Ich musste also ein weiser, kluger Mann sein? Ich lachte auf unter dieser kleinen Schmeichelei. Natürlich hörte ich es gerne. Vor allem aus so einem entzückenden Mund, doch wahrscheinlich gab es gerade auf dieser Welt niemanden, der wohl diese Ansicht teilte. Ja, hätte sie es in der Gegenwart meines Bruders gesagt, hätte dieser bestimmt lauthals aufgelacht. Hier, in dieser Situation jedoch blieb nur Muckel, der ebenfalls nun hinter uns zu glucksen anfing. Ich jedoch verzichtete darauf, mich herum zu drehen und setzte unbeirrt meinen Weg fort. “Du möchtest also wissen, was mein Name bedeutet. Nun, Cnaeus ist ein Praenomen. So viel ich weiß ist es etruskischen Ursprungs. Decimus hingegen ist viel einfacher. Das ist mein Familienname, der so viel bedeutet wie ‚der Zehnte‘ oder der ‚im zehnten Monat geborene‘.“ Ich wedelte ein wenig mit der Hand, während ich also so weise vor mich hin sprach. Natürlich nutzte ich dazu die freie Rechte, denn in meiner Linken führte ich ja immer noch die Schönheit neben mir. “Nun… und Casca, ja, das ist ein Cognomen und bedeutet… so viel… dass ich eben der Casca bin!“ Ich lachte wieder und lächelte danach Lavinia entgegen, welche nun von ihrem Dominus berichtete.
Dieser Händler exotischer Waren musste ein sehr zufriedener Mann sein, wenn er solche Sklavinnen sein Eigen nennen konnte. “Ich werde irgendwann auch einmal nach Mantua reisen müssen. Dort befindet sich mein Sägewerk. Das ist vielleicht nicht sonderlich exotisch, doch es ist sehr einträglich,“ erklärte ich dann, um noch ein wenig Werbung für mich zu machen. Inzwischen waren wir auch in der schattigen Seitengasse, über welcher sich Bänder von Haus zu Haus spannten, an welchen man Laken und Wäsche zum Trocknen aufgehängt hatte. Kein sonderlich lauschiger Ort, doch wir hatten ja schließlich Ulcus dabei. Der würde einen jeden Angreifer schon in die Flucht zu schlagen wissen. Aber ich wollte auch diese Abkürzung, selbst wenn es hier auch wenig einladend roch. Ein wenig muffig und dumpf, mit einer Note von Urin und Fäkalien. Ekelhaft! Ich rümpfte die Nase und eilte mich auf meinem defizitären Bein, so gut es ging. Aber die Erklärung der Sklavin, dass sie der Domina in der Hand die Haare machte, entzückte mich.
“Oh ja, schlanke Finger sind… dabei schon ein Vorteil...“ Kurz huschten meine Blicke zu ihrer wirklich schmalen Hand. “Aber das Wichtigste ist das Feingefühl. Schau dir nun meinen Ulcus an!“, sagte ich, wobei ich auf den Hünen vor mir deutete. “Er arbeitet ebenfalls an Frisuren und ist ein wahrer Künstler! Mein Quix hält ihn immer auf dem Laufenden über die neuesten Kreationen. Sagen wir… aus Lutetia! Dort trägt man die Haare nun halb hochgesteckt und halb geflochten. Das sieht ein wenig aus wie ein Teppich an einem Hügel!“ Ich lachte über meinen dummen Scherz und meinte dann: “Nein, nein, es ist nicht mehr weit! Nur noch zwei Mal abbiegen, dann sind wir auch schon wieder an der Straße. Und dann sind wir fast da.“ Dabei versuchte ich so gut es eben ging mein Humpeln zu unterdrücken, denn ich wollte – warum auch immer – einen fitten und gesunden Eindruck schinden. “Bist du auch schon mal mit deinem Dominus gereist, oder warst du schon immer Rom?“ fragte ich dann. “Und woher nimmst du deine Inspirationen für die Frisuren deiner Domina?“ Das wäre für mich sehr interessant zu wissen, damit ich Quix besser instruieren konnte. Schon waren wir um die nächste Ecke gebogen. In dieser Gasse spielten einige Kinder mit selbstgeschnitzten Holzpferdchen am Boden. Ein ganz aparter Anblick war das. Doch das Ende der Gasse war schon in Sicht. Und dann wären wir auch schon bald in der Tonstrina.