Beiträge von Rediviva Helena

    Als ich glücklich nach einem anstrengenden Tag wohl so ziemlich das letzte Mal mein Cubiculum betrat, erblickte ich zwei Briefe auf meinem Schreibtisch. Ich huschte ihn und nahm auf meinen Stuhl Platz, um diese zu lesen.


    Helena Matinia, Casa Matinia, Tarraco, Hispania


    Salve Helena Matinia,


    wir kennen uns nicht persönlich, doch weiss ich von meinem verschollenen Bruder, dass er Dich als stets Freundin ansah. Aus diesem Grunde wende ich mich heute an Dich. Er erzählte mir einmal, dass Du eine gewisse Person hinter einer entflohenen Sklavin hergesandt hast und diese sie auch erfolgreich zurückbrachte. Solltest Du wissen, wie man mit dieser Person in Kontakt treten kann, wäre ich Dir sehr verbunden, wenn Du mir dieses mitteilen könntest, da ich seiner Fertigkeiten bedarf.
    Ich danke Dir schon jetzt und hoffe, dass es Dir und Deiner Familie gut geht.


    In tiefer Verbundenheit
    Valentin Duccius Germanicus


    Der obere war von einem Valentin. Ich konnte mich an Flavius erinnern, er war mir wahrlich ein Freund geworden, doch von ihm hatte ich auch schon sehr lange nichts mehr gehört. Ich glaubte mich zu erinnern, dass ich ihn das letzte Mal auf Livias Verlobungsfeier antraf. Nun sah ich den zweiten an und ich hatte eigentlich nur einen Verdacht...


    An Helena Matinia
    Casa Matinia,
    Tarraco-Hispania


    Salve Helena!


    Ich bin wieder im Castellum angekommen, die Reise mit dem Legaten war sehr angenehm, wir haben uns gut verstanden, so hatte ich zumindest den Eindruck, nun was soll ich sagen? Das Wetter hier oben ist rau, der Schnee liegt sehr hoch und es ist bitterkalt, ich hoffe in Tarraco ist nach wie vor milderes Wetter, wie geht es dir denn? Was macht die Arbeit als Pontifex? Wie gehts deinen Kindern? Ich weiß ich Frage wieder viel zuviel, deswegen wünsche ich dir den Segen der Götter der dir gewiss vergönnt ist, und hoffe auf ein wiedersehen.


    Vale! Tiberius Iulius Numerianuns


    Ich legte ihn kurz nieder und nahm ihn wieder auf, um ihn abermals zu lesen. Das war schneller gegangen als ich zu hoffen gewagt hatte. Auch wenn der Brief recht kurz ausfiel. Ich lächelte und machte mich sogleich an eine Antwort...


    Tiberius Iulius Numerianuns
    Castellum Legio IX
    Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Germania Inferior)


    Salve Tiberius,
    wundere dich nicht über die sehr persönliche Anrede, ich konnte es nicht lassen. Ich war überrascht deinen Brief so früh in meinen Händen zu halten und doch auch erstaunt. Mir geht es sehr gut, vieles hat sich in der letzten Zeit ereignet. Noch trage ich den Namen Matinia, doch den nächsten Brief solltest du an Rediviva Helena richten, denn mein wahrer Bruder tauchte auf und enthüllte meine Herkunft, die mir doch bis jetzt so klar erschien. Es ist alles noch sehr fremd und ich muss mich erst an den Gedanken gewöhnen, doch ich denke ich werde es schaffen. Minervina geht es ebenfalls hervorragend, ich werde bald mit ihr und einigen anderen nach Rom reisen. Sie wird dort in die Hände der Flaminca Minervae gelegt, welche sie ausbilden soll. Ansonsten geht alles seinen gewohnten Gang. Das Wetter? Ja, es ist allerdings im Gegensatz zu dem deinen recht milde, auch wenn der Wind frischer weht und es nicht selten vorkommt, dass man friert.
    Doch genug von mir, wie geht es dir? Könntest du mir die Bitte erfüllen und vielleicht den Senator Meridius von mir grüßen?
    Viele liebe Grüße,
    deine Helena.


    Wie stehts hatte ich in ordentlicher und leicht schräg gelegter Schrift geschrieben und machte mich nun an Brief Nummer 2.


    Valentin Duccius Germanicus
    Casa Duccia
    Mogontiacum (Germania Superior)


    Salve Valentin,
    erst einmal möchte ich dir mein herzliches Beileid ausrichten. Doch gib die Hoffnung nicht auf, dein Bruder wird sicherlich zurückkehren. Ich habe ihn stets in guten Erinnerungen.
    Wegen deinem Anliegen fürchte ich, kann ich dir nicht helfen. Ich werde die Augen offenhalten ob ich ihn hier entdecken kann, doch ich habe ihn einst selbst nur zufällig in einer Taberna angetroffen.
    Vala,
    Helena Matinia

    Ich war überrascht ihre Worte zu hören, doch sie erwärmten mich und als sie meine Hand ergriff und mich mitzog, schob ich das Denken hintenan und führte ihr fröhlich lächelnd.


    "Ja, das lässt sich sicher einrichten! Ich finde es auch wirklich schön mit dir unterwegs zu sein, ich hab das Gefühl du verstehst mich deutlich besser als manch andere Frau!"


    Doch ich ließ es mir nicht nehmen und striff mir die Sandalen ebenfalls von den Beinen um ihr zu folgen. Meine Tunika hoch ich an, faltete sie am Bauch kurz und schnürte mein Band darüber, sodass die Tunika knapp vor den Knien endete - hier waren wir allein, da war es nicht schlimm.

    Ich blieb ebenfalls stehen und beobachtete sie. Als sie sprach wanderte auch mein Blick gen Himmel und verträumt beobachtete ich ein paar der vorüberziehenden Wolken, ehe ich mich an Arria wandte und leise fragte:


    "Ich bin so gern an den Klippen, weil ich dort meine Arme ausbreiten kann und vor mir nur das Meer sehe. Dort kann ich loslassen und mich... in der Weite treiben lassen!"

    "Na, aber das hört sich doch schonmal gut an. Das heisst du hast Erfahrung damit vor anderen leuten zu stehen, was dir später wohl einiges leichter machen wird. Auch wenn es bei manchem Opfer ein paar mehr sein werden!"


    Ich nippte an meinem Becher, als mir siedend heiß einfiel:


    "Kann ich dir auch etas zu trinken anbieten?"

    "Ja, ich habe es verstanden und ich finde dein Engagement sehr lobenswert! Schön wie du vermagst das eine mit dem anderen zu kombinieren! Ich bin gespannt ob du ausreichend Durchhaltevermögen zeigst!"


    lächelte ich und deutete auf die Weinkaraffe, denn ich hatte seinen bedröppelten Blick gesehen und es schien als würde ihm eine gähnende Leere entgegenblicken.


    "Ist deine Liebe für die Medizin erst seit deinem Cursus da oder schon länger?"

    Mein strenger Gesichtsausdruck wandelte sich wieder in das altbekannte warme Lächeln, während ich ihm in die Augen sah. Ich wandte kurz den Blick in meinen Weinbecher und sah ihn dann wieder an.


    "Ich habe nichts dagegen, dass du den Medicus mimst. Zum einen bin ich bald keine Matinia mehr, doch der Ruf hat mich auch nicht sonderlich gekümmert. Wichtig ist, dass du nicht vergisst welcher der beiden Dienste wichtiger ist. Eigentlich lobe ich sogar deinen Entscheid den Menschen zu helfen!"


    Ich nickte anerkennend. Selbst wenn ich gegen den Medicus angegangen wäre, spätestens jetzt hätte Quintus mich überzeugt. Ich nippte an meinem Becher.


    "Ich glaube deine Argumentation würde selbst die Flaminca Minervae zufriedenstellen!"


    zwinkerte ich.

    "Ich bin froh, dass du dich entschlossen hast dem Cultus Deorum beizutreten. Es ist schön, Hispania langsam wieder erblühen zu sehen. Lange Zeit hatte es nie mehr als 4 Priester und nun hat es sogar 5 Schüler! Vielleicht werden wir durch jene noch mehr Priester!"


    Ich lächelte stolz.

    "Nicht so wichtig!"


    sagte ich mit einem entschuldigenden Lächeln und nickte Valeria zu. Ich würde nicht darüber sprechen, wenn, dann sollte Agrippa es selbst tun. Es waren seine Angelegenheiten und ohne Vorwissen gab es nur einen Menschen mit dem ich darüber sprechen würde - Pentesilea.

    "Agrippa ist ein verzweifelter Mensch."


    lächelte ich und musste an all die schlimmen Schicksalsschläge zurückdenken. Er hatte wirklich gut durchgehalten und dafür bewunderte ich ihn. Ich mochte Valeria, doch ob die Bindung der beiden wirklich so gut war, das bezweifelte ich noch. Allerdings behielt ich meine Zweifel bei mir.

    "Du willst Medicus werden!"


    fasste ich trocken zusammen und musterte ihn nachdenklich. Nein, ich sah ihn nicht enttäuscht an, sondern eher fragend. Ich konnte nicht nachvollziehen, wie man so an der Medizin hängen kann. Ohne eine Antwort abzuwarten meinte ich ernst:


    "Bedenke nur eines: Stelle nichts vor dem Dienst an den Göttern!"


    Ich sah ihm direkt in die Augen und hoffte darauf, dass er mit einem ebenso standhaften Blick das Versprechen gab die Götter niemals für die Medzinerei zurückzustellen.

    "Nein, heute habe ich frei! Erst übermorgen geht es wieder richtig los, denn der Umzug erfordert seinen Tribut. Morgen wird erst einmal die Wohnung eingerichtet.."


    Ich seufzte. In mir waren viele Fragen, die man nicht fragte. Das war gemein.


    "Habt ihr eigentlich schon einen Termin für eure Verlobung?"

    "Hört sich gut an!"


    lächelte ich und nickte.


    "Gut, ich werde mich noch wegen der Abreise melden. Schließlich kommen ja einige aus diesem Hause mit. Ich hoffe sehr, dass wir alle gemeinsam reisen, auch wenn sich dies wohl kaum vermeiden lässt!"


    Ein Schmunzeln trat unweigerlich auf meine Lippen.

    Ich erwiderte seinen Blick. Ich sah es gerne, dass er sich bemühte. Er hatte zwar eine 'falsche' und doch richtige Antwort gegeben, doch sie zeigte dass er Interesse hegte.


    "Das ist ohnehin vonnöten. Wenn du ein Gebet zu einer Gottheit sprichst, ziehe den Zipfel deiner Toga über den Kopf, damit absolute Ungestörtheit garantiert ist. Gut ist auch ein Flötenspiel, doch dies eher auf großen Festen. Kannst du dir denken warum gerade ein Flötenspiel geeignet ist?"

    "Nun, ich werde möglichst schnell alles in Rom abhandeln. Um die Einlösung zweier Testamente werde ich mich kümmern, ebenso auch um die Einberufung meiner Schüler und um eine kleine Änderung im Cultus Deorum. Mehr als 3 Tage werde ich nicht als unbedingt nötig einplanen."


    Ich sah ihn etwas erstaunt an.


    "Doch wie kommt es dass du unter einer Art Zeitdruck stehst?"

    "Gut, dann entscheide du, wo wir anfangen. Möchtest du etwas über Gebete hören, oder doch lieber über die Götter selbst? Über welche Götter möchtest du gern mehr wissen?"


    Ich sah ihn fragend an - drankommen würde ohnehin alles, die Reihenfolge hingegen durfte er selbst festlegen.

    "Er beginnt wann immer du möchtest. Grundlegende Dinge können wir jetzt schon durchgehen und auch eine Liste mit Dingen zum Lernen kann ich dir bereits heute geben. Dann wird es dir vielleicht in Rom leichter fallen."


    Ich schmunzelte ob seines scheinbar unerschütterlichen Optimismus. Er musste einen wirklich guten Tag haben.

    "Das ist ein guter Grund. Sprichst du vor Tiberia Claudia wird sie allerdings sicher mehr hören wollen. Kannst du mir Caharktereigenschaften Fortunas nennen? Zuständigkeiten? Gründe, weshalb du dich mit ihr identizieren könntest?"

    "Dieser Eid ist sehr wichtig und in Rom wirst du ihn vor dem Collegium Pontificium ablegen. Alleinig wegen ihm ist eine Reise nach Rom vonnöten!"


    was ich zwar immer noch nicht einsah, doch ich verkniff mir jeden weiteren Kommentar diesbezüglich und beschloss, mit Claudia darüber zu sprechen.