Beiträge von Cnaeus Decimus Casca

    Aufmerksam lauschte ich dem Meister und betrachtete mir dabei den Tempel. Also hatte ich doch auch ein wenig recht gehabt. Immer wieder nickte ich und schaute dann meinem Muckel über die Schulter. Dann versuchte ich mir die verschiedenen Bauweisen vorzustellen und nickte dann wieder. Diese ganzen Dinge hatte ich zuvor noch nicht gewusst, doch dann kam die Frage nach dem ionischen Tempel. Ich schürzte meine Lippen und dachte fieberhaft nach. “Ich meine irgendwann einmal gehört zu haben, dass es innerhalb der ionischen Ordnung eine attische und eine römische gibt. Dann gäbe es da noch die dorische und die korinthische Ordnung. Aber woran erkennt man das alles?“ Fragend schaute ich zu meinem Mitstreiter, der bisher den Eindruck auf mich machte, als würde er dies wissen, dann schaute ich wieder dem Lehrer entgegen.
    Hatte es etwas mit den Kapitellen zu tun oder mit den Säulen an sich? Hier wusste ich nur, dass jede Säule eine Basis hatte, die Säule an sich und ein Kapitell. Mehr vermochte ich jedoch nicht zu sagen.

    Frank und frei hatte ich erzählt und ich lachte mit meinem Bruder. Er hatte bestimmt recht und ich hatte mir nur das Beste ausgesucht, doch ich musste mit wohl auch eingestehen, dass mir das meiste davon einfach in den Schoß gefallen war. Die Götter meinten es zur Abwechslung auch einmal gut mit mir und das machte mich sehr froh. “Du hast recht. Serapio ist nicht da und hat die Verlobung gelöst.“ Dennoch kam ich mir ein wenig mies vor. “Und die Ziegenjagd war eine unschöne Sache, doch im Nachhinein...“ Ich lachte auf und angelte nach einem Stück Brot, welches ich auch sogleich in den Garum tunkte. “Vielleicht sollte ich sie wirklich zum Essen einladen. Mit ein bisschen Musik und Romantik!“ Ich strahlte. “Aber ich glaube, dafür ist es noch ein bisschen zu früh… ich habe sie ja gerade erst richtig kennen gelernt.“ Ich seufzte leicht und kaute mein Brot. “Dann lass uns morgen den Göttern opfern… so lange werden sie noch warten müssen. Dass du noch ein paar Tage bleibst ist wunderbar. Natürlich werde ich sehen, dass du Valentina noch kennen lernen kannst, ehe du wieder gehst.“ Innerlich hoffte ich, dass seine Befehle noch einen Moment auf sich warten lassen würden. “Ich denke mal, dein Zimmer ist schon bereitet worden und wenn du etwas brauchst, lass es mich wissen!“ Ich strahlte über das ganze Gesicht. “Ich denke, es gibt nichts, was nicht bis morgen warten könnte. Erhol dich erst einmal und schlaf dich ordentlich aus!“ Ich winkte Silas herbei. “Sorg dafür, dass mein Bruder auch etwas zum Essen in seinem Cubiculum hat. Nicht, dass er verhungert!“ Wieder blickte ich meinem Bruder entgegen. “Ich freue mich schon sehr auf morgen!“

    Zitat

    Original von Quintilia Pina
    „Das geht natürlich gar nicht“, hatte Pina gelacht. „Wir sollten uns wirklich etwas beeilen um so schnell wie möglich zu den Spielen zu gelangen“, meinte sie dann noch.


    Jetzt standen sie am Eingang des Ludi Apollinaris und staunte. Sie war noch nie hier gewesen und wunderte sich über den Andrang. Ist denn die halbe Einwohnerschaft Roms unterwegs, dachte sie. Ob es wirklich richtig war die Einladung Cascas anzunehmen? Sie konnte aber dann doch dem Drang, endlich einmal Spielen bei zu wohnen nicht widerstehen. Pina drehte sich zu Casca und Muckel um. „Ist das hier nicht großartig fragte sie strahlend. Aber sag wie ist es dir mit dem neuen Stock gegangen? Hat er dir Erleichterung beim gehen verschafft.“
    Diese Frage war ehrlich gemeint, denn sie konnte Menschen einfach nicht leiden sehen.



    [...] Die Fortbewegung mit dem Hilfsmittel war recht entlastend für mein Knie, wie ich feststellen musste. Also war es doch eine gute Investition gewesen, selbst wenn ich mir bisweilen vorkam wie ein alter Greis. Mit Pina unterhielt ich mich auf unserem Gang zu den Spielen recht gut, bis wir schließlich tatsächlich am Eingang ankamen und ich den Obulus für uns alle zahlte. Offenbar waren die Spiele schon in vollem Gange, denn die Menschen schrieen und riefen und polterten herum. Offenbar traf das, was im Sand stattfand den allgemeinen Geschmack. Auch wir sollten uns nun nicht weiter aufhalten lassen. Wir machten uns auf den Weg in Richtung der Ränge. “Sicherlich ist da großartig. Ich war schon lange nicht mehr bei irgendwelchen Spielen,“ antwortete ich ebenso strahlend. “Und der neue Stock scheint mir Gold wert zu sein, auch wenn er nicht daraus besteht. Er ist wirklich wunderbar!“ Ich reckte ein wenig den Hals, um zu schauen ob irgendwo ein Plätzchen für uns frei war und erspähte schließlich eines. Dann deutete ich darauf. “Schau nur, wie für uns gemacht!“ Ich begann damit, mich an den bereits Sitzenden vorbei zu quetschen und nahm Platz. Gerade in diesem Moment wurde ein Verurteilter in die Arena geführt, der von einem Ursulus niedergestreckt werden sollte. Zuerst dachte ich an einen Gladiator, doch dann stellte sich heraus, dass ein waschechter Bär den Sand betrat. “Oh schau nur Pina!“, sagte ich. “Ein Bär!“ Ich bedachte Muckel mit einem Seitenblick. “Soll Muckel uns etwas zum Knabbern besorgen, während wir uns das Spektakel beschauen?“, wollte ich wissen.

    Es war nicht gerade wenig Stolz, der in meiner Brust pochte, als Massa meinte, dass er glatt neidisch werden könne, dass ich der Klient der Kaiserin war. Dabei war es eigentlich nicht mehr als ein Zufall gewesen, dass ich sie überhaupt getroffen hatte. Dennoch hatte ich wohl – wie auch immer – einen guten Eindruck auf sie gemacht. Gebannt beobachtete ich meinen Bruder beim Kauen und beim Reden, während ich selbst nun nach einem Häppchen Geflügel griff und Silas mit einer Handbewegung deutlich zu machen versuchte, dass ich meinen Garum noch vermisste. Ja, Massa hatte wirklich recht und irgendetwas fehlte. Für mich war dies eindeutig Garum. “Natürlich werde ich dir beim Opfer beratend zur Seite stehen und wir werden ein schönes Opfertier finden,“ sagte ich und dachte umgehend an die Ziege Beate. So wie mit ihr allerdings sollte es nicht vonstatten gehen. Doch noch wollte ich das Thema nicht breittreten, dazu war es eindeutlig nicht wichtig genug. “Du kannst mich ja morgen oder übermorgen zum Tempel begleiten und wir werden uns über das Opfer unterhalten.“ Ich nickte meinem Bruder zu und kam gleich im Anschluss daran beim Thema ‚Frau‘ nicht umhin ein wenig zu erröten. Als wäre ich noch kleiner Junge. Das ärgerte mich ein wenig, denn es war immer so gewesen, wenn wir über Frauen sprachen. Dabei war ich nun schon seit einigen Jahren erwachsen und hatte mehr Erfahrung. Dann weiteten sich meine Augen, als Massa neuerlich etwas aus dem Sack hervor kramte. “Aber Massa, das ich doch fast nicht annehmen!“ erklärte ich überrascht, nahm den Armreif dann aber doch in meine Hand, nachdem er seinen Platz auf dem kleinen Tischschen gefunden hatte.


    Der war wirklich wunderschön. “Ich danke dir!“


    Ich rieb meine freie Hand an der Tunka ab, nachdem ich das Stückchen Huhn verspeist hatte und überlegte, wie genau ich von der wundervollen Frau berichten sollte. Vielleicht sollte ich es auch lassen, denn ich hatte sie ja schließlich erst kennen gelernt. Und das, obwohl ich sie schon lange kannte.


    “Nun ja, sie ist schon… ein wenig kleiner als ich, hat ein hübsches Gesicht, wundervolles dunkelblondes Haar und ihr Charakter ist herrlich,“ begann ich etwas zögerlich, auch wenn ich sonst niemals Probleme hatte zu schwärmen. Heute fiel es mir ein wenig schwer, weil es Massa war, der mir gegenüber saß und es für mich nun doch eine ernstere Thematik war. “Sie heißt Valenina...“ Ich räusperte mich. “Quintilia Valentina. Und Venus… also… Nein, ich habe sie noch nicht um Unterstützung gebeten, doch vielleicht sollte ich wirklich so schnell wie möglich nachholen.“ Ich setzte den Armreif wieder auf das Tischen und schaute Massa fest entgegen. “Sie war mit Serapio verlobt, doch nun nicht mehr. Stell dir vor, ich kannte sie bisher gar nicht so gut, bis uns neulich die Ziegen in den Garten geflohen waren und ihn verwüstet hatten. Dabei und vor allem danach habe ich sie besser kennen gelernt und ich muss sagen, sie wäre eine perfekte Frau von meiner Warte aus gesehen. Sie ist reizend, klug, weise und so zurückhaltend kann sie sein. Keine Harpye und dergleichen… weißt du, so eine würde ich nicht haben wollen. Und sie kann zupacken und scheut sich auch nicht, eine Ziege in den Stall zu tragen.“ Unter dieser Aussage musste ich in Erinnerung der Ereignisse ein wenig schmunzeln. “Also, nicht dass sie das immer machen müsste, wenn sie meine Ehefrau wäre...“, schob ich schnell hinterher und angelte nach einem weiteren Fleischstückchen und nach dem Schälchen Garum, das Silas mir nun entgegen hielt.

    Aufmerksam lauschte ich den Ausführungen und versuchte mir alles dabei erklärte vor dem geistigen Auge auszumalen. Viele dieser baulichen Dinge hatte ich natürlich in der Stadt schon gesehen, doch wann hatte ich mir einmal darüber Gedanken gemacht? Immerhin wurde ich in meinem mangelhaften Wissen über Schalenmauerwerk korrigiert. Römischer Beton konnte also nicht viel Gewicht tragen. Das wollte ich mir merken und ich nickte dazu, als Zeichen, dass ich verstanden hatte. Als es zur Kratzfestigkeit kam, musste ich grinsen. Das war natürlich ein Problem in römischen Städten und wenn ich ehrlich war, hatte ich selbst schon einmal meinen Namen in eine Wand gekratzt. Doch da war ich noch sehr jung gewesen und es war in Piräus geschehen und nicht in Rom. Terrazzo-Böden kannte ich natürlich und auch in dieses Mysterium wurde nun Licht geworfen. Mir war gar nicht bewusst, dass es mehrer Monate dauerte, bis ein solcher Boden aushärtete. Wie viel Arbeit auch dahinter steckte! Ich staunte nicht schlecht und kratzte mich am Kinn, während ich wieder zu Muckel sah, der noch immer eifrig schrieb. Unauffällig trat ich neben ihm und warf einen Blick auf seine Ergüsse. Hoffentlich konnten wir das hinterher auch noch entziffern! Dann hörte ich wieder dem Meister zu, dessen Schüler nun die Frage nach dem Portunus-Tempel erreichte. So auch mich. Dann betrachtete ich mir das Bauwerk und überlegte, was ich darüber wusste. Eigentlich nicht viel, wie ich gestehen musste.
    “Er unterscheidet sich auf jeden Fall von grieschischen Tempeln, die vollkommen freistehende Säulen haben,“ verbalisierte ich meinen ersten optischen Eindruck. “Und der Stein? Ist das Travertin?“, hakte ich dann nach und schaute den Meister an.

    [...] Während mein lange vermisster Bruder berichtete hing ich förmlich an seinen Lippen und vor meinem inneren Auge entstanden Bilder vom Meer, von den vielen Fremden und Piraten, Alexandria mit seinen Sehenswürdigkeiten und natürlich der Bibliothek. Was hätte ich dafür gegeben, all dies auch erleben zu können, doch ich war nun einmal an Rom gebunden. Heimlich verfluchte ich mein Knie, doch zumindest konnte ich durch Massas Erzählungen ein wenig an seinen Erlebnissen teil haben. Dabei unterbrach ich ihn kein einziges Mal, beobachtete jede seiner Regungen und lauschte jedem einzelnen Wort. Wahrscheinlich hatte Massa sogar recht. Er taugte nicht für das Leben als Civis und ich taugte nicht für das Leben mit einem Gladius in der Hand. Hatte ich es als Kind noch erträumt, so erschien es mir nun doch zunehmend als lächerlich. Ich war kein Held. Auch ich angelte nach einem Becher Wein, den Silas uns gebracht hatte, doch ich stellte ihn schnell wieder ab, als es an die Mitbringsel kam. “Oh, das wäre doch gar nicht nötig gewesen!“, versuchte ich mit erhobenen Händen abzuwehren, doch natürlich war das eine Lüge. Ich war nur zu gespannt was es war und neigte mich ein wenig vor, während mein Bruder noch kramte. “Griechische Dichtung?!“ Erfürchtig hatte die Rollen an mich genommen und lächelte wie ein Schuljunge. “Aus Alexandria?“ Die würde ich natürlich in Ehren halten und sie gleich heute Abend lesen. Als Massa dann auch noch eine Pferdefigur hervorholte war ich vollends glücklich. “Oh ja! Meine Pferdefiguren sind mir heilig wie eh und je!“, erklärte ich. Auch sie nahm ich an mich und betrachtete sie mir. “Das ist wirklich ein schönes Stück! Vielen Dank!“, entkam es mir begeistert. Sie würde sich in meinem Regal besonders gut machen.


    Doch dann kam das Thema, welches mich bisher stets in Verlegenheit gestürzt hatte: Frauen! “Oh, nein, nein, ich bin nicht verheiratet!“, erklärte ich schnell, “Aber ich glaube, ich habe meine Einstellung dazu überdacht. Weißt du, ich habe eine wundervolle Frau kennen gelernt, doch noch ist es nichts… also… nichts wirklich Ernstens...glaube ich.“ Dabei wäre genau das sehr schön gewesen. Am besten sagte ich auch nicht, dass es sich um Valentina von den Qunitiliern handelte. Bestimmt wusste Masse, dass sie eigentlich die Verlobte von Serapio gewesen war. “Ansonsten hat sich Unschönes und Schönes die Klinke in die Hand gegeben. Scipio ist verstorben. Er war ein ei entfernter Cousin von uns und sehr ambitioniert. Er wollte in die Politik gehen. Er war noch so jung. Auch meine Sklavin Nelia ist verstorben, du weißt doch, ich hatte dir von ihr geschrieben!“ Unter diese Erinnerung seufzte ich noch immer gern. So wie auch jetzt. Aber ich schüttelte die Traurigkeit schnell ab und lächelte wieder. “Ich war im Haus der Flavier gewesen und stell dir vor, ich habe die Kaiserin kennen gelernt! Höchst persönlich! Sie ist wunderbar und nun bin ich ihr Klient!“ Unter dieser Eröffnung weitete ich die Arme ein wenig, als ob ein unhörbares „Tata!“ im Raum ertönen würde. “Ich mache auch Fortschritte, wie du siehst. Ich bin jetzt Adituus im Minervatempel und ich habe schon einiges gefunden, was man dort noch ein bisschen effektiver machen könnte.“ Und ansonsten? War nicht wirklich viel geschehen, was eigentlich betrüblich war.


    Dann neigte ich mich wieder ein wenig vor und senkte meine Stimme. “Es ist auch recht einsam hier geworden. Onkel Livianus hat viel zu tun und Serapio...hat einen geheimen und gefährlichen… Auftrag. Er ist also auch nicht im Haus.“ Silas kam wieder herein mit einer Platte guter Appetithappen. “Sag doch Bescheid, dass man sofort das Zimmer für meinen Bruder herrichtet!“, sagte ich ihm und wendete mich dann wieder an Massa. “Du wirst doch hoffentlich eine Weile bleiben, oder willst du das Gladius sofort wieder in die Hand nehmen?“, fragte ich ein wenig besorgt. Ich hoffte inständig, dass ich wenigstens ein paar Tage noch etwas von meinem Bruder hatte.

    Eigentlich war es beschämend als Mann meines Alters noch unliiert herum zu rennen, doch bisher hatte ich mir eben nichts dabei gedacht. Eingentlich war ich auch realativ wählerisch, wobei das nicht die äußere Form einer Kandiatin betraf. Ich schätzte Geist und Kreativität und eben dieses hauchzarte bisschen Devotion, welches heutzutage selten zu finden war. Doch wäre ich auch bereit zu geben. Mein Leben, meinen Streben und meine Besitztümer, und das einzig und allein für die Frau, die ich mir auserwählen würde. Ich würde mich sogar noch mehr ins Zeug legen, um ein ehrbarer, ja, ernstzunehmender Bürger zu werden. Aber für eine Walküre? Für eine Mätze? Für eine…. Wie auch immer man es bezeichnen möge? Aber es konnte auch anders gehen, so wie mir Valentina gerade bewies. Eine gute Frau. Eine treue Frau. Eine Frau, zu der man gerne heim kehrte und ihr vom Tag berichtete? War ich verrückt geworden? Ich nickte, als sie mir alles Glück der Schicksalsgöttinnen wünschte. Wahrscheinlich würde ich das brauchen.


    Aber warum? Ich war ein Mann im besten Heiratsalter. Ich war voller Illusionen und Tatendrang. Ich war bestrebt stets das Beste zu erreichen und ich war gewiss kein Drückeberger, auch wenn mich dann bis wann einmal wenig die Weinseligkeit beschlich und ich lieber im Garten sinnierte, als in die Welt hinaus zu schreiten und mir mein Terrain zu erobern. Ja, es wäre wirklich schade gewesen, hätte ich Valentina niemals kennen gelernt. Ein wenig Wehmut beschlich mich, denn sie wäre eine der wenigen gewesen, die infrage gekommen wären. So viel Stolz, bei so viel Demut, so viel Kraft, bei so viel Duldsamkeit. Mein Herz krampfte, wenn ich daran dachte, wie gerne ich sie vor der Unbill des Lebens in Schutz genommen hätte, doch würde ich das wirklich können? Ich war doch selbst noch so… unreif! Auch wenn ich mir nicht gerne eingestand, doch ich stand trotz meiner Jahre am Anfang und ich würde einem Weibe nur recht wenig zu bieten haben.


    Dennoch hob ich meinen Becher, während sich unsere Blicke kreuzten. Wie schön ihre Blicke waren. Ich war gar ein Schwärmer, doch mit ihr hatte ich mich richtig unterhalten und ihre Augen wirkten so teifsinnig wie ein ganzer Ozean. “Du brauchst nicht neidisch sein,“ sagte ich dann keck. “Bisher hatte ich immer Pech mit Frauen.“ Ich ließ ein schweres Seufzen folgen und schaute sodann verschämt in meinen Becher. “Bisher war ich noch nie in der Lage gewesen, irgenetwas zu bieten. Doch nun bin ich Aedituus und ich bin gewillt noch weiter empor zu schreiten.“ Melancholie überkam mich plötzlich. “Und wer würde mich schon wollen? Ich bin ein Junggeselle und habe kaum etwas vorzuweisen. Außer einer einflussreichen Familie habe ich nichts neben meinem Willen. Vielleicht werde ich eines Tages ein Flamen, aber ich denoch… eine Familie wäre für mich mein ein und alles. Eine Heimat…..“ Ich stürzte neuerlich den Inhalt des Bechers hinunter. “Aber ich bin auch ein…. armer Mann… relativ gesehen. Welche Frau würde mich schon nehmen!“ Fluch auf den Wein. Fluch auf mich. Ich hatte es ausgesprochen, was ich fürchtete und nun kam ich mir vor wie eine Made auf einem weggeworfenen Stück Speck. Wie ekelhaft. Ich trank noch einen Schluck und schaute dann Valentina entgegen.

    Ich betrachtete Pina dabei, wie sie meinen Stock bewunderte, dann lauschte ich ihren Ausführungen und meine Augen weiteten sich. Sie hatte das Buch umsonst bekommen? Erstaunt schaute ich in die besagte Richtung und versuchte den Stand zu erspähen. Ich meinte sogar ihn entdecken zu können. Der Besitzer musste wirklich ein wunderbarer Mann sein, wenn er die Jugend so förderte. Das musste ich mir gut merken. Vielleicht hatte noch mehr Schätze bei sich auf dem Tisch, die eines Studiums würdig waren. “Bei Gelegenheit werde ich auch einmal bei ihm vorbei schauen,“ sagte ich. “So viel Großmut trifft man nicht oft und bestimmt ist er ein Mann, der gute Schriften zu schätzen weiß.“ Nun blickte ich Pina wieder entgegen. “Doch nun wollen wir uns nicht länger aufhalten. Wir wollten doch zu den Spielen gehen. Am Ende haben sich die Gladiatoren alle besiegt und liegen schon am Boden, ehe wir eintreffen.“ Nun lächelte ich und gab Muckel ein Zeichen, dass wir uns gleich in Bewegung zu setzten gedachten.

    Natürlich tat mir das Lob von Pina unendlich gut. Zwar war ich nun voller Besitzerstolz gegenüber meinem Hilfmittels, doch so recht hatte ich mich noch immer nicht damit angefreundet. Merkwürdig eigentlich, doch wenn er mir gut zu Gesicht stand, dann war das doch ein gutes Zeichen für unsere gemeinsame Zukunft. Ich lächelte und übergab Pina den Stock, während ich mit der freien Hand nach der Schrift griff und diese sogleich überflog. “Das macht mir überhaupt nichts aus,“ erklärte ich dann der Neuwertigkeit eine Absage. “Ich hätte sie auch aus dem hinterletzten Winkel irgendeiner Bibliothek gekauft.“ Ich nickte zufrieden und überreichte die Schrift dann Muckel, der sie in seiner obligatorischen Ledertasche verschwinden ließ. “Wie viel bin ich dir schulig?“, wollte ich dann wissen. Immerhin war dies beileibe kein billiger Tag und wir wollten ja auch noch zu den Spielen gehen, wo Pina und Muckel mit irgendetwas versorgt werden mussten. Schließlich waren die fliegenden Händler ja überall mit ihren Bauchläden. Und natürlich würde ich Pina dazu einladen. Das war Ehrensache.

    Silas flitzte auch schon davon, um Wein zu holen und ich hoffte sehr, dass er auch in der Küche Bescheid sagen würde. Alt genug um eine Aufgabe von allein zu erkennen war er ja inzwischen. Ich unterdessen hörte auf die Stimme meines Bruders, die ich so lange nicht mehr vernommen hatte und lachte ebenfalls. Ich hoffte doch sehr, dass er viel zu erzählen hatte und bei mir hatte sich mittlerweile auch einiges getan. So war es immer, wenn er heim kam. Er war der große Bruder und ich freute mich wie ein kleines Kind und es kam ein ums andere Mal sehr natürlich vor. Also ließ ich mir den Arm um die Schulter legen und geleitete Massa so ins Triclinium. “Und wie froh ich erst bin, dich zu sehen,“ erwiderte ich. “Ich dachte schon, die Krokodile hätten ich gefressen oder dergleichen. Ja, da geht es lang… und natürlich lassen wir gleich das Gepäck herein schaffen. Du bekommst eines der besten Zimmer und auf deine Mitbringsel bin ich auch schon sehr gespannt,“ plapperte ich drauflos, während wir noch ins Tricliniusm gelangten. Dort auf einer Liege setzte ich mich nieder und starrte meinem Bruder entgegen, als ob ich ihn noch nie gesehen hätte. In meinem Gesicht stand ein Lächeln und ich fragte mich, was er wohl alles erlebt haben musste. “Setz dich, setzt dich!“, forderte ich. “Wir haben einen guten Wein, er wird dir munden. Und nun erzähl!“ Meine Augen strahlten als wäre ich wieder sieben Jahre alt. [...]

    Einen Moment standen Muckel und ich noch da, doch allzu lange warten brauchten wir nicht. Da kam Pina auch schon wieder und ich lächelte ihr entgegen. “Hast du es bekommen?“, wollte ich wissen, als sie sich näherte. Ich war schon lange auf der Suche nach diesem Buch und ich würde es mir irgendwann am Abend im Garten zu Gemüte führen. Vielleicht bei einem guten Becher Wein und ein paar Trauben. “Wir sind erfolgreich gewesen,“ setzte ich dann noch hinterher und hob meinen Stock in die Höhe. Ein wirklich schönes Exemlar, doch am Besten gefiel mir der silberne Pferdekopf, der als Griff diente.

    Ich nickte zu Pinas Vorschlag. Sie war wirklich sehr hilfsbereit, wie ich empfand. “Genau so machen wir das!“, bestätigte ich, dann ließ ich mich von Muckel ein wenig stützen. Dieser erschien sichtlich erfreut, dass ich seinem Vorschlag nun doch nachgegeben hatte. “Dann lasst uns alle eilen und uns dann hier wieder treffen. So schnell es eben geht.“ Also machte ich mich mit Muckel auf den Weg, nicht jedoch ohne mich noch einmal nach Pina umzuschauen. Sie war genauso freundlich wie ihre Tante und irgendwie stieg diese Familie in meiner Achtung immer mehr und mehr.
    “Nun aber schnell, Muckel!“, forderte ich und hielt zielstrebig auf einen Stand zu, der offenbard das Gesuchte anbot. Einige Stöcke waren wirklich wunderschön anzuschauen. Sie waren aus geöltem Holz, zum Teil aufwändig mit Schnitzereien versehen. Ich suchte mich durch das Angebot und fand schließlich ein Exepmplar aus dunkelm Holz mit einem silbernen Winkelgriff, der einem Pferdekopf nachempunden war. Augenblick schlug mein Herz höher. Muckel begab sich sogleich mit dem Händler in die Verhandlungen und ich musste feststellen, dass auch der geforderte Preis meinen Blutdruck in die Höhe trieb. Dennoch. Wenn schon einen Stock, so sollte es dieser sein. Während noch gefeilscht wurde, machte ich einige Gehübungen mit diesem wertvollen Assesoire und war zufrieden. Mein Knie wurde bestens entlastet und er lag auch sehr gut in der Hand.
    Zurück beim Stand des Händlers hörte ich Muckel noch sagen: “Du bist ein Halsabschneider!“, doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Geld wechselte den Besitzer und dann waren wir auch schon so weit. Wie ein Mann von Welt stakte ich nun zurück in Richtung der Bank, an welcher ich mich mit Pina verabredet hatte. So konnte der Ausflug nun auch noch ein wenig länger werden.

    Eigentlich hatte ich das Thema Krückstock ja unter den Tisch kehren wollen, doch offenbar war mir dies nicht ganz gelungen. Nun meinte Pina auch noch, dass mein Muckel recht hätte. Aber bei genauerer Betrachtung hätte vielleicht ein Stock doch etwas Apartes. In meinem Geiste malte ich mir wirklich aus, wie es wäre mit einem schmucken Stock mit einem Pferdekopf als Griff herum zu laufen. Dennoch schob ich den Gedanken erst einmal beiseite, denn Pina hatte schon weiter gesprochen. Ja, wir waren Betrogene. “Aber man kann nie wissen, was sich die Götter dabei gedacht haben,“ erklärte ich schließlich und seufzte schwer. “Ach ja, die Spiele!“ Von denen hatte ich natürlich gehört und auch ich hatte mir bereits überlegt, ihnen einen Besuch abzustatten. “Heute morgen noch hatte ich mir überlegt auch dort hin zu gehen,“, erklärte ich. “Vielleicht können wir ja gemeinsam dort hingehen!“ Ich nickte zu meinem Vorschlag.
    “Nicht ohne einen Stock, Casca!“, zischte mir Muckel wieder ins Ohr. “Das ist wichtig!“
    Wieder seufzte ich. Sollte ich mich nun dieser Forderung ergeben? Fragend schaute ich Pina entgegen. “Nun gut, vielleicht sollte ich mir zuvor doch ein Hilfmittel kaufen,“ Die Götter hatten kein Einsehen wie mir schien, also musste ich es haben, auch wenn ich mich wie ein alter Mann fühlen würde.

    Ob meiner Eile kam ich wieder ein wenig ins Hinken, doch ließ ich nicht zu, dass dies mein Tempo minderte. Und tatsächlich! Ein frohes Strahlen stand in mein Gesicht geschrieben, als ich meinen Namen aus dem Mund meines Bruders hörte. Hatte er sich verändert? Ein wenig älter geworden war er schon, doch alles in allem war es mir auch vollkommen egal. Hauptsache er war da! Nun kam ich ihm immer näher und umarmte ihn schließlich fest und freudig. “Aber natürlich! Natürlich! Mein Haus ist doch immer auch dein Haus!“, erklärte ich und löste ich wieder ein wenig von ihm. Meine Hände ließ ich aber noch einen Moment an seinen Oberarmen ruhen und ich schaute ihm fest ins Gesicht. “Nun ja, eigentlich ist es ja gar nicht mein Haus, aber im Moment…. Bin ich hier ziemlich allein, fürchte ich.“ Aber keine Probleme wälzen jetzt, ermahnte ich mich selbst. “Komm herein! Bist du hungrig? Durstig? Müde? Ich werde Candace Bescheid sagen lassen, sie soll etwas Besonderes machen… Und Silas? Hol Wein! Wir werden ins Triclinium gehen und dann musst du mir alles erzählen, was dir widerfahren ist… wir haben uns ja schon so lange nicht mehr gesehen!“ Die Worte sprudelten geradezu aus mir heraus, doch dann musste ich Luft holen und so meinen Bruder zu Wot kommen lassen.

    Mir war die plötzliche Bewunderung in den Blicken Pinas keineswegs entgangen und ich hob meine Hände, um diese abzuwehren. “Oh, es war kein wirklicher Krieg. Es war mehr eine Art Spiel zu Pferde im Kindesalter, bei dem ich dann abgeworfen und gegen einen Zaun geprallt war.“ Es war nun doch schon ein bisschen beschämend das zugeben zu müssen, aber so war es nun einmal gewesen. “In Folge hat dieser Umstand dann verhindert, dass aus mir jemals ein Kriegsheld werden könnte.“ Bedauern schwang nun in meiner Stimme mit, doch konnte man daran nun auch nichts mehr ändern. “Ich suche eine griechische Komödie von Aristophes. Die Vögel. Ich fand die damals recht amüsant und wollte sie einmal wieder lesen.“
    “Und einen Stock!“, raunte mir Muckel gut hörbar zu, doch ich schüttelte empört den Kopf.
    “Sei nicht albern! Ich brauche keine Krücke!“, erklärte ich dann und wendete mich dann entschuldigend an Pina. “Man versucht mir einzureden, dass ich dringend eine Stütze für mein Bein benötige,“ erklärte ich dann dieses kleine Intermezzo und verdrehte unwillig die Augen dabei. “Und was hast du gesucht?“, wollte ich dann wissen, um von diesem Thema ein wenig abzulenken.

    Oh ja, sie hatte uns gesehen. Trotz meines Knies stand mir nun ein Lächeln im Gesicht, so lange bis Pina mich fragte, ob sie mir irgendwie helfen könnte, ob ich verletzt sei oder ob sie Hilfe holen sollte. Aber nach Hause? Ich winkte ab. “Ach was, nein, nein, es geht mir hervorragend. Es ist nur meine alte Kriegsverletzung!“, sagte ich dann leicht scherzend. “Das ist bei mir vollkommen normal, wenn ich lange Strecken laufe.“ Nun richtete ich mich ein wenig auf und die Schmerzen im Bein ließen nach, als ich es ein wenig entlastete. “Ich würde noch viel weiter gehen, doch leider habe ich hier bis jetzt noch nicht gefunden was ich gesucht habe.“ So. Nun war mein Lächeln wieder da. “Es ist aber eine Überraschung, dich hier zu treffen,“ gab ich zu und schaute dann zu Muckel hinüber, der neben mir stand und mich irgendwie stützen wollte. Aber das brauchte er gar nicht. Ich konnte gut und gerne alles alleine!

    [...] Da waren wir also angekommen. Meine Tonstrina schmiegte sich förmlich an ihre Nachbargebäude und ein mittlerweile marmornes Schild über dem Eingang präsentierte den Namen „Tonstrina Hispania“. Ein geschmackvoller Vorhang schützte das Innere vor neugierigen Blicken und einige kleine Palmen in Kübeln luden die Menschen ein, doch einzutreten. “Dies ist mein Geschäft,“ erklärte ich Lavinia und deutete auf den Eingang. “Meine ehemalige Sklavin hat mir geholfen, das alles zu gestalten, wofür ich ihr bis heute sehr dankbar bin.“ Der Gedanke an Nelia trieb wie so oft wieder einen kleinen Stich in mein Herz, doch man ehrte ihr Andenken am besten, wenn man einfach weiter lebte und die Vergangenheit ruhen ließ. “Lass uns eintreten!“


    Mit ein bisschen Nachdruck führte ich Lavinia über die Schwelle und der Blick auf das Innere wurde frei, nachdem Ulcus den Vorhang beiseite geschoben hatte. Alles war geschmackvoll bemalt, in nicht allzu aufdringlichen Farben. Palmen befanden sich an den Wänden, was einer Strandlandschaft sehr nahe kommen sollte. Alles war gepflegt und lud zum Verweilen ein. Auch dies verdankte ich Nelia.


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    Quix hatte uns bereits erwartet und stürmte nun auf uns zu. “Dominus!“, stieß er aus. “So ein Glück! Wir hatten schon drei Kunden, die unbedingt zu Ulcus wollten. Sie erledigen noch etwas in der Stadt und kommen dann zurück!“ Ich nickte dazu nur und strahlte Lavinia entgegen. Es machte doch immer einen guten Eindruck, wenn die Geschäfte liefen und der Rubel rollte.

    Ich hörte der Sklavin aufmerksam zu, doch als sie meinte, dass mein Name keine rechte Geschichte hatte, musste ich ihr wohl zustimmen, auch wenn ich das gar nicht traurig fand. Casca war immer noch besser als ein ‚Naso‘ oder ein ‚Flaccus‘. Im Grunde war ich recht zufrieden mit meinem Namen, denn man konnte immerhin behaupten, man wäre ein unbeschriebenes Blatt. “Was ich noch trauriger finde als einen geschichtslosen Namen zu haben ist für mich doch eher, dass es Menschen gibt, die Rom noch nie verlassen haben,“ erklärte ich dann, ohne der Sklavin zu nahe treten zu wollen. “Es gibt so schöne Orte im Imperium,“ begann ich dann. Aber was redete ich da? Als Sklavin musste man natürlich immer an dem Ort weilen, an dem auch die Herrschaft war. “Ich habe nur ein Sägewerk und das arbeitet recht gut. Zumindest kann ich mich nicht beschweren.“ Vielleicht war es nicht das beste Thema für eine Frau, denn auch wenn in ihrem Antlitz nun Interesse lag, so langweilte Frauen doch für gewöhlnlich Themen wie die Herstellung von Holzlatten. Umso mehr war es Lavinia anzurechnen, dass sie überhaupt nachfragte.


    Sie schien wirklich eine wunderbare Sklavin zu sein. Ebenso loyal wie hübsch und ich bemerkte natürlich, dass sie sich ein wenig fester an mich klammerte, während wir tiefer in die Gasse vordrangen. Doch bald war es geschafft und wir wären am Ort der Bestimmung angekommen. Vielleicht würde Ulcus ja auch zeigen können, was wirklich in ihm steckte. Ein wahrer Künstler, ein Poet mit einer Schere, der selbst in das hoffnungsloseste Haar noch etwas Herrliches hinein modelieren konnte. “Ulcus mag riesig erscheinen,“ erklärte ich schließlich. “Doch er ist ein wahres Kleinod!“ Aufmerksam hörte ich zu, woher die Sklavin ihre Ideen für die eigenen Kreationen nahm und nickte dazu. Anders machte es Quix auch nicht. Aber auch die Sklavin schien mir ußerst kreativ zu sein. Vereinte sich in ihr letzten Endes gar Schönheit und Geist auf einem Punkt? Das wäre herrlich und unter diesem Gedanken schaute ich sie mir sogar noch lieber an.


    Und das alles, ohne jemals zu reisen. Manchmal kamen einem ja die wildesten Ideen, während man fremde Gegenden bestaunte und die Menschen, die darin wohnten. Das kannte ich von meinen Reisen nach Piräus und zurück. Allerdings fiel mir nun auf, dass Lavinia stets stockte, wenn sie von ihrer Domina sprach. Hatte sie am Ende kein gutes Leben bei ihr? Das wäre sehr schade. Meine Stirn runzelte sich ein wenig, ehe ich wissend nickte. So manch einer behauptete ja, dass ich zu lasch mit den Sklaven verfuhr, aber ich wollte auch kein Monstrum sein, welche stets die Peitsche schwang und vor dem sich alle versteckten. Ich redete lieber mit Menschen als mit geknechteten Sklaven, weil es mir einfach natürlicher erschien und ich hatte dabei bisher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Im Gegenteil. Ein fröhlicher Scherz half der Motivation besser als ein bierernster Rüffel. So meinte ich zumindest.


    “Oh ja, ich bin schon des Öfteren gereist. Ich stamme aus Piräus im fernen Griechenland. Vor einiger Zeit war ich wieder dort, weil meine Mutter erkrankt war. Da wollte ich ihr natürlich beistehen.“ Als Nesthäkchen der Familie sah ich darin auch meine Pflicht. “Aber es gibt im Moment vieles, was mich in Rom hält,“ sagte ich dann. “Auch ich komme nicht von dieser Stadt los, auch wenn ich mir bisweilen vorgenommen habe, einmal ein wenig ans Meer zu fahren und die frische Brise zu genießen. Nur habe ich Aufgaben, die das immer wieder verhindern.“ Ich seufzte schwer unter meiner kleinen Plauderei. Nun hatten wir das Ende der Gasse erreicht. Eine breitere Straße lag vor uns und sie führte unverkennbar zu meiner Tonstrina hin, wo Quix vielleicht schon ungeduldig wartete. Es war nicht gut, Ulcus allzu lange von seiner eigentlichen Aufgabe abzuhalten. Es war schlecht für das Geschäft, doch ab und an brauchte ich einfach einen Custos und heute hatte er mir ja gute Dienste als solcher geleistet.

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    “Dann setz dich doch einen Moment! Das kann man ja nicht mehr mit ansehen,“ sagte mein Muckel ein wenig tadelnd, während ich mit meinem kaputten Knie zu einer kleinen Bank hinüber humpelte.
    Wahrscheinlich hatte ich es wieder ein wenig übertrieben.
    “Ja,ja,“ erklärte ich. “Aber für die Komödie würde ich noch viel weiter laufen!“
    “Aristophanes wird dir nicht wegrennen.“
    “Aber ich werde hier nicht weggehen, bis ich eine Abschrift gefunden habe!“ Das verlangte mein Stolz.
    Doch ersteinmal ließ ich ächtzend nieder und streckte auch sogleich mein Bein aus. So anstrengend hatte ich mir das Ganze überhaupt nicht vorgestellt.
    “Vielleicht sollten wir doch einen Krückstock kaufen,“ meinte Muckel und schaute sich schon einmal um.
    “Oh nein! Das ist unter meiner Würde!“
    “Und abgebrochen auf einer Bank mitten in den Märkten zu hocken ist gut für die Gravitas?“ Muckel grinste frech und um ein Haar hätte ich ihm recht gegeben. Was, wenn mich nun jemand sah? Außerdem hatte mir ein Medicus bereits ein Hilfsmittel empfohlen, was ich aber abgelehnt hatte. “Du musst ihn ja nicht immer benutzen. Außerdem solltest du ihn als soetwas wie ein Assesoire betrachten.“
    Etwas beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust und schaute mich um. Die Märkte waren voller Menschen, die alle irgendetwas kaufen wollten. Sie alle flanierten nun an uns vorbei, doch noch hatte ich kein bekanntes Gesicht entdeckt. Doch dann…
    “Ist das nicht Quintilia Pina?“, entfuhr es mir dann und ich deutete auf die junge Frau. Muckel drehte sich herum. “Scheint so.“
    Ich hob den Arm und winkte. Dann erhob ich mich von der Bank und lahmte drauf los, um ihr entgegen zu gehen. Vielleicht hatte sie mich ja auch schon gesehen?

    [...] Mit einer Schriftrolle bewaffnet wollte ich mich gerade auf den Weg in den Garten machen, doch Silas war mir zuvor gekommen. Etwas gehetzt berichtete er mir, dass mein Bruder eingetroffen war. Mein Bruder! Mein Herz schlug augenblicklich höher und ich stürmte hin zum Atrium, um zu schauen, ob es wirklich wahr sein konnte. So lange hatte ich nichts mehr von ihm gehört, dabei war doch so viel geschehen, seit ich ihm das letzte Mal geschrieben hatte.