Beiträge von Aulus Iunius Avianus

    Avianus trank einen letzten Rest Wein und stand ebenfalls auf.
    "Und ich bin froh, in deiner Centurie dienen zu dürfen, Seneca", entgegnete Avianus, der Klang in seiner Stimme wirkte dennoch recht ernst. "Ich denke, ich werde dich nicht länger aufhalten."
    Avianus blieb kurz an der Tür stehen und erinnerte sich erneut daran, dass Seneca nicht nur ein Verwandter, sondern auch Vorgesetzter war. Der Iunier salutierte kurz, während ein Lächeln seine Lippen umspielte. Er wartete aber dennoch einen Augenblick lang ab, ob der Centurio noch etwas sagen würde.

    "Dann werde ich mich als nächstes beim Magazin blicken lassen."
    Er freute sich eigentlich sogar mehr darauf, die Rüstung das erste Mal tragen zu dürfen, als sie zu bekommen. Avianus trank einen weiteren Schluck Wein und hatte für einen kurzen Augenblick sich selbst in der Uniform der Prätorianer vor Augen.
    Wie erwartet hatten sich eigentlich alle Fragen bereits im Gespräch geklärt. Dass er trotzdem noch aufgeregt war, war wohl nichts Besonderes.
    "Nein, ich denke, ich weiß jetzt ungefähr, was auf mich zukommt", antwortete er.

    Während Seneca ausführlich auf seine Frage antwortete, nickte Avianus lediglich.
    Bruderkampf, natürlich. Damals während der Rekrutierungsreise war es schon Gesprächsthema gewesen. Er wusste noch, wie er zu Tacitus gesagt hatte, sie hätten die Prätorianer auf ihrer Seite, um ihn aufzumuntern. Damals war ihm alles noch mehr wie ein Gerücht vorgekommen. Heute schien der Krieg aber näher denn je, vor allem für ihn persönlich. Bald würde es losgehen und er hatte noch nie wirklich gekämpft, schon gar nicht auf dem Feld.
    Avianus lenkte seine Gedanken wieder zurück zu seinem Gespräch mit Seneca.
    "Nein, ich bin eigentlich als Erstes hierher gekommen. Meine neue Ausrüstung brauche ich noch", sagte er.

    Auf Senecas Worte hin schwieg Avianus zunächst.
    "Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet", gab er schließlich zurück und lächelte leicht. "Ich werde mein Bestes versuchen, niemanden zu enttäuschen."
    Im Grunde hatte er auch bei den Urbanern sein Bestes gegeben. Hoffentlich würde das reichen.
    Als Seneca von ihrer Familie sprach, kam Avianus in den Sinn, dass der Rest der Iunier noch gar nichts von seiner Versetzung wusste. Sollte er noch Zeit dafür finden würde er einen Brief zur Casa Iunia schicken.
    "Auf mich", sagte er leise und trank einen Schluck aus seinem Becher. "Und wie geht es jetzt weiter?"
    Zwar hörte sich seine Frage sogar für Avianus selbst etwas seltsam an, aber irgendwie kam sie ihm durchaus auch berechtigt vor.

    "Salve, Seneca", grüßte Avianus zurück und trat ein. Mit einem leichten Nicken setzte er sich an den Tisch.
    "Gerne", antwortete er auf die Frage nach dem Wein.
    In seinem Kopf warteten bereits einige Fragen darauf, gestellt zu werden. Zum Beispiel was jetzt aus seiner Grundausbildung wurde. Vorerst wollte er jedoch erst abwarten, was Seneca ihm zu sagen hatte. Womöglich klärte sich dadurch bereits das meiste und sein Vetter würde sich nicht sofort von Fragen durchlöchert vorkommen.

    Avianus hatte seine Gedanken inzwischen wieder geordnet und stand vor Senecas Unterkunft. Das Schreiben, das er erhalten hatte, trug er bei sich.
    Es war ein seltsames Gefühl. Von den Männern die ihn hier umgaben, kannte er praktisch niemanden. Da freundet man sich mit den Leuten bei den Stadtkohorten an und ehe man sich versieht, muss man sich wieder von ihnen verabschieden. Avianus seufzte. Dafür war er jetzt bei den Skorpionen. Er sollte sich glücklich schätzen.
    Er klopfte an der Tür und wartete ab.

    Avianus nahm das Schreiben des Boten einerseits überrascht, andererseits neugierig entgegen. Seit er bei den Kohorten war, hatte er keine Post bekommen.
    Während er die Zeilen las, die ihm überreicht worden waren, wurden seine Augen immer größer. Er? Zu der Garde? Er fühlte sich, als hätte er irgendetwas verpasst. Anscheinend hatte er seine Sache bisher tatsächlich nicht schlecht gemacht. Etwas überrumpelt fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. Natürlich freute er sich irgendwie darauf. Zwei Prätorianer in der Familie wären dem Ansehen der Iunier bestimmt nicht abträglich. Und bestimmt auch nicht seinem eigenen Stolz. Aber wirklich fassen konnte Avianus es dennoch nicht.
    Als er dann den Namen seines neuen Centurios las, riss der Strom seiner Überraschung nicht ab. Sein eigener Vetter. Ob der Gute da wohl etwas damit zu tun hatte, dass er jetzt zu den Skorpionen wechselte? Nein, vermutlich nicht. Er und Seneca kannten sich doch kaum. Andererseits hatte er ihm damals bei ihrem letzten Treffen seine Unterstützung zugesichert. Was spielte das in diesem Moment für eine Rolle.
    Avianus legte den Brief beiseite und packte alles Nötige ein. Zeit, sich bei Seneca zu melden.
    An den Bürgerkrieg dachte er im Moment gar nicht mehr. Der Brief beanspruchte gewissermaßen seine volle Aufmerksamkeit.

    Das Lager war bereits errichtet, doch noch immer herrschte reges Treiben.
    Avianus sah sich etwas um. Sein Blick fiel auf eine alte Kiste, die hinter einem der Zelte stand. Noch ein weiteres Mal suchten seine Augen die nähere Umgebung ab. Dann setzte er sich hin. Nicht, dass ihn jemand beim Faulenzen erwischte. Aber vermutlich hatten die anderen genug zu tun und gar nicht die Zeit, ihn zu beachten. Und mit meiner Arbeit bin ich auch schon fertig, beruhigte der Iunier sein Gewissen. Seine Augen und Ohren hielt er dennoch offen.
    Seine schlechte Laune hatte sich in den letzten Tagen des Marsches wieder gelegt. Hoffentlich nahm es ihm keiner der anderen übel, dass er sich etwas mürrisch benommen hatte.
    Leise begann er eine Melodie zu summen. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich etwas zurück.

    Avianus hatte sich mit den anderen Soldaten versammelt, um sich die weiteren Befehle des Optios anzuhören. Es würde also sofort weitergehen. "Jawohl, Optio.", antwortete er den Befehlen wie die Männer um ihn herum, jedoch mit wenig begeisterter Miene. Was solls. Avianus seufzte leise und machte sich mit den anderen auf den Weg, um sich für den weiteren Marsch auszurüsten.


    Marschbereitschaft wurde hergestellt und bald stand die Centurie, mit Ausnahme eines Contuberniums fertig vorbereitet da. Avianus hatte sich weiter nach hinten gestellt. Nicht zu dem kleinen blonden Soldaten namens Silio wie sonst so oft. Wie er ihn kannte, musste er andernfalls nur die ganze Zeit über von seinem Botengang erzählen, der so spannend eigentlich gar nicht gewesen war.
    Wo ging es als nächstes hin? Pisae, soweit er es noch im Kopf hatte. Toll. Noch weiter in den Norden. Einen Optio haben wir ja noch. Avianus unterdrückte ein sarkastisches Lächeln.

    Avianus bedankte sich noch kurz bei der Wache bevor er das Pferd umkehren ließ, um ins Lager zurückzureiten. Ein Dankeschön war eigentlich nicht nötig, immerhin hatte er den Mann bezahlt, aber bestimmt niemand würde sich wegen seiner Höflichkeit beschhweren. Und das Geld würde er mit Sicherheit irgendwie wieder aufreiben können. Auch wenn es nur 2 As waren.
    Avianus schnalzte und trieb das Pferd an.


    Im Lager meldete er sich wie befohlen wieder beim Optio.
    "Salve.", grüßte er kurz. "Der Brief ist übergeben, Optio Rubrius."
    Das Geld ließ er vorerst aus dem Spiel.

    Natürlich brachten Boten ihre Nachrichten selbst an ihren Bestimmungsort. Gewöhnliche Boten. Boten, die sich keine Sorgen machen mussten, vielleicht gefangen genommen zu werden, dachte Avianus.


    Der Iunier war erst etwas misstrauisch. Von dem Etruskisch der beiden Männer verstand er selbstverständlich kein Wort. Auch über das Angebot, das ihm von einer der beiden Wachen gemacht wurde, dachte er erst einen Moment lang nach. Dann nickte er leicht.
    "Gut", sagte er knapp und nickte erneut. Avianus kramte zwei Münzen hervor. "Dafür muss er aber auch sicher ankommen", versuchte er die Situation etwas aufzulockern.
    Er reichte der Wache den Brief und die Münzen.

    Die Wache hatte ihn wohl nicht richtig verstanden. Avianus blickte den Mann erst etwas verwirrt an, fasste sich dann aber wieder, um zu antworten. Er war sich dennoch nicht sicher, was er sagen sollte und vor allem wie viel.
    "Gibt es keine Möglichkeit, den Brief hier am Tor abzugeben?", fragte der Iunier nüchtern und zog eine Augenbraue in die Höhe.
    Er blieb ruhig und sah die Wachen ausdruckslos an.
    Er hatte jedenfalls nicht vor, Arretium zu betreten, nicht nur wegen der Befehle, die ihm erteilt worden waren. Den Brief persönlich abzugeben, kam nicht in Frage, so lange es sich irgendwie verhindern ließ. Soll die Wache doch einfach die Rolle nehmen und mich in Frieden lassen.

    "Ich werde mich darum bemühen." Avianus lächelte leicht. Er würde einfach noch einmal auf das Pferd steigen. Sollte tatsächlich irgendetwas schiefgehen, warum auch immer, konnte er schnell wieder verschwinden.
    Avianus packte die Nachricht wieder ein. Dann setzte er sich auf das Pferd und verließ das Lager. Hoffentlich sprang für ihn nach all den Bemühen auch etwas dabei heraus, wenn alles wieder vorbei war. Eine kleine Belohnung oder zumindest ein freundliches Lob, wenn sie von der Rekrutierungsreise wieder nach Rom zurückkehrten.
    Der Weg zum Tor war nicht besonders weit. Am Stadttor ließ er das Pferd zum Stehen kommen. Mit leichter Skepsis musterte Avianus die Wachen.
    "Salve, ich habe hier einen dringenden Brief für den Duumvir." Er hielt einer der Wachen die Rolle hin.


    Sim-Off:

    Soll ich für die Wachen selbst weiterspielen?

    "Der Tribun verlangt darin höchstpersönlich die Freilassung des Optios", gab Avianus schlicht zurück.
    Ob der Tribun damit die richtige Entscheidung getroffen hatte, würde sich noch herausstellen. Sollte Arretium sich gegen Rom gestellt haben, würde der Brief womöglich nicht viel bewirken, vielleicht sogar eher das Gegenteil. Aber allzu viele Alternativen gab es wohl ohnehin nicht. Und Avianus gab sich Mühe, seinen Vorgesetzten zu vertrauen. Aber warum interessierte sich sein Gegenüber überhaupt für den Inhalt der Rolle? Es machte für ihn im Grunde keinen Unterschied, was darin stand. Das einzige was ihn, Avianus oder den Rest der Centurie zu kümmern brauchte, war, ihn zum Tor zu schaffen.
    "Soll ich den Brief zum Stadttor bringen?"

    "Salve Optio", grüßte Avianus zurück. Er fackelte nicht lange herum.
    "Ist Optio Aemilius aus Arretium zurückgekehrt? Andernfalls soll dieser Brief am Stadttor abgegeben werden", sagte Avianus mit ernster Miene und zog die versiegelte Rolle hervor. Er wartete die Antwort des Optios ab. Aber nach allem, was er an der Stimmung der Männer im Lager ablesen konnte, hatte sich an der Situation wohl nicht besonders viel geändert. Höchste Zeit, dass etwas passierte.

    Avianus ritt erneut durch das Stadttor, dieses Mal um Rom wieder zu verlassen und mit der Nachricht des Tribuns im Gepäck. Vielleicht war sie auch nicht mehr nötig. Fragte sich nur, ob das für den Iunier ein angenehmer Gedanke war. Die Vorstellung, im Eiltempo nach Rom und wieder zurück nach Arretium geritten sein zu können, war alles andere als positiv. Abgesehen davon taten ihm jetzt schon von der Reiterei die Glieder weh. Er hatte noch nie so lange am Stück auf einem Pferd gesessen. Wie er sich erst fühlen würde, wenn er wieder bei der Centurie war, lag noch im Dunkeln, aber Avianus war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass er erst die Hälfte seiner Reise hinter sich gebracht hatte.


    Der junge Römer ließ seinen Blick durch die Hügel um ihn herum gleiten. Anfangs hatte er sie noch als schön empfunden, inzwischen langweilten sie ihn. Zumindest würde er bald ankommen.
    Wie bei seinem Weg nach Rom hatte er auch dieses Mal nur Pausen gemacht, wann es wirklich nötig war, deshalb war er erleichtert, als endlich Arretium zwischen den Hügeln auftauchte.
    Wie es ihm der Tribun befohlen hatte, kehrte er erst zu seiner Centurie zurück.
    "Tiro Aulus Iunius Avianus, ich bin mit einer Nachricht des Tribuns aus Rom zurück." Als die Soldaten am Eingang des Lagers ihn erkannten, wurde er ohne Zögern eingelassen. Während Avianus von dem Pferd abstieg, lief bereits ein junger Soldat los, um den Centurio von der Rückkeht des Iuniers zu informieren.

    "Verstanden, Tribun", sagte Avianus. Er nahm die Rolle entgegen.
    Natürlich. Er würde sich sofort wieder auf den Weg machen. Hauptsache keine Pause. Hätte der Iunier nicht dem Tribun gegenübergestanden, hätte er sich ein schiefes Lächeln abgerungen. Dafür war es ihm vielleicht möglich, gewissen Pluspunkte zu sammeln, wenn er sich hier bemühte. Hoffentlich. Aber war es eigentlich nicht das, was er sich immer gewünscht hatte? Rom dienen und dabei sein eigenes kleines Abenteuer zu erleben? Dieses Abenteuer musste am Ende nur gut ausgehen.
    Avianus salutierte erneut. Dann verließ er das Officium und machte sich auf den Weg zum Tor, wo noch immer sein Pferd stand.