Naiv genug, ihm die genauen Tageszeiten und den Versammlungsort zu verraten, war nicht einmal Sarah. Damit hatte Avianus auch nicht gerechnet, dafür hatte er schließlich die Wirtin und den Verrückten, den sie mit in die Castra nehmen würden. Er war also durchaus zufrieden mit seinem Ergebnis. Die Christianerin war ahnungslos, hielt ihn für einen Freund und Helfer und er würde ihr Vertrauen in ihn vorerst noch weiter belohnen.
"Nun, das habe ich euch versprochen…", antwortete er der jungen Christianerin schließlich und gab dann Pennus mit einem Wink Bescheid, den Peregrinus, der mit Sicherheit ebenfalls zu der Sekte gehörte, ziehen zu lassen.
"Bringt die beiden nach draußen."
Dann würde er sich auch endlich angemessen der Wirtin zuwenden können, denn bisher hatte sich die alte Frau lediglich vor Fragen gedrückt und ihn blöd dastehen lassen. Das tat er nun auch, da die junge Frau und ihr kräftiger Freund sich nicht mehr in Hörweite befanden. Er lehnte sich in seinem Stuhl vor und stützte sich auf der Tischplatte ab, um Mirjam etwas näher zu sein und so den Worten, die nun folgen würden etwas mehr Nachdruck zu verleihen.
"Was wenn ich dir sage, dass die Cohortes Urbanae in Trans Tiberim aufräumen werden, und dass wir deine Taberna ganz genau im Auge haben?", begann er und musterte sie eindringlich, "Und ich mag ja nur ein kleiner Optio sein, was aber, wenn ich die… Macht habe, Leuten die Chance zu geben, heil aus der Sache rauszukommen? Ich bin der, der die Berichte schreibt, Mirjam. Und wenn da drin steht, dass du nicht mit den Christianern unter einer Decke steckst, werden diese… ich nenne es mal… Aufräumarbeiten an deiner Taberna vorbeiziehen."
Diese Worte ließ er erst einmal auf die wirre Frau wirken, damit sie sich auch vollends dessen bewusst wurde, was er gesagt hatte. Nein, er würde sie nicht mitnehmen, und heute würde man sie nicht mitnehmen. Doch sie wollte mit Sicherheit, dass es auch in Zukunft so blieb.
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Narseh
Anstandslos und schweigend ließ Narseh sich nach draußen führen, kaum dass sich jedoch die Tür hinter ihnen schloss, hatte sich auch seine Schweigsamkeit in Luft aufgelöst.
Noch immer leicht verblüfft, dass der Optio sein Wort gehalten hatte, blickte der Perser zu Sarah hinüber. Sehr viel mehr verblüffte ihn allerdings deren Gutgläubigkeit, mit der sie nicht nur sich selbst sondern alle Mitglieder ihrer Gemeinschaft in Gefahr brachte.
"Du hättest lügen sollen!", sagte er ärgerlich. So wie er, wenn auch der Allmächtige es ihnen eigentlich verbot, so lud er doch lieber die Sünde einer Lüge auf sich, als das Leid seiner Brüder und Schwestern. Denn was auch immer der Römer im Schilde führte, es war mit Sicherheit nicht zu ihrem Besten. Doch er ahnte bereits, dass er bei ihr auf taube Ohren stoßen würde. Mit der seltsam gelassenen, freundlichen und glatten Art des Optios konnte er nicht mithalten, und irgendwelche Versprechen von Sicherheit und Schutz konnte er ihr ebenfalls nicht geben.