Der mit dem Maultier? Der Bruder seines Fast-Optios? Mit größter Wahrscheinlichkeit, wenn in der Truppe nicht ein zweiter Germanicus auftauchte.
"Nicht ganz, Tiro, aber nicht schlecht", gab er zurück, "Wenn wir Cohortes Urbanae eine Cohors X haben, sind logischerweise nur die ersten IX Cohortes die der Praetorianer."
Verdammt nochmal... die Praetorianer. Ob er jemals zu seiner alten Truppe zurückfinden würde? Vermutlich nicht, jetzt wo die Urbaner Gefallen an ihm gefunden hatten und er sich so gut dabei anstellte, Tirones die Vitis über den Schädel zu ziehen. Wobei die hübsche querstehende Crista auf jedenfall ein Trost war.
"Weiß jemand von euch, was die Cohortes Urbanae sonst noch von anderen Truppen unterscheidet?", stellte er eine letzte Frage in die Runde. So langsam hatten die Tirones ja genug Pause genossen, sonst wären die Liegestütze ja gar keine Strafe mehr. -
"Da hört ihr es! Auf euch alle wartet die ehrenvolle Aufgabe, Roma und ihre Bürger zu verteidigen, wenn nötig mit eurem Leben! Wer Roma schützt, schützt unser Reich mindestens so sehr, wie jene, die an seinen Grenzen den Germanen oder Parthern gegenüberstehen! Merkt euch das!", wiederholte der Centurio laut genug, damit alle es hören konnten. Ein kurzes Nicken schenkte er noch dem Octavius, dann ging er weiter.
"Ihr alle seid Contubernia zugeteilt, mit diesen sieben anderen Männern teilt ihr eure Stuben, kocht gemeinsam mit ihnen euer Essen, steht ihnen zur Seite. Aus zehn dieser Contubernia besteht eine Centuria, die Einheit, die mir untersteht. Sechs dieser Centuria bilden eine Cohors. Cohors und Centuria sind es auch, die ihr nennt, wenn ihr nach eurer Einheit gefragt werdet. Verstanden?" Vermutlich ja, solange man ihm Gehör geschenkt hatte. Besonders viel zu verstehen gab's da ja nicht.
"Nun gibt es bei den Cohortes Urbanae im Vergleich zu anderen Einheiten einige Besonderheiten ...", setzte Avianus fort und trat durchaus ein wenig neugierig zu dem Tiro, den er bereits aus dem Sacellum kannte.
"Du ... dein Name, Tiro? Wieso fängt die Benennung unserer Cohortes erst mit der Zahl X an?" -
Lucia wagte es nicht mehr, aufzusehen, seit er sich wieder ihr zugewendet hatte, und so langsam dämmerte ihm auch warum. Ein flüchtiger Blick wanderte zu den zwei Männern, denen schreiend und winselnd das Blut über die nackten Rücken lief, biss sich kurz auf die Unterlippe und machte stumm einen kleinen Schritt, um Lucia die Sicht auf die zwei ein wenig zu versperren. "Dann also das Blut... ?", murmelte Avianus.
Um irgendwelche physischen Beeinträchtigungen konnten sich schließlich auch Lucias Begleiter kümmern.
Ein wenig verwundert war er allerdings schon. In ihren Briefen war sie ganz wild darauf, blutige Geschichten zu lesen, wie Menschen abgestochen und verprügelt wurden, und kaum hatte sie ein solches Spektakel in unmittelbarer Nähe, scheute sie sich davor, ihre Augen darauf zu richten. Am Ende war sie eben doch nicht viel anders als jede andere verwöhnte, junge Patrizierin.
Wenigstens der Magistrat hatte noch seinen Spaß. Denn inzwischen hatte die Kombination aus aufgestacheltem Pöbel und Decimus es geschafft, Sulca das Vergnügen am Ausflug aufs Forum auszutreiben, den Tirones stand die Freude auch nicht gerade ins Gesicht geschrieben und er selbst war nie besonders begeistert davon gewesen, heute wieder mal wem beim Sterben zuzusehen. Wenigstens musste er sich nicht mit dem Decimus rumärgern. Hatte er in der Grundausbildung nicht einmal was von wegen "niemand zieht seinen Gladius, bevor ich das Kommando gebe" gesagt? Entweder hatte der Tiro schlecht aufgepasst, es vergessen oder geglaubt, die Regel galt nur auf dem Exerzierplatz. Wie auch immer, der Cluvius hatte die Erinnerung seines Helfers gekonnt aufgefrischt.
Fragend blickte er dann zum Tiberius, was er nun zu tun gedachte. Hoffentlich nicht, das Volk noch weiter aufzustacheln... -
"Ich denke noch über dein kleines Rätsel nach", antwortete Avianus sofort, schenkte ihr ein schelmisches Lächeln und ließ nicht erahnen, ob er bereits einen Verdacht hegte, was die Lösung betraf.
Völlig unverhofft schoss dann ein Gegenstand an ihm vorbei - ein schlecht geworfener Stein, wie sich herausstellte, als dieser hinter ihnen auf dem Boden auftraf. Avianus schenkte dem Magistrat wenig begeisterte Seitenblicke. Zwei oder drei Männer hätten dem Tiberius bereits gereicht, jetzt hatte der Iunier sogar ein Contubernium dabei, und die schienen gerade genug. Wenn Tiberius nicht gleich für Ruhe sorgte, und seine Leute weiterhin überfordert waren, würde wohl oder übel er übernehmen müssen. Dabei war seine Stimme noch von gestern angeschlagen. Oder er schickte wen anders, der den Leuten hoffentlich genügend Angst einjagen würde.
"Miles!", rief er dem Cluvier zu, "Nimm dir den Tiro und hilf' deinen Leuten mal! Wer's übertreibt, kann sich gleich auf den Karren setzen und mit uns zurück zur Castra fahren!" Die beiden fast toten waren vorerst gut versorgt, da brachte ihm Sulca unten bei der Meute mehr. Und sollte einer der beiden dennoch versuchen, etwas zu unternehmen, war er selbst ja auch noch da. Daran glaubte er allerdings nicht wirklich. Der eine verbrachte seine letzten Minuten damit, vor sich hin zu heulen, und der andere hatte mit seinem jämmerlichen Dasein bereits abgeschlossen.
Leise seufzend wandte er sich wieder der Tiberia zu. Zu der lärmenden Masse würde sich die Patrizierin wahrscheinlich noch nicht stellen, auch wenn sich die Ecke, die der Germanicus für sie räumen sollte, langsam lichtete. Verübeln konnte er es ihr nicht. Wer wollte schon Bekanntschaft mit Steinen oder faulen Früchten machen. Hoffentlich war das Durcheinander bald wieder unter Kontrolle.
"Soll ich mich zwischen dich und das Blut stellen, oder doch lieber vor das wildgewordene Gesindel?" -
Avianus war nicht ganz sicher, ob von den Tirones keine Meldung mehr kam, weil tatsächlich alles geklärt war, oder einfach nur, weil es keiner mehr wagte, etwas zu sagen. Vielleicht fehlte den Rekruten auch einfach die Luft zum Reden. Selbst wenn er sich für eventuelle Fragen einen Augenblick erübrigt hätte, war es so oder so Zeit weiterzumachen. Nur wie. Natürlich könnte er sie auch einfach noch ein paar Runden laufen lassen, ein paar erste Marschübungen, aber das ließ sich auch nachher noch erledigen, wenn die Männer ihren Atem wiedergefunden hatten.
Um den Rekruten noch eine Minute Zeit zum Verschnaufen zu geben, trat er an einen von ihnen heran. Einer derer, die als erstes zusammengeklappt waren, und der letzte, wenn es darum ging, wieder auf die Beine zu kommen *. Nicht unbedingt der kräftigste von allen also, und ebenfalls nicht der größte, aber vielleicht hatte er ja was auf dem Kasten. Man würde sehen.
"Wie ist dein Name, Tiro? Was kannst du mir über die Aufgaben der Urbaniciani erzählen?", stellte er dem Mann eine simple und doch wichtige Frage.Sim-Off: * Frugi darf sich angesprochen fühlen.
Als Hilfe für alle Fragen könnt ihr euch übrigens beim forumseigenen Wiki bedienen. -
Oha. Da apellierte sie ja fast schon an seinen Stolz. Er war Centurio! Natürlich konnte er anders, wenn er wollte! - Und sowie er die Blicke von Lucias Anhang registrierte, blieb ihm gar nichts anderes übrig als zu wollen. Außerdem waren die mit größter Wahrscheinlichkeit auch nicht die einzigen, die ihr Gespräch mitverfolgten.
"Versteht denn heutzutage niemand mehr einen Scherz?", redete Avianus sich breit grinsend aus seiner unangenehmen Situation. Die kindliche Ader Lucias war wohl zwischenzeitlich versiegt, und die Tage, in denen sie ärgerlich den Mund verzog, ihn mit dem drohenden Blick eines kleinen Mädchens anstarrte oder ihm bunte Papierschnipsel auf den geschwärzten Prätorianerhelm warf, endgültig vorbei, ganz zu schweigen davon, dass er kein kleiner Prätorianersoldat mehr war. Die guten alten Zeiten eben … Jetzt hatte sie scheinbar nur noch dieselben trockenen Sprüche und Schleimereien zu bieten, die auch von ihm ständig zu hören waren.
"Jemand von meinem Kaliber hat immer etwas Besseres auf Lager", bemerkte er schließlich und ließ kurz seinen Blick herumwandern, der gleich darauf auf den neuen Germanicus fiel, der offensichtlich ganz gut darin war, Leute zu verscheuchen. Da konnte man ja fast Angst kriegen. Avianus machte einen kurzen Pfiff in dessen Richtung.
"Tiro Germanicus! Sorg' dafür dass die edle Tiberia Lucia, dort drüben etwas Platz hat. Die Leute dort sollen sich wo anders hinstellen." Er wedelte mit der Hand zu einem Fleckchen etwas seitlich des Geschehens, mit gutem Blick, nicht zu weit weg, und doch nicht direkt beim Carnifex und seinen Kunden.
"Ich hoffe doch, dieser kleine Zwischenfall belastet nicht unser einzigartiges Verhältnis zueinander?", fragte er und ahmte dabei Lucias tiefen Tonfall nach.