Beiträge von Aulus Iunius Avianus

    "Das kann ich verstehen", sagte er auf ihren Scherz hin und lächelte leicht. Eine Frau zwischen all den Männern, von denen manche schon ewig kein weibliches Wesen mehr zwischen die Finger bekommen haben… man konnte sich gut vorstellen, dass es für sie ein wenig unangenehm werden könnte. Selbst wenn alle sie nur anstarrten.
    Sie verstand seinen kleinen Wink, und machte sich mit ihm auf den Weg. Eigentlich hatte sie das Geld ja für etwas zu essen bekommen und wenn man sie so ansah, kam man durchaus auf den Gedanken, dass sie ein paar gute Mahlzeiten vertragen könnte. Andererseits war es jetzt ihr Geld, sie konnte damit anstellen was sie wollte und er konnte nicht mehr tun, als ihr einen Rat zu geben. Das wiederum hatte er bereits getan. "Das will ich hoffen." Sie würde schon wissen, was sie tat.


    Ein ganzes Stück vor der Porta hielt sie an. Er runzelte die Stirn. Er wusste nicht, wie oft man ihn mit seinem Praenomen nannte. Selten genug, dass es ihm sofort auffiel. Diademata nannte ihn Aulus, seine Mutter oder seine engsten Freunde. Aber sie hatte ihm keine Zeit gelassen, sie irgendwo zwischen diesen Menschen einzuordnen. Die Falten auf seiner Stirn glätteten sich wieder, als ihm klar wurde, dass er sie wahrscheinlich sowieso nie treffen würde. Das war's dann also. Es war gut so. Eigentlich. Er hatte genug zu tun mit seinem Leben, da brauchte er nicht noch einmal eine Sorge mehr. Denn das würde sie sein, wenn er sie noch einmal sehen würde. Er konnte nicht verhindern ein wenig nachdenklich zu werden.
    Sollte sie aber irgendwann so dringend Hilfe benötigen, dass sie dafür sogar ihn fragen würde, wusste sie nun zumindest wo er zu finden war. Er konnte bloß hoffen, dass sie bis dann nicht mehr nach dem aussah, was sie war, wenn sie an der Porta nach ihm fragen würde. Dann würde es nämlich netten Gesprächsstoff über ihn geben.
    Er musterte sie, wie sie sprachlos vor ihm stand. "Keine Ursache", sagte er nur, "Und ich danke dir, Sibel." Es dauerte noch einen Moment, bis er sich von ihr abwandte und in Richtung Castra weiterging.

    Avianus sah sich um. Er war sich nicht sicher, was er sich erwartet hatte, deshalb war er auch nicht weiter überrascht, als es im Grunde nicht viel zu sehen gab - Bänke, ein Tisch, und das, was sie gerade an Proviant anschleppten. Er stellte sein Fass in der Ecke ab, zu der Seneca gedeutet hatte.
    "Jawohl, Centurio."
    Es dauerte nicht allzu lange, alles auf Vordermann zu bringen, sie waren schließlich genügend Leute und dass jeder bereit war, irgendeine Arbeit zu übernehmen, verstand sich von selbst, abgesehen davon gab es ja nicht übertrieben viel sauberzumachen oder einzurichten.

    Nachdem Avianus und Canus die Amphoren und Fässer auf einen Karren verladen hatten, machten sie sich auf den Weg zur Porta Praetoria. Natürlich wurden sie dort bereits erwartet.
    "Wasser, Wein und verschiedenes zu Essen, Centurio", meinte Avianus bloß und deutete auf den Karren. "Ich denke, wir können los." Hörte sich eigentlich gut an, wenn man nach der Beschreibung des Offiziers im Lager ging, konnte man allerdings auch meinen, die Hälfte von dem Zeug wäre ranzig, aber vielleicht übertrieb der Mann ja auch.
    "Der Centurio im Lager meinte aber auch, wir sollen uns nicht das beste davon erwarten", hängte er deshalb an. Nicht dass er hier am Ende irgendwen enttäuschte, weil er sich ein Festmahl erhoffte. Das hielt er aber eigentlich sowieso für ausgeschlossen...

    Der Iunier räusperte sich kurz. "Zu Befehl, Centurio", sagte er dieses mal klar veständlich, während der Centurio ihn ins Lager führte.
    Dort begann der Offizier einen gefühlt ewigen Vortrag über die Verpflegung die er ihnen mitgeben würde und warum. Er hörte dem Centurio irgendwann nur noch mit halbem Ohr zu und beobachtete stattdessen, wie dieser die einzelnen Behälter anzeichnete, nur um am Ende ein "Natürlich. Danke, Centurio" auszusprechen, genau darauf achtend, dass er nicht wieder nuschelte.
    Er winkte Canus zu sich heran, der sich gleich daran machte, sich mit den Behältern zu beladen. Der Iunier packte den Rest zusammen, bevor sie sich zusammen wieder davonmachten.

    "Es ist nur… ich habe morgen früh wieder Dienst", bemerkte er, als er glaubte, einen Anflug an Enttäuschung in ihrer Stimme zu hören. Es war ihm nach wie vor ein kleines Rätsel, weshalb sie sich mit einem Mal darum kümmerte, was mit ihm passierte.
    "Ich glaube auch nicht, dass du einfach mit hinein dürftest…", entgegnete er, "Aber bis zum Tor… wenn du willst." Vielleicht war es wirklich keine schlechte Idee, denn so wie er sich in diesem Augenblick fühlte, würde er wahrscheinlich auch morgen noch Kopfschmerzen haben. Er glaubte zwar nicht, dass er auf dem Weg deswegen noch einmal umkippen würde, aber man konnte ja nie wissen.


    Er nickte. "Dann ist die Sache in Ordnung." Er hoffte für sie, dass sie ihr Versprechen halten würde. Allerdings hatte er erwartet, dass sie sich nach seiner Bestätigung mehr freuen würde. Stattdessen sah er mit an, wie sich plötzlich ihre Augen mit Tränen füllten. Avianus konnte sich nicht vorstellen, etwas Falsches gesagt zu haben. Er wünschte sich, einfach so tun zu können, als würde er ihre Tränen im dämmrigen Licht nicht sehen. Er hätte es beinahe getan, weil er nicht wusste, wie er sonst darauf reagieren sollte. Wäre sie irgendjemand anders gewesen, vielleicht jemand den er kannte, hätte er wahrscheinlich versucht sie zu trösten. Aber sie war, wer sie war, er kannte sie praktisch nicht und sie hatte ihn mindestens so oft angelogen, wie sie ihm die Wahrheit erzählt hatte. Und dennoch war er versucht, ihr zu glauben, was sie ihm gerade zu erklären versucht hatte - wieso auch immer. Immerhin hatte er nicht erwartet, dass sie ihm mehr erklärte, als er bereits wusste. Er fragte sich nur wieso sie das tat, gerade vor ihm.
    Es war eigentlich egal, wie treu sie gewesen war, ob ihr Dominus oder dessen Frau noch lebte, das war alles egal, es änderte nichts daran, dass sie allen ihre Freiheit lediglich vorspielte. Bis vor kurzem hätte er ihr das alles noch geradewegs ins Gesicht gesagt und damit alles vermutlich nur noch schlimmer gemacht. Jetzt nickte er nur erneut, um wenigstens zu zeigen, dass er verstand, und schluckte kurz. Es war ihm sichtlich unangenehm. Er legte ihr nur die Hand auf die Schulter und gab ein wenig Druck, als Zeichen, dass sie sich vielleicht auf den Weg machen sollten. "Komm." Immer mehr beschlich ihn das Gefühl, dass vor allem sie die war, die Hilfe benötigte, nicht er. Nur stand er vor dem Problem, dass er nicht sicher war, wie weit er gehen sollte.
    Wenigstens hatte sie sich über die Paar Kröten gefreut, die er ihr geschenkt hatte. "Schon gut, aber wirf' nur nicht gleich alles raus", sagte er nur.

    Liebe Leute, mein Notebook hat was gegen Sommerwetter. Der Lüfter wurde noch nie gesäubert und jetzt bei >30° macht sich das leider bemerkbar. Mindestens bis heute Abend hab ich deshalb nur mein Smartphone, vielleicht noch morgen, spätestens dann sollte das Problem von einem netten Bekannten behoben sein. Solange kann ich aber wahrscheinlich nur mitlesen.
    Drückt die Daumen, dass das Gerät die OP übersteht. ;)

    Er zog die Augenbrauen hoch und war ein wenig sprachlos. Meinte sie etwa sich selbst mit der Person die bei ihm bleiben sollte? Während er sich auf irgendeinem Plätzchen ausruhte? Avianus hatte einmal mehr den geringsten Plan, wie er sie einschätzen sollte. Vielleicht hatte sie ja getrunken, dass sie sich so vollkommen anders verhielt als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen.
    "Also schlecht ist mir nicht. Jedenfalls noch nicht", brachte er etwas perplex hervor. "Und ich muss nachher wieder in die Castra zurück …" Am Ende war er noch der, der als erster losgelaufen war, und erst spät nach seinen Kameraden wieder in den Baracken auftauchte, ein Gedanke der ihn zumindest innerlich ein wenig schmunzeln ließ. Irgendeine nette Geschichte würde ihm schon einfallen, mit der sich die anderen zufrieden geben würden.


    Er hatte bewusst voerst gesagt und trotzdem strahlte Sibel übers ganze Gesicht. Der Iunius konnte offenbar nur ahnen, was seine Worte für sie bedeutet hatten. Wäre es unfair, dieses voerst noch einmal anzusprechen? Er musterte sie nachdenklich, während er nach einer passenden Antwort suchte.
    "Solltest du mir oder irgendjemand anderem irgendwann nochmal Ärger machen, dann nicht. Ansonsten… ja", entgegnete er und sein Tonfall verriet, dass er es wirklich ernst meinte. "Was mich betrifft zumindest. Solltest du irgendwem anders auffallen, kann ich nichts tun." Er wartete einen Augenblick ihre Reaktion ab. Er war sich ziemlich sicher, dass sie verstand, was er damit sagen wollte: Egal was er ihr hier versprach, es würde ihren Lebensstil im Grunde nicht legaler machen. Er wurde daraufhin wieder etwas lockerer. "Und in dem Zustand jage ich sowieso niemandem hinterher", meinte er nur trocken. Auch das meinte er eigentlich vollkommen ernst. Trotzdem, sich erst von jemandem helfen zu lassen, um derselben Person einen Augenblick später alles zu nehmen, das wäre ihm ein wenig zu viel gewesen.
    "Weißt du was? Hier", sagte er schließlich, während er den Beutel noch einmal öffnete und ein paar Münzen herausholte, die er ihr reichte. Würde die junge Frau noch einmal genauer hinsehen, würde sie 3 Denare und 5 Sesterze finden. Da würde wohl noch was übrigbleiben. Selbst wenn sie vorhatte heute zweimal zu essen.

    Einen wirklich netten Auftrag hatten sie da bekommen.
    "Ja, äh… für ungefähr zwei Dutzend Mann, Centurio", schätzte Canus – natürlich hatte er die Truppe nicht genau abgezählt – und kicherte ein wenig in sich hinein, als der Offizier seinen Kumpanen anbellte.
    Avianus zog eine Braue nach oben und folgte dem Centurio mit fragendem Gesichtsausdruck. Er fragte sich inzwischen, ob Seneca der einzige Centurio war, der seine Männer nicht ständig lautstark andonnerte. Und Schönling hatte ihn bis jetzt noch niemand genannt. "Natürlich nicht, Centurio", murmelte er mehr zu sich selbst und wartete darauf was ihm der Offizier anzubieten hatte. Die große Auswahl würden sie bestimmt nicht haben, viel eher würden sie sich wohl glücklich schätzen müssen mit was auch immer sie bekamen.

    Auf Befehl ihres Centurios hatte es Avianus und seinen Begleiter ins Lager verschlagen, wo sie sich um die Verpflegung für den Wachdienst kümmern sollten. Sie gingen auf den ersten Offizier zu, den sie fanden.
    "Dann sehen wir mal, was wir so abkriegen...", murmelte der Soldat neben ihm. Canus stieß dem Iunier seinen Ellbogen in die Seite. Der schenkte seinem Kameraden einen kurzen Seitenblick, bevor er zu sprechen begann. "Salve, Cohors II, Centuria VI. Wir haben den Befehl unsere Truppe für den Wachdienst im Palatin einzudecken", begann er.
    "Mit Essen, Wein und Wasser", erklärte Canus schlicht, um die Sache etwas zu beschleunigen.

    Avianus hatte jeden Moment, erwartet, dass sich die Frau davon machen würde, jetzt wo es so aussah, als hätte er wieder alle Gedanken halbwegs beisammen. Er fragte sich warum sie eigentlich noch hier war. Obwohl er ihr wahrscheinlich nicht hätte folgen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Aber nein, sie blieb da, saß noch immer neben ihm, wollte ihm ihren Fetzen Stoff reichen und redete. Am liebsten hätte er sie gefragt, doch er vermutete, er würde sie damit vergraulen. Und lieber hatte er ihre Gesellschaft als gar keine, wenn er schon mitten in Rom auf der Straße herumsitzen musste.
    "Und ich noch weniger, ich war ja nicht mal dabei", entgegnete er schulterzuckend und betrachtete die herumliegenden Münzen nachdenklich.
    "Alles in Ordnung? Ich sitze mitten auf der Straße, mein Geld liegt überall herum und mein Schädel fühlt sich an als wäre ich Kopf voraus in eine Wand gerannt", antwortete er bitter lachend. "Kommt darauf an, was du unter in Ordnung verstehst. Ich werde es überleben, denke ich."
    Er beobachtete, wie sie sein Geld einsammelte und in den Beutel zurücksteckte. Und sie rannte damit nicht davon, sondern reichte es ihm.
    "Danke", sagte er dieses Mal ehrlicher, klang dabei ein wenig überrascht und nahm den Beutel entgegen. Wer wusste schon, ob das Geld noch da gewesen wäre, hätte jemand anderes ihn gefunden. Der Teil der in Rom Lebenden Menschen, die das Geld selber einstecken würden, war mit Sicherheit in der Überzahl. Er stemmte sich hoch und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. War er auch schon so müde gewesen, als er aus der Taberne getreten war? Egal, er würde sich sowieso gleich wieder auf den Weg machen. Wenn er nicht lange herumgelegen hatte, hieß das zumindest, dass er noch genügend Zeit haben würde zu Schlafen.
    "Kann ich dir irgendwie helfen? Brauchst du irgendwas?", fragte er zurück. "Mal abgesehen davon, dass ich dich vorerst laufen lasse?" Er zwang sich ein schiefes Lächeln auf die Lippen.

    Ha, Bacchus hat wohl ein paar ausgegeben oder was?, dachte er sarkastisch auf ihren Kommentar hin.
    Die Erklärung, die sie ihm ablieferte konnte ihn doch noch überzeugen und das nicht nur, weil es ihm peinlich gewesen wäre, von einer schmächtigen Frau überwältigt worden zu sein. Die Frau reagierte auf die Situation nämlich mindestens so überrumpelt wie er. Trotzdem wusste er nicht Recht, wie er jetzt reagieren sollte.
    "Schon gut… äh, danke", sagte er ein wenig verkrampft. Er hatte zwar nicht den blassesten Schimmer, wie oder ob sie ihm überhaupt schon geholfen hatte und er war sich nicht einmal sicher, ob er ihre Hilfe überhaupt gewollt hätte, aber irgendwie hatte er das Gefühl, es war besser, als gar nichts zu sagen.
    "Ich habe keine Ahnung, was passiert ist", gab er offen zu. Als hätte ihm jemand plötzlich das Licht ausgeknipst. Er weder jemanden gesehen, noch gehört. Wie es aussah hatte er nicht einmal eine Chance gehabt, zu reagieren und sich zur Wehr zu setzen. "Wie lange war ich … weg?", fragte er zögerlich und deutete damit noch einmal an, dass er ihr glaubte. Seine Hand löste sich von seinem Gladius und wischte sich das sein Gesicht, mit dem er offenbar auf der Straße gelegen hatte, an seiner Tunika ab. Als Nächstes machte seine Hand nun doch Anstalten herauszufinden, was es mit seinen Kopfschmerzen auf sich hatte. Er ertastete die Wunde, bei deren Berührung ihn ein stechender Schmerz kurz zusammenzucken ließ. Es war wohl wirklich besser, wenn er das vorerst in Ruhe ließ. In der Castra würde er dem Medicus einen Besuch abstatten, soviel stand schon mal fest. Er wischte das Blut, das er auf seinen Fingern entdeckte, kurzerhand ebenfalls an seiner Kleidung ab. "Mist, verdammter." Mehr wollte dem Iunier dazu nicht mehr einfallen. Er setzte sich so hin, dass er sich an die nächsten Hauswand lehnen konnte und blieb sitzen. Er war sich selbst nicht sicher, auf was er wartete. Vielleicht würde ja das Dröhnen in seinem Kopf doch noch etwas nachlassen, wenn er sich nur lange genug Zeit ließ.

    Die Männer die den Befehl hatten, zum Exerzieren und für diverse andere Arbeiten in der Castra zu bleiben, verzogen keine Miene. Glücklich darüber, dass sie "die Ehre hatten" sahen sie nicht aus, aber sie wussten wohl, dass irgendjemand die Arbeit machen musste und ändern ließ sich daran sowieso nichts. Es war schließlich ein Befehl. Die Truppe machte sich auf den Weg.
    Der Rest blieb vor Seneca stehen und Avianus schien einer derer zu sein, die noch immer ein leichtes Lächeln im Gesicht hatten. Zu sagen, dass er es kaum erwarten konnte, wäre vielleicht zu viel des Guten gewesen. Aber auf jeden Fall freute er sich darauf, obwohl er das Wort "Wachposten" früher immer mit Langeweile verbunden hatte.

    Ein leises Brummen entwich seiner Kehle, bevor sein Gehirn wieder gänzlich Betrieb aufzunehmen schien. Avianus schlug seine Augen auf. Er sah sich um. Unwillkürlich zuckte er zusammen, als er eine Gestalt neben sich wahrnahm und setzte sich hastig auf. Er musterte die Frau mit zusammengekniffenen Augen.
    "Was? Du???", entfuhr es ihm lautstark. Seine Augen waren plötzlich wieder alles andere als zusammengekniffen, ganz im Gegenteil, sie starrten die junge Frau geweitet an. "Was willst du???"
    Seine Hand fuhr zum Griff seines Gladius', bereit es im Notfall zu ziehen, gleichzeitig sah er Geld und seinen Beutel am Boden liegen und ganz nebenbei nahm er noch eine schmerzhafte und seltsam heiße Stelle an seinem Hinterkopf wahr, die er erst einmal lieber nicht anfassen wollte, abgesehen davon, dass alles andere gerade sowieso irgendwie wichtiger war. Im Moment ging ihm verständlicherweise alles ein wenig zu schnell. Ihm war vollkommen klar, dass er etwas verpasst hatte, und seine Gedanken schienen die Chance zu nutzen, sich einfach ihre eigene Geschichte zusammenzureimen, vollkommen darüber hinwegsehend, dass die Frau neben ihm auf dem Boden saß und einen blutigen Stofffetzen an Stelle einer Waffe in der Hand hielt.
    "Du warst das… ?", sagte er deshalb, denn sowie er sprach schien er sich selbst nicht ganz sicher zu sein, ob am Ende eine Feststellung oder eine Frage daraus werden sollte. Eigentlich befahl ihm sein Verstand, die Münzen einsammeln und verschwinden, vielleicht auch Sibel vorher noch irgendeine Form von Denkzettel zu verpassen, damit er in Zukunft seinen Frieden hatte. Aber nach dem ersten Schockmoment breiteten sich teuflische Kopfschmerzen in seinem Schädel aus und ganz nebenbei befürchtete er, dass ihm schwindlig werden würde, wenn er versuchte aufzustehen.

    "Haste so was schon mal gemacht?""Nein, du etwa?"
    Der erste schüttelte den Kopf. "Aber so schwer wird's schon nich' sein." Wären die Zähne des Mannes weiß gewesen, hätte sein Grinsen vermutlich im Halbdunkel geschimmert.
    Ein dritter spähte um die nächste Hausecke. "Da kommt jemand."
    Fragende Blicke der anderen beiden.
    "Sieht aus wie irgendeine besoffene Niete", fügte der dritte Mann hinzu und lächelte.
    "Perfekt." Der erste nahm einen Knüppel in die Hände.


    Avianus noch etwas Zeit mit ein paar Kameraden in einer Taberna verbracht. Jetzt, da es schon zu dämmern begonnen hatte, hatte er es für besser gehalten, sich auf den Weg zu machen. Die anderen hatten sich noch etwas Zeit gönnen wollen und waren in der Schenke zurückgeblieben.
    Der Iunier fuhr sich müde durch die Haare. Zeit, dass er in die Castra zurückkam. Er blieb kurz stehen, sog die kühle Abendluft tief ein – eine willkommene Abwechslung zu der stickigen Luft der Taberne, in der er noch vor kurzem gesessen hatte. Dann setzte er seinen Weg fort.


    Den Schlag, der seinen Kopf traf, spürte er kaum, so schnell fielen bei dem Iunier jegliche Sinne aus. Ein dumpfer Schmerz, das Bild der Pflastersteine, die rasch näher kamen und aufgeregte Stimmen waren das letzte was er wahrnahm, bevor alles dunkel wurde.
    "Du hast gesagt, da kommt igendeine besoffene Niete! Sieht das da aus wie eine besoffene Niete???"
    "Nein… das ist ein Soldat…", sagte der dritte unsicher.
    "Ach echt? Verdammt nochmal, wir können doch keinen scheiß Gardisten ausnehmen! Am Ende wacht er wieder auf und dann?"
    "… und besoffen is' er auch nicht, glaub' ich. Jedenfalls nich' so richtig."
    "Halt einfach deine Klappe, klar?"

    Währenddessen durchsuchte der zweite, ein kleiner dürrer Mann, praktisch unbemerkt den bewusstlosen Soldaten, der vornüber auf den Boden gekippt war.
    "Der hat gar keine Rüstung an! Und den Gürtel sieht man bei dem scheiß Licht nicht!", verteidigte sich der, der um die Ecke gespäht hatte.
    "Verschwinden wir einfach wieder. Tamos, du Idiot! Komm schon!", rief der erste dem kleinen zu, der gerade den Geldbeutel gefunden hatte. Er packte den mikrigen Kerl hinten am Kragen und zog ihn hoch. Der ließ vor Schreck fluchend den Beutel fallen und die Münzen verteilten sich auf der Straße, bevor alle drei fluchtartig in der nächsten Seitengasse verschwanden. Der Iunier dagegen würde wohl vorerst noch ein wenig liegen bleiben.


    Sim-Off:

    Reservierter Thread

    Wenn man davon absah, dass man eigentlich keine ganze Centurie vor sich hatte, machten die Männer doch einen guten Eindruck. Vermutlich hatten sie in den letzten Tagen genug Zeit gefunden ihre Ausrüstung auf Vordermann zu bringen.
    Als Seneca vor sie trat und zu sprechen begann, war zwischen den Soldaten alles still. Seine Worte stimmten Avianus erst nachdenklich. Nein, keiner von ihnen würde Vicetia und alles was damit zusammenhing wohl jemals vergessen.
    Doch schließlich konnte auch er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie würden schon dafür sorgen, dass der alte Ruf wiederhergestellt würde, dachte sich Avianus. So schien es auch den meisten um ihn herum zu gehen. Der Männer zu seiner Linken schien sich sogar ein kleines Jubeln zurückzuhalten, denn ihr Centurio setzte seine Ansprache bereits fort. Es brauchte offenbar schon einiges, um den Prätorianern ihren Stolz zu nehmen.
    Der Iunier ahnte aber bereits jetzt, dass das, was von jetzt an kommen würde, wieder etwas Neues für ihn war. Er hatte den Palast erst einmal betreten und das mit dem Befehl dabei zu helfen, Salinator aus ihm zu entfernen. Die Aufgaben, für die die Garde eigentlich zuständig waren, hatte er ihm Grunde noch gar nicht kennengelernt.
    Fragen hatte keiner mehr. Zwar interessierte es alle, wie es im Kommandostab aussah, aber genauso wusste jeder, dass es noch etwas Zeit brauchen würde, bis auch dort alles geregelt war.

    Kaum hatten sich die verbliebenen Soldaten der Centurie eingerichtet, sollte es eigentlich schon wieder losgehen. Aber viel einzurichten gab es schließlich ohnehin nicht, vieles was an wertvoller Habe in den Baracken zurückgeblieben war, war wie vom Erdboden verschluckt und natürlich wusste jeder ganz genau, was damit geschehen war.
    Dass am Tag nach dem Einzug in die Castra das Exerzieren wieder beginnen würde, hatte ihr Centurio ohnehin angekündigt, sodass die meisten dafür gesorgt hatten genug Schlaf zu bekommen, obwohl sie den Abend zuvor frei bekommen hatten, so auch Avianus. Und wenn er ehrlich war, hatte das verdammt gut getan.
    Nun sollten sie sich schließlich vor den Baracken versammeln. Auf dem Zettel, der aufgehängt worden war, hatte zwar ansonsten nicht vielmehr gestanden, aber dass es wieder ans Arbeiten gehen würde war eigentlich allen klar. Dafür brauchte man kein Hellseher zu sein. Deshalb stellten sich die Milites in voller Ausrüstung vor den Unterkünften auf und warteten auf weitere Befehle.

    Der Claudier kam nicht mehr dazu etwas zu sagen. Avianus atmete kurz durch, während der Patrizier der Sklavin nachblickte. Er hätte es eigentlich ahnen müssen, dass sie versuchen würde, sich endgültig davonzumachen. "Mag sein."
    Ja, er hatte Recht behalten. Und doch Iunier stockte der Iunier kurz. Er fragte sich, ob er dem Mann jemals hätte verständlich machen können, dass er überhaupt nicht darauf aus gewesen war, sich mit ihm anzulegen. Jedenfalls nicht direkt. Sie beide waren irgendwie in die Sache hineingerutsch, hatte er das Gefühl.
    Bei dem Schulterklopfen zwang er sich ein Lächeln auf die Lippen. Er fühlte sich dabei wie ein kleiner Knabe, auf den der Patrizier von einem hohen Turm aus herabblickte. Avianus wusste wen er vor sich hatte, fühlte sich selbst aber behandelt als wäre er Teil des Pöbels. Trotzdem war es wohl das Beste, den Streit ruhen zu lassen. Es war heute schon eng genug für ihn geworden.
    "Das ist mir schon einmal passiert. Aber das war eine komplett andere Sache", murmelte er und kaute auf seiner Unterlippe, als sich der Claudius von ihm abwandte. Kurz darauf machte auch er sich wieder auf den Weg.

    Da nahm sich der Patrizier wohl die Freiheit, seine sehr wohl mit Bedacht gewählten Worte völlig nach Belieben zu interpretieren. Er musste zugeben, dass das, was er gesagt hatte, einiges an Spielraum dafür ließ, aber die Vorwürfe, die ihm der Patrizier an den Kopf warf, waren Avianus zu viel des Guten. Der Claudier musste ihn wohl für ausgesprochen dumm halten.
    "Mit keinem einzigen Wort, werter Claudius", gab er ernst zurück. Der Iunier war kein Zwerg und selbst als sich der Claudier vor ihm aufbaute, brauchte er noch nicht zu ihm aufzublicken. "Ich habe mich weder dazu geäußert, wer für diese Angelegenheit speziell verantwortlich ist, noch ob es sich dabei überhaupt um ein Vergehen handelt." Das wäre damit wohl hoffentlich geklärt. Eventuelle Folgen würden sich damit wohl ebenfalls in Grenzen halten, schließlich waren die Anschuldigungen des Claudius mehr als nur haltlos und er selbst hatte weder welche geäußert, noch hatte er es vor. Mit dieser Auseinandersetzung, die für Avianus nur noch Farce darstellte, würde sich der Patrizier wohl eher lächerlich machen.
    Was den Iunier aber noch sehr viel mehr verärgerte und erneut zum Kochen brachte war allerdings dieses kleine, sich in seine Gedanken brennende "diesmal" aus dem Mund des Patriziers. Eigentlich hatte er sich nur erhobenen Hauptes aus der Affäre ziehen wollen. Sein Kiefer spannte sich einen Moment lang an. Ihn mitunter für den Tod irgendeines Kaisers verantwortlich zu machen war wohl noch sehr viel respektloser, als alles was er bisher gesagt hatte zusammen. Salinator hatte seiner Meinung nach selbst zu verschulden, was ihm passiert war, und Valerianus' Tod hatte sich lange vor seiner Dienstzeit ereignet. "Welchen Kaiser habe ich denn zuvor nicht geschützt?" Seine Stimme blieb kontrolliert. Er erwartete keine Antwort auf seine Frage.
    Selbst als er das weitere Vorgehen des Claudiers mit einem ungerührten "Nichts anderes habe ich zu klären beabsichtigt" kommentierte, blitzte noch Zorn in seinen Augen. Die junge Sklavin konnte nur hoffen, dass sie ihm nie wieder begegnete. Im selben Augenblick wurde ihm klar, dass der Platz neben dem Patrizier leer war und er bekam gerade noch mit, wie sich die junge Frau aus dem Staub machte. Er hatte nicht vor ihr zu folgen, stattdessen schnaubte er leise und schenkte dem Claudier eisige Blicke, sagte aber nichts mehr.


    Sim-Off:

    Tribun der Legio XX Valeria? Habe ich was verpasst? :hmm:

    Ausweichen. Das schien der Claudius gut zu können.
    "Selbstverständlich", entgegnete Avianus trocken. "Mein Name lautet Aulus Iunius Avianus und als Teil des Exercitus Romanus sehe ich es als meine Pflicht an, dafür Sorge zu tragen, dass den geltenden Gesetzen Folge geleistet wird." Er musterte den nun lächelnden Claudius mit unveränderter Miene. Selten hatte er sich selbst derart bemüht erlebt, ein Gespräch in die richtige Richtung zu lenken. "Jegliche Maßnahmen dafür sind auf keinen Fall als Angriff gegen dich aufzufassen. Ich ziehe es lediglich vor, meine Arbeit gründlich auszuführen", endete er glatt. Alle Worte waren regelrecht aus ihm herausgeflossen. Oh ja, er konnte, wenn er es bloß wollte. Ihm würde eine ganze Rede einfallen über Pflichtgefühl, Loyalität und Zuverlässigkeit. Aber nun reichte es auch ihm mit kuschen vor dem Patrizier, alles Weitere wäre lächerlich. Der Patrizier schien ihm ganz schön aufgeblasen, von einem Gardisten eine Rechtfertigung für sein Vorgehen zu verlangen. Und doch sah er sich nicht in der Position, es sich leisten zu können, in irgendeiner Weise negativ aufzufallen. Selbst wenn der Grund nur irgendein aufgeblasener Patrizier war. Wie machte er das nur, dass er immer in irgendeine Scheiße geriet? Und dabei war er sich dieses Mal sogar sicher, keinen absolut fundamentalen Fehler begangen zu haben. Vielleicht sollte er wieder einmal seine Ahnen und die Götter um Beistand bitten. Auf jeden Fall schien es irgendwer auf ihn abgesehen zu haben, und wenn es das Schicksal höchstpersönlich war.