Beiträge von Cnaeus Decimus Casca

    Wie gebannt – ja, fast lauernd - waren meine Blicke auf den Pontifex gerichtet gewesen. In mir brannte schier der gute Wille, mich durch gute Vorarbeit auf das Treffen in zwei Tagen einzustimmen. Eine Interpretatio also. Ich nickte wieder, auch wenn ich nicht in Erfahrung bringen konnte, was aus welchem Fremdkult denn dem Mercurius angeglichen werden sollte. Aber was sollte es schon. Ich würde dabei sein! Nein, Fragen hatte ich nicht mehr, also erhob ich mich neuerlich von meinem Sitz und verabschiedete mich. “Vielen Dank noch einmal, Pontifex Flavius!“, sagte ich. “Fragen habe ich nicht mehr, aber ich freue mich sehr auf alles was da kommen mag!“ Schon wollte ich zu neuerlichen Versprechungen anheben, entschied mich aber dann dagegen. Unter einem freundlichen, verkappt überschwänglichen Gruß verließ ich nun die Salutatio, indem ich durch die Tür schritt, die man mir öffnete.


    “Und?“, wollte Muckel wissen, der auf der kleinen steinernen Bank brav und artig gewartet hatte und sich nun erhob, um mir entgegen zu kommen.


    Schnell vergewisserte ich mich, dass der Nomenclator die Tür auch wieder gut hinter mir verschlossen hatte, ehe ich tief nach Atem schöpfte und einen Freudenruf ausstieß. Dabei hatte ich leicht meine Faust geballt und meinem Körper einigen Schwung verliehen, mit dem ich auch sogleich auf den Ausgang zu hielt. Dabei redete ich wild mit den Händen gestikulierend auf Muckel ein.


    “Oh Muckel! Du wirst mir gleich notieren, dass ich in zwei Tagen zur Mittagszeit beim Merciuriustempel sein muss. Ich bin ja schon so aufgeregt! Weißt du, ich werden ein kultisches Tirocinium machen, beim Pontifex pro magistro höchst persönlich. Und Renius Buteo will in einer Angelegenheit der Fremdkulte in Bezug auf Mercurius den Pontifex sprechen und ich werde dabei sein … weißt du… ich. Hach, das wird Serapio freuen, und mich erst… ich glaube, ich werde Fortuna ein Opfer ein bringen[size=7]… wir müssen da natürlich so schnell es geht zum Forum Boarium[/size][size=6]… weißt du, wenn ich jetzt schon im Cultus Deorum...“[/size], verebbten meine eifrig dahin gequasselten Worte im Atrium.

    Nach dem Rätsel heiter schmatzend und kauend schaute ich in die Runde, doch ich musste feststellen, dass es nicht sonderlich gut angekommen war. Mein Augenmerk rollte zwischen Nelia und Scipio hin und her und hier wie dort bemerkte ich düpierte Gesichter. Wie sonderbar! Ich schluckte also das Backwerk hinunter, stieß ein “Hm..,“ aus und zuckte mit den Schultern. Anscheinend wollte Scipio dann noch zu wissen meinen, dass ich für heute genug des guten Tropfens hatte und meine Hand schloss sich reflexartig noch etwas fester um den Weinbecher, als ich diese Worte vernahm. “Wasch soll isch denn draußen?“, schnappte ich weinerlich, denn die Feierlichkeit fand immerhin hier drin statt. “Wasch soll isch im Bett?“ Nach Unterstützung in meiner anfänglichen Weigerung heischend blickte ich zu Nelia, doch diese sah nicht danach aus, als wollte sie mir eine helfende Hand reichen. “Isch bin doch gerade erscht gekommen und… isch bin kein Weinfasch! Ich bin ein Geniescher. Ich bin das Schinnbild der lupenreinen Weinkultur!“, sprach ich brüsk, nachdem ich mich zuvor von der Liege erhoben hatte und nunmehr doch wankend zum Stehen gekommen war. “Auf den Wein! Auf die gütigen Lehren desch Schaturnusch ihn betreffend und möge Liber Pater ihn redlich befruchten...“ Ich hob den Bescher zum Trinkspruch. “Alscho den Wein!“ Noch einmal gönnte ich mir einen beherzten Schluck, musste dann aber mit der freien Hand doch schon ein wenig nach Scipio angeln, um nicht letzten Endes noch umzufallen.

    Ich will mich nicht einmischen und habe auch nichts Konstruktives beizutragen. Auch kann ich nichts zu Staistiken sagen oder dergleichen. Aber meine Beobachtung ist, dass im Moment auf ziemlich vielen Foren eine allgemeine Flaute herrscht. Viel wird im Moment nicht geschrieben. Das ist nicht nur im IR so. Woran das liegt? Ich weiß es auch nicht. Nur Fakt ist eben, dass selbst auf Boards, auf denen man ausführliche Steckbriefe verlangt, Bewerber - selbst nach eine ausfürlichen Bewerbung- plötzlich abspringen und sich nicht mehr blicken lassen. Man rätselt also überall und nicht nur hier. *sich wieder duckt*

    [...] Mit den Blicken skeptisch gen nass-grauen Himmel erhoben und durch die ein oder andere Winboe schreitend, betrat ich mit meinem Muckel das templum, das Grundstück des Tempels, und hoffte das Beste. Immerhin befand ich mich nun unter dem Hausrecht der Fortuna selbst. Ich straffte noch einmal meine reinweiße Toga zurecht und hoffte, dass auch ja keine Falte schief gewickelt war, denn ich wollte nicht einmal den kleinsten Fehler begehen. Mit einem Nick in Richtung aedes bedeutete ich meinem Sklaven, der das neu erworbene Opfertier am Strick führte, mir zu folgen. Dieses Mal hatte ich mir auf dem Markt ein flauscheweißes Lamm erwählt, welches von vornherein friedlich und ausgeglichen schien. Es war auch nicht ganz so teuer gewesen wie die Ziege 'Beate', die mir ja durch Kinderhand heimtückisch entwendet worden war. Auf silbrigen Glanz und besondere Vorbereitungen des Tieres hatte ich damit auch verzichten müssen, nur das aufwändig verzierte, in Mehrfarbigkeit schimmernde Halsband, welches um den Hals des Lammes prangte, hatte ich mir nicht nehmen lassen.


    Ich ging so würdig wie es hinkend möglich war auf das Tempelgebäude zu und machte, der rituelle Reinheit Willen, am Waschbecken halt, um mir Hände, Arme, Beine und Füße zu waschen, wobei ich mich auch meiner Schuhe entledigte, um nunmehr barfüßig auf dem eiskalten, noch vom Regen feuchten Marmor zu stehen. Mich schauderte, als mir die Kälte in die Fußsohlen stach, doch ich sagte nichts und schaute zu dem leicht untersetzten Victimarius, der mir entgegen trat, um das hostiam probo durchzuführen. Nur mit einem gesäumten Schurz bekleidet und mit dem Culter am Gurt bestückt musste ihm doch furchtbar fröstelig zumute sein! Ich fror ja schon in der Toga! Noch einmal rieselte mir ein Schauer über den Rücken, den ich sogleich zu unterdrücken suchte. Als auch zwei ministri in jugendlicher Gestalt und der popa auf mich zu kamen, nickte ich ihnen zu. Muckel drückte den Ministri den Weihrauch und die Opfergaben, die ich neben dem Lamm noch mitgebracht hatte, in die Hand und wartete ab, bis der Victimarius mit der Bemusterung des Tieres abgeschlossen hatte. Offenbar schien bei diesem alles im normalen Bereich befindlich zu sein und wir konnten in der nunmehr – das Tier wurde zuvor zum Außenalter hin abgeführt - winzig kleinen Prozession in die cella des Tempels eintreten.


    Mit einem etwas klammen Gefühl in der Brust – immerhin sollte mein Opfer ja auch wirklich gelingen – schaute ich mich in dem rechteckig angelegten Raum um und nahm die Eindrücke in mich auf. Leichte Melodien, aus Doppelpfeifen gepfiffen, klangen durch die Luft, als wollen sie den Hörer verzaubern, während leicht weihrauchig schmeckende Luft in meinen Atemwegen kratzte und den Geruchssinn besetzte. Alles in allen schien es, als hinge ein zarter Nebel in der Luft, der die Kluft zwischen göttlichen Sphären und menschlichen Niederungen zu verschleiern suchte. Mein Blick glitt über den sacra supplex, welcher der Göttin ein himmlisch-lauschiges Heim bereiten sollte, den mensae, auf denen noch fleischliche Gaben warteten und die foci, welche sich schwer taten neben dem göttlichen Lichtschein vielleicht auch etwas physische Wärme in den Raum zu bringen.


    “Bah… ist das kalt!“, raunte Muckel mir zu, doch ich brachte ihn einem “Schhhhht!“ und einer barschen Handbewegung schnell zum Schweigen.


    Ich wollte wirklich nicht, dass mein Sklave mir noch mein Opfer ruinierte, indem er schnöde irdische Befindlichkeiten aufs Tapet brachte, auch wenn er recht hatte und es mir selbst ja schwer fiel, ein Schlackern zu unterdrücken. Besonders mit den nackten Füßen.


    Immerhin hatten wir nun schon das Kultbild der Fortuna erreicht, die auf hohem Sockel über dem Geschehen stand und mit heiterer Ruhe und der ihr innewohnenden, süffisanten Gravitas auf uns Sterbliche herunter schaute. Ich blinzelte ein wenig, als mein Augenmerk über das Ruder glitt, welches sie in der Rechten hielt und linste dann zum Füllhorn in der Linken hinüber. Blieb nur zu hoffen, dass sie diese Dinge auch wirklich zu meinem Wohle einsetzen würde! Ich atmete tief durch und zog mir eine Togafalte über das Haupt, ehe ich dem Bildnis vors Angesicht trat. Nur die Ruhe jetzt!


    Ein Ächzen, wegen des schmerzenden Knies unterdrückend kniete ich ich vor den foculus der Erhabenen und ließ mir von einem der ministri den Weihrauch anreichen, dessen Geflock ich in die Feuerschale vor dem Altar streute und beobachtete, wie aus dem rot glimmenden Harz zunächst sachte Rauchfäden wurden, die sich schnell ausweiteten und am Bildnis der Göttin empor schwebten. Ein gutes Zeichen. Noch einmal rang ich nach Atem und ließ mir die anderen Dinge überreichen, die ich noch zu opfern gedachte. Langsam goss ich ein wenig von meinem feurig roten Lieblings-Faustianer aus dem Krug in eine Schale auf dem Altar, ließ ein paar honigsüße Dinkelkekse folgen und staffierte auch noch ein paar faustgroße, erfolgreich abgelagerte Äpfelchen dazu. Zuletzt, und das unter einem kaum zu unterdrückenden Seufzen, stellte ich noch eine meiner Reiterstatuetten daneben. Es war das Bild des Caesers auf einem etwas verunglückt wirkenden Ross, das gerade im Steigen begriffen war. Ein Sklave hatte es mir als Kind geschenkt, nachdem ich meinen Unfall hatte. Selbstgeschnitzt! Und ich hatte es immer gehütet wie einen Schatz. Doch irgendwie erschien es mir notwendig, die Erinnerungen an die Kindheit und Jugend ruhen zu lassen. Nun denn. Es war an der Zeit, dass die Worte erklangen, mit der ich bei der Göttin Gehör finden wollte. Ich wendete meine Handflächen gen Himmel und intonierte, laut und deutlich:



    „Oh heilige Fortuna! Du großartige Mutter des Schicksals! Du weiseste Beherrscherin der Himmelsgaben die des Menschen Geschicke lenken! Oh Fortuna, die du stets Gelingen und Versagen in deinen formgebenden Händen hälst! Ich, Cnaeus Casca, aus dem Haus der Decimer rufe dich an! Fortuna Redux, die du mir erlaubtest unversehrt zu reisen und stets wohlbehalten zurück zu kehren und mir Fabrikationsstätten und helfende Hände gewährtest, höre meine Bitten!


    Stets opferte ich dir was recht war, stets hing ich selig in deinem weise gelenkten Fatum und wandelte treu mit deinen Geschenken.


    Schicksalslenkende, glänzende Fortuna! Schenke mir deine Zustimmung für meine Wege im Cultus Deorum! Lasse meine Schritte nicht abgleiten von den Pfaden der Strebsamkeit! Lasse meine Füße nicht fehl gehen auf dem Weg des Ritus und des Rechts! Ergieße über mich deine wohlwollende Gabe deiner Fortüne und lasse die Menschen streben in meine Tonstrina. Hilf beim Beleben der Lignarius Decima und wende ihr Handwerk zum Erfolg!


    Fortuna! Ich lobe und ich preise dich und dir zu ehren werde ich dir auch stets weiter geben was recht und billig ist!


    Bei den Versprechungen wollte ich nicht zu dick auftragen, immerhin hatte ich nicht unbedingt vor hier und heute zu einem voti damnatus zu werden. Das hätte auch später noch Zeit! Nur ein bisschen Glück! Nur ein klitzekleines bisschen! Neuerlich schöpfte ich nach Atem und spähte unter der Togafalte nach dem Gesicht der Göttin. Wie es zu erwarten war: Keine Regung auf dem in Stein gemeißelten Antlitz. Sie entkam meinen Blicken, als ich mich nun erhob und nach rechts abwendete, als Zeichen dafür, dass ich mein Anliegen vorgebracht und das Gebet beendet hatte. Während ich mich noch herum drehte, fiel mein Blick auf Muckel, der ganz andächtig aussah. Ein Bild, dass ich mir unbedingt merken wollte, denn so sah ich ihn nicht oft.


    Mit Bedacht setzte ich meine Schritte nun hin zum Vorplatz, auf dem das blutige Opfer stattfinden sollte. Die ministri und der popa folgten und so tat es auch mein Sklave. Ebenso begleiteten mich die wonnevollen Klänge, welche die tibicines noch immer hervor brachten.
    Das Lamm hatte man mittels Sticken an die metallenen Ösen am Altar gebunden, was in mich irgendwie beruhigte. Wäre 'Beate' das zu opfernde Tier gewesen, hätte man ihr wohl zusätzlich noch die Sehnen durchtrennen müssen, damit sie ja auch ja ruhig blieb. Sie blieb in meiner Gedankenwelt eben noch immer der wilde Satyr, den man vom Forum Boarium hatte schleifen müssen. Mit meinem kleinen Gefolge schritt ich zum Altar und bezog wie alle anderen auch Aufstellung. Als der Popa uns mit einem weißen, voluminösen Pinsel mit Wasser besprenge, um sicher zu gehen, dass auch alle Anwesenden wirklich rein genug waren, traf ein verirrter aber garstiger Tropfen mein Auge, welches ich sodann für einen Moment zusammenkneifen musste.


    “FAVETE LINGUIS!“, ertönte es dann, während ich dem Drang widerstand, mir mir das Auge zu reiben.


    Ich blinzelte noch, während sich der Priester die Hände reinigte und diese im Anschluss mit dem mallium latum gewissenhaft abtrocknete. So sollte es also beginnen und meine Nervosität steigerte sich noch ein wenig. Nicht auszudenken, wenn Fortuna mein Opfer verschmähen würde. Noch einmal streiften meine Aufmerksamkeit das Opferlamm, welches allerdings noch recht gelassen da stand und den Kopf zu uns gewendet hatte. Es blökte gedämpft und war somit das einzige Wesen, neben den Flötisten, die sich nicht an die geforderte, heilige Stille hielten, während sein Fell nun mit mola salsa bestrichen wurde. Die heilige, von den Vestalinnen verfertigte, salzige Dinkelpaste klebte auch sogleich im sacht gelockten Fell fest und ich trat vor, um dem Tierchen das Halsband abzunehmen. Sodann nahm ich das Opfermesser entgegen und versuchte so würdevoll wie möglich auszusehen. Ich fuhr dem Lamm in einem symbolisch entkleidenden Schnitt über das Köpfchen, passierte seine Schultern, fuhr den Rücken entlang und endete schließlich beim wedelnden Schwänzchen. Als ich dieses erblickte, musste ich wieder an Beate und die Kinder denken, doch letztendlich erweichen tat mich das Lämmlein nicht. Immerhin ging es hier um eine ganze Menge und ich hatte schon recht gesagt, dass ein jedes Tier eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hatte. Und dieses Tier sollte hinübergleiten in das unirdische Reich und die Fortuna für mich betören! Ich richtete mich wieder auf, nachdem ich ob der geringen Größe des Tieres ein wenig hatte vor neigen müssen und gab das Culter an den Victimarius weiter. Dann tat ich einen Schritt zurück. Oder besser zwei. Immerhin wollte ich meine Toga nicht besudelt wissen, wenn – hoffentlich – das gute Zeichen des reichlich quellenden Lebenssaftes in Erscheinung treten würde.


    Während des letzten Opfergebets, in welchem der Priester Fortuna noch einmal innigst um die Annahme des Opfers bat, atmete ich noch einmal tief durch und trotzte dem heftigen Windstoß, der mich plötzlich rücklings erfasste, mir meine Togafalte bis weit über die Stirn trieb und mir halbwegs die Sicht nahm. Ein böses Omen? Ich hielt den Atem an. Das durfte nicht sein!


    AGONE?“


    Ich legte, um ein wenig besser sehen zu können den Kopf in den Nacken und behielt fürderhin aber meine gestraffte Körperhaltung und den hoffentlichen Eindruck der Pietas - die ein verdecktes Haupt ja mit sich brachte - bei.


    “AGE!“, intonierte ich dafür mit umso mehr Bestimmtheit.


    Der Victimarius führte nun das Tier seiner Bestimmung zu, - das konnte ich gerade noch sehen - indem er ihm gekonnt die Schlagader sauber durchtrennte. Rotes Blut quoll überreichlich aus dem schmalen Hals hervor und ergoss sich auf den steinernen Boden, auf den auch bald das Lamm hin sackte. Ein wenig entspannter fühlte ich mich nun doch, denn immerhin schien es ja, dass die holde Göttin den windbedingten Faux Pas nicht mitbekommen hatte und das Tier tatsächlich würdevoll in den Bereich der Götter schritt. Doch würde Fortuna es auch Willkommen heißen? Noch während man beschäftigt war, das auf den Rücken gewendete Lamm auf seine hoffentlich kerngesunden vitalia hin zu überprüfen, machte ich mir so meine Gedanken. Leber, Galle, Lunge, Bauchfell und Herz fanden ihren Weg in die patera und wurden gewissenhaft auf Runkel und Erhöhungen hin überprüft. Und? Ich wartete gespannt und schaute schon ein wenig ungeduldig zu der gefüllten Opferschale hinüber und zu den Händen, welche die Eingeweide betasteten.


    LITATIO!“


    Fortuna sei langanhaltender Dank! Ich atmete sichtbar auf und lächelte zufrieden, ehe ich dem Popa glücklich entgegen strahlte und die Togafalte sachte zurück schob.


    “Das ist ja noch mal gut gegangen,“ raunte mir Muckel zu und ich musste ihm zustimmen. Hach, ich war erleichtert! Die Reste des Lammes bestimmte ich nun für die Bedürftigen, die eventuell vor dem Tempel schmachteten und verharrte noch einige Momente in zufriedener Andacht, ehe ich mich anschickte mit Muckel und dem nunmehr nicht mehr gebrauchten Halsband den Tempel der Schicksalsgöttin wieder zu verlassen.

    (Fortsetzung)


    Wieder machte ich mich auf den Weg zum Stall. Der Tag war jung erwacht und ich mit ihm. Tatsächlich fühlte ich mich nicht wie sonst, nach Abenden und Nächten, die ich gemeinsam mit meinem Weinbecher, meinen lyrischen Schriften oder der leidigen Bilanz in meinem Cubiculum verbracht hatte. Nein, dieser Morgen fühlte sich besonders frisch an, was allerdings nicht an der frösteligen Brise lag, die mich dann und wann einmal umwehte. Mein Geist war willig und mein Fleisch schien es ihm nachtun zu wollen. Das einzige was etwas drückte waren die geschlossenen Schuhe und der Käse vom Ientaculum welcher im Nachhinein doch schon ein wenig ranzig geschmeckt hatte. Nichts desto trotz war ich willig, der Fortuna heute mein Opfer darzubringen. Worte für das Gebet hatte ich mir schon zurecht gelegt und memorierte sie noch, als ich mich an einem der wuchtigen Molosser vorbei schiffte, der vor der Tür des Stalles saß und vor sich hin hechelte. Wunderbar! Wo eines dieser Tiere war, konnte Paulinus nicht weit sein.


    Schwungvoll öffnete ich das Tor, betrat den Stall und musste feststellen, dass sowohl mein Opfertier als auch der Sklavenjunge wohl auf waren. Beide standen, beziehungsweise hockten in der Stallgasse, flankiert von Silas, dem Munkschenk, und einem etwa fünfjährigen Sklavenmädchen, dessen Name mir spontan entfallen war. In ihrer Mitte befand sich die Ziege, die gerade im Begriff war ein Stück Brot aus Paulinius offen hingestreckter Hand zu fressen.


    “Salvete!“, begrüßte ich die Schar fidel und ließ mich ebenfalls ein wenig in die Hocke nieder. “Ist die Ziege wohl auf?“, wollte ich dann wissen und streckte meine Hand aus, um dem Tier über den Kopf zu streichen.


    “Salve, Herr!“, grüßte Silas, wenn auch ein sehr mürrisch. In letzter Zeit war er wirklich nicht mehr der Alte. Irgendwie schien er sein sanftes, kindliches Wesen im Zuge der Mannwerdung zu verlieren. Das war oft so bei Kindern und ich dachte mir nichts weiter dabei, auch wenn mir durchaus bewusst war, dass er sich in letzter Zeit immer ein wenig als Beschützer der Kinder im Haus aufspielte.


    “Der Ziege geht es gut!“, sagte Paulinius, wenn auch noch immer ein wenig bedrückt. “Ich habe sie gebürstet und sie ist jetzt auch ganz ruhig.“


    Ich ließ meine Blicke über das Tier schweifen und es hatte tatsächlich den Anschein, als würde es nun in irgendeiner Weise zufriedener sein als gestern noch.


    “Fortuna wird dir sehr dankbar sein! Und ich, ich bin es jetzt schon!“ entkam es mir lächelnd. Ja, die Ziege machte wirklich einen perfekten Eindruck auf mich. Es wäre ein Wunder, wenn die Göttin sie verschmähen würde. Doch man wusste ja nie, was letzten Endes mit den vitalia nicht stimmte. “Aber sie scheint ja auch gut zu fressen!“, fügte ich unter meinem Gedankengang an. Immerhin wäre das ein erstes Zeichen dafür, dass mit ihren Innereien etwas verkehrt war.


    “Sie ist soooooo lieb!“, erklärte das kleine Mädchen nun und neigte sich vor, um das Tier herzend in die Arme zu schließen. “Sie hat den ganzen Napf mit Brot gefressen, und das Heu und das Stroh… und ein paar Honigkekse.“
    “Das ist gut!“, erklärte ich der Ausführung. “Das ist seeehr gut. Jetzt müssen wir sie nun noch ein wenig schmücken und ein schönes Halsband für sie finden und dann kann es gleich...“


    “Wir haben sie Beate genannt!“, fiel mir Silas nun schlicht und ein wenig ruppig ins Wort. Ja, man könnte sogar sagen trotzig.


    “Beate?“, fragte ich überrascht.


    “Das ist soooo ein schöner Name… nicht wahr Beate?“ Das Kind flauschte liebevoll den Kopf des Zickleins, welches das Köpfchen in offene Hand des Mädchens buffte und ein forderndes, feines Meckern ausstieß.


    “Sie war so unruhig und da habe ich die ganze Nacht bei ihr verbracht,“ erklärte mir Paulinius nun im unterwürfigen Flüsterton.


    “Nun ja..“ Ich beschaute mir noch einmal das Tier. Gemeinsam verbrachte Nächte schweißten ja bekanntlich zusammen. “Aber Beate?“


    “… weil sie ihr doch so glücklich ist. Guck mal… sie ist total glücklich!“, meinte nun das Mädchen und schob der Ziege noch ein kleinen Keks hin. “Und wenn man sie streichelt, dann wackelt das Schwänzchen so lustig… guck mal...“ Sie deutete auf das Schwänzchen, das in der Tat recht überschwänglich wackelte.


    Ich kratzte mich am Kopf.


    “Wir haben sie alle lieb! Nicht wahr? Das haben wir doch!“ Noch einmal schloss das Kind die Ziege in die Arme und blickte, nach Unterstützung heischend zu ihren Mitstreitern. Es dauerte auch nicht lange, bis Paulinus nickte und mir einen deprimierten Blick schenkte.


    “Aber Tiere haben einen bestimmten Zweck!“, begann ich nun. “Sie haben eine Aufgabe. So wie Menschen. Sie werden geboren, sie wachsen auf, werden groß und...“


    “Aber sie ist ja nicht mal richtig groß! Beate ist doch noch soooo klein!“


    “Aber sie wird nun einmal geopfert,“ sagte Silas für meinen Geschmack nun doch ein wenig zu patzig. “Damit musst du dich nun einmal abfinden!“


    “Mutter sagt, es hatte nur einmal ein großes Opfer gegeben und das reicht bis in die Ewigkeit...“, nuschelte Paulinus nun sehr leise. Ich hatte ihn aber doch gerade noch so verstanden.


    “Was meinst du denn damit? Das letzte lecisternium oder den letzten ver sacrum?“ Ich wusste ja selbst nicht mehr genau, wann das war.


    “Nichts...“


    “Dürfen wir sie behalten, Herr?“ Liebe, fragende Kinderaugen schauten mir entgegen.


    “Äh ja…. ich...“ konnte ich gerade noch irritiert anbringen. Irgendetwas an Paulinus verwirrte mich, doch viel Zeit diesem Eindruck nachzuspüren hatte ich nicht.


    “Huurrraaa! Er hat 'ja' gesagt! Wir dürfen sie behalten!“ Das Kind war schon aufgesprungen und um den Hals gefallen, sodass ich beinahe das Gleichgewicht verlor.


    Ein unachtsamer Moment war es nur gewesen. Ich schloss das Sklavenmädchen in die Arme, um es davon abzubringen mich halb zu erwürgen. Dabei schaute ich Paulinus entgegen. Sonderbarer Junge. Sehr sonderbar!


    “Du bist sooooo lieeeeeb, Herr!“


    “Ja, ja!“ Es gelang mir, mich wieder aus der Umklammerung zu befreien und schalt mich selbst einen Narren, mich überhaupt auf dieses Gespräch hier eingelassen zu haben. Aber es waren Kinder und für die hatte ich schon immer ein besonderes Herz. Etwas mühsam richtete ich mich wieder auf und besah mir 'Beate', die mir nun auch ihren großen Augen entgegen blickte. Dabei fühlte ich mich noch immer etwas überrumpelt und musste erst einmal begreifen, dass mir wahrscheinlich soeben mein Opfertier abhanden gekommen war. Aber noch war es nicht zu spät! Immerhin verfügte ich ja auch noch über ein bisschen Autorität. Schon war ich Begriff meinen Zeigefinger zu heben und das Glück der Kinder wieder in Luft aufzulösen.


    “Danke, Herr!“
    “Danke, Herr!“, ertönte es zeitgleich von den beiden anderen.


    Der Entschluss verpuffte im Nichts. “Oh… bitte!“, entkam es mir ergeben und ich ließ – sehr kurz nur – meine Schultern hängen. Noch immer blickten mir dankbare Kinder- und Ziegenaugen entgegen. Achtzig Sesterzen und mein Glück! Darin angelegt, dass sie fortan Honigkekse und trockenes Brot verdauten! “Nun denn,“ seufzte ich, nicht länger gewillt noch im Stall zu verweilen. Ich musste zum Tempel.

    (Fortsetzung)


    Einige Pferde standen gemächlich kauend in ihren Boxen und hoben nun, da wir hier waren, interessiert ihre Köpfe. Es waren edle Rösser. Zum Teil gehörten sie Serapio, der mit ihnen wilde Rennen in seinen Zweispännern fuhr, für die er sich sehr begeisterte. Das konnte ich im Großen und Ganzen nachvollziehen. Wenn es Tiere gab die ich mochte, dann waren das Pferde, auch wenn eines von ihnen mir recht unrühmlich mein Schicksal als langzeitig Versehrter bereitet hatte.


    Ich watete mit meinem nassen Schuhwerk über das Pflaster des Stallbodens, um jemanden zu finden, der sich vorübergehend der Verantwortung für das Ziegentier annehmen konnte. Dann hörte ich auch schon etwas! Eine zarte, jugendliche Stimme, die eine friedliche Melodie vor sich hin sang und das beständige Schaben eines Besens. Ich umrundete einen großen Haufen Stroh und einiges aufgeschichtetes Heu, hinter denen ich den Auslöser der Geräusche vermutete und sollte recht behalten. Es war Sklavenjunge Paulinus, der Sohn der Columbana, die manchmal so liebenswert meiner Nelia zur Hand ging und immer einen beeindruckenden Sanftmut ausstrahlte, der seinesgleichen suchte. Ich hielt einen Moment inne, denn das fremdartige, leise Liedchen klang wirklich reizend, auch wenn es irgendwie so tönte, als würde der Junge den Text nur schwer in Erinnerung bringen. Aber dennoch! Mir war ja gar nicht bewusst, dass Paulinus eine so entzückende Singstimme hatte. Er schien auch recht versunken zu sein.


    “Auf rechter Straß' geführet, ist … Finsternis nicht da… … Mein Alles meine Weide, ...mich fürchten brauch' ich nie… In Not bei allem Leide… sein Stecken und sein Stab...“


    “MOAAAHHHH!“


    Muckels wütender Ruf hallte durch den Stall, sodass sowohl ich als auch Paulinius zusammen zuckten. Hinzu kam ein lautes Scheppern, als eine Reihe Eimer auseinander stoben und schließlich über den Boden rollten. Die Ziege aus Muckels Armen war verschwunden, also blieb zu vermuten, dass sie der Auslöser war. Paulinius fuhr herum und schaute mich erschrocken an, während mein Sklave der Ziege nachsetzte. Ich seufzte tief und gedehnt, wischte mir über die noch immer feuchte Wange und beschloss gaaaaanz ruhig zu bleiben. Allen Unannehmlichkeiten, Aufgebrachtheiten und Widrigkeiten zum Trotz.


    “Das war ein schönes Lied!“, sagte ich dann betont freundlich zu dem jungen Sklaven, um der Ruhe einen Anfang zu geben, während man Muckel noch im Stall herum rumoren hörte.


    “Ich… habe es neu gelernt,“, erwiderte Paulinus sehr scheu, als würde er sich bei etwas mehr als nur ertappt fühlen.


    “Nein, nein, nur nicht so bescheiden! Du hast eine schöne Stimme. Stecken und Stab!“, brachte ich lobend hervor und nickte dazu. “Ein Hirtenlied?“


    “So etwas in der Art...“


    Irgendwie erinnerte mich das an Mercurius, vor dessen Tempel ich mich ja in zwei Tagen mit Flavius Gracchus treffen würde. Mit Pontifex Flavius! Allein beim Gedanken daran, griff mir die Aufregung wieder in den Magen. “Erinnert mich an Mercurius,“ gab ich bekannt. “Ich bin mir sicher, dass es ihm sehr gefallen wird.“ Immerhin war er ja der bekannteste Stabträger. “Nur er ist nicht unbedingt ein Gott der Herden und Weiden. Oder vielleicht Asklepios? Ja, der hatte auch einen Stab, nur war er eben auch kein Hirte…,“ überlegte ich ungeachtet der Zerknirschung des jungen Sklaven weiter. “Ist es überhaupt an einen Gott gerichtet?“


    Paulinus biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. Schlussendlich zuckte er mit den Schultern. “Ich...weiß es nicht… ich… ich dachte ich wäre allein und da habe ich es mir ausgedacht.“


    “Ich könnte die Familie davon überzeugen, dass du es uns einmal vorsingst? Vielleicht steckt in dir ja auch ein kleiner Ovid!?“, sagte ich und ignorierte dabei den furchtsamen Ausdruck im Gesicht des Jungen. Für neue Talente im Haus sollte man schließlich immer offen sein. Besonders für Ovid, für den ich mich ja so begeistern konnte. Da fiel mir auch gleich etwas ein! “Sieh mal, als Mercurius vom Göttervater Iuppiter nieder geschickt wurde, um den Argus einzuschläfern heißt es: 'Und legt nieder Hut und behält den Stab nur. Damit treibt er als Hirt quer durch die Gefilde der Ziegen, die er ihm Gehn mitbgebracht', und bläst auf gefügeten Halmen….“, erklärte ich sinnierend und zuckte dann aus meinem eigenen abschweifenden Gedankengut auf. “Ah...die Ziege!“, fiel es mir wieder ein. Schließlich hatte ich ja auch eine mitgebracht. Ich drehte mich herum und musste feststellen, dass Muckel es gelungen war sie wieder am Strick zu ergreifen. “Schau mal! Um diese Ziege wirst du dich kümmern. Sie ein wenig pflegen und füttern, damit wir sie morgen schön schmücken können.“ Vielleicht heiterte das Paulinus ein wenig auf. Immerhin hatte ich wohl sehr verstört und er einen Draht zu allerlei Getier und steckte voller Liebe zu ihnen. “Vielleicht bekommen wir sogar diesen silbrigen Glanz im Fell hin. Was meinst du?“


    “Du willst sie opfern?“ Entsetzen machte sich auf den jungen Gesichtszügen breit.


    “Aber ja!“


    Paulinus blickte bekümmert drein, suchte mit den Blicken traurig nach dem Zicklein und nagte weiter an seiner Unterlippe herum. Einen aufgemunterten Eindruck machte er also nicht, was bestimmt daran lag, dass ich auf seinem Liedchen so herumgeritten bin und ich beschloss noch eins drauf zu setzten. “Paulinus! Schau mal! Wenn es irgendetwas gibt, das mit Tieren zu tun hat, würde ich mich immer nur an dich wenden. Vielleicht weißt du es nicht, aber dein magisches Geschick mit ihnen ist in diesem Haus fast legendär und wenn mir dieses Opfer morgen gelingt, dann werde ich dafür sorgen, dass du… dass ja… also ich würde dich lobend erwähnen und dir einen Wunsch erfüllen. Weißt du was, das machen wir auch so! Du kümmerst dich um die Ziege, beruhigst sie ein wenig, damit sie still hält und in Frieden und Anmut in die Welt der Götter gelangen kann.“ Und natürlich, damit ich in Frieden und Anmut die Gunst der Fortuna erlangen konnte!


    “Also tauschen wir sie nicht um?“, fragte mich Muckel.


    “Ach so, ja.“ Ich dachte einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf. Paulinus Geschick war wirklich beachtlich und er konnte aus einer wilden Bestie etwas ganz und gar Liebes machen! Das konnte man an unseren Molossern immer wieder sehen. Vielleicht sollte ich ihn sogar zum Opfer mitnehmen! “Nein, ich vertraue nun voll und ganz auf unseren Paulinus! Und wenn es gelingt, mein Junge, dann kannst du auf dich sehr stolz sein!“ Diesem setzte ich väterlich die Hand auf die Schulter. Immerhin wollte ich ihm auch den Eindruck vermitteln hier dringend gebraucht zu werden.


    “Möge dein Wort von den Göttern gehört werden,“ seufzte Muckel und übergab den Strick und somit die Ziege an den Jungen.


    Das hoffte ich auch. Natürlich hoffte ich das. Aber nun musste ich mich vorbereiten. Noch einmal schenkte ich Paulinus einen aufmunternden Blick und verließ mit Muckel den Stall.

    [...] Inzwischen hatte der Regen an Intensität gewonnen. Aus nieseligem Dunst, der einem in jede Stoffalte kriechen wollte, waren garstige, alles durchnässende Wassertropfen geworden, die letzten Endes in einen handfesten, eiskalten Schauer übergegangen waren, der dann den Rest erledigte. Mich fröstelte fürchterlich und ich schätzte es überhaupt nicht, dass mir meine Kleidung inzwischen fest am Körper klebte, um diesen auch weiterhin davon abzuhalten nur einen Hauch von milder Wärme zu produzieren. Wasser triefte aus meinen Haaren, rann mir über mein Gesicht und ich fluchte fürchterlich, während Muckel noch neben mir her stolperte. Den ganzen Weg vom Forum Boarium hier her hatte er versucht das verflixte Ziegentier zu bändigen, welches ein wahrhaft störrisches Vieh zu sein schien. Ständig hatte es seine kleinen, harten Hufe gen Pflaster gestemmt und sich geweigert auch nur einen einzigen freiwilligen Schritt zu tun und wenn doch, so versuchte es davon zu springen wie ein wild gewordener Satyr, der es offenbar auch war. Auch Muckel, der ständig im Begriff gewesen war dem Zicklein durch hartes Ziehen an der Leine eine Richtung vorzugeben, so dass man schon befürchten musste, dass das Hals des Tieres einen Schaden nehmen würde, sah über diesen Umstand nicht sonderlich glücklich aus.


    “Du wirst es nicht bereuen, hat er gesagt!“, murrte mein Sklave vor sich hin, während ich schon dabei war, durch die Gasse zu humpeln, in welcher der hintere Zugang zum Grundstück der Casca lag. Dieser führte unter anderem Stall und genau da wollte ich hin, um nicht gar noch mit Viehzeug durch das Atrium kreuzen zu müssen.


    “Er hat auch gesagt, das wären nur Reflexe!“, schnappte ich, denn mit dem Murren meines Sklaven ging ich voll und ganz konform. Unterdessen legte das Opfertier einen halben Salto hin, als es versuchte erneut unter einem meckernden Geräusch das Weite zu suchen und an dem nunmehr erneut gespannten Strick scheiterte.


    “Wir tauschen es um!“, nörgelte Muckel, der sich nun genötigt sah, sich die tropfnasse Ziege unter den Arm zu klemmen. Dabei verzog er angeekelt das Gesicht. Noch immer schlug das Tier und sich und zappelte wie wild.


    “Ja! Genau! Du gehst gleich jetzt zurück und wirst das machen!“, schlug ich vor.


    “Durch diesen Regen?“ Muckel sah aus wie ein getauchter Hund und ich selbst gab wohl auch keinen besseren Eindruck ab.


    “Warten wir es erst einmal das Schlimmste ab!“, entschloss ich abwinkend und eilte mit durch Pfützen patschenden Füßen hinüber zum Stall, um meinem Sklaven hilfsbereit die Tür zu öffnen, damit er die Ziege nicht loslassen musste. Immerhin wollte ich nicht gleich heute opfern, zumal das Wetter mir obendrein kein gutes Omen für dieses Unterfangen zu sein schien. Ich schlüpfte unter einem beständigen Schwall des Wassers hindurch, welches durch den Niederschlag über die Dachziegel und in eine offenbar verstopfte Rinne getrieben wurde, die der gute, aber nicht gerade zuverlässige Phintias beim Reparieren wohl übersehen hatte. Muckel tat es mir nach und kaum im Stall stehend atmeten wir auf und auch das Tier schien für einen Moment seine Gegenwehr einzustellen.

    Oh ja, ich würde pünktlich sein! So pünktlich wie noch nie. Das nahm ich mir sehr fest vor und konnte mich dabei meines strahlenden Gesichtes noch immer nicht erwehren. Besonders nicht, als der Flavius Gracchus verkündete, dass es nun eine beschlossene Sache war. Ich! Ich im Cultus Deorum, selbst wenn auch erst einmal nur als 'Daneben- Steher' und Zuschauer! Dennoch! Ich! Oh, wie ich mich freute! Es freute mich sogar so sehr, dass die Warnung, die er noch aussprach beinahe an mir vorbei gegangen wäre. Aber zum Glück nur beinahe. Ich nickte also ernst und hastig. “Ja, natürlich,“, bestätigte ich. “Wenn der Staat dann allerdings wiederum auch den Göttern weiterhin dienlich ist und ihren Mahnungen folgt, so will ich mich auch nicht enervieren lassen. Ganz bestimmt nicht!“ Dass ich schon enerviert war, wenn mein Sklave oder wahlweise mein Vetter mir ins Gewissen sprach schob ich bei meinen Worten erst einmal beiseite. Hauptsache einen Fuß in der Tür! Und diese Tür war so gigantisch groß, dass ein Fuß allein vielleicht nicht ausreichte, um sie auch offen zu halten. Ich würde mich gut vorbereiten müssen! Doch das war nichts, worauf ich in diesem Moment meine Gedanken lenken konnte.


    Freudig erregt lauschte ich der kurzen Terminabsprache. Renius Buteo. Hatte ich noch nie gehört. Quindecemvir. Also ein Hüter des Rituals. Es war wirklich wunderbar. Das Wunderbare an der Gelegenheit konnte ich mir noch nicht wirklich ausmalen, doch es blieb dabei. Ich, Casca, hatte endlich die Gelegenheit zu zeigen, was neben dem Hang zum Müßiggang, dem ein oder anderen Becher Wein und ein paar Versen von Ovid noch in mir steckte! “Zur Mittagszeit, in zwei Tagen am Mercurius-Tempel,“, bestätigte ich. Muckel würde mir das gleich vor der Tür noch einmal notieren. Nicht weil ich es vergessen würde, sondern weil es doch irgendwie von Würde und Wichtigkeit zeugte, wenn man seinem Sklaven Dinge wie Termine und dergleichen aufschreiben lassen konnte. “Handelt es sich um einen bestimmten fremdländischen Kult, oder ist die Sache eher von allgemeinem Belang?“, wollte ich dann noch vorsichtig wissen. Die Frage war mir bestimmt gestattet, bevor ich meiner Euphorie draußen vor der Tür endgültig Luft verschaffen konnte. “Ich… würde mich dann nämlich ein wenig vorbereiten.“ Das wäre bestimmt nicht schlecht, dachte ich mir.

    “Ich weiß nicht Muckel,“ sagte ich skeptisch und versuchte mich dabei ein wenig tiefer in meine warme paenula zu mummeln, während ich mir noch einen Zipfel von ihr vor die Nase hielt, um sie vor dem beißenden Geruch von Dung und Mist zu schützen, der trotz der Kälte recht penetrant war. Dabei schaute ich prüfend in die Augen eines Ziegentieres, das mir auf Heu kauend, aber interessiert aus einem Verschlag heraus entgegen glotzte. Ich konnte zwar nicht behaupten, dass ich Tiere nicht mochte, aber irgendwie waren sie auch nicht meine Freunde. Wie die Erfahrung lehrte beruhte das auch stets auf Gegenseitigkeit.


    “Die wirkt mir nicht so passend!“, erklärte ich schließlich und schaute meinem Sklaven hilfesuchend entgegen. Passend sollte das Tier meiner Meinung nach schon sein, denn immerhin hatte ich mich dazu entschlossen, der Fortuna ein Opfer darzubringen. Zum Dank dafür, dass sich mein Schicksal nun endlich vor mir zu entfalten schien und die Wege ein wenig klarer wurden und zum anderen, weil ich nach der Salutatio beim flavischen Pontifex zum ersten Mal in meinem Leben das Bedürfnis verspürte, mir die Gunst dieser Göttin auch für die Zukunft sichern zu müssen.


    “Ja, es stimmt, sie wirkt ein wenig gedrungen...“ Muckel, der auf dem Weg auf den Markt natürlich nicht mit Kommentaren zu meinem neusten Vorhaben gespart hatte, legte den Kopf schief und schüttelte diesen dann. “Aber hübsche Augen hat sie!“


    “Nun ja.“ Ich atmete kräfitg durch und schaute mich um, ob es nicht in einem der Gatter ein Tier gab, das mir auf Anhieb perfekt erschien. Immerhin wollte ich ja nicht, dass Fortuna die Nase rümpfte und mich fürderhin in Schwierigkeiten brachte. Dann stach mir ein Schild ins Auge, welches deutlich über einem nur wenige Meter entfernten Verschlag angebracht worden war. “Muckel! Da rüber!“ Ich deutete auf das Schild.





    PULLO
    HOSTIA ET VICTIMA


    - Aus Erfahrung gut! -




    Entschlossen stapfte ich los, navigierte mich dabei an anderen Kaufwilligen vorbei und ignorierte den hässlich kalten Nieselregen, der sich so unschön in den Stoff meiner Kleidung sog. Wieder dieser abscheuliche Gestank! Naserümpfend betrachtete ich die Ziegen, die sich munter im Gatter des Händlers Pullo tummelten. Auf den ersten Blick gefielen sie mir ganz gut und es wurde deutlich, dass es sich um eine gut gemischte Menge handelte. Alte Ziegen, kleine Ziegen, junge Ziegen, große Ziegen, haarige Ziegen, mit und ohne Hörner. Fast zu viele für mich, denn ich war ja kein Tierkenner und Muckel war es leider auch nicht. Schafe gab es auch, doch ich hatte mich auf Ziegen fixiert, weil ich meinte, sie würde am besten zu Fortuna passen. Unbestimmt ließ ich noch meine Blicke schweifen, als ich auch schon angesprochen wurde.


    “Salve, der Herr! Du suchst ein Opfertier?“


    Ich schaute den Mann an, der mir mit einem aufdringlichen Händlerlächeln entgegen getreten war und stutzte kurz, als ich das längliche Gesicht mit den tiefliegenden Augen und dem Nasenhaken erblickte. Irgendwie schien sich dieser Mensch seiner Ware angepasst haben, denn er sah mit seinem filzig langen Haupthaar und dem in die Länge gezüchteten Bärtchen schon ein wenig aus wie ein Ziegenbock. Er roch auch so!


    “Ahm… ja… ja… ich suche ein Opfertier!“, sage ich dann, nachdem ich mich schnell aus meinem Erstaunen gerissen hatte. “Ein gutes, kräftiges und gesundes Tier sollte es sein.“


    “Weiß?“


    “Joooaaa….“, gab ich gedehnt von mir und fuhr mir mit der Hand über den Nacken. “Besser wäre es.“ Um der Ehrlichkeit die Ehre zu geben musste ich wirklich feststellen, dass ich keine Ahnung hatte, welche Farbe Fortuna nun am liebsten hatte, doch meinte ich auch, dass man mit weiß für eine Göttin die ihre Gaben doch recht blindlings aus dem Götterhimmel goss nicht viel falsch machen konnte. Im schlimmsten Falle konnte man ihr immerhin noch schmeicheln. Aber so sollte ich eigentlich nicht denken, denn im Grunde war es mir ja wirklich sehr, sehr ernst. Mit allem was da auf mich zukommen würde. do ut des. Ich brauchte sie einfach!


    “Männlich oder weiblich?“


    “Definitiv weiblich!“, sagte ich mit Bestimmtheit.


    “Also weiß und weiblich. Da hätte ich ein prächtiges Stück!“, sprach Pullo, der Händler und machte sich sogleich daran entschlossen ein Bein über das Gatter zu schwingen. Das andere ließ er folgen und schon war er bei einem Tier, welches ein ledernes Halsband trug und inmitten der Herde angepflockt war. Geschickt löste er den Strick und zog das schneeweiße, kleines Zicklein mit einem kräftigen Ruck mit sich. Zurück bei mir hob er es hoch und hielt es mir regelrecht vor das Gesicht. “Kerzengerade Beine, gesund bis in die letzte Haarwurzel, weiß wie der Schnee, jung, kräftig und ich überlasse es dir für schlappe einhundert Sesterzen!“


    “Einhundert Sesterzen!“, wiederholte ich erschrocken und zog meinen Kopf zurück.


    “Das sollte jedes gute Opfer wert sein!“, erklärte mir Pullo und klemmte sich das Zicklein nun so fest unter den Arm, dass man fast annehmen konnte, er würde es zerquetschen wollen.


    Noch einmal beäugte ich das Wesen kritisch. Einerseits hatte er ja recht und man sollte nicht am falschen Ende sparen. Nicht in einer derartig wichtigen Angelegenheit. Andererseits hatte ich gerade erst die Tonstrina renovieren lassen und das mein Geldbeutel war so schlaff wie selten zuvor.


    “Nun ja,“ meinte ich dann und zuckte trübe mit den Schultern. Dann kratzte ich mich am Kopf und schaute zu meinem Sklaven. Dass ich mit Händlern nicht gut konnte, hatte ich ja schon beim Kauf von Nelia hinreichend unter Beweis gestellt und ich wollte mich nicht übers Ohr hauen lassen.


    “Wir zahlen siebzig!“, erklärte Muckel, mir hilfreich zur Seite springend auch sogleich. “Vorausgesetzt du willst die Ziege überhaupt haben!“


    “Weiß nicht...“, sagte ich noch immer grüberlisch.


    “Neunzig!“


    “Achtzig!“, schnappte Muckel schnell. Fast zu schnell für mich. “Casca?“


    “Ich...“, rang noch einmal tief nach Atem, zog erneut die Schultern empor und nickte dann schließlich doch. “Ja...JA!“ Dann sollte es eben so sein.


    “Wunderbar!“ Pullo streckte mit seine Hand entgegen und ich schlug noch immer nicht vollends überzeugt ein, um den Kauf und somit einen Teil meines Schicksals zu besiegeln. “Du wirst es bestimmt nicht bereuen!“ Unter diesen Worten drückte er die kleine Ziege meinem Muckel in die Arme und kletterte wieder über das Gatter.


    Ich seufzte schwer und zählte harte Münzen, die ebenso hart erwirtschaftet waren in die gierige Pranke des Händlers, der das Geld auch sogleich in einem kleinen Beutelchen an seinem Gürtel verstaute.


    “Ist es immer so unruhig?“, wollte ich nunmehr besorgt und mit einem Deut auf das Tier wissen, das gerade dabei war in Muckels Armen kräftig auszuschlagen.


    “Iwo! Das sind jetzt nur die Reflexe,“ erklärte Pullo nüchtern. “Du wirst sehen, beim Opfer wird es so ruhig sein wie die Wasser des Albaner Sees! Und nun… musst du mich entschuldigen!“ Pullo wischte sich die Hände an seiner Wolltunika ab und eilte in Richtung eines anderen Kunden von dannen.


    Ein leicht unbehagliches Gefühl kroch über meinen Rücken, während ich ihm nachschaute. Dabei war ich mir sicher, dass es sich nicht von dem lästig- kalten Sprühregen kam, in dem wir noch immer standen.


    “Nun denn...“, sagte ich müde und bedeutete Muckel mir zu folgen. Ich wollte dem Wetter, dem Forum Boarium und meiner mulmigen Vorahnung nun dringend den Rücken kehren.

    Hatte Flavius Gracchus eine Aurelierin zur Frau? “Isch glaube schon...“, gab ich unter der Haselmaus schmatzend von mir und benagte eines der winzig kleinen Knöchelchen. “Isch meine, er hat wieder geheiratet...“ Andererseits war ich mir auch nicht wirklich sicher. Mit überhaupt nichts mehr war ich mir sicher, während ich kurz auf das bekaute Mäuseskelett stierte und es dann achtlos auf den Boden fallen ließ. Wieder musste ich blinzeln. “An den Schaturalien ischt jeder Mann eine Beute… weischt du, man glaubt immer nur, dasch es andersch herum wäre, aber dasch ischt es nischt. Frauen schind Beschtien mit Klauen und Haaren schogar auf den Schänen. Aber du hascht rescht. Schie schind auch Raubtiere, die schich gerne mal auf unscheren Taschen räkeln.“ Mein Grinsen wurde so breit, dass es mir fast entglitt. “Isch bin ganz froh, dasch isch scho unwürdig bin! Da bleibt mir diesche damnatio ad beschtias noch ein bisschen erschpart.“


    Kaum hatte ich diese Worte hervorgebracht, schob sich auch schon Nelia wieder in mein Gesichtsfeld und meinte, dass sie es geschafft hatte. Meine unsteten Blicken schweiften über die Platte, welche sie in den Händen hielt. Kaum ausgesprochen ließ sie sich nieder und forderte mich zum Essen auf. Dabei kam ich nicht umhin, die plötzliche Nähe ihres Körpers zu spüren und die zarte Wärme, die von diesem ausging. Wie schön. Ich lächelte ihr dümmlich entgegen und deutete dann auf die mitgebrachten Speisen, von denen vor allem das zwischen Störeiern und Saueuter drapierte Gebäck eine eindeutige Phallusform aufwies. Ich ließ auch die restlichen Mäuse aus meiner Hand fallen, griff mit spitzen Fingern nach einem der Exemplare und hielt es Nelia entgegen. Ich war zwar nicht gut in Rätseln, aber just in diesem Moment waberte mir eines durchs umwölkte Hirn. “Woran erkennscht du, dasch ein Mann disch betrügen will?“, fragte ich keck, wenn auch etwas lallend. Dabei versuchte ich auch ein wenig die Augenbrauen zu lupfen. “Na… er hat einen Penisch!“ Ich lachte bescheuert und wendete mich zu Scipio, um ihm mit der linken, noch weinbecherbewährten Faust gegen den Oberarm zu klopfen. Der Wein schwappte dabei lustig über den Rand. “Er hat einen Penisch!“, gluckste ich noch einmal, um auch sicher zu gehen, dass auch er des Rätsels Lösung verstand und biss dann herzhaft in die saturnische Backware.

    Als der Senator und Pontifex meinte, dass er meine Aufrichtigkeit schätzen würde, nickte ich knapp, wobei ich aber dennoch nicht umhin kam, mich ein bisschen peinlich berührt zu fühlen. Nicht weil ich ehrlich gewesen war und zugegeben hatte, dass es mir an Fachkunde und Kompetenz mangelte, für die zum Beispiel Auszeichnungen ein glänzender Hinweis waren. Nein, es lag einfach daran, dass ich die meiste Zeit damit verbracht hatte, dem Müßiggang anheim zu fallen und eben kaum etwas zu tun, was meinem wahren Fortkommen dienlich war. Da konnte selbst ein Ovid nichts dran ändern. Zumindest war es schon einmal gut, dass mein freimütiges Eingeständnis nicht dazu führte, dass ich sofort und umgehend wieder aus der Salutatio entlassen wurde. Ich nickte also unter einem tiefen, beruhigten Atemzug und betrachtete dabei, wie der Flavier das Schreiben meines Vetters an seinen Sklaven weiter reichte, damit die Worte verlesen werden konnten. Dass der Pontifex es nicht höchst selbst mit eigenen Augen tätigte, wunderte mich im ersten Moment kein bisschen. Ich schob diesen Umstand einfach auf die Würden seines Amtes und Standes, die es ihm ermöglichten derart profane Aufgaben einfach zu delegieren. Außerdem hatte ich so die Möglichkeit, den Inhalt des Schreibens ebenfalls zu hören. Immerhin kannte ich ihn ja gar nicht. Ich straffte meine Haltung ein wenig und lauschte den unaufgeregten Lesekünsten des Sklaven.


    Während der Verlesung weiteten sich meine Augen in Überraschung und ich konnte nicht anders, als ein wenig meine Lippen zu schürzen, während meine Gedanken den Aussagen über mich folgten. Ich war wortgewandt? Ja, ja, das hatte Serapio mir ja gestern im Garten gesagt. Mein Mienenspiel wurde entspannter und ein feines, besänftigtes Lächeln trat auf meine Lippen. Ich war tiefgründig, scharfsinnig und voller Integrität! Ich! Das klang doch alles wunderbar und vor allem schmeichelhaft. Mir war gar nicht bewusst, dass ich bei Serapio einen solchen Eindruck hinterlassen hatte, nachdem er mit derartig den Kopf waschen musste. Gut, der Teil des Schreibens, in dem ein guter und strenger Lehrmeister gewünscht wurde, schmeckte mir zwar immer noch nicht und nagte hart an meinem Zartgefühl, welches mir im tiefsten Inneren zu eigen war, aber alles in allem schien der Pontifex recht zu haben und mein Cousin hielt wirklich große Stücke auf mich. Ich nickte schlicht, entschied mich aber dafür den Mund zu halten und die Wirkung des Schreibens nicht durch etwas möglicherweise Unbedachtes zu zerstören, während Flavius Gracchus erklärte, wie die weiteren Schritte in eine Zukunft im Cultus Deorum aussehen konnten.


    Von der Möglichkeit eines kultischen Tirocinium hatte ich noch nie gehört, doch sollte das letzten Endes ja gar nichts heißen. Es würde mir sehr gefallen, an der Seite eines erfahrenen Pontifex Einblicke in die verschiedenen Bereiche zu erhalten und meine Schritte langsam und Zug um Zug in die Welt der Verantwortung zu setzen. Doch Moment! Hatte Flavius Gracchus wirklich 'an der Seite eines Pontifex' gesagt? Meine Lippen formten ein stummes „Oh“, während ich nicht umhin konnte einen gewissen inneren Jubel zu verspüren. Das war ja viel mehr als ich mir erhofft oder auch nur näherungsweise hätte vorstellen können! Aber war noch nicht alles. Ob es mir gefallen würde, an der Seite des Flaviers meine Ausbildung zu beginnen? Zwar war dieser Vorschlag nur zögerlich hervor gebracht worden, ich jedoch zögerte überhaupt nicht. “Ich...“ erhob mich leicht von meinem Sitz, breitete ein wenig die Arme aus und konnte auch ansonsten meiner freudigen Überraschung kaum Herr werden. “Also ich… ja! Ja natürlich!“, sagte ich fest, während es mir bewusst wurde, dass es mich vom Stuhl gehoben hatte. Ich lächelte glücklich und setzte mich umgehend wieder hin. “Ein kultisches Tirocinium. Oh ja. Es wäre wirklich wunderbar. Ich meine… es wäre mir eine große Freude an deiner Seite zu lernen und Einblicke in die Collegien zu erhalten,“ erklärte ich eifrig. “Ich verspreche natürlich meinerseits stets und immer beflissen und aufmerksam zu sein und eine jede Aufgabe, die an mich heran getragen wird zu jedermanns Zufriedenheit zu erfüllen…,“ quoll es ferner aus mir hervor. “...und ich danke dir für diese Möglichkeit!“ Das tat ich wirklich, während ich dem Flavier treuherzig entgegen blickte. “Nenne mir einen Tag und eine Stunde und ich werde sofort und ohne Umwege...quasi gleich und auf der Stelle zu eben jener Stelle sein!“ Serapio würde es bestimmt auch freuen.

    Nelias Lächeln ließ wie immer die Sonne über meinem Herzen aufgehen und ich lächelte freimütig zurück. Auch ihre Bestätigung, dass sie gerne bei mir verweilte trug ihren Teil dazu bei, dass ich mich immer beschwingter fühlte. Vielleicht lag dieser Eindruck auch einfach nur an dem schweren Faustianer und der Tatsache, dass ich in der letzten Zeit nicht wirklich viel feste Nahrung zu mir genommen hatte, welche meinen Leib wohl bereits im Vorfeld auf meinen vorübergehenden Exzess vorbereitet hätte. Faustianer hin oder oder her. Dabei war er doch so süffig! Schnell noch ein Schlückchen genommen, doch nun konnte ich nicht mehr viel tun, als meiner Sklavin hinterher zu schauen. Sie sah wirklich ganz reizend aus in diesem Gewand, welches ich eigens von Brunus Bananus erworben hatte. Das war ein Schneider, der seinen Laden in der Straße führte, in der sich auch meine Tonstrina befand. Meine Tonstrina! Ich war seit Längerem nicht mehr dort gewesen und es würde sich noch zeigen müssen, ob die Umstände sich zum besseren gewandelt hatten. “Komm schnell schurück!“, hatte ich noch genuschelt, als Nelia meinte, sie wäre gleich wieder da. Nun konnte ich kaum mehr tun, als ihr nachzusehen, wobei ich feststellen musste, dass meine Blicke mehr und mehr auf ihr Gesäß sackten, welches von dem feinen, edlen Stoff so wunderbar umspannt wurde.


    Doch schnell waren meine weindurchtränkten Gedanken wieder bei Scipio, der gerade meinte, dass es in der Küche wirklich gute Dinge gab und das mit der Haselmaus eine gute Idee wäre. Dann fixierte ich angestrengt den Menschen, der auf einer polierten, dampfenden Platte einige knusprig krosse Mäuse darreichte. Obwohl er sehr nah in mein Blickfeld gerückt war, verschwamm er schon ein bisschen. “Isch würde nie alle auf einmal nehmen!“, erklärte ich dann. “Schipio… wo denkscht du hin!“ Ungelenk griff ich nach drei bis vier der gut angebratenen Kostbarkeiten, stapelte sie auf meiner bloßen Hand und hielt sie mir prüfend vor das Gesicht. “Isch glaube Muckel mag gar keine Mäusche….,“ kam es mir träge über die Lippen, nachdem mein junger Verwandter meinte, ich solle etwas für meine Sklavin übrig lassen. Hinter meiner Stirn schien etwas zu drücken. Irgendetwas, was sich anfühlte wie eine tiefschürfende Erschöpfung. Nicht so schwer wie Müdigkeit, aber immerhin stark genug, um meine Bewegungen ein wenig zu dämpfen. Ich führte mir träge die Haselmaus zum Munde und nagte ein wenig an dem filigranen Fleisch herum, während ich zu beiden Damen schaute, nach denen ich gefragt wurde. Meine Augen verengten sich angestrengt. Kam es mir nur so vor, oder drehte sich der Raum? “Welsche Damen?“, presste ich noch kauend hervor, während sich meine Blicke noch fokussierten. “Ah!, entkam es mir. Da waren sie ja! Noch einmal versuchte ich meine Sinne zu schärfen, indem ich die Lider noch enger zusammen presste und meine Kopf ein wenig vorsteckte. “Nein. Kenne ich nicht!“, schnappte ich dann, ehe ich dann doch das eine Auge schloss, um mit dem anderen noch besser sehen zu können. “Die eine ischt glaube isch die Frau von Flaviusch Gracchusch….“, meinte ich ungewiss und lachte dann blöde auf. “Interesschierst du disch für Damen?“ Ich wendete meinen Kopf gen Scipio und knuffte ihm mit dem Ellenbogen in die Seite. “Isch musch disch warnen! Frauen schind Beutetiere, die dem Jäger auflauern!“ Ich versuchte mich an einem Zwinkern, musste aber feststellen, dass es scheiterte und sich in einem wüsten Blinzeln verlor. Aber es war auch nicht so wichtig.

    Ich möchte auch bitte eine Bestellung aufgeben.


    Bitte einmal den Sim-Off-Kurs Religion Teil I


    Und: Könnte ich die Fragen am Samstag haben, damit ich diese auch erst bis Samstag nächster Woche beantwortet muss? Da würde mir das besser ins zeitliche und räumliche Konzept ... passen. Wenn das denn geht? Büdde?

    Auf die Frage des Pontifex, ob ich denn ein Amt im Cultus Deorum anstrebte nickte ich einmal kräftig, während mir ein fröhliches Lächeln eisern im Gesicht prangte. Ich setzte mich auf den leisen Wink hin und räusperte mich dann. Dass meine Familie schon immer arg zum Militär hin tendierte war mir mehr als nur bewusst und noch bewusster wurde es natürlich, wenn man nur an Massa und Serapio dachte. Wie hatte ich meinen Bruder Massa immer beneidet und wäre mein Bein ein Gesundes, so würde ich wahrscheinlich zu dieser Stunde nicht hier sitzen, sondern in irgendeiner Provinz Palisaden errichten, Puls essen, mein Schwert schwingen und auch ansonsten mit meinen Kameraden Heldenhaftes vollbringen. Im Militär lag viel Ehr', sowohl persönlich, als auch für Rom. Davon war auch ich, als waschechter Decimer, noch immer überzeugt. “Nun, ich denke, dass sie eifrig dem Vorbild ihrer Ahnen nacheifern,“ sagte ich unter einem leichten Seufzer. “Zum Wohle und zur Ehre Roms.“ Immerhin hatte es Maximus Decimus Meridius nach vielen Siegen zu einem Triumphzug gebracht. “Nur für mich kommt dieser Weg nicht infrage.“ Ich griff nach dem Becher mit dem verdünnten Wein und nickte dem stillen Sklaven freundlich zu, ehe ich es wagte einen Schluck zu mir zu nehmen, während ich den Fragen des Flavius Gracchus lauschte.


    Natürlich hatten weder ich noch Vetter Serapio darüber nachgedacht, in welcher Weise ich meine nächsten Schritte setzten wollte. Ob Septemvirat, Quindecimvirat oder Augurat? Mein Atem stockte ein wenig. Ich hatte ja keine Ahnung, welche Richtung es einzuschlagen galt. Dennoch nickte ich zu den Ausführungen, wobei mein Lächeln allerdings ein wenig erstarb. Würde ich mich eher in der religiösen Verwaltung sehen, als Interpret der weisesten der weisen Bücher oder doch bei m Deuten der Zeichen? Doch wie es aussah brauchte ich mir diese Frage nicht als Allererstes zu stellen, denn wie der Pontifex es bereits sagte, könnte die Aufnahme in eine der Collegien eine haarige Sache werden. Im Geiste ging ich hastig meine bisherigen Verdienste und Tätigkeiten durch, um auf irgendetwas zu stoßen, was mich qualifizieren könnte, doch ich fand beim besten Willen nichts, weshalb ich wohl auch einen Moment desillusioniert meine Schultern sacken ließ.


    Um einem hässlich langen Moment des Schweigens vorzubeugen stieß ich schnell ein “Ja...ich...ahm...“ aus und schüttelte dann den Kopf. “Ich meine, nein, ich muss... zu meiner Schande quasi gestehen, dass ich mir noch keine tiefer greifenden Gedanken über die infrage kommenden Collegien gemacht habe, die den Cultus Deorum ja ausmachen. Viel eher wollte ich einmal anfragen, ob denn überhaupt die Möglichkeit bestünde, mich selbst in den sakralen Bereich einzubringen. In einem Rahmen, der es mir Schritt für Schritt ermöglichen würde... nun ja...“ Nur wie sollte jemand, der leidenschaftlich seine Münzsammlung polierte und Reiterfiguretten in Regalen hortete nun jemandem deutlich machen, dass es ihm wirklich ernst war? “Nur ich muss wohl zu meiner Schande mir und einem jeden eingestehen, dass ich weder besondere Verdienste, noch irgendwelche Auszeichnungen vorweisen kann, die mir ad hoc Tür und Tor öffnen könnten. Ich kann nur betonen, dass es mir mit meinem Wunsch sehr ernst ist und dass ich hier und heute bezeuge, dass ich im Dienst für die Götter immer nur mein Bestes zu tun gedenke und mit Fleiß und Müh' den Göttern alle Respektierlichkeit … ich meine Würde und Ansehen verschaffen werde, so wie es ihnen gebührt!“ Aufrichtig gesprochene Worte. Es fehlten nur noch die zu einem Schwur erhobenen Finger. Dann fiel mir etwas ein. Ich setzte den Becher ab, den ich noch in der Hand gehalten hatte und begann in der Stofftasche zu kramen, die mir immer noch über die Schulter hing. “Ehe ich es vergesse...“, sagte ich schließlich geschäftig und schaffte es tatsächlich Serapios Schreiben aus dem Beutel zu fingern. Sogleich hielt ich es dem Flavius Gracchus entgegen. “Ich habe hier noch ein Schreiben von meinem Vetter Decimus Serapio an dich.“ Das sollte ich nicht vergessen, denn immerhin hatte Serapio es extra für diesem Moment geschrieben. Außerdem würde er mir gewiss den Kopf abbeißen, wenn er herausfinden würde, dass ich es nicht übergeben hatte.




    Gardetribun Faustus Decimus Serapio grüßt Senator und Pontifex pro magistro Manius Flavius Gracchus


    Geschätzter Freund, ich sende meinen Cousin Cnaeus Decimus Casca zu Dir, und empfehle ihn Deiner wohlwollenden Aufmerksamkeit. Casca ist ein wortgewandter junger Mann von tiefgründigem Wesen, Scharfsinn und Integrität. Mein Cousin hat den Willen, seine Talente in den Dienst des Cultus Deorum zu stellen.
    Ich unterstütze dies, und bitte Dich, ihm diese Türe zu öffnen. Suche einen guten und strengen Lehrmeister für ihn aus, damit er tüchtig lernt und seiner Familie Ehre macht. Ich danke Dir.


    Vale bene
    [Blockierte Grafik: http://fs5.directupload.net/images/160120/3suer8wq.png]

    Zitat

    Marcus Decimus Scipio, Nelia, Gaius Prudentius Primus, Aurelia Drusilla



    Oh ja! Ich fühle mich in der Tat düpiert in diesem Moment und ich konnte es nicht verhindern, dass mein Augenmerk ein wenig schweifte, um mitzubekommen, ob diese Szene jemand beobachtet hatte. Immerhin weilten auf den Klinen um uns herum jede Menge Leute und man konnte ja nie wissen, wem man so ins Auge oder Ohr stach. Da half es auch nicht, dass mein zuckersüßes Sklavenweib nun meinte, dass sie sich meinen Tadel für das nächste Mal merken wollte. Natürlich konnte sie nichts versprechen. “*hick*“, entfleuchte es mir noch einmal, ehe sich das schönste Mädchen der Welt zu mir vor neigte und mir einen Kuss auf die Wange setzte. “Hmmrrrmg...“ knurrte ich noch immer leicht grollend, doch sollte ich wirklich meinem Verdruss nachhängen, wenn ich doch lieb gehabt wurde? Meine schmollende Miene entspannte sich sofort und ein entzücktes Lächeln erschien auf meinen Zügen, während ich Nelia nun entgegen schaute. “Dasch war doch kein Kompliment!“, erklärte ich prompt, noch immer mit dem Finger in der Luft. “Dasch war die reine Wahrheit und nischt weniger als das Benennen der höchschsten Realität...und esch wäre törischt, diese nicht auszuschrpechen!“ Ich seufzte selig unter meinen Worten. und nickte im Anschluss.


    “Ja...wasch schu Essen wäre wirklich... wie wäre es mit einer Haselmausch...oder zwei oder drei? Mit Brot und Garum...“
    Aber nein! Scipio hatte recht! Immerhin konnten die Sklaven ja heute ein wenig Freiheit genießen. “Nelia, mein hübsches Kind...Schipio hat es scho recht gesagt! Heute sind Schatuar...Schaturnalien...“ Ich nahm ihre Hand, begann diese altväterlich zu tätscheln und meinte edel: “Da muscht du disch nicht um misch kümmern...“ Ja, Scipio hatte wirklich recht... und plötzlich meine Sklavin im Arm! Ich richtete mich auf der Kline auf und stierte neulich indigniert auf das Bild, wobei sich meine Lippen schürzten. Mein junger Verwandter wollte sich um mich kümmern, während Nelia in die Küche gehen sollte? Rein prinzipiell war das Vorhaben ja löblich, das musste ich ihm wirklich zugestehen, aber er hatte meine holde Venus im Arm, meine Muse, meine Nelia. “Schipio!“, entkam es mir brüsk. “Schaturalien hin oder her... schie kann auch hier eschen... also hier bei mir.... ich meine in dieschem Raum und auscherdem...wasch gibt esch denn schöneres, alsch die Schaturalien mit mir zu verbringen....nischt wahr?“ Die letzten Worte waren eher in Richtung Nelia gesäuselt. “Dasch ischt wie Freischeit und Geburtschtag zuschammen!“ Nicht, dass sie mir noch abspenstig wurde! Scipio war eh gerade mit einem Rätsel beschäftigt und offenbar blieb der Faustianer auch inzwischen auch bei ihm nicht vollkommen wirkungslos. Hauptsache, er hatte Nelia los gelassen!
    Mit der einen Hand noch immer meine Sklavin bei der ihren haltend hob ich mit der anderen den Becher in die Höhe.


    “Kuuuuckuuuuck! Auf desch Rätschels Lööööschung! Desch Kuckucks Ei!“, hob ich lautstark an, als eine attraktive Dame meinte, es wäre die richtige Antwort. “Schipio...du bischt ein Tunichtgut! Isch dachte, du bischt so schlecht mit Rätscheln!“ Wieder musste ich blöde kichern, ehe ich mir noch einen Nipp gönnte. Nun war es doch auch egal, wer uns lauschte oder wer mir dabei zu sah.

    “'Türlisch foppe isch disch nur ein bisschen...“, nuschelte ich. “Aber du muscht zugeben, dasch es besonders perfide ischt, eine Lösung in die Frage einzubauen!“ Mit so etwas rechnete schließlich niemand und in meinem vernebelten Hirn meinte ich sogar, dass es obendrein von Geist zeugen würde. Womit ich nicht rechnete war, dass mir nun die Amphore abhanden kam, nachdem Scipio in Besitz genommen hatte. Auch wenn ich sie nicht gerne ziehen ließ, lächelte ich zurück und hob den Becher zu einem Prost an. “Ein Hoch auf die Iustischia und den reschtlichen Tugenden in ihrem Gefolge! Mögen schie in ewiger Blüte schtehen“ Noch immer perlte der Wein herrlich und er hatte so eine dekadent liebliche Note im Abgang, dass ich mir noch einmal genüsslich über die Lippen hatte lecken müssen. Dass noch Jahre vergehen würden, bis Scipio es in den Senat schaffen würde, glaubte ich definitiv. “Ach Schipio...,“, konnte ich nur fatalistisch seufzen. Mir viele Jahre, Frau und Kinder zu imaginieren, dessen war ich nicht mehr in der Lage und das Schicksal würde eh genau das bringen, was man eigentlich weder erhoffte noch erstrebte. Wahrscheinlich würde meine Frau eine dieser germanischen, dicken Walküren sein, von denen man dann und wann mal hörte, meine Kinder hätten alle hervorspringende Zähne und zwei Köpfe und gemeinsam würden sie mich in ein frühes, letzten Endes selbsterwähltes Grab treiben.


    Da gefiel mir das Thema 'Nelia' schon besser. “Ob isch wasch mit ihr hatte?“, entkam es mir dann. Ja! Natürlich! In vielen meiner Gedanken am Morgen und am Abend. Und dazwischen manchmal auch! “Wo denkscht du hin, schie hat doch scho viel zu tun!“, winkte ich ab. Ja, Nelia hatte beide Hände voller Arbeit. In der einen Hand hielt sie meine Wünsche für die Renovierung der Tonstrina und in der anderen hatte sie den Lappen, der mir in der vergangenen Zeit so gut die Stirn gekühlt hatte. Wie schändlich von mir, sie nun schon wieder zu belästigen. Doch das fiel mir erst auf, nachdem ich bereits hinter ihr her krakeelt hatte. Offenbar fand auch Scipio das nicht angemessen, denn er machte bereits Ansätze, dagegen zu protestieren. Dennoch. Nelia rückte in mein Blickfeld und ich grinste ihr über die Maßen breit entgegen. Mein schönes Kind, mein zartes Reh, meine liebe Sklavin. Wie hübsch sie doch war. Besonders bei diesen Lichtverhältnissen, wenn der Schein der Lichter in ihren Haaren tanzte, ihre Haut so zart tünchte und ihr Gesicht so lieblich und … mürrisch erscheinen ließ?


    Während ich noch ihre Körperhaltung beäugte, drang auch schon ihr Rätsel an mein Ohr. Ich hob meine Blicke wieder, zog meine Stirn in Falten und öffnete stumm den Mund. Mehr vermochte ich noch nicht zu tun. Unterdessen meinte Scipio, die Lösung bereits zu kennen und mir dämmerte, dass auch ich sie wohl wusste. *hick*, kam ein kurzer Anflug des Schluckaufs als erste Reaktion meine Kehle empor, ehe sich ein Moment der Stille sich über mich legte. Was tat sie denn da gerade? Sie! Meine Sklavin! Wollte sie mich brüskieren? Mich provozieren? Wollte sie unverschämt werden und mir vor den Kopf stoßen? Vor allen Leuten? Das verstand ich nun gar nicht! “Liebschte Nelia!“, begann ich dann aber doch und hob dabei naseweis einen Zeigefinger in die Höhe. “Auch isch habe eine schtarke Vermutung, worauf dein Rätschel abzielt. Aber isch musch dir mitteilen, dass der Wein in meinem Bauch so wunderbar aufgehoben ischt, dasch er fascht weiter reift und meine Lautschtärke ist... dem Fescht der Schatural...Schatunal...Schaturnalien...durchaus...in angemeschener Natur...ähm..ja... und isch bin nischt peinlisch...DU bischt peinlich...nischt wahr Schipio? Dasch ischt doch peinlich scho mit scheinem Herrn schu schprechen...!“, bezog ich meinen jungen Verwandeten dann in meine Ansprache mit ein. “Vor allen Leuten!“, fügte ich noch beleidigt an. Das schrie nach einem weiteren Schluck Wein, den ich mir auch sogleich gönnte, während ich aus dem Raum das nächste, richtige Rätsel vernahm, welches ein reichlich geschmückter Zecher in den Raum stellte. Wenn man den so betrachtete, konnte man fast den Schlangenmann vergessen. Und das was man gerade noch gesagt hatte. “Wasch isch eigentlisch dir nur mitteilen wollte war... du schiehst heute scher hübsch ausch!“

    Ich harrte gespannt, ob denn mein junger Verwandter dem Rätsel auf die Schliche kam. Es war wirklich simpel und sehr einfach und ich hatte kaum nachdenken müssen. Nachdenken war im Moment eh etwas, was ich im umwölkten Hirn nur mühselig bis gar nicht bewerkstelligen konnte, wie meine Antwort beweisen würde. “Na! Ein Frosch natürlisch!“, brachte ich platt heraus als Scipio meinte, dass er nicht auf die Lösung kommen würde. Ich grinste breit und lachte ein wenig bedeppert auf, wobei ich mir auf den Schenkel klopfte. “Der Frosch sieht ausch wie ein Frosch und er ischt klein und grün!“ Fast war ich ein wenig stolz, mein Gegenüber so schnöde aufs Glatteis geführt zu haben. Noch immer glucksend presste ich meinen Zeigefinger gegen Scipios Schulter, nur um mich dann ein wenig vor zu neigen, damit ich ihm besser ins Ohr lallen konnte: “Warte nur ab, bisch du schelbst im Schenat schprichst... mit allen Ohren dicht an deinen Lippen, allen Augen auf deiner Geschtalt... am Ende wirscht du dann schelbst in Rätseln schprechen müssen, weil esch dem komplischierten Gedankengängen der Herren mehr entgegen kommt. Scho was einfaches wie der Frosch bleibt denen doch glatt im Halsche schtecken!“ Wo wir gerade beim Hals waren! Ich griff nach dem Becher, entwand ihn Scipios Fingern und trank noch einmal.


    “Vorauschgesetzt du willscht überhaupt in den Senat! Mir war noch so, als hatte er das machen wollen. Warum auch nicht? Flüchtig streifte das Gespräch mit meinem Vetter Serapio mein Gedächtnis, bei dem ich einmal mehr nicht gut bei weggekommen war. Wahrscheinlich hatte Scipio einen viel besseren Gesamteindruck hinterlassen. Selbst jetzt. Immerhin schien er auch hier recht nüchtern zu sein. Ich brachte ein “Hmmm...“ hervor und ließ meine Blicke flüchtig gleiten. Da war sie ja! Nelia! In dem schönen Gewand, dass ich ihr gekauft hatte und sie schien die Trauben zu genießen. “Ach... Ischt schie nicht auch ein Prachtstück!?“, seufzte ich dann. “Ich habe schie zufällig auf dem Markt gekauft und es noch nicht eine Schtunde bereut...weischt du, schie ist eine Musche, ein Medicusch und eine herorragende Wäscherin. Und schie verschteht wasch von Farben.“ Ja, das konnte man mit Fug und Recht behaupten. Immerhin inspirierte sie mich. Sie hatte mich gepflegt und sie half tatkräfitg beim Renovieren der Tonstrina. “NEEEEEELIAAAA!“, plärrte ich dann und winkte ihr zu, in der Hoffnung, sie würde mich hören. “Schie ist auch eine Venusch! Aber dasch schagst du ihr bescher nicht!“, meinte ich dann ernst in Richtung Scipio.

    [Blockierte Grafik: http://i1344.photobucket.com/albums/p656/Gefion3000/Gnaeus%20Servilius%20Casca/Casca/Arash_zpsgpuuxtkp.jpg]
    Arash



    Arash betastete noch einmal die beiden metallenen Gegenstände, die er unter seinem Umhang verbarg, wobei er nicht umhin konnte zu bemerken, dass seine Hände feucht waren und eine unbestimmte Hitze hinter seiner Stirn wirkte. Klare Anzeichen der Anspannung und Nervosität, die ihn erfasst hielten und ihn kaum mehr gehen lassen wollten. Seit mehr als Stunden. Es waren Tage. Sarah war seit einer Weile verschwunden und keiner von ihnen hatte ausmachen können, wohin es sie verschlagen hatte. Dieser Umstand war verdächtig. Ebenso verdächtig wie die Ruhe, die sich seitens der Urbaner im Viertel ausgebreitet hatte. Zumindest hatte Arash – so sehr er auch Ausschau hielt – keine Aktivitäten aus dieser Richtung mehr vernehmen können. Dabei war es doch gerade er gewesen, der die Augen und Ohren hatte offen halten sollen. Dass er seinen Vertrauten kaum etwas in dieser Richtung zu berichten hatte war für ihn geradezu niederschmetternd gewesen. Nein, die Urbaner planten etwas und tief in ihm meinte er auch zu spüren was es war: Einen Hinterhalt. Jetzt, hier und heute. So wie sie es alle schon vermutet hatten. Was sie die letzten Tage und Wochen erlebt hatten, war nur die Ruhe vor dem Sturm und er hegte die Befürchtung, dass genau dieser Sturm in Bälde über sie herein brechen würde.


    Die Schatten, welche das Licht der Laternen an die Wände malten schienen bereits davon zu künden. Flackernd und bedrohlich. Er war der Letzte gewesen, der die Kanäle betreten hatte und immer wieder hatte er hinter sich geschaut, um sich zu vergewissern, dass ihnen niemand folgte. Narseh, der in ihrem kleinen Trupp die Vorhut bildete musste es doch auch spüren. Noch einmal fasste er flüchtig an den Griff des alten Schwertes, aus welchem man zunächst die Scharten hatte herausschleifen müssen. Doch es war gut genug und würde seinen Zweck erfüllen, ebenso wie der ausgediente Dolch in seiner abgewetzten ledernen Scheide. Arash atmete noch einmal tief durch und blieb dann für die Winzigkeit eines Moments stehen. Narash hatte schon die hölzerne Tür erreicht und war daran, den Raum, der dahinter lag zu betreten. Man hörte, wie er die Anwesenden begrüßte, doch Arash folgte nicht sogleich. Was war das gewesen? Es war nicht das Plätschern des trüben Wassers in den Rinnen des Kanals und auch nicht das Tropfen von den Wänden. Nein. Andere Laute hatten sich dazu gesellt. Solche, die nicht zu diesem Ort passen wollten. Er wartete ab, bis die anderen ebenfalls in den Raum hinein getreten waren und verharrte einen Moment still im dunklen Zwielicht, in dem er nun zurück geblieben war.


    Angestrengt lauschte Arash in die Dunkelheit des Kanals mit seinen Nebenarmen und da war es wieder. Ein Klicken und Klacken. Regelmäßige Laute, die beständiger wurden und ihren feinen Hall gegen die feuchten Wände warfen. “Oh nein!“, flüsterte er sich selber zu, als zu den Geräuschen noch ein fernes Klirren kam. Der Schall wurde deutlich hörbar zu ihm hin getragen und er hielt den Atem an, als würde es ihm helfen noch besser hören zu können. Dann wagte er es und ging den Lauten ein paar Schritte entgegen, nur um wieder zu horchen. Doch konnte es einen Zweifel geben? Sie waren es. Sie kamen! Es konnte nicht anders sein! Deutlicher, immer deutlicher wurde das Klirren geharnischter Rüstungen und schabender Caligae. Offenbar hatten die Urbaner heute nicht vor in geheimer Mission und inkognito zu reisen. Arash schnappte nun wieder nach Luft, drehte sich herum und öffnete die Tür vielleicht geräuschvoller, als er es beabsichtigt hatte. Schnell bahnte er sich seinen Weg hin zu Narseh, während der Rabbi noch intonierte, dass weder die römischen Soldaten noch der Tod zu fürchten waren. Aufbauende Worte, doch sie wischten an Arash vorbei, der seinen Bruder am Arm fasste. “Sie kommen!“, raunte er ihm in unterdrückter Aufregung entgegen. “Sie sind hier!“