Beiträge von Aulus Iunius Avianus

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    Paullus Ovidius Mento


    Die Tirones brachten doch noch etwas zustande, was zumindest im Kopf des Ovidius einzig und alleine ihm zu verdanken war. Er war es schließlich, der dafür sorgte, dass sich die Truppe eigentlich hoffnungsloser Fälle nun nicht mehr gegenseitig auf die Füße trat, und inzwischen sogar ein klein wenig stolz darauf. Doch ewig konnten die Tirones natürlich nicht geradeaus marschieren, und geistesgegenwärtig, wie der alte Optio war, hatte er die in Form des Endes des Exerzierplatzes herannahenden Schwierigkeiten schon lange vor den Rekruten - oder zumindest rechtzeitig - erkannt.
    "State!", befahl er den Tirones, kurz bevor die Kurve fällig war.
    "Tiro Abacus, wie marschiert man um eine Kurve?!", fragte er seinen Lieblingstiro, oder schlicht den bisher einzigen, von dem sich Mento eine passable Antwort erwartete.

    Kaum hatte der Neuankömmling geklopft, öffnete der Ianitor, der schließlich den Tag lediglich damit verbrachte, im Vestibulum zu sitzen und zu warten, bis sich jemand auf der anderen Seite der Porta bemerkbar machte, eben jene. Skeptisch musterte er den leicht heruntergekommen aussehenden Mann, der ihm nun durch den Türspalt hindurch gegenüberstand.
    "Salve, wer bist du? Wie kann ich dir helfen?", fragte der Sklave etwas weniger freundlich als sonst. Der Mann war doch hoffentlich nicht noch einer dieser Hausierer, die ihn regelmäßig dazu zwangen, aufzustehen und unnötigerweise die Porta zu öffnen.

    Was tat er hier eigentlich? Er sagte ihr, was sie tun musste, damit er sie auch in Zukunft nicht verließ... ? Verrückt. Manchmal fragte Avianus sich, ob er langsam aber sicher den Verstand verlor. Doch wie hätte er auch klar und rational denken sollen, zwischen den Küssen, während ihre flüsternde Stimme ihm einmal mehr ihre Liebe offenbarte und sich ihre Finger in sein Haar gruben. Was hätte er auch sonst sagen sollen, denn was er in Situationen wie diesen verspürte, ließ doch zumeist alles andere belanglos erscheinen. Nicht umsonst hatte er Abstand gesucht, als sie ihm gestanden hatte, wie sie aus dem Carcer entkommen war, und genauso hatte sich seine Anspannung zuvor wieder gelöst, als sie sich an ihn gedrückt hatte. Und jetzt wollte er genau das: Dass ihre Nähe seine Bedenken vertrieb und ihn heute Nacht ruhig schlafen ließ.
    Er küsste ihren Hals und ließ sich ein letztes Mal von dem Geruch benebeln, der an ihr haftete, bevor er sich an ihrer Seite niederließ und die Decke ein Stück weit über sie zog. Dort legte er, wie so oft, einen Arm um sie, und konnte anschließend nicht mehr verhindern, dass auch seine Lider sich senkten, um langsam aber sicher fortzugleiten, bis ihn tiefer, traumloser Schlaf praktisch verschlingen würde, denn die vorhergehenden Nächte hatten einen solchen missen lassen und endlich gab es nichts mehr zu bereden.


    Früh morgens öffnete er träge die Augen, draußen hatte sich noch nicht einmal die Sonne dazu aufgerafft, sich blicken zu lassen, und langsam registrierte er, dass er nicht in seiner Unterkunft in der Castra lag. Eigentlich sollte er wieder dorthin zurück, kam es ihm im nächsten Augenblick, dabei war es bei seiner Geliebten unter der Decke, die er noch etwas weiter hochzog, viel zu behaglich, sodass er noch ein wenig vor sich hin döste. Auf eine Minute mehr oder weniger kam es nicht an, er war es schließlich, der morgens den Appell machte.
    Da sich aber kein Abschied ewig aufschieben ließ, zwang er sich schließlich dazu, sich selbst ein wenig zu strecken und Sibel zu wecken. Sanft strich er ihre Haare zurück. "Sibel...", murmelte er, als wäre er selbst noch nicht richtig wach.

    Naiv genug, ihm die genauen Tageszeiten und den Versammlungsort zu verraten, war nicht einmal Sarah. Damit hatte Avianus auch nicht gerechnet, dafür hatte er schließlich die Wirtin und den Verrückten, den sie mit in die Castra nehmen würden. Er war also durchaus zufrieden mit seinem Ergebnis. Die Christianerin war ahnungslos, hielt ihn für einen Freund und Helfer und er würde ihr Vertrauen in ihn vorerst noch weiter belohnen.
    "Nun, das habe ich euch versprochen…", antwortete er der jungen Christianerin schließlich und gab dann Pennus mit einem Wink Bescheid, den Peregrinus, der mit Sicherheit ebenfalls zu der Sekte gehörte, ziehen zu lassen.
    "Bringt die beiden nach draußen."
    Dann würde er sich auch endlich angemessen der Wirtin zuwenden können, denn bisher hatte sich die alte Frau lediglich vor Fragen gedrückt und ihn blöd dastehen lassen. Das tat er nun auch, da die junge Frau und ihr kräftiger Freund sich nicht mehr in Hörweite befanden. Er lehnte sich in seinem Stuhl vor und stützte sich auf der Tischplatte ab, um Mirjam etwas näher zu sein und so den Worten, die nun folgen würden etwas mehr Nachdruck zu verleihen.
    "Was wenn ich dir sage, dass die Cohortes Urbanae in Trans Tiberim aufräumen werden, und dass wir deine Taberna ganz genau im Auge haben?", begann er und musterte sie eindringlich, "Und ich mag ja nur ein kleiner Optio sein, was aber, wenn ich die… Macht habe, Leuten die Chance zu geben, heil aus der Sache rauszukommen? Ich bin der, der die Berichte schreibt, Mirjam. Und wenn da drin steht, dass du nicht mit den Christianern unter einer Decke steckst, werden diese… ich nenne es mal… Aufräumarbeiten an deiner Taberna vorbeiziehen."
    Diese Worte ließ er erst einmal auf die wirre Frau wirken, damit sie sich auch vollends dessen bewusst wurde, was er gesagt hatte. Nein, er würde sie nicht mitnehmen, und heute würde man sie nicht mitnehmen. Doch sie wollte mit Sicherheit, dass es auch in Zukunft so blieb.



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    Narseh


    Anstandslos und schweigend ließ Narseh sich nach draußen führen, kaum dass sich jedoch die Tür hinter ihnen schloss, hatte sich auch seine Schweigsamkeit in Luft aufgelöst.
    Noch immer leicht verblüfft, dass der Optio sein Wort gehalten hatte, blickte der Perser zu Sarah hinüber. Sehr viel mehr verblüffte ihn allerdings deren Gutgläubigkeit, mit der sie nicht nur sich selbst sondern alle Mitglieder ihrer Gemeinschaft in Gefahr brachte.
    "Du hättest lügen sollen!", sagte er ärgerlich. So wie er, wenn auch der Allmächtige es ihnen eigentlich verbot, so lud er doch lieber die Sünde einer Lüge auf sich, als das Leid seiner Brüder und Schwestern. Denn was auch immer der Römer im Schilde führte, es war mit Sicherheit nicht zu ihrem Besten. Doch er ahnte bereits, dass er bei ihr auf taube Ohren stoßen würde. Mit der seltsam gelassenen, freundlichen und glatten Art des Optios konnte er nicht mithalten, und irgendwelche Versprechen von Sicherheit und Schutz konnte er ihr ebenfalls nicht geben.

    Vieles hatte sich geändert seit seinem letzten Besuch in der Casa seiner Gens seitdem Silanus ihm vor einiger Zeit vorgeschlagen hatte, sich wieder einmal Blicken zu lassen. Nicht einmal von seiner Beförderung wusste seine Verwandtschaft bisher, und von der Auszeichung erst recht nicht. Avianus hatte durchaus ein schlechtes Gewissen deswegen. Torquata hatte er sofort eine Nachricht darüber zukommen lassen und selbst die Tiberia war informiert, dass er die Einheit gewechselt hatte und inzwischen Optio war. Für einen Abstecher in die Casa hatte seine Zeit schlicht und ergreifend nicht gereicht, doch er hätte zumindest ebenfalls einen Brief schicken können... oder eben auch nicht, wie es schien. Selbst jetzt wo er hier war musste er zugeben, am meisten freute ihn das Essen – und auch diese Tatsache bereitete ihm ein schlechtes Gewissen. Aber jemandem der sich hauptsächlich von Puls ernährte, konnte das wohl kaum übel genommen werden, hoffte der Iunius jedenfalls.
    Inzwischen hatte er sich auf einer der Klinen niedergelassen und einem Sklaven aufgetragen andere Iunii, die zugegen waren, über seinen Besuch zu informieren, und dafür zu Sorgen, dass Essen aufgetragen wurde.
    Ruhe – noch etwas, das er vermisst hatte, obwohl ihm das erst jetzt wirklich bewusst wurde, wo er auf einer bequemen Kline lag und den Raum nicht mit sieben anderen sich lautstark unterhaltenden oder schnarchenden Soldaten teilte.
    Vorerst wartete er also: Sowohl auf gutes Essen als auch auf Gesellschaft.

    "Danke", kommentierte Avianus nur schlicht und winkte seine drei Begleiter hinter sich her, während er den beiden Priestern folgte.
    Sie wurden offenbar quer durch den Komplex geführt, und kaum einer der Gläubigen, an welchen sie vorübergingen, musterte sie nicht eindringlich. Denn so gelassen und schweigend der Optio auch hinter den beiden Priestern hermarschierte, in Soldatenaufmachung waren er und die drei Soldaten alles andere als unauffällig. Dennoch, wenn die Urbaner schon nicht mit offenen Armen begrüßt wurden, so erhielten sie zumindest Hilfe.
    Doch scheinbar hatte der Dieb gemeinsam mit dem Initianden bereits das Weite gesucht, und selbst das Abwarten bis die anderen jungen Initianden von ihrer Suche zurückkehrten, half nicht. Die beiden Männer waren unauffindbar und das Glück heute wohl absolut nicht auf ihrer Seite. Vielleicht sollte er die Suche einfach abblasen und in die Castra zurückkehren. Auf den Straßen Roms starben ständig irgendwelche Peregrini und Diebe trieben sich in den Gassen ebenfalls zu tausenden herum... doch das der Mord etwas mit Torquata zu tun haben könnte, ließ ihm keine Ruhe.
    "Um wen handelt es sich bei diesem Serapio?", fragte er deshalb nach dem nächstbesten Anhaltspunkt, der sich ihm bot. "Weiß jemand, wohin die beiden geflohen sein könnten?"

    "Du weißt es nicht?", hakte der Optio stirnrunzelnd und wenig begeistert nach und notierte sich dennoch die Antwort des Probatus, während dieser sich entkleidete. Für gewöhnlich wusste man davon, wenn man an Geschwüren und Lungenbeschwerden litt. Ein einfaches Ja oder Nein wäre dem Optio lieber gewesen.



    Tauglichkeitsprüfung von Aulus Helvetius Agrippa.


    Alter:


    Vorerkrankungen: keine


    Körperlicher Zustand:


    Gehör:


    Augen:


    Sonstiges:



    Daraufhin suchte der Optio Valetudinarii den Körper des Mannes nach Narben und dergleichen ab.
    "Was für eine Ausbildung hast du hinter dir? Kannst du lesen, schreiben und rechnen?", fragte der Optio weiter.

    Zitat

    Original von Beroe
    Sie schlang ihre Arme um ihn, als wolle sie ihn beschützen, vor all diesen quälenden Gedanken, die ihn immer noch so sehr beschäftigten. Sie, die sie bisher immer seines Schutzes bedurft hatte. „Das weiß niemand, Aulus, was das Beste für uns ist. Doch wenn wir das Beste aus unserer Zeit machen, die wir gemeinsam haben, dann wird das letztendlich auch gut für uns sein.“ wisperte sie in sein Ohr und küsste ihn. Sie hielt ihn ganz fest und schmiegte sich an ihn. Wieder konnte sie das Schlagen seines Herzens hören. ein Geräusch, das ihr so viel Frieden gab. Als er sich dafür entschuldigen wollte, weil er es diesmal war, der gezweifelt hatte, legte sie ihm ihren Zeigefinger auf seine Lippen. Nein, heute sollten sie sich nicht um so etwas kümmern, sondern die Zeit, die sie gemeinsam hatten, als Geschenk annehmen. „Komm,“ raunte sie ihm in Ohr und ließ sich langsam wieder auf das Bett zurückgleiten.


    Sanft berührte ihre Hand seine Wange. Sie liebte ihn, weil er nicht weiter wusste? In jeder anderen Situation hätte er ein leises, bitteres Lachen von sich gegeben. Jetzt hingegen war Avianus einfach nur froh, dass sie sich wieder versöhnt hatten, selbst wenn die heutigen Geschehnisse damit nicht aus ihren Erinnerungen getilgt waren. Für den Augenblick ließen sie sich beiseiteschieben.
    Der Abstand, der zuvor zwischen ihnen entstanden war, war endgültig überwunden, sodass sich seine Anspannung langsam wieder löste, als Sibel sich an ihn schmiegte. Einen Moment lang vergrub er das Gesicht in ihren Haaren. Sie sprach unterdessen aus, was sie zuvor bereits angedeutet und er nur gedacht hatte. Ihre Zeit war wertvoll, zu wertvoll um verschwendet zu werden.
    Und genauso wie Sibel sich zuvor am selben Abend nicht hatte entschuldigen müssen, brauchte auch Avianus es nicht zu tun. Der Finger auf seinen Lippen brachte ihn zum Schweigen, denn er verstand. Selbst das war nicht mehr von Bedeutung, oder war es nie gewesen, doch hätte er es nicht ausgesprochen, wäre er den Gedanken nie losgeworden, während er ihr jetzt befreit davon zurück ins Bett folgen konnte. Noch einmal beugte er sich über sie um ihre warmen Lippen zu kosten.
    "Ich liebe dich", sagte er dann leise und gab Sibel einen weiteren sanften Kuss. Aus inzwischen müden Augen betrachtete er seine Geliebte und wusste genau, hätte sie ihn nicht angefleht zu bleiben, wäre er wohl gegangen, vielleicht nicht für immer, aber für heute, und mit Sicherheit wäre er allein in seiner Habitatio nicht glücklicher als jetzt bei ihr. Eine Hand strich sanft über ihre Haut.
    "Sollte ich mich irgendwann einmal wieder so anstellen... erinner' mich an diesen Abend", sagte er und versuchte sich an einem Lächeln.

    "Im Grunde habt ihr alle Recht", stimmte Avianus den Tirones zunächst zu. "Allerdings kämpfen die Cohortes Urbanae für gewöhnlich nicht auf dem Feld…" – Der Bürgerkrieg hatte bewiesen, dass es auch hier Ausnahmen gab. – "… und ich habe nach einer speziellen Formation gefragt. Die Keilformation wäre also höchstwahrscheinlich unser Mittel der Wahl", setzte er fort und nickte Antias zu. "Sobald die Spitze die feindliche Angriffslinie durchbricht, wird dieser Durchbruch von den nachrückenden Truppen erweitert."
    Wie das in der Praxis aussah und fades Üben mit der Hasta am Holzpfahl würde die Tirones allerdings erst am nächsten Tag erwarten. Heute hingegen hatten die Rekruten wohl eher ihre Ausdauer als den Umgang mit der Hasta trainiert, wobei Avianus die Strafrunden noch nicht vergessen hatte. Aber was sollte man mit der Hasta auch groß üben – besonders kompliziert in der Handhabung war das Ding ja nicht gerade. Komplett weglassen konnte er es aber auch nicht. Jetzt brauchte er sich darüber allerdings keine Sorgen mehr zu machen, vorerst waren die Übungen auf dem Exerzierplatz vorbei.
    "Für heute sind wir fertig. Lauft eure zehn Runden und gönnt euch eine Pause."

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    Paullus Ovidius Mento


    Da gab man sich Mühe, alles zu erklären, was nötig war, und die Tirones machten trotzdem etwas falsch - dann natürlich das offensichtlichste und einzige, das Mento außen vor gelassen hatte. Aber den jungen Leuten von heute war wohl gar nichts mehr zuzutrauen.
    "State!", bellte Mento die Truppe an, um sich das Trauerspiel, das sich ihm darbot, nicht länger ansehen zu müssen. "Schon mal was von Schrittlänge gehört, ihr Armleuchter?! So lang macht ihr eure Schritte ...!" An seinem Hastile zeigte der alte Optio eine Länge von etwa einem Gradus an, und deutete dann mit dem Stab direkt auf den Peducaeus. "Das gilt auch für dich, du Latte!"
    Der Ovidius wollte sich gar nicht erst vorstellen, wie die Truppe an Frischlingen sich erst in Kurven anstellen würde.
    "Nochmal! Pergite! Links! Links! Links!", rief er dieses Mal, damit die Rekruten auch wirklich keine Fehler machen konnten, pochte mit dem Optiostab im Takt auf den Boden und beobachtete mürrisch die Arbeit der Tirones. Wenn er mit der Truppe fertig war, war er vermutlich reif für den Ruhestand.

    Im Gegensatz zu ihren Vorgängern hielt die zweite Truppe ihren Wall aufrecht, wobei auch Avianus wusste: Vermutlich lag es nicht daran, dass sich hinter den Scuta dieses mal die besseren Soldaten befanden, mit größter Wahrscheinlichkeit fehlte den Angreifern schlicht ein Rammbock, wie der Raecius einer war. Mochte Fimbria in manchen Situationen auch etwas einfältig erscheinen und sich womöglich nie weiter hocharbeiten als bis zum gewöhnlichen Miles, brauchbar war er auf jeden Fall.
    "Gute Arbeit, Tirones", lobte er die Soldaten. "Wechsel!"
    Noch mehrere Male forderte er die Tirones dazu auf, den Schildwall der jeweils anderen Gruppe zu stürmen, bevor er das kräftezehrende Training beendete:
    "In aciem venite!", ließ er die Rekruten also wieder antreten, "Ihr habt nun sicher selbst bemerkt: Ein gut aufgestellter Schildwall ist schwer zu durchbrechen, und wir haben noch nicht einmal Hastae verwendet. Deshalb frage ich euch zum Schluss noch: Welche Formation würdet ihr wählen, um einen solchen Schildwall gezielt zu überwinden?"

    Zitat

    Original von Beroe
    „Ja, das habe ich so gemeint,“ antwortete sie ihm. „Wir beide lieben uns doch. Und solange das so ist, wird es immer einen Sinn machen, selbst dann, wenn ich niemals wirklich die Frau an deiner Seite sein darf. Selbst dann macht es einen Sinn.“


    Ihre Antwort war eine vollkommen andere, als er erwartet hatte, er hatte von Sinn und Zweck geredet, und sie antwortete mit Liebe, die er dabei außen vor gelassen hatte, und doch klang alles, was sie sagte, so selbstverständlich und einleuchtend, dass Avianus sich für seine Fragen beinahe schämte. Sie sollten die Zeit genießen, die ihnen blieb, denn sie war es wert, wie und wann auch immer sich ihre Wege trennen würden, las er aus ihren Worten heraus. Selbst Sibel war sich der Sache vollkommen sicher, sie die ständig zweifelte und immerzu Angst hatte, und ausgerechnet er knickte heute ein und drohte ihren gemeinsamen Abend zu zerstören, der ursprünglich einen Neuanfang darstellen sollte, um sie damit beide erneut in denselben Kummer zu stürzen, der gerade erst ein Ende gefunden hatte. Vielleicht weil sie ihn jetzt nicht mehr auf dieselbe Art und Weise brauchte wie früher, denn er könnte gehen, und sich einreden, ihr ginge es gut. Allerdings hatte sie ihm eben erst gesagt, dass sie ohne ihn nicht leben konnte – nicht einfach, weil er stets versuchte, sie vor allem Übel zu beschützen, sondern weil er einfach nur da war, schlicht und ergreifend so, wie auch er sie schon immer gebraucht hatte, um einfach nur da zu sein.
    Erneut dachte er einige Sekunden nach, bevor er das Wort ergriff, einerseits weil er inzwischen über jedes Wort genau nachdachte, andererseits weil ihr flehentlicher Blick es ihm schwer machte, diese Worte erst zu finden.
    "All diese Probleme mit dir und mir… das sind alles Dinge mit denen ich mich nie beschäftigen musste, bevor das mit uns angefangen hat. Ich weiß nicht was das Beste für uns ist…" … und das machte ihn verrückt. "Aber für das hier bin ich nicht hergekommen, Sibel. Es tut mir leid, dass ich damit angefangen habe. Heute sollten wir uns um so etwas nicht kümmern müssen", meinte er schließlich. Hatte es ihm jemals geholfen, über etwas zu schlafen? Für gewöhnlich hatte es seine Sorgen lediglich auf den nächsten Tag verschoben. Aber vielleicht war es heute ja anders.

    Das Leben konnte verdammt schön sein, wenn einmal was nach Plan verlief… oder wenigstens einen Tag lang nichts in die Hose ging. Und der Germanicus konnte sogar schwimmen. Avianus konnte sich schöneres vorstellen, als Stunden mit einem seiner Soldaten in den Lagerthermen zu plantschen, Antias' Antwort hörte er also durchaus gerne.
    "Dann haben wir schon mal ein Problem weniger", meinte Avianus und widmete sich mit einem leichten Lächeln der nächsten Tabula und dem kleinen Spachtel, der mit mindestens soviel Perfektion, wie die verschiedenen Listen und Notizen ins Wachs geritzt worden waren, selbige wieder löschte. Wenn er sich unnötige Arbeit aufhalste, dann machte er sie auch richtig, abgesehen davon hatte das gedankenverlorene Vor-Sich-Hin-Schaben des Optios vor dem Eintreten des Soldaten an Meditation gegrenzt. Jetzt hatte er natürlich noch immer einen Teil seiner Aufmerksamkeit Antias zu schenken.
    "Ja… gut, dann werde ich sehen, ob wegen der Schwimmübungen noch etwas nötig ist. Gibt es noch irgendwelche Fragen oder Dinge, über die ich Bescheid wissen sollte?" – Wie etwa fragwürdige Ohnmachtsanfälle im Valetudinarium.
    Ein letztes Mal sah er von seiner Beschäftigung auf. "Ansonsten kannst du wegtreten, Miles."

    Optio Valetudinarii


    "Solltest du tauglich sein, kommst du eine ganze Weile nicht mehr aus der Castra raus, Junge", sagte der Optio Valetudinarii, während er den Neuankömmling mit einer Mischung aus Belustigung und Skepsis musterte. Und angemessenes Grüßen gewöhnte sich der Kerl lieber auch bald an. Aber mit solchen Dingen konnte sich im Falle einer Aufnahme bei den Cohortes Urbanae der Ausbilder herumschlagen.
    "Hast du die Tabula dabei? Zieh dich aus und erzähl mir: Gab es in deiner Familie bereits schwere Erkrankungen? Hattest du selbst schon einmal welche?"

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    Paullus Ovidius Mento


    Die Tirones waren mit ihren Liegestützen schneller fertig, als es dem alten Ovidius lieb war. Nächstes Mal würde er ihnen besser 60 auftragen.
    "Da ihr jetzt endlich aufgewärmt seid, und damit ihr heute noch etwas Sinnvolles lernt, üben wir das Marschieren! In quattuor ordines venite!", befahl er, damit wieder Ordnung in den Haufen kam. "Auf mein Kommando, im Gleichschritt, beginnend mit dem linken Fuß!"
    Der jüngste Befehl bedeutete aber auch, dass er sich nicht mehr zurücklehnen konnte, sondern seine Rekruten konzentriert zu beobachten hatte – eine Erkenntnis, die seine Laune allerdings nicht merklich verschlechterte, denn mies war seine Laune ohnehin schon, und die gehörte bei Mento früh morgens doch sehr viel eher zum Standard als das Gegenteil davon.
    "Pergite!"

    Wie erwartet war der alte Priester von seiner Antwort schockiert... was für die Cohortes Urbanae lediglich ein Vorteil sein konnte. Avianus hatte – vermutlich zu Recht – das Gefühl, dass die Urbaner im Tempel nicht besonders willkommen waren, denn ihre Methoden für Ruhe und Ordnung zu Sorgen deckten sich wohl eher weniger mit den Vorstellungen der Priester, offenbar waren sie aber willkommener als jemand der Tote bestahl und mit dem Diebesgut zu ihnen flüchtete.
    "Vielleicht kann uns dieser Initiand, von dem du sprichst, weiterhelfen. Ist es möglich, dass man uns ebenfalls dorthin führt?", fragte er gelassen nach dem im Grunde offensichtlichen. Aus irgendeinem Grund erinnerte ihn der alte Priester enfernt an das lästige Weib, welche er zu Beginn über den Mord befragt hatte – die hatte ja auch von Anfang an gewusst, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmte. Doch solange er nicht ebenfalls anfing, aus dem Nähkästchen zu plaudern, war alles in Ordnung, und sonst müssten eben wieder seine Nerven herhalten.
    "Mit eurer Hilfe lässt sich dieser Mann doch bestimmt finden, sollte er noch hier sein."

    Sich krankschreiben lassen, weil man sich in die Hand geschnitten hatte? Etwas seltsam hörte sich die Erklärung des Germanicus schon an, vor allem aus dem Mund eines sonst recht brauchbaren Soldaten.
    "Aha… naja, vor allem wenn es um einen Schnitt von einem Küchenmesser geht. Ich habe gesagt, wegen sowas setzt mir niemand aus", entgegnete Avianus trocken, und innerlich leicht irritiert, da er kaum glauben konnte, dass sich ausgerechnet der Germanicus so anstellen würde. "Und das ist etwa alles?"
    Abgesehen davon hatte der Mann vor seinem Besuch im Valetudinarium noch einen ziemlich gesunden Eindruck gemacht. Vielleicht sollte er sich bei Gelegenheit mal dort informieren.
    Und da erkundigte er sich einmal nicht nach weiteren Fragen, und ausgerechnet dann kamen welche. Eigentlich wollte er sich bereits wieder mit anderen Angelegenheiten beschäftigen, doch er sah erneut auf um sich Antias noch einmal zuzuwenden.
    "Von mir aus kannst du in deinem Contubernium bleiben", meinte er daraufhin. Die restlichen Tirones würden ohnehin nicht mehr allzu lange in der Ausbildung stecken. Und bevor Antias noch mehr Fragen stellte, beschloss Avianus, auch den Rest zu erklären: "Was du in der Grundausbildung noch nicht gelernt hast, wirst du nachholen müssen, aber zwischen erfahreneren Milites dürfte das schnell gehen…" Zumindest was den Kampf in Formationen anging. Lediglich an einem ließ sich auf dem Exerzierzierplatz nur schwer arbeiten. "Und dann wären da noch die Schwimmübungen. Kannst du schwimmen?"

    Die beiden Gruppen stellten sich einander gegenüber, auf der einen Seite stellten sich wieder die Schilde auf, nur tat sich dann erst einmal gar nichts. Doch gerade in dem Moment, in welchem Avianus den Männern ein lautstarkes "Na los! Vorwärts!" entgegenbellen wollte, stürmte der Peducaeus drauf los, und zur Verwunderung des Iuniers zog der Rest der Truppe tatsächlich mit. Naja, so ging's natürlich auch.
    Dumpf krachten daraufhin die Schilde aufeinander. Während Anfangs noch alles in Ordnung schien, verwandtelten sich die zwei Gruppen ehe er sich versah in einen einzigen Durcheinander kämpfender Männer, und von der Disziplin, die er sich von seinen Rekruten erwartete, war nicht mehr viel zu sehen.
    "Auseinander!!!", brüllte er die Tirones an. "Habe ich auch nur ein Wort von Kämpfen gesagt?!"
    In manchen Situationen schienen die Tirones noch immer nicht mehr als ein Rudel junger Hunde zu sein. Sobald man sie losließ, gab es kein Halten mehr. Hart rannehmen sollte er die Rekruten, hatte er sich schon mehr als nur einmal gesagt, und bisher war er mit Strafen dennoch verdammt sparsam gewesen.
    "Zehn Runden Laufen mehr am Ende der Kampfübungen! Für jeden weiteren solchen Ausrutscher lege ich noch einmal Extrarunden drauf!"
    Besonders glücklich war er nicht, weder mit der Bestrafung und erst recht nicht mit der Tatsache, dass er nach mehreren Wochen Grundausbildung die Stimmbänder den Kampf ansagten. Aber zumindest war er davon überzeugt, dass die Soldaten für den Rest der Übungen etwas mehr darauf achteten, was sie taten.
    "Aber wenigstens habt ihr eines gelernt: Wer auch immer von euch nachgibt, bringt auch alle anderen in Gefahr. Merkt euch das", rief er dann, "Wechsel! Ad fulcum!"
    Nun sollte die andere Gruppe einen Wall bilden und er würde auch gleich sehen, ob irgendeines seiner Worte zu den Tirones durchgedrungen war, daran zweifelte er jedoch nicht.

    Avianus lauschte ihren hoffnungsvollen Worten und blickte schließlich zu Sibel hinüber. Auf ihren Lippen zeigte sich ein leichtes Lächeln. Sie glaubte wirklich daran, dass sich etwas ändern könnte, und daran, dass sie etwas ändern könnte. Dass sie es schaffen könnten… – was? Ein gemeinsames Leben? Er wünschte er wäre in der Lage, so daran zu glauben, wie sie es tat. Vielleicht könnte er es versuchen, abwarten und hoffen, dabei warteten sie doch schon viel zu lange. So lange, dass Sibel sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte. Ihm ging es genauso, und das machte nichts auch nur ein Stück leichter.
    Binnen kurzem verflüchtigte sich ihr Lächeln jedoch wieder, als sie ahnte, in welche Richtung er zu gehen drohte. Er konnte sich nur allzu gut das Gefühl vorstellen, dass sich nach dieser Erkenntnis in ihr ausbreiten musste.
    Ein sauberer Schnitt. Es hörte sich fast so absurd an wie damals in den Gärten, als sie ihn hatte fortschicken wollen – etwas beenden und damit Schaden anrichten, weil man Angst vor dem Verlust hatte, der in der Zukunft lauern könnte. Damals hatte er sich um Kopf und Kragen geredet, um sie umzustimmen, damit sie bei ihm blieb. Sibel hingegen blieben Stimme und Worte weg, sodass er ihr beruhigend über den Arm strich, weil er sich schlecht dabei fühlte, einfach nur dazusitzen und nichts zu tun.
    "Du glaubst ich will?! Natürlich will ich es nicht. Wann wollte ich jemals von dir weg. Ich frage mich nur, ob diese Beziehung uns beiden am Ende wirklich gut tut", meinte er ratlos und dachte einige Augenblicke lang nach, darüber was Sibel zuvor gesagt hatte und über die Zuversicht in ihrem Ausdruck und ihrer Stimme.
    "Was du vorhin gesagt hast, hast du ernst gemeint? Dass das mit uns noch immer Sinn macht …?"

    Bei dem Gesicht das Antias machte, war Avianus sich nicht sicher, ob der Germanicus nun entsetzt oder begeistert war. Aber auf jeden Fall war ihm die Überraschung gelungen, denn Antias blieb erst mal die Spucke weg. Der Iunius hatte sich in letzter Zeit nur selten amüsiert, sodass sein kleiner, blöder Scherz und die Reaktion seines wehrlosen Opfers ausreichte, dass er ein leichtes Grinsen nicht mehr verstecken konnte.
    "Das will ich auch hoffen, deine Vorgesetzten machen nur ungern Fehler", sagte er, als Antias das Schweigen endlich gebrochen hatte, doch sein Ton und Ausdruck vermittelte alles andere als eine Drohung. Bisher hatte sich der Germanicus gut angestellt und wenn es so blieb, woran Avianus nicht zweifelte, dann würde es wohl kaum Probleme geben... wenn auch dessen leicht übermotivierter Ausruf eine Braue des Iuniers leicht nach oben hatte wandern lassen. Aber gut es gab schlimmeres, als dass jemand allem Anschein nach mit Begeisterung bei der Sache war.
    "Wenn du mir jetzt noch sagst, was es mit dem Valetudinarium und irgendwelchen Ohnmachtsanfällen auf sich hat… ?", fragte er schlussendlich noch. Der Germanicus hatte doch hoffentlich nicht vor, ihm ausgerechnet jetzt die Laune vermiesen.