Beiträge von Quintus Duccianus Alan

    Auf die Bitte von Dagmar hin, hatte sich auch Alan auf den Weg zum Tempel begeben. Sevilla war auch hier und wie immer war es der Wunsch ihrer Mutter gewesen, dass Alan ein Auge auf sie warf. Der Schreiner war sich zwar sicher, dass in der Nähe eines Tempels kaum Gefahren lauern konnten doch es war sicherlich auch für ihn nicht falsch auch mal etwas vom Anwesen runter zu kommen und über den Tellerrand zu blicken.
    So stand nun also auch er zwischen den Zuschauern und harrte der Dinge die da kommen würden.

    Als die junge Frau neben ihm erwähnte, sie würde bald wieder zu ihrer Mutter gehen, nickte Alan schwermütig. Am liebsten hätte er ihr angeboten sie zu begleiten. Doch das hätte erstens nicht zu dieser Feierlichkeit gepasst und zweitens wusste Alan, wenn Dagmar ihn sehen wollte, dann hätte sie ihn das wissen lassen. Leider war das in den letzten Tagen überhaupt nicht mehr vorgekommen. Deswegen nahm er statt dessen lieber einen tiefen Schluck aus einem Becher.
    "Lange werde ich auch nicht mehr bleiben. Drüben in den Ställen habe ich gestern gesehen, sind ein paar Bretter locker. Da werde ich mich dann noch drum kümmern."
    Dann allerdings gab er sich doch einen Ruck, während er den Becher auf den Tisch zurückstellte. Es konnte nur schief gehen.
    "Falls ich dich nachher dann zu deiner Mutter begleiten soll, gibst du bescheid, ja?"

    In dem Moment als Sevilla ihn so herausfordernd ansah, glaubte Alan ihre Mutter würde vor ihm sitzen. Genau so hatte Dagmar ihn früher auch ab und zu angesehen, wenn er etwas gesagt hatte, dass ihr nicht passte. Es war das gleiche Feuer in ihrem Blick und vermutlich das gleiche Temperament. Und nun blickte er in das wesentlich jüngere Abbild von Dagmar und plötzlich glaubte Alan... schnell versenkte er sein Gesicht in seinem Becher um einen großen Schluck daraus zu nehmen. Vermutlich lag es an dem Getränk und der Tatsache, dass er einfach nichts mehr vertrug. So ein Blödsinn aber auch. Er hoffte nur inständig dem Mädchen war nichts aufgefallen. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, weil er ihr Mutter so sehr vermisste.
    Als er sein Blick schweifen lies, fiel ihm auf, dass sich die Gesellschaft teilweise schon wieder aufgelöst hatte. Er selber empfand auch keinen Hunger mehr und leider war er bisher auch mit niemandem außer Sevilla ins Gespräch gekommen.
    "Nun, wie gedenkst du den weiteren Abend zu gestalten? Es scheint als habe sich die Runde ein klein wenig aufgelockert."

    Aufmerksam hörte Alan der jungen Frau neben sich zu und er erwischte sich bei dem Gedanken wie ähnlich sie ihrer Mutter war. An der Art wie sie sprach, bei manch ihren Gesten. Ach, wenn heute Dagmar nur neben ihm sitzen würde. Nicht, dass er die Gesellschaft von Sevilla nicht schätzte, doch es wäre noch etwas anderes mit ihrer Mutter. Sie erzählte von Albin. Alan war dem alten Mann noch nicht allzu oft begegnet und wenn dann war es meist nur ein Blick oder eine kleine Geste zur Begrüßung, dann war der schweigsame Mann auch schon wieder weitergezogen. Und der sollte singen können? Aber wenn sie es ihm erzählte würde es schon stimmen. Alan konnte nicht singen und er würde das sicherlich nicht unter Beweis stellen.
    "Ja es waren wirklich immer große Feste und es war das ganze Dorf dabei. Allerdings ist es schon gut, dass du jetzt hier bist. Hier ist es doch ... sagen wir sehr gesittet. Manchmal ging es dann schon etwas naja... sagen wir die Feste liefen manchmal etwas anders als geplant."
    Er schmunzelte in sich hinein, würde aber sicherlich nicht weiter ins Detail gehen.
    Bei der Frage ob es mehr Bier oder Met gab wiegte Alan ab.
    "Ich würde sagen es gab mehr Bier. Wir hatten auch Met, unsere Bienen waren immer sehr fleißig aber das Bier haben wir dennoch bevorzugt. Und ja ich weiß was du meinst. Besonders für kleine, zarte Mädchen ist Met eigentlich überhaut nichts."
    Scherzend blickte Alan das Mädchen an und prostete ihr dann mit seinem Becher zu.

    Möglichst unauffällig hatte Alan sich etwas zu Sevilla hinübergebeugt und sah sich noch unauffälliger um als sie ihm die jeweiligen Personen beschrieb. Lehrer, Lehrerbruder und Freundin. Gut, das war nicht schwer zu merken. Er besah sich die jeweiligen Gesichter zu den Namen und versuchte sich diese einzuprägen. Schließlich wollte er nicht immer wie der unwissende Dritte dastehen müssen. Als dann der Name der Freundin fiel, nickte Alan etwas zögerlich. „Doch ja, ich glaube schon. Der Name sagt mir etwas.“ Hatte sie nicht bei der Geburt des jüngsten Spross des Familienoberhauptes geholfen? Da musste es gewesen sein, dass er den Namen aufgeschnappt hatte.


    Sie aßen weiter und plötzlich fragte Sevilla ihn nach der Vergangenheit. Der Schreiner nahm einen großen Schluck aus seinem Becher. Das waren eigentlich so Dinge über die er nicht gerne nachdachte. So schön es hier auch war er vermisste sein Dorf. Doch er nickte. Seine Gesprächspartnerin konnte ja nichts dafür und eine gewisse Neugier war nicht falsch.
    „Ja, da war es genauso. Wir haben gerne und oft Feste gefeiert. Da kam dann das ganze Dorf zusammen. Manchmal, bei besonders großen Feiern, sogar die befreundeten Nachbardörfer. Dann war es immer besonders laut und es ist hoch hergegangen. Es wurde viel gegessen, getrunken und auch gesungen.“
    Er verzog schmerzlich das Gesicht und zog dann den Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben.
    „Die Frauen hatten schöne Kleider an, so wie du heute. Und es wurde getanzt und nicht selten haben sich auf diesen Festen dann Zwei gefunden, die für immer zusammen gehörten.“

    Eine wahrlich große Familie, ja. Da nickte Alan zustimmend. Es war ein schönes Gefühl ein Teil davon zu sein. Er würde Dagmar vermutlich nie genug danken können, dass sie ihn aus der Sklaverei befreit hatte. Er war nicht freiwillig in dieses Land gekommen und er hatte oft mit den Göttern gehadert, warum sie ihm das angetan hatten. Doch jetzt wusste er warum. Es war ihm bestimmt gewesen, dass er hierherkommen sollte und den Großmut dieser Familie kennen lernen. Wahrlich hatte diese sich hier Ruhm erarbeitet. Und so traumatisch und schrecklich der Brand des alten Hauses war, so hatten alle zusammen hier etwas großartiges geschaffen. Und Alan war stolz einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.
    Als Nela von ihrem Bruder erzählte wirkte Alan ein bisschen nachdenklich. Er könnte sich vorstellen welche berufliche Kariere Dagmar lieber wäre. Schließlich hatte ein Politiker trotz aller Intrigen ein sichereres Leben als ein Soldat. Doch ein junger Mann... es war sicherlich noch nicht alles ausgestanden.
    Die Gesellschaft begab sich zu Tisch und Alan folgte Nela, die ihn bat sich neben sie zu setzten. Dieser Bitte kam er gerne nach und bei den Segenswünschen schloss sich Alan der Menge an und hob seinen Krug. Es tat gut einmal wieder etwas so herzhaftes zu sehen wie die Ansprache des Familienoberhaupts. Alan nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Krug, stimmte Nela zu und bediente sich dann an den üppigen Speisen.
    Um sie herum wurde sich unterhalten und gelacht, doch Alan wollte nicht so recht etwas einfallen mit was er auch mit Nala ins Gespräch kommen könnte, ohne ihre Mutter dabei zu erwähnen. So saß er lange schweigend neben der jungen Frau und versuchte hier und da ein bisschen mitzuhören. Dann beugte er sich zu ihr hinüber.
    "Sag mal, kennst du hier den ein oder Anderen und kannst mir sagen wie ich sie einzuordnen habe?"

    Viele Gäste waren gekommen und Alan wunderte sich mal wieder wie groß diese Familie hier war. So viele Freunde und Bekannte waren auch gekommen. Es freute ihn für Silvana, denn sie schien sehr beliebt zu sein. Es erinnerte ihn ein klein wenig an die Feste in seinem Dorf, da kamen auch immer alle zusammen.
    Etwas unschlüssig stand er neben Dagmars Tochter. Alle schienen sich zu unterhalten aber jetzt rächte es sich mal wieder, dass er sich in der Vergangeheit hauptsächlich in Dagmars Gesellschaft aufgehalten hatte. Nichts, was er bereuen würde, doch bei solchen Zusammenkünften nicht von Vorteil. Deswegen hielt er sich an Sevilla.
    „Ich bin jedes Mal wieder erstaunt wie groß diese Familie ist.“
    Versuchte er sich dann in dem, was man einige Jahrhunderte später Smalltalk nennen würde.
    „Wie geht es deinem, Bruder? Deine Mutter hat mir erzählt er soll vielleicht nach Rom? Hat er sich diesbezüglich schon entschieden?“

    Zurückhaltend lächelnd freute sich Alan, dass sein Geschenk offenbar Gefallen fand. Auch wenn er bisher nicht allzu viel Gelegenheiten gefunden hatte sich auf Feste oder andere Familienzusammenkünfte einzufinden, so war er froh ein Teil dieser Familie sein zu dürfen. Von Dagmar wusste er von vielen Familienmitgliedern, das hieß aber nicht, dass er sie gleich alle kannte. Einige Gesichter waren ihm vollkommen fremd. Sie hatte ihm an ihren besseren Tagen viel erzählt, wenn sie spazieren gegangen waren. Draußen in der schönen Umgebung des Hauses. Es brach ihm das Herz sie so traurig zu sehen und einfach keinen Zugang mehr zu ihr zu finden. Seit dem Brand hatte sie sich verändert. Sie war nur noch in sich gekehrt und so sehr Alan sich auch bemühte aber er schaffte es nicht mehr ihr ein Lächeln abzugewinnen.
    Sie hatte ihn schon vor einiger Zeit gebeten auf ihre Kinder, speziell auf die Tochter aufzupassen. Und dies hatte Alan ihr nur zu gerne versprochen. Er mochte die Beiden, gerade Nela, die ihrer Mutter so ähnlich war, bedeutete dem Schreiner viel. Dennoch hielt er sich zurück, wollte er die junge Frau doch nicht mit Fürsorge erdrücken. Und doch war sie mitunter ein Grund, warum er heute hier war.


    Als Silvana sich für sein Geschenk bedankte, lächelte Alan sie freundlich an und die Umarmung kam so unerwartet und plötzlich, dass er erst mit Verspätung reagieren konnte und die Umarmung erwiderte.
    „Das freut mich, wenn es dir gefällt.“
    Dann trat er zurück und lies den anderen Gratulanten den Vortritt. Das Oberhaupt der Familie trat hinzu und Alan nickte grüßend.
    „Salvete, Witjon.“
    Dann gesellte Alan sich ein Stück näher zu Nela und blieb in ihrer Nähe stehen. Überwältigt von der Vielzahl der Gäste versuchte er sich die Gesichter einzuprägen, als er aber merkte wie hoffnungslos dieses Unterfangen wurde, wandte er sich an Nela.
    „Du siehst heute sehr schön aus. Deine Mutter ist bestimmt stolz auf dich.“
    Und sie war wohl eine der sehr wenigen Anwesenden, die wusste und erkennen konnte wieviel Beklommenheit hinter seinem gut gemeinten Lächeln versteckt war.

    Kurz nach Nela kam auch Alan in den Garten. Ein Schelm wer dachte, dass er sie verfolgt hätte. Er wartete bis einige der Gäste bei Silvana vorgesprochen hatten unter denen auch Nela war. Dann trat auch er vor, nicht aber noch Curio den Vortritt zu lassen.
    "Salve, auch ich beglückwünsche dich zu deinem erfolgreichen Opfer."
    Dann überreichte er Silvana eine handlich, geschnitzte Tierfigur in Form eines Wolfes. Den Kopf des Tieres konnte man abnehmen und im ausgehölten Körper des ein paar Kleinigkeiten verstecken.

    Aufmerksam hörte Alan Dagmar zu, als sie von ihren Erlebnissen und den Kindern erzählte. Neben zu hatte er sich einen langen Grashalm angerissen und zwirbelte diesen zwischen seinen Fingern. Rom war wirklich eine sehr große Stadt und dabei hatte er während seines Aufenthaltes sicherlich nur einen kleinen Teil davon gesehen. Er glaubte Dagmar, wenn sie sagte, dass es dort auch schöne Plätze gab. Doch für den Schreiner aus einem kleinen Dorf war das alles viel zu überwältigend gewesen. Zudem war er als Sklave in die Stadt gekommen und das gegen seinen Willen. Da fiel es schwer schöne Dinge zu erkennen.
    Ostia kannte er nur vom Namen. Er hatte mal ein Gespräch auf dem Mark in Rom mitbekommen. Aber was oder bessergesagt wo dieses Alexandria war, wusste Alan nicht. Es hörte sich fremd an. Aber alles außerhalb seines Dorfes war fremd. Deswegen nickte er nur leicht in der Hoffnung nicht gänzlich desinteressiert zu wirken. Denn das war er nicht, er hatte nur keine Ahnung. Dagmar hatte wahrlich schon viel von der Welt gesehen. Sie war eine belehrte, erfahrene Frau, die einen Feldherren zum Mann gehabt hatte. (Da fiel ihm ein er wusste bis heute nicht, was mit ihm passiert war, doch er wagte nicht zu fragen.) Was würde sie dann von einem einfachen Schreiner wollen, der gerade angefangen hatte lesen und schreiben zu lernen und diese fremde Sprache immer noch mehr schlecht als recht sprechen konnte?


    Alans Blick glitt zur Seite. Es gab mal ein Mädchen im Dorf, das hatte ihm gefallen. Sie war die Tochter des Schmieds. Ihr Haar glänzte in der Sonne und wenn sie lachte, dann lachten alle mit ihr, so schön war es. Leider war Alan sich nie sicher, ob sie ihn wirklich gesehen hatte. Sie war nett zu ihm, einmal tanzten sie auf einem Fest sogar miteinander aber der Schafhirte schien die ganze Zeit um sie herum zu sein und sie seine Gesellschaft zu genießen. Und jetzt stand er neben einer Frau, die bereits so viel gesehen und erlebt hatte.
    Er zwang sich, ihr wieder zuzuhören, als sie anfing von ihrem Sohn und Tochter zu erzählen. Sie hatten tatsächlich eine große Zukunft vor sich.
    „Ich bin mir sicher dein Sohn wird dich stolz machen. Und auch deine Tochter. Er wird sich sicherlich einen ruhmreichen Namen erarbeiten und Sevilla wird in die teuersten Stoffe gewandet sein, wenn sie den richtigen Mann gefunden hatte.“ Alan sprach wie jemand, der weder Vater noch Mutter war. Er war nur Sohn gewesen und als solcher hatte er seinen Vater nie enttäuschen wollen. Gleichzeitig aber dachte er bei sich, dass dies beide Dingen waren, die er Dagmar nicht bieten konnte. Er war weder ruhmreich noch konnte er ihr teure Stoffe kaufen. Seufzend ging er weiter.
    „Wer wird den Mann für Sevilla auswählen?“
    Zuerst nur ein Versuch das Gespräch aufrecht zu erhalten, sah Alan Dagmar nun ehrlich interessiert an. Für gewöhnlich entschied das ja das Oberhaupt der Familie. Das fehlte hier aber, also würde wohl das nächste Oberhaupt zum Tragen kommen. Dennoch wollte Alan Dagmar das Gefühl vermitteln, dass er sich für ihre Belange interessierte. Er war zwar kein Vater, doch er wollte wenigstens ein Freund sein.

    Absichtlich hatte Alan das Leiden wegen seinem Knie nicht erwähnt. Er war niemand der Mitleid einheimsen wollte. Und wie hätte das denn ausgesehen, wenn er auf dem Wagen saß? Nein, da war Alans Stolz dann doch zu groß und es ging ja. Es war nur etwas beschwerlich. Deswegen zog er nur eine Schulter hoch und winkte ab, als Dagmar ihn deswegen schalt. Er würde auch beim nächsten Ausflug wieder reiten. Da blieb er stur. Denn er kam auch nicht schneller vom Wagen herunter, wenn Gefahr drohte. Und wenn er auf einem Pferd saß, konnte er das Tier wenigstens in die Richtung der Gefahr lenken und so noch ein klein wenig etwas ausrichten. Fiel er aber wie ein Stein vom Wagen und musste sich erst mal aufrappeln, ... nein das wollte er sich gar nicht weiter vorstellen.
    Statt dessen stellte er sich lieber vor wie seine dicke Stute irgendwo auf einer saftig, grünen Wiese stand und sich vollfressen konnte. Der leichte Wind in ihrer Mähne könnte sie eines der Tiere dort drüben sein und dieser Gedanke gefiel ihm. Ja, Dagmar hatte sicherlich recht und das Tier war entkommen.


    Sie gingen weiter und Alan genoss die frische Luft und die Natur um sich herum. Allerdings drückte Dagmars Schwermut auch ihn wie eine Last zu Boden. Er wollte nicht, dass sie so ein hoffnungsloses Gemüt hatte. Doch konnte er sie auch nicht einfach so lange schütteln bis sie wieder lachte. Nein Alan musste Geduld aufbringen und für sie da sein. In dem Rahmen wie es ihm eben möglich war. Er war nicht mehr ihr Sklave und doch hatte er es sich selbst zur Aufgabe gemacht nicht mehr von ihrer Seite zu weichen.
    "Oh ja, da sprichst du etwas wahres." Nickte der Schreiner dann als sie von der Enge Roms sprach. "Lange musste ich ja zum Glück nicht in den Genuss dieser Stadt kommen, doch was ich da erlebt habe, hat mir durchaus einen Eindruck davon gegeben wie es dort ist. Der Gestank war stellenweise unerträglich." Angewidert verzog er das Gesicht. "Da ist es hier bei Weitem besser. Und ich denke mal auch viel sicherer für deine Kinder. Hier können sie springen und spielen." Versuchte er sie auf die Vorteile dieser neuen Behausung zu bringen.

    Kurz nach Dagmar betrat auch Alan die Zeremonie. Er hielt sich im Hintergrund, begrüßte hin und wieder jemanden, wenn er ihn oder sie erkannte.
    Er musste gestehen, dass ihn schon eine gewisse Unruhe befallen hatte. Seit dem schlimmen Feuer war das hier das erste große Ereignis, dem er bewohnen durfte.
    Schräg hinter Dagmar bezog Alan Stellung du sah sich fast genauso neugierig um wie deren Kinder. Erst als sie anfing Namen und Personen zu erklären kam Alan etwas näher. Auch er kannte hier kaum jemanden und es war sicherlich nicht falsch sich wenigstens ein paar der Namen und dazugehörigen Gesichter zu merken.

    Als Dagmar nun endlich auch von sich aus ein bisschen was erzählte und von ihrer Vergangenheit berichtete, lies Alan sie reden. Er unterbrach sie nicht und nickte nur hin und wieder als Zeichen, dass er ihr zuhörte.
    Das schlechte Gewissen lastete ihm schon schwer auf den Schultern, hatte er sie doch mit einer List heraus gelockt, doch er tat es für einen guten Zweck.
    Als sie dann meinte es würde noch eine Zeit dauern bis sie sich an dieses Haus und an das Anwesen gewöhnt hatte, nickte er wieder. Dieses Mal nur intensiver.
    „Ja, in dem Punkt kann ich dich genau verstehen. Auch für mich ist das bisher nur ein Haus. Genau wie das Vorangegangene. Nur eine Behausung.“ Er sah den Flusslauf hinunter und beobachtete ein paar Libellen. Das hier war nicht seine Heimat, sein Zuhause. Hier kannte er niemanden und musste sich erst einleben. Dieses Haus bedeutete ihm so viel wie das Abgebrannte oder das Haus des Sklavenhändlers. Wobei letzteres den wenigsten Komfort geboten hatte.
    „Doch ich bin mir sicher, wir beide werden noch lernen die Vorteile zu erkennen. Und nur weil ich mitgeholfen habe, es mit meinen eigenen Händen aufzubauen, hießt das nicht automatisch, dass ich mich hier gleich wohnlich fühle.“ Vielleicht half es ihr ja, wenn sie wusste, sie war nicht die Einzige, die hier nicht gleich ihren Namen in die Wand ritzen wollte.


    Zwar bedankte sich Dagmar dafür, dass er sie hier raus gelockt hatte, zumindest fasste er es so auf. Doch gleich im Anschluss gab sie bekannt, dass sie seine List schon durchschaut hatte und Alan zog den Kopf noch etwas weiter ein. Das wollte er wirklich nicht, doch wusste er sich nicht anders zu helfen.
    Fast erleichtert war er dann, als sie wieder von ihrer Vergangenheit erzählte und seine Verwunderung wie auch Bewunderung für das was sie mal war, musste er nicht erst groß hervorheben, man sah es ihm deutlich an. Dagmar war also immer schon eine starke Frau gewesen und als sie am Ende meinte sie wäre geritten weil es sich für eine Römerin nicht gehörte, musste er schmunzeln. Recht so! Er hatte diese Sprache auch nur erlernt, weil er den Vorteil darin erkannt hatte. Aus Liebe oder Leidenschaft hätte er das niemals getan.
    „Geritten bin ich eigentlich selten. Aber ich hatte ein Pferd. So eine richtig dicke, stämmige Stute. Sie hat mir stets die Baumstämme vom Wald ins Dorf gezogen. Und fressen konnte die, das glaubst du nicht. Ich glaube sie hat nur gefressen. Schade, dass ich sie nicht habe mitnehmen können. Es hätte ihr hier sicherlich prima gefallen.“ Er sah zu den Weiden hinüber. Ja, vermutlich hätte das Tier die Wiesen in ein paar Tagen abgefressen. Doch sie war sicherlich gar nicht mehr am Leben. Wenn sie bei dem Überfall auf das Dorf nicht irgendwie zu Schaden gekommen war, dann hatte man sie sicherlich über dem Feuer geröstet oder sie musste nun ihren Dienst unter einem anderen Herren erledigen. Alles nicht allzu angenehme Gedanken. Weswegen Alan sie mit einem Kopfschütteln beiseiteschob.


    „Mein Knie…“ fing er dann an und deutete auf sein linkes Bein. „Es ist kaputt. Deswegen kann ich auch nicht allzu gut reiten. „Einmal hat der Blitz in eine der Hütten im Dorf eingeschlagen. Alle waren unterwegs um zu retten was noch zu retten war und ich war zu langsam, als einer der Balken herunter fiel. Hat mich erwischt. Seit dem schmerzt es immer wieder und erinnert mich daran, dass es nicht gut ist, zu langsam zu sein.“ Er zog die Schultern hoch und tat so als wäre das nicht schlimm.
    Als Dagmar ihm sein Herz ausschüttete, wurde Alans umso schwerer. Er konnte nicht umher und legte ihr seine Hand auf den Arm. „Sicherheit ist leider ein launisches Geschenk der Götter. Sie geben es im Überfluss und nehmen es auch wieder weg. Ich dachte auch immer mir passiert nichts. Ich bin doch nur ein einfacher Schreiner. Kein Krieger wie so manch anderer junger Mann aus meinem Dorf. Kein Anführer, kein Heiler. Einfach jemand der mit seinen Händen das Holz bearbeitet, welches man ihm gibt. Sicherlich hatten wir immer mal Ärger mit den umliegenden Dörfern, aber ich nahm das als gegeben hin. Es war nicht schön aber nicht zu ändern. Und dann verlor auch ich in einer Nacht mein Dorf, meine Freunde, meine Heimat, meine Freiheit. Wenn du nicht gewesen wärst, ich will mir nicht vorstellen wo ich nun hätte sein können. Vielleicht war es uns so vorher bestimmt. Wir beide mussten etwas verlieren um am Ende jetzt hier stehen zu können. Ich kann dir nicht versprechen, dass dieses Haus niemals niederbrennt, es vom Sturm verwüstet wird oder hier schlimme Dinge passieren, die niemand will. Das wissen nur die Götter.“ Seine Hand schloss sich leicht um ihre Arm und er erhöhte damit den sanften Druck. „Aber ich verspreche dir, dass ich da sein werde. Ich passe auf dich und deine Kinder auf. Und wenn es in meiner Macht steht, dann soll euch nichts mehr passieren.“

    Als er endlich so etwas wie eine Regung in Dagmars Gesicht erkennen konnte, wurde es Alan ganz warm ums Herz. Er hatte so sehr gehofft ihr mit dieser Kleinigkeit eine Freude machen zu können. Alan machte Anderen gerne kleine Freuden. Früher in seinem Dorf schnitzte er Tiere und Puppen aus Holz, welche die Kinder dann bekamen. Die Mädchen übten sich in ihrer Mutterrolle und die Jungs spielten mit den Tieren epische Schlachten nach. Es war ihm oft eine Freude, wenn er in die lachenden Kindergesichter blickte. Aber auch seiner Dorfgemeinschaft versuchte er so oft es ging zu helfen. Reparierte hier einen Stuhl, besserte dort ein Dach aus oder erneuerte einen Zaun. Er war kein Sternseher oder Gelehrter. Er konnte nur einige der Runen lesen und noch weniger von ihnen selbst schreiben. Er lauschte wie alle anderen den Erzählungen derjenigen die Bekanntschaft mit den Römern gemacht hatten oder von Erzählungen vergangener Schlachten. Ja man konnte sagen Alan war ein einfacher Mann gewesen. Und nun hatte ihn das Schicksal so weit gebracht. Er war nun Teil von etwas Großem. Von etwas, das er nicht mehr missen wollte. Und trotz aller Umwege und Strapazen hatte er es an die Seite von Dagmar geschafft. Sie war eine außergewöhnliche Frau, das hatte er gleich zu Anfang begriffen als er noch ihr Sklave war. Jetzt stand er als freier Mann neben ihr und ihm war das Glück zuteil geworden in diese Familie aufgenommen worden zu sein.


    Vorsichtig nahm er das Armband wieder entgegen und berührte dabei leicht Dagmars Hand. Es kribbelte und Alan wäre fast erschrocken zurück gewichen, doch er widerstand dem Drang und knotete das Band an das dünne Handgelenk. Nicht zu eng, aber so, dass sie es nicht verlieren konnte. Es freute ihn, dass es ihr gefiel und man konnte ihm ansehen, wie aufgeregt er war. Seine Hände zitterten leicht als ihm der Knoten fast nicht gelingen wollte.
    Auf ihre Frage hin allerdings, kratzte er sich verlegen am Hinterkopf. Naja die Sache mit dem Zeigen, da musste er jetzt dann wohl ehrlich sein. Zum Glück folgte sogleich ein Dank woraufhin Alan noch verlegener wurde.
    „Das ist doch nicht der Rede wert, das habe ich gerne getan. Außerdem sah ich es als meine Pflicht an meinen Teil zu den Arbeiten beizutragen.“ Gab er dann zurück. Gerne hätte er noch gesagt, dass er für Dagmar ein noch viel größeres Anwesen bereit gewesen wäre zu bauen, aber er schwieg. Dieses Thema wollte er heute nicht noch einmal ansprechen. War das doch auch ein Grund gewesen warum er sich so in die Arbeit gestürzt hatte. Ablenkung war oft die beste Medizin.


    „Auch wenn es mir nicht zusteht zu beurteilen da ich ja nur kurze Zeit in deinem alten Heim verbringen durfte, doch es ist ein wirklich sehr beeindruckender Bau geworden. Die Bauherren hatten große Visionen und haben sich damit selbst übertroffen. Ich konnte noch vieles lernen. Hoffentlich kannst du auch irgendwann die Schönheit daran erkennen.“ Erschrocken sah Alan zur Seite weg, das wollte er jetzt nicht sagen, auch wenn er sich das die ganze Zeit dachte. Ach er war so ungeschickt. Er konnte wohl gut mit einer Säge und einer Feile umgehen aber mit Worten kämpfte er oft härter als gegen den stärksten Gegner. Sein Vater war selber kein Mann großer Worte gewesen und als Junge hatten sie oft tagelang schweigend nebeneinander her gearbeitet.
    Dann aber fiel ihm wieder ein, dass er ja eigentlich etwas zeigen wollte.
    „Nun ja… was diese andere Sache betrifft.“ Begann er zögerlich. „Ehrlich gesagt nein, es gibt hier unten nichts, was ich dir zeigen wollte. Außer die Schönheit der Natur, die ohnehin schon da ist. Es war mir nur wichtig, dass du …“ Ja was eigentlich? Wieder etwas Farbe ins Gesicht bekam? An die frische Luft zum ausstinken kam? Vermutlich von beidem ein bisschen aber das konnte er jetzt so wirklich nicht sagen. „Du bist nun schon so lange so still und zurückgezogen, da dachte ich dir ein bisschen Ablenkung tut dir vielleicht gut, auch wenn es nur meine Gesellschaft ist, die ich dir bieten kann.“ Mit der Fußspitze kickte Alan einen Stein in den Fluss und sah zu wie er kleine Wellen schlug. Jetzt hatte er das Schlamassel. Hatte er Dagmar nun hier raus gezerrt und stand nun ohne Plan da. Aber er war eben nur ein Schreiner, kein Meisterstratege.

    Schon eine ganze Weile schritt Alan neben Venusia her. Sie sprachen nicht all zu viel. Mal über die Pferde, als sie die Weiden passierten, dann über die Blumen, die hier wuchsen. Aber so wirklich wollte kein längeres Gespräch entstehen. Dennoch war Alan mehr als zufrieden. Er hatte seine ehemalige Domina inständig darum gebeten ihn zu begleiten. Als Begründung gab er an, ihr etwas am Fluss zeigen zu wollen. Natürlich gab es da nichts und er musste ich auf dem Weg dahin noch etwas überlegen. Aber er wollte, dass Venusia endlich mal wieder ein bisschen an die frische Luft kam. Einige Tage waren nun schon seit dem Umzug oder Einzug in die neue Heimat vergangen doch es hatte sich bei ihrem Gemütszustand kaum etwas geändert.
    Immer noch war Alan gut eingespannt, denn die Arbeiten waren noch nicht überall abgeschlossen und der einstige Schreiner half wo er nur konnte. Das sah man ihm auch an. Hatte er während seiner Verschleppung aus dem Dorf und der Gefangenschaft beim Sklavenhändler körperlich abgebaut, so konnte man die Muskeln unter den Hemdsärmeln nun wieder deutlich erkennen. Auch hatte er wieder Farbe bekommen. Die vielen Stunden in der Sonne hatten ihre Spuren hinterlassen. Im Gegensatz dazu, sah Venusia neben ihm regelrecht blass aus.


    Alan räusperte sich erneut, doch es wollte ihm nicht so recht ein weiteres Gesprächsthema einfallen. Da entschied er nicht länger zu warten und griff in seine Hosentasche.
    Er holte ein Armband hervor runde, ungleichgroße Holzperlen aufgefädelt auf eine Lederschnur. In jede Perle war ein germanisches Symbol graviert. Ein Adler, eine Schlange, der Wolf seiner neuen Familie, der Lebensbaum und noch einige andere Zeichen die Alan noch aus seiner Vergangenheit kannte.
    Unsicher wie ein kleiner Junge hielt er das Schmuckstück weiterhin in der geschlossenen Hand, dann gab er sich einen Ruck und streckte den Arm aus. In der nun geöffneten Hand lag das Armband. „Das habe ich für dich gemacht.“ Er hob nur ganz kurz den Blick. Nicht, dass er immer noch glaubte ein Sklave zu sein, nein. Er wusste nicht ob er mit diesem Geschenk nicht zu weit ging. Schließlich bat Venusia ihn damals an diesem Lagerfeuer nicht weiter in diese Richtung zu gehen. Aber es war doch nur ein Geschenk. Er hatte es an den Abenden gemacht, an denen ihm noch so viel durch den Kopf ging. Es war lange her, dass er eine Hütte gebaut hatte und hier war alles um einiges größer. Also lenkte er sich mit der Herstellung des Armbands etwas ab.

    Leicht versetzt neben Dagmar war Alan dem Tross gefolgt, der sich auf die Villa Rustica zubewegte. Obwohl er in den letzten Wochen hier viel Zeit verbracht hatte, war er über das Endergebnis nun doch sehr erstaunt. Viele Stunden hatte er damit verbracht Schnitzereien anzubringen oder bei der Herstellung der Möbel zu helfen. Und er bot stets eine helfende Hand, wenn sie gebraucht wurde. Ja, der einstige Schreiner war in der Arbeit richtig aufgegangen, er hatte endlich wieder etwas zu tun und das lies ihn ein klein wenig aufblühen. Er war kein Sklave mehr und durfte zu dieser einflussreichen und, wie er zugeben musste, beeindruckenden Familie gehören. Er hatte zwar sein Zuhause verloren, doch nun hatte er mitgeholfen ein Neues zu errichten.
    Schweigend lag sein Blick allerdings auf Dagmar. Sie war so ruhig und er vermisste das Lächeln, welches sich in ihren schönen Augen zu spiegeln schien. Sie hatte ihm damals bei ihrem Opferausflug klar gesagt, dass sie keine gemeinsame Zukunft hatten und doch war Alan ihr nicht von der Seite gewichen. Als wäre er noch immer ihr Sklave. Aber ein Sklave aus eigenem Willen. Nur die Zeit die er hier auf der Baustelle verbracht hatte, hatte ihn davon abgehalten. So oft es ging und Dagmar seine Anwesenheit wünschte, war er bei ihr ohne die Regeln der Gesellschaft dabei zu brechen.
    Auch jetzt hoffte er darauf irgendeine freudige Regung in ihrem blassen Gesicht erkennen zu können.


    Als das Oberhaupt der Familie zu reden anfing, lies Alan sich kurz davon ablenken und blickte in die jeweils beschriebene Richtung. Einen Moment blieb sein Blick an den Pferden hängen, die über die Wiesen rannten. Es war wirklich ein schöner Anblick und ihm wurde mal wieder bewusst wie viel Glück ihm zuteil geworden war. Da oben meinte es wohl wirklich jemand gut mit ihm und der junge Mann würde wahrlich alles daran setzen die Götter und auch seine neue Familie nicht zu enttäuschen.
    Auf die Frage ob das nicht alles schön sei nickte Alan. Noch immer wagte er sich nicht als Aufgenommener vorzudrängen und bevor nicht ein engerer Angehöriger die Frage beantwortet hatte würde er schweigen.

    Auch er hatte so gut wie schweigend das Essen zu sich genommen und saß nun wie ein Schatten neben seiner ehemaligen Domina. Er machte sich große Sorgen um sie, wollte am liebsten nicht mehr von ihrer Seite weichen und doch respektierte er es, wenn sie ihn um Freiraum bat. Dennoch wollte Alan ihr Verhalten seit dem Brand nicht gefallen. Etwas in ihrem Blick hatte sich geändert. Und das waren nicht nur die vom Rauch des Feuers wunden Augen.
    Als die Gespräche begangen, zwang sich der Schreiner darauf zu konzentrieren, wagte es aber nicht etwas dazu zu sagen. Erst als Dagmar das Wort erhob nickte er und sah dann direkt zu Marsus als die Sprache drauf kam, dass er helfen könnte. Entschlossenheit lag in seinem Blick. Und wie er helfen konnte! Und er würde dies auch tun, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gab.
    Des weiteren wurden Neuigkeiten über eine Hochzeit du eine Schwangerschaft bekannt gegeben. Doch auch hier überlies Alan vorerst Dagmar das Feld und bewunderte die Frau dafür, wie stark sie sich anderen gegenüber zu geben schien.

    Zitat

    Original von Duccia Venusia
    Ihre Mundwinkel zuckten ein wenig nach oben. "Das war es. Unser Heim."


    Stumm nickte Alan. Das war es mal gewesen, ja. Er hob den Blick und sah auf die Trümmer, denn mehr war nicht mehr übrig geblieben. Traurig glitten seine müden Augen über die noch schwelenden Überreste des einst so stolzen Gebäudes. Es hatte ihn tatsächlich beeindruckt, als er zum ersten Mal hier angekommen war. Es waren so viele Leute hier untergebracht gewesen und mit vielen hatte Alan sich bereits gut verstanden. Man konnte nette Gespräche neben der Arbeit führen und auch wenn er es in letzter Zeit bevorzugt hatte allein zu arbeiten um seinen Gedanken nachhängen zu können, so hatte er seine Zeit hier sehr genossen. Was nun wohl kommen würde?
    Gleichzeitig mit Venusia hörte auch Alan den älteren Mann in ihrer Nähe etwas sagen. Und auch wenn es leise war, so verstand auch der Schreiner. Mit respektvollem Abstand folgte Alan seiner ehemaligen Domina, als diese Albin dann Trost zusprach. Wieder ertappte sich Alan dabei, wie er sich wünschte mehr für Venusia da sein zu können als nur als stummer Begleiter an ihrer Seite. Doch die Karten waren gelegt und er hatte das zu akzeptieren. Nun lag der traurige Blick auf der dunkelhaarigen Frau, deren immer noch leere Augen scheinbar keine Gefühle mehr zulassen wollten. Fast sehnte sich der Schreiner nach ein paar Tränen auf ihren Wangen. Dann wäre es wenigstens ein Zeichen, dass sie trauern konnte. Aber so? Er wusste keinen Rat.
    „Sie hat recht, wenn wir zusammen halten, dann schaffen wir es.“
    Versuchte auch Alan seinen Teil beizutragen. Er war dankbar Teil dieser Familie geworden zu sein und er würde nach Kräften helfen ein neues Zuhause aufzubauen.

    Auch er hatte keinen Schlaf gefunden. Irgendwie hatte Alan die Vermutung gehabt, dass er auch weiterhin ein wachsames Auge auf Venusia haben musste. Ihm ging ihr Blick nicht aus dem Kopf. Nicht ihre schönen Augen oder die Art wie sie zu Lächeln vermochte. Nein es war diese Leere, die er in ihrem Blick ausmachen musste als sie von der brennenden Casa fortgegangen waren.
    Als er dann Schritte hörte, die sich entfernten war er sich sicher, dass es sich dabei nur um seine ehemalige Domina handeln konnte und Alan folgte ihr in die Morgendämmerung hinaus.
    Bei der mittlerweile abgebrannten Casa angekommen hielt er sich respektvoll im Hintergrund. Er lies Venusia ihren Freiraum. Sie musste sich die verkohlen Reste der Casa zum Abschied noch einmal ansehen.
    Erst nachdem eine ganze Weile vergangen war, trat Alan an seine ehemalige Domina heran und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Er sagte immer noch nichts, wollte jetzt einfach bei ihr sein in dieser schweren Stunde. Wollte ihr beweisen, dass sie nicht alleine war. Worte hätte er keine passenden gefunden. Gesten waren in so einer Situation ohnehin viel mehr wert.