Muckel hatte auf Nelias Worte hin genickt, auch wenn er selbst wahrscheinlich nicht daran glaubte, aus diesem Ladenlokal noch etwas machen zu können. Doch er wollte auch die Worte der Sklavin nicht unterbrechen. Vielleicht hatte sie ja recht und eine schöne Nachbarschaft wirkte irgendwie ansteckend auf das Geschäft. Er stemmte die Hände in die Hüften, als sie meinte, er könne ja beim Anstrich helfen. “Alles ausräumen? Man braucht dafür eine Hunderschaft,“, murmelte er sich in seinen nicht vorhandenen Bart und rollte ein wenig mit den Augen, denn wenn Nelia schon seufzte, so tat sie es zu recht.
Langsam kam auch er wieder in den Laden hinein und schaute sich um, während ich noch da stand und mir einen Augenblick ebenfalls alles betrachtete. Wahrscheinlich nicht ganz so argwöhnisch wie meine Sklavin. Meines Erachtens galt es zunächst einmal den ersten Schock zu überwinden, doch das schien mir recht gut gelungen zu sein. Immerhin standen mir die Nackenhaare nicht mehr zu Berge und das Gefühl die Flucht ergreifen zu müssen schwand allmählich und machte einigen neuen Ideen Platz, die es zu sortieren galt. Nelia hatte vollkommen recht mit ihrer Liste und kaum hatte sie das Schreibutensil erwähnt, welches sie vermisste, schaute ich mich auch schon danach um.
Ich ging ein paar Schritte und mein Blick fiel auf ein kleines, eingestaubtes Regal, auf dem noch einige Messer, Schaber und Schälchen standen, in denen alte Farbe aufbewahrt wurde. Verziert wurde der ganze Anblick mit ein paar toten Fliegen, welche auf dem Rücken lagen und die Beine in die Höhe reckten. Ich verzog mein Gesicht, während mir Ekel den Rücken hinunter rieselte. Mit dem Zeigefinger streifte ich über das Holz und linste auf den kleinen schmutzigen Hügel, der sich auf meiner Fingerkuppe auftürmte. Ja, das sah nach Ungeziefer aus! Ich trat zurück, als Nelia meinte, ich solle heraus kommen und schaute mich weiterhin um.
Ich würde definitiv um eine tiefgreifende Investition nicht herum kommen. Vor allem Zeit und Nerven konnte man hier zuhauf lassen in den nächsten Tagen. Ich seufzte und schüttelte meine Hand aus, um den Finger vom Schmutz zu befreien, während Nelia von Sonne, Strand und Meer redete, die sie wohl an die Wände bringen wollte. Ich besah mir der Reihe nach die Wände, auf die sie deutete und versuchte mit meinem inneren Auge die besagten Farben zu sehen. Dabei neigte ich ein wenig mein Haupt und meinen Körper und schürzte die Lippen. Es war schon nicht leicht, in diesem Loch die Fantasie zu beflügeln, doch es gelang mit einigen Mühen und in den Mundwinkel geschobener Zunge. Meine Augen hatten sich ein wenig verengt und hielt meine angestrengte Position einen Moment bei.
“Ich glaube, ich kann es schon sehen...,“ erklärte ich wage und hob meine Hände ein wenig an, um mit den Fingern einen Ausschnitt aus der kruden Wirklichkeit zu erfassen. Das Messer störte dabei ein wenig und richtete mich wieder auf. “Das Ganze wird ein Vermögen kosten,“ sagte ich dann und raffte mich ein wenig zusammen. Dann ging ich zum Schemel hinüber und ließ mich darauf nieder sacken. So fühlte sich also ein stolzer Ladenbesitzer.
“Das mit der Farbe gefällt mir gut und ein Wartebereich klingt nicht schlecht, auch wenn man hier bei genauerer Betrachtung so viel Fantasie aufwenden muss, dass man Kopfschmerzen bekommt.“
“Könnte auch an der staubigen Luft liegen,“ sagte Muckel nüchtern und wedelte sich ein wenig vor der Nase herum.
Neuerlich ließ ich ein wenig verloren meine Blicke schweifen. “Ah!“, entfuhr es mir dann und ich deutete auf eine Truhe, die etwas abseits in einer der Ecken stand. “Eine Tabula!“ Mein Gesicht erhielt einen freudigen Ausdruck. “Muckel, bring sie her!“
Mein Sklave setzte sich in Bewegung und nahm die Tabula mit spitzen Fingern auf, ehe er sie zu mir hinüber brachte. Ich nahm sie an mich und wischte beherzt den Staub vom Holz hinunter. Vorsichtshalber pustete ich noch einmal nach und unterdrückte ein Husten.
“Also...Nelia...Ausräumen, streichen in rot, orange und hellem Ocker, große Spiegel und Regale...“ Ich wedelte ein wenig mit der Hand, denn das half mir manches Mal beim Nachdenken. “Pflanzen...uuund....?“ Fragend blickte ich meiner Sklavin entgegen.